Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 28.04.1999, Az.: 2 U 28/99
Zulässigkeit einer Klage auch gegen den Mitversicherer; Leistungsfreiheit eines Versicherers auf Grund Nichtzahlung von Prämien; Berücksichtigung einer dafür erteilten Einzugsermächtigung im Lastschriftverfahren
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 28.04.1999
- Aktenzeichen
- 2 U 28/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 29106
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1999:0428.2U28.99.0A
Rechtsgrundlagen
- § 39 Abs. 1 VVG
- § 39 Abs. 2 VVG
- § 39 Abs. 3 S. 3 VVG
Fundstellen
- OLGReport Gerichtsort 2000, 70-71
- VersR 2000, 617-618 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Zulässigkeit der Klage auch gegen den Mitversicherer. - Unwirksamkeit einer Kündigung nach § 39 bei Banklastschriftverfahren.
Gründe
Auf Grund des Berufungsvorbringens verringern sich die gegen die (federführende) Beklagte zu 1) zuerkannten Ansprüche beider Kläger lediglich um jeweils 26,55 DM (Aufrechnung mit Prämienschuld für Mai 1998).
Die Klage ist gegen beide Beklagten zulässig. Das Landgericht hat ein Rechtsschutzbedürfnis auch für die Klage gegen die Beklagte zu 2) zutreffend bejaht. Die Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) sind zudem auch klagbar. Durch die Bedingungen für die Mitversicherung war die Klagbarkeit von Ansprüchen gegen die Beklagte zu 2) lediglich auf Zeit ausgeschlossen, und zwar ausdrücklich nur für den Versicherungsnehmer. Aus § 4 dieser Bedingungen folgt in keiner Weise, dass ein solcher Ausschluss auch für Ansprüche von Bezugsberechtigten nach Eintritt des Versicherungsfalls gelten sollte. Im Übrigen ergibt sich das Rechtsschutzinteresse der Kläger daraus, dass ein allein gegen die Beklagte zu 1) erstrittenes Urteil nur eine so genannte vereinbarte Tatbestandswirkung hätte, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.
Für die Erlangung eines Titels bedarf es in einem solchen Fall gegebenenfalls eines weiteren Rechtsstreits. Unter diesen Umständen bestand durchaus ein Rechtsschutzbedürfnis, die Beklagte zu 2) sogleich mitzuverklagen.
In der Sache tragen die Erwägungen zu § 37 VVG die Entscheidung zwar nicht, weil dessen Voraussetzungen im Fall einer Bankeinzugsermächtigung nicht vorliegen (BGHZ 69, 361). Leistungsfreiheit der Beklagten ist indessen gleichwohl nach § 39 Abs. 1 und 2 VVG nicht eingetreten.
Die mit der Mahnung vom 23.02.1998 verbundene Kündigung ist nach § 39 Abs. 3 S. 3 VVG nicht wirksam geworden. Die angeforderten Beträge sind am 17.03.1998 bei der Beklagten zu 1) eingegangen, und zu diesem Zeitpunkt war der Versicherungsfall noch nicht eingetreten.
Die Mahnung vom 27.04.1998 hat Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 39 Abs. 2 VVG nicht bewirkt, weil die Beklagten vom Versicherungsnehmer für die angemahnten Prämien eine Einzugsermächtigung im Lastschriftverfahren entgegengenommen hatten und diese Prämien bei Fälligkeit im März und April 1998 vereinbarungsgemäß vom Konto der Klägerin hätten abgebucht werden können.
Die Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 39 Abs. 2 VVG hängt u.a. davon ab, dass dem Versicherungsnehmer gemäß Abs. 1 der Vorschrift wirksam eine Zahlungsfrist gesetzt worden ist. Die Fristbestimmung wiederum setzt voraus, dass eine Prämie nicht rechtzeitig gezahlt worden ist. Hieran fehlt es, wenn der Versicherer infolge der ihm erteilten Einzugsermächtigung im Lastschriftverfahren Befriedigung erlangt hätte.
Nicht rechtzeitig gezahlt ist zwar im Regelfall schon dann, wenn rein objektiv eine Prämie bei Fälligkeit nicht entrichtet worden ist (BGH VersR