NPsychPbVO,NI - Niedersächsische psychosoziale Prozessbegleitungsverordnung

Niedersächsische Verordnung über die psychosoziale Prozessbegleitung (NPsychPbVO)

Bibliographie

Titel
Niedersächsische Verordnung über die psychosoziale Prozessbegleitung (NPsychPbVO)
Amtliche Abkürzung
NPsychPbVO
Normtyp
Rechtsverordnung
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
33200

Vom 25. Februar 2021 (Nds. GVBl. S. 82 - VORIS 33200 -)

Aufgrund

des § 11 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren vom 15. Dezember 2016 (Nds. GVBl. S. 282) und

des § 10 Abs. 1 des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 25252529) in Verbindung mit § 1 Nr. 57 der Subdelegationsverordnung-Justiz vom 6. Juli 2007 (Nds. GVBl. S. 244), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 2),

wird verordnet:

Redaktionelle Inhaltsübersicht§§
Materielle Qualitätsstandards für die Durchführung der psychosozialen Prozessbegleitung1
Qualitätsstandards zum Verfahren der psychosozialen Prozessbegleitung2
Maßnahmen zur Sicherung der Qualitätsstandards3
Mindeststandards sowie Dauer und Inhalte der Aus- oder Weiterbildung, Qualifikation der lehrenden Personen 4
Anerkennungsverfahren5
Verzeichnis6
Vergütung der psychosozialen Prozessbegleiterinnen und psychosozialen Prozessbegleiter7
Inkrafttreten8
Mindeststandards für die Aus- oder Weiterbildung in der psychosozialen Prozessbegleitung, Näheres zu den Inhalten der Aus- oder Weiterbildung sowie zur Praxiserfahrung der lehrenden PersonenAnlage

§ 1 NPsychPbVO - Materielle Qualitätsstandards für die Durchführung der psychosozialen Prozessbegleitung

Bibliographie

Titel
Niedersächsische Verordnung über die psychosoziale Prozessbegleitung (NPsychPbVO)
Amtliche Abkürzung
NPsychPbVO
Normtyp
Rechtsverordnung
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
33200

(1) 1Psychosoziale Prozessbegleitung stellt sicher, dass nur besonders schutzbedürftige Verletzte begleitet werden. 2Bei der Einschätzung der besonderen Schutzbedürftigkeit sind maßgeblich

  1. 1.

    die persönlichen Verhältnisse der oder des Verletzten, insbesondere, ob eine geistige oder psychische Beeinträchtigung oder eine altersbedingte Einschränkung vorliegt,

  2. 2.

    die Art und Schwere der Straftat,

  3. 3.

    die Umstände der Straftat und

  4. 4.

    die Folgen der Straftat.

(2) Psychosoziale Prozessbegleitung umfasst folgende Leistungen:

  1. 1.

    Informationen über den Ablauf eines Ermittlungs- und Strafverfahrens,

  2. 2.

    Informationen über die am Strafverfahren beteiligten Personen und deren Funktionen sowie die Rechte und Pflichten der oder des Verletzten im Strafverfahren,

  3. 3.

    Informationen zu den Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit mit der oder dem Verletzten sowie zu den Arbeitsweisen der psychosozialen Prozessbegleitung,

  4. 4.

    Informationen zu den Voraussetzungen und Folgen einer Strafanzeige,

  5. 5.

    Begleitung zur Anzeigeerstattung,

  6. 6.

    Abstimmung von Maßnahmen mit der anwaltlichen Vertretung,

  7. 7.

    Besichtigung eines Gerichtssaals und gegebenenfalls eines Zeugenschutzzimmers sowie Erläuterung der Sitzordnung im Gerichtssaal,

  8. 8.

    Begleitung zu einem Termin zum Kennenlernen der Richterin oder des Richters nach Abstimmung mit den übrigen Verfahrensbeteiligten,

  9. 9.

    Begleitung zu Terminen mit Sachverständigen,

  10. 10.

    Anregen von Maßnahmen des Opferschutzes,

  11. 11.

    Informationen über mögliche Formen psychosozialer Prozessbegleitung in der Verhandlung,

  12. 12.

    Begleitung während der Hauptverhandlung einschließlich Betreuung während der Wartezeiten sowie Urteilsverkündung nach Abstimmung mit der anwaltlichen Vertretung,

  13. 13.

    organisatorische Maßnahmen zur Vermeidung eines Zusammentreffens mit der oder dem Angeklagten, deren oder dessen Angehörigen und anderen Personen, die dieser oder diesem zugeordnet werden können, außerhalb des Gerichtssaales,

  14. 14.

    Hilfestellung bei Anträgen,

  15. 15.

    Erläuterung von Rechtsbegriffen,

  16. 16.

    Information der Richterin oder des Richters über zu erwartende und tatsächliche Auswirkungen der Hauptverhandlung auf die Verletzte oder den Verletzten,

  17. 17.

    sonstige praktische Hilfestellung zur Vorbereitung auf die Hauptverhandlung,

  18. 18.

    Gespräch nach der Zeugenaussage,

  19. 19.

    Erläuterung des Urteils und dessen Folgen, einschließlich Einstellungsbescheiden der Staatsanwaltschaft und Rechten der oder des Verletzten bei der Vollstreckung,

  20. 20.

    Zusammenarbeit mit dem sozialen Umfeld der Verletzten oder des Verletzten,

  21. 21.

    sonstige Beratung sowie Vermittlung und Koordination weiterer Maßnahmen zur Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags,

  22. 22.

    Weiterführung der psychosozialen Prozessbegleitung bei Rechtsmitteln.

