Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 08.07.1999, Az.: 14 U 197/98
Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 08.07.1999
- Aktenzeichen
- 14 U 197/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 32103
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1999:0708.14U197.98.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Stade - 10.06.1998 - AZ: 2 O 6/97
Rechtsgrundlage
- § 823 Abs. 1 BGB
Fundstelle
- OLGReport Gerichtsort 2000, 19-20
Der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat
aufgrund der mündlicher Verhandlung vom 22. Juni 1999
unter Mitwirkung
des. Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie
der Richter am Oberlandesgericht ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 10. Juni 1998 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels zu Ziff. I. des Urteilstenors dahin geändert, dass das Schmerzensgeld 35.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21. Juni 1995 beträgt.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 12 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 88 %.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägen der Kläger; 1/3 und die Beklagten als Gesamtschulder 2/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschwer für den Kläger: | 5.000 | DM |
---|---|---|
Beschwer für die Beklagten: | 10.000 | DM. |
Entscheidungsgründe
Die gegenständlich beschränkte Berufung der Beklagten, mit der eine Herabsetzung des Schmerzensgeldes von 40.000 DM auf 25.000 DM erstrebt wird, hat nur insoweit Erfolg, als das Schmerzensgeld von 40.000 DM auf 35.000 DM herabzusetzen war.
Unter Berücksichtigung aller für die Bemessung des Schmerzensgeldes maßgeblichen Umstände, insbesondere einem 30 %igen Mitverschulden des Klägers, hält der Senat ein Schmerzensgeld von 35.000 DM für ausreichend und erforderlich. Die vom Landgericht ausgeurteilten Feststellungsverpflichtungen, die eine Quotierung von 30: 70 festschreiben, haben die Beklagten nicht angefochten. Die Bewertung des Mitverschuldens des Klägers durch das Landericht mit 30 % ist aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung auch sachgerecht. Im Übrigen ist für die Bemessung des Schmerzensgeldes folgendes festzuhalten:
1.
Das Landgericht ist bei den von ihm herangezogenen Bemessungsgrundlagen davon ausgegangen, dass der zweite Krankenhausaufenthalt des Klägers zwei Wochen andauerte, nämlich vom 8. März bis 22. März 1996 (S. 8 des angefochtenen Urteils), während dieser zweite Krankenhausaufenthalt in Wahrheit nur 4 Tage dauerte, nämlich vom 18. März 1996 bis zum 22. März 1996. Die gesamte stationäre Behandlung (einschließlich der operativen Erstversorgung) dauerte deshalb nur 2 Wochen und 4 Tage. Darüber hinaus ist das Landgericht bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu Unrecht davon ausgegangen, der Kläger habe beim Unfall über die Brüche in beiden Beinen und die Lungenkontusion sowie die äußerlichen Verletzungen (Platzwunde am Hinterkopf, Hautabschürfungen im Gesicht) noch eine contusio cerebri und eine Hirncontusion erlitten, während - contusio cerebri und Hirncontusicn sind identische Begriffe - insoweit nur eine Hirncontusion ohne Bewusstlosigkeit, jedoch mit einem Durchgangssyndrom während des Krankenhausaufenthaltes, vorhanden war. Außerdem war bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen, dass die erheblichen Verletzungen des Klägers erfreulich gut verheilt sind. Zurückgeblieben ist lediglich eine Längendifferenz der Beine von ca. 1,5 cm, die sich auf die Bewegungsabläufe beim Kläger weder optisch noch funktional nachteilig bemerkbar macht und sich möglicherweise (der Kläger war im Unfallzeitpunkt 9 Jahre alt) noch im weiteren Verlauf des Wachstums ganz ober teilweise ausgleicht. Verblieben ist ferner eine geringfügige Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenkes (nach unfallbedingtem Bruch des linken Oberschenkels), die zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit für die Zukunft von 5 % führt nach den ärztlichen Gutachten des Krankenhauses S. vom 1. Oktober 1996.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint dem Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von 35.000 DM für ausreichend. In Übereinstimmung damit hat auch der Kläger vorgerichtlich durch anwaltliches Schreiben vom 2. Januar 1997 (Bl. 31 ff d.A.), ausgehend von einer Haftungsverteilung von 25 % zu 75 % nur ein Schmerzensgeld von 35.000 DM beansprucht, ohne dass seither gesundheitliche Veränderungen beim Kläger eingetreten sind.
2.
Andererseits ist ein Betrag von 35.000 DM entgegen dem Vorbringen der Berufungsbegründung auch erforderlich, um die immateriellen Schäden auszugleichen. Es ist zwar richtig, dass in anderen Fällen, in denen bei 100 %iger Haftung der Beklagten zugunsten der Kläger ein Schmerzensgeld in einer Größenordnung von 50.000 DM ausgeurteilt wurde, die Krankenhausaufenthalte insgesamt regelmäßig deutlich länger angedauert hatten und dass zudem in der überwiegenden Zahl dieser Fälle größere Einschränkungen der Beweglichkeit zurückgeblieben sind bei einem höheren Prozentsatz der Minderung der Erwerbstätigkeit. Demgegenüber hat das Landgericht vorliegend aber zu Recht entscheidend darauf abgestellt, dass der Kläger für die Zeit bis zum 17. August 1995 (der Unfall ereignete sich am 15. Mai 1995) im Rollstuhl sitzen musste, was bei einem 9-jährigen Jungen eine extreme Beeinträchtigung des Bewegungsdranges und damit eine extreme Belastung darstellt. Für die Zeit vom 17. August 1995 (Entfernung des Fixateurs vom rechten Oberschenkel (dort hatte der Kläger einen Trümmerbruch erlitten)), war der Kläger dann bis zum 21. September 1995 noch auf Gehhilfen angewiesen. Außerdem ist in optischer Hinsicht zurückgeblieben an der Außenseite des linken Oberschenkels eine 24,5 cm lange, blasse Narbe, die 1 cm breit und 5 mm erhaben ist. Auch darin liegt für einen im Unfallzeitpunkt 9 Jahre alten Jungen eine wesentliche Beeinträchtigung. Zu Recht hat das Landgericht schließlich auch auf die verzögerliche Schadensregulierung seitens der Beklagten, die eine Verschuldenshaftung zunächst bestritten hatten, verwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 713, 546 ZPO.