Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 14.07.1999, Az.: 9 U 332/98

"Stehenlassen" der Provisionsforderung als eigenkapitalersetzend ; Aufrechnung mit stehen gelassenen Provisionsansprüchen; Möglichkeit einer rechnerischen Überschuldung und der Überlebensprognose oder Fortbestehensprognose; Zweistufiger Überschuldungsbegriff ; Verpflichtung zur Vorlegung der Jahresbilanzen an den ausgeschiedenen Gesellschafter durch die Gesellschafter bzw. dessen Rechtsnachfolger ; Ausgleich einer bilanzmäßigen Überschuldung durch stille Reserven ; Zugang einer eine GmbH betreffenden Aufrechnungserklärung durch Einwurf des Schreibens in den Privatbriefkasten des Geschäftsführers

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
14.07.1999
Aktenzeichen
9 U 332/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 30571
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1999:0714.9U332.98.0A

Fundstellen

  • DStR 2000, 698 (amtl. Leitsatz)
  • NZG 2000, 145-147

In dem Rechtsstreit
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 1999
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung gegen das am 7. Oktober 1998 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts H. wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 13.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Den Klägerinnen wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 4.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Parteien können die Sicherheit durch eine schriftliche, unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen.

Tatbestand

1

Die Klägerinnenn sind nach Abschluss eines Berufungsverfahrens (Urteil des hiesigen 22. Zivilsenats vom 27. November 1997) durch ein rechtskräftiges Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts H. vom 25. September 1996 verurteilt worden, der früheren Beklagten, der M. Projektgesellschaft für wirtschaftliche und kommunale Bauvorhaben mbH (fortan: M. GmbH) 85.168,06 DM nebst Zinsen zu zahlen. Sie haben mit einem an die M. GmbH gerichteten Schreiben vom 8. Januar 1998 die Aufrechnung mit einer ihnen von ihrer Mutter am 29. Dezember 1997 abgetretenen Forderung gegen die M. GmbH erklärt und Vollstreckungsabwehrklage erhoben. Die Mutter besaß aus einem Bürgschaftsvertrag vom 27. Januar 1994 einen Anspruch auf eine Provision in Höhe von 90.000 DM. Weiterhin haben die Klägerinnen die Aufrechnung mit einem Anspruch auf teilweise Kostenerstattung aus dem o.a. Rechtsstreit erklärt.

2

Noch während des Vorprozesses, und zwar durch einen Vertrag vom 23. Dezember 1996, verkaufte die M. GmbH ihre Forderung der jetzigen Beklagten und trat sie dieser durch einen Vertrag vom selben Tage ab, wie in erster Instanz noch unstreitig war. Geschäftsführer der M. GmbH und der Beklagten ist der frühere Ehemann der Mutter der Klägerinnen.

3

Durch ein Anwaltsschreiben vom 20. Januar 1998, zugegangen am 23. Januar 1998, teilten die M. GmbH und die Beklagte den Klägerinnen der Forderungsverkauf mit.

4

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, Bürschaft und Provisionsforderung seien eigenkapitalersetzend gewesen. Mit der Forderung habe also nicht wirksam aufgerechnet werden können. Ferner seien die Voraussetzungen für eine Aufrechnung gegenüber dem bisherigen Gläubiger (§ 407 Abs. 1 BGB) nicht erfüllt.

5

Das Landgericht hat der Klage ganz überwiegend stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe nicht substantiiert, dass die Bürgschaft und die Provisionsforderung bei deren Abgabe eigenkapitalersetzend gewesen sei. Diese seien vor Eintritt der "Krise" der M. GmbH vereinbart worden. Die Aufrechnung sei wirksam erklärt worden. Zinsen auf den Provisionsanspruch könnten jedoch nicht beansprucht werden. Der Kostenerstattungsanspruch sei nicht substantiiert worden.

6

Die Beklagte hat frist- und formgerecht Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, das Landgericht habe irrtümlich verneint, dass die Bürgschaft und die Provisionsforderung eigenkapitalersetzend gewesen seien. Diese seien im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs "stehen gelassen" worden. Die "Voraussetzungen des § 30 GmbH-Gesetz" bestünden, wie sich aus einem Urteil des hiesigen 5. Zivilsenats vom 27. Januar 1998 (in dem Anlagenhefter) ergebe, seit dem 30. September 1994. Die Situation der M. GmbH habe sich seitdem nicht gebessert. Eine Aufrechnungslage habe im Hinblick auf die Abtretung an die Beklagte nicht mehr bestanden. Das Schreiben des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen vom 8. Januar 1998 sei der M. GmbH nicht zugegangen: eine "Zustellung der Aufrechnungserklärung an den Geschäftsführer der M. privat (sei) diesem nicht erinnerlich" (Seite 6 der Berufungsbegründung).