(3) 1Zur Sicherstellung der Anforderungen des § 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2 des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren unterbleibt eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Tatgeschehen sowie eine persönliche Anwesenheit während Explorationen und Untersuchungen in Zusammenhang mit dem Tatgeschehen. 2Eine Anwesenheit während der Vernehmung im Ermittlungsverfahren erfolgt nur in begründeten Ausnahmefällen und unter Berücksichtigung der Folgen für die Begleitung in der Hauptverhandlung.

§ 2 NPsychPbVO - Qualitätsstandards zum Verfahren der psychosozialen Prozessbegleitung

Bibliographie

Titel
Niedersächsische Verordnung über die psychosoziale Prozessbegleitung (NPsychPbVO)
Amtliche Abkürzung
NPsychPbVO
Normtyp
Rechtsverordnung
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
33200

(1) 1Hat ausnahmsweise auf Veranlassung der oder des Verletzten ein Gespräch über den Sachverhalt stattgefunden, so hat die psychosoziale Prozessbegleiterin oder der psychosoziale Prozessbegleiter das Gespräch zu dokumentieren. 2In der Dokumentation sind insbesondere Anlass, Verlauf und wesentlicher Inhalt des Gespräches darzulegen. 3Auf Anforderung des Gerichts ist diesem die Dokumentation vorzulegen.

(2) 1Liegen die Voraussetzungen für die Beiordnung der psychosozialen Prozessbegleiterin oder des psychosozialen Prozessbegleiters nach § 406g Abs. 3 Sätze 1 bis 3 der Strafprozessordnung nicht vor oder wurde der Beiordnungsantrag der oder des Verletzten durch das zuständige Gericht abgelehnt und wünscht die oder der Verletzte eine anderweitige kostenfreie Unterstützung (insbesondere Zeugenbegleitung oder Opferberatung), so ist ihr oder ihm diese innerhalb der eigenen Institution oder durch Vermittlung an eine geeignete Stelle anzubieten. 2Auf diese Möglichkeit ist die oder der Verletzte hinzuweisen.

§ 3 NPsychPbVO - Maßnahmen zur Sicherung der Qualitätsstandards

Bibliographie

Titel
Niedersächsische Verordnung über die psychosoziale Prozessbegleitung (NPsychPbVO)
Amtliche Abkürzung
NPsychPbVO
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Rechtsverordnung
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
33200

(1) Die psychosoziale Prozessbegleiterin oder der psychosoziale Prozessbegleiter nimmt zur Sicherung der Qualitätsstandards an Supervision und kollegialer Beratung entsprechend der Falldichte, einmal jährlich an Fortbildung und an Dienstbesprechungen teil.

(2) 1Die psychosoziale Prozessbegleiterin oder der psychosoziale Prozessbegleiter führt für jedes Kalenderjahr eine Statistik und erhebt den ersten im Kalenderjahr eingehenden Fall nach den Vorgaben der zuständigen Stelle gemäß § 10 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (Nds. AG PsychPbG). 2Die psychosoziale Prozessbegleiterin oder der psychosoziale Prozessbegleiter nimmt einmal jährlich an einer strukturierten Befragung durch die zuständige Stelle teil.

(3) Die psychosoziale Prozessbegleiterin oder der psychosoziale Prozessbegleiter händigt der oder dem Verletzten einen Fragebogen nach den Vorgaben der zuständigen Stelle aus.

(4) Die psychosoziale Prozessbegleiterin oder der psychosoziale Prozessbegleiter nimmt teil an

  1. 1.

    regionalen Netzwerktreffen, die dem Austausch der psychosozialen Prozessbegleiterinnen und psychosozialen Prozessbegleiter untereinander und mit Angehörigen anderer Berufsgruppen dienen, und

  2. 2.

    dem jährlich stattfindenden Vernetzungstreffen der zuständigen Stelle.

(5) 1Die Beschäftigungsstelle stellt Arbeitsbedingungen sicher, die psychosozialen Prozessbegleiterinnen und psychosozialen Prozessbegleitern die Wahrung der Qualitätsstandards ermöglichen. 2Hierzu gehören insbesondere:

  1. 1.

    Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 4 finden während der Arbeitszeit statt;

  2. 2.

    die Kosten für Maßnahmen nach Absatz 1 trägt die Beschäftigungsstelle;

  3. 3.

    die Beschäftigungsstelle stellt einen Arbeitsplatz einschließlich der notwendigen technischen Ausstattung zur Sicherstellung der Kommunikation und Erreichbarkeit sowie zur Erfüllung von Dokumentationserfordernissen nach Absatz 2 und zur Durchführung vertraulicher und störungsfreier Gespräche zwischen der oder dem Verletzten und der psychosozialen Prozessbegleiterin oder dem psychosozialen Prozessbegleiter zur Verfügung.

§ 4 NPsychPbVO - Mindeststandards sowie Dauer und Inhalte der Aus- oder Weiterbildung, Qualifikation der lehrenden Personen

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Niedersächsische Verordnung über die psychosoziale Prozessbegleitung (NPsychPbVO)
Amtliche Abkürzung
NPsychPbVO
Normtyp
Rechtsverordnung
Normgeber
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Gliederungs-Nr.
33200

(1) Die Mindeststandards der Aus- oder Weiterbildung in der psychosozialen Prozessbegleitung ergeben sich aus den Abschnitten A und D der Anlage.

(2) Die Aus- oder Weiterbildung in der psychosozialen Prozessbegleitung umfasst Unterricht mit einer Dauer von 96 Zeitstunden.

(3) Das Nähere zu den Inhalten nach § 8 Abs. 2 Nds. AG PsychPbG einschließlich der Verteilung der Unterrichtsstunden auf die Inhalte ergibt sich aus Abschnitt B der Anlage.

(4) 1Die lehrenden Personen müssen in der Praxis erfahren sein. 2Das Nähere ergibt sich aus Abschnitt C der Anlage.