7

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

9

Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie bestreiten nunmehr, dass die M. GmbH die Forderung bereits am 23. September 1996 der Beklagten abgetreten habe; das sei erst nach dem 21. Januar 1998 geschehen. Die Provisionsforderung sei nicht eigenkapitalersetzend gewesen. Die M. GmbH sei im Jahre 1994 und in den Folgejahren kreditwürdig gewesen. Sie sei auch nicht überschuldet gewesen. Die buchmäßige Überschuldung sei durch die stillen Reserven mehr als ausgeglichen worden. Auch habe die M. GmbH im Dezember 1996 eine Immobilie in E. für 9,2 Mio DM verkauft, sodass sie nicht mehr bloß die wesentlich geringeren Herstellungskosten habe aktivieren können. Zumindest noch ein weiteres Grundstück habe sie unter gleichen Umständen verkauft. Wegen des Weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

10

Die Berufung ist unbegründet.

11

Die Klägerinnen haben mit der ihnen abgetretenen Forderung wirksam die Aufrechnung erklärt, sodass die der Beklagten abgetretene Forderung erloschen ist (§ 389 BGB).

12

Es ist (1.) nicht davon auszugehen, dass die Forderung der Mutter der Klägerinnen zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung (noch) eigenkapitalersetzend war, ihr also die Einrede entgegenstand, dass die Aufrechnung auf Kosten des zur Erhaltung des Stammkapitals der M. GmbH erforderlichen Vermögens geschehe, eine Aufrechnung mit einer einredebehafteten Forderung aber ausgeschlossen ist (§ 390 Satz 1 BGB). Ferner (2.) ist die Aufrechnung gemäß § 407 Abs. 1 BGB wirksam.

13

Im Einzelnen:

14

1.

Es kommt nicht darauf an, ob ein "Stehenlassen" der Provisionsforderung zunächst eigenkapitalersetzend war. Das kann also als zutreffend unterstellt werden. Entscheidend ist hier vielmehr, ob diese Eigenschaft bis zum Zeitpunkt der Aufrechnung noch fortbestand. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden.

15

Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag der M. GmbH belief sich per 30. September 1994 auf rund 3 Mio DM. Dieser soll entstanden sein, weil ein (Grundstücks-)Kaufvertrag über das Dienstleistungszentrum Empelde rückgängig gemacht werden musste und der M. GmbH deshalb nicht der vereinbarte Kaufpreis zufloss, sodass diese nur die Herstellungskosten aktivieren konnte (vgl. Seite 10 des Urteils des hiesigen 5. Zivilsenats vom 7. Januar 1998 in dem Rechtsstreit 5 U 292/96 = 5 O 413/95 LG Hannover). Die bilanzmäßige Überschuldung der M. GmbH soll dann per 30. September 1995 auf rund 3,4 Mio DM gestiegen sein, und per 30. September 1996 soll noch einmal ein Jahresfehlbetrag von 1,16 Mio DM entstanden sein, sodass von einer bilanzmäßigen Überschuldung per 30. September 1996 von rund 4,6 Mio DM auszugehen ist. Daraus kann jedoch nicht einmal für diesen Zeitpunkt eine Überschuldung hergeleitet werden, die die gewährte Gesellschafterleistung als eigenkapitalersetzend qualifiziert. Denn die genannten Zahlen geben nur den Stand der rechnerischen Unterdeckung nach fortgeführten Buchwerten wieder und sind deshalb für die Beantwortung der Frage nach einer Überschuldung der M. GmbH im Sinne der Eigenkapitalersatzregeln nicht aussagekräftig. Nach zutreffender neuerer Erkenntnis kann von einer Überschuldung im Sinne dieser Regeln nur dann gesprochen werden, wenn das Vermögen der Gesellschaft bei Ansatz von Liquidationswerten unter Einbeziehung der stillen Reserven die bestehenden Verbindlichkeiten nicht deckt, (rechnerische Überschuldung) und die Finanzkraft der Gesellschaft nach überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig nicht zur Fortführung des Unternehmens ausreicht (Überlebens- oder Fortbestehensprognose). Es gilt mithin ein zweistufiger Überschuldungsbegriff (vgl. BGHZ 119, 201, 213 f. [BGH 13.07.1992 - II ZR 269/91] m.w.N.). Da die M. GmbH keinen Konkursantrag (§ 63 GmbH-Gesetz) gestellt hat und die Beklagte auch keine Konkursreife geltend gemacht hat, muss davon ausgegangen werden, dass die rechnerische Überschuldung durch stille Reserven, insbesondere das Grundstück in E., oder in sonstiger Weise ausgeglichen worden ist.

16

Ferner ist entscheidend, dass der eigenkapitalersetzende Charakter der Provisionsforderung bis zum Zeitpunkt der Aufrechnung fortbestand. Das hat die Beklagte jedoch nicht dargelegt. Die Darlegungslast oblag - ausnahmsweise - ihr, weil die Mutter der Klägerinnen per 27. Februar 1995 aus der M. GmbH ausgeschieden ist und damit keine Möglichkeit mehr hat, sich anlässlich der jährlich zu beschließenden Feststellung der Jahresbilanz ein Bild über die Entwicklung des Gesellschaftsvermögens zu machen und nach § 51 a Abs. 1 GmbH-Gesetz Auskunft und Bucheinsicht zu verlangen. Es ist in diesem Falle Sache der Gesellschaft, die dem Gesellschafter bzw. dessen Rechtsnachfolger nicht mehr zugänglichen Jahresabschlüsse vorzulegen und darzulegen, dass sich die Verhältnisse seit dem letzten vorzulegenden Jahresabschluss nicht verbessert haben (BGH WM 1990, 182, 184) [BGH 27.11.1989 - II ZR 43/89].

17

Dieser Verpflichtung ist die Beklagte jedoch nicht nachgekommen. Es ist nicht ausreichend, dass sie substanzlos darauf hinweisen lässt, die "Situation" habe sich "nicht gebessert", die MBM GmbH sei nicht mehr werbend tätig, sondern müsse abgewickelt werden. Denn einen Konkursantrag hat diese Gesellschaft nach wie vor nicht gestellt. Die Beklagte macht, worauf die Klägerinnen zutreffend hinweisen, auch gar nicht geltend, dass jetzt (noch) eine Konkursreife bestehe. Auch war bis unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig, dass die M. GmbH bereits im Dezember 1996 das Dienstleistungszentrum Empelde für 9,2 Mio DM verkauft habe, also ein wesentlicher Grund für die Entstehung des nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages weggefallen ist. Ferner hatte die M. GmbH noch ein weiteres Grundstück verkauft. Die Beklagte hat schließlich auch keinen Grund vorgetragen, weshalb die M. GmbH die Jahresabschlüsse per 30. September 1997 und 30. September 1998 - letzterer könnte u.U. Rückschlüsse auf die Situation der MBM GmbH im Januar 1998 zulassen - noch nicht aufgestellt hat, obwohl die Fristen (§ 264 Abs. 1 Satz 2 und 3 HGB) schon längst abgelaufen sind.

18

Die Beklagte trägt zwar jetzt - Schriftsatz vom 22. Juni 1999 - vor, der Vertrag über den Verkauf des Dienstleistungszentrums Empelde sei wieder aufgehoben worden. Sie behauptet jedoch nach wie vor nicht, die M. GmbH sei konkursreif und habe deshalb einen Konkursantrag gestellt. Es muss also weiterhin davon ausgegangen werden, dass eine eventuell fortbestehende bilanzmäßige Überschuldung durch stille Reserven oder in sonstiger Weise ausgeglichen wird. Der der Beklagten nicht nachgelassene Schriftsatz vom 9. Juli 1999 gibt dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO).

19

Die Beklagte begründet nicht, weshalb sie den jetzt vorgelegten Entwurf der Jahresbilanz der M. GmbH per 30. September 19[...] nicht bereits rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat. Sie behauptet insbesondere nicht, dass diese erst kürzlich erstellt worden sei. Im Übrigen ist der Entwurf auch nicht aussagekräftig, denn die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die ihn aufgestellt hat, weist in ihrem Schreiben vom 6. Juli 1999 an die M. GmbH darauf hin, dass infolge einer Betriebsprüfung noch Änderungen zu erwarten seien. Schließlich ist der Jahresabschluss - wie bereits ausgeführt worden ist - für die Frage der Überschuldung im Sinne der Eigenkapitalersatzregeln nicht genügend aussagekräftig. Auch hat die M. GmbH - soweit erkennbar - weiterhin keinen Antrag auf Eröffung des Insolvenzverfahrens gestellt (§ 13 Abs. 1 InsO), sodass nach wie vor davon auszugehen ist, dass eine eventuelle fortbestehende bilanzmäßige Überschuldung durch stille Reserven oder in sonstiger Weise ausgeglichen wird.

20

2.

Die Aufrechnung ist gemäß § 407 Abs. 1 BGB wirksam.

21

a)

Die Aufrechnungserklärung ist dem Geschäftsführer der M. GmbH jedenfalls am 19. Januar 1998 zugegangen und damit wirksam geworden (§§ 130 Abs. 1 Satz 1, 164 Abs. 3 BGB).

22

Selbst wenn davon auszugehen sein sollte, dass die M. GmbH am 8. Januar 1998 keine Geschäftsräume mehr in dem Gebäude O. in H. besaß, sie dort aber noch durch einen Briefkasten für eine Empfangsvorrichtung gesorgt hatte (Seite 5 der Berufungsbegründung), der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen deshalb in diesen die Aufrechnungserklärung und die Abtretungsurkunde hätte einwerfen können, und wenn durch den "OK"-Vermerk in dem Sendebericht der Zugang des Telefaxes mit der Aufrechnungserklärung noch nicht bewiesen wird (vgl. BGH NJW 1995, 665 ff.), ist die Aufrechnungserklärung der M. GmbH jedenfalls am 19. Januar 1998 zugegangen.

23

Das Schreiben vom 19. Januar 1998 mit der beigefügten Aufrechnungserklärung vom 9. Januar 1998 und der Abtretung vom 29. Dezember 1997 ist an den Geschäftsführer der M. GmbH adressiert. Es ist unerheblich, ob die darin angegebene Anschrift lediglich die Privatanschrift des Geschäftsführers ist oder ob sich dort auch die Geschäftsräume der M. GmbH befanden. Denn eine einem Vertreter gegenüber abgegebene Erklärung wird sofort wirksam (§ 164 Abs. 3 BGB; Schramm in MünchKomm-BGB, 3. Aufl., vor § 164 Rdn. 54 m.w.N.).

24

Die Beklagte hat den Zugang des Schreibens nicht in rechtlich erheblicher Weise in Abrede genommen:

25

In erster Instanz, und zwar auf Seite 3 der Klageerwiderung, ist von ihrer Rechtsvorgängerin lediglich die Rechtsansicht vertreten worden, "das Werten einer Urkunde in den privaten Briefkasten des Geschäftsführers ... dürfte als Zustellung so nicht ausreichend sein"; damit war nicht bestritten, dass der Geschäftsführer das Schreiben erhalten hat.

26

In zweiter Instanz macht die Beklagte geltend, die "angebliche Zustellung der Aufrechnungserklärung an den Geschäftsführer der M. privat (sei) diesem nicht erinnerlich" (Seite 6 der Berufungsbegründung). Gemäß § 138 Abs. 3 ZPO hat die Beklagte damit zugestanden, dass dem Geschäftsführer der M. GmbH das Schreiben vom 19. Januar 1998 nebst Anlagen zugegangen ist. Denn ein Bestreiten mit Nichtwissen ist dem Rechtsnachfolger einer Partei nur erlaubt, wenn es ihm nicht möglich ist, sich die erforderliche Kenntnis von dem früheren Rechtsinhaber zu beschaffen (Zöller/Greger, ZPO, 21. Aufl., § 139 Rdn. 16 a.E.). Hier ist aber dieselbe Person Geschäftsführer der M. GmbH und der Beklagten. Macht die Beklagte unter diesen Umständen ein Vergessen geltend - darauf läuft ihr Vortrag hinaus -, so ist das nur von Bedeutung, wenn das Gericht dieses für glaubhaft hält (Zöller/Greger, a.a.O., Rdn. 14). Das ist jedoch nicht der Fall. Denn es erscheint ausgeschlossen, dass der Geschäftsführer der Zugang einer Aufrechnungserklärung seiner Stieftöchter aus abgetretenem Recht seiner früheren Ehefrau mit einer Forderung in Höhe von 90.000 DM vergisst, zumal der Rechtsstreit unmittelbar danach begonnen hat. Auf Seite 3 ihres Schriftsatzes vom 22. Juni 1999 unter Nr. 2 im letzten Absatz hat die Beklagte lediglich auf ihr früheres Vorbringen Bezug genommen.

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b)

Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägerinnen bei Zugang der Aufrechnungserklärung bekannt war, dass die M. GmbH ihre Forderung der Beklagten abgetreten hat. Diese muss deshalb die Aufrechnung gegen sich gelten lassen (§ 407 Abs. 1 BGB). Das Schreiben der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der M. GmbH bzw. der Beklagten vom 20. Januar 1998 haben die erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen erst am 23. Januar 1998, also nach Zugang der Aufrechnungserklärung, erhalten; es hat überdies nur die Mitteilung des Forderungsverkaufs, nicht aber die der Abtretung zum Inhalt, sodass davon auszugehen ist, dass die Klägerinnen erst mit der Klageerwiderung vom 4. Februar 1998 Kenntnis von der Abtretung bekommen haben.

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3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 und 108 Abs. 1 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Wert der Beschwer der Beklagten: über 60.000 DM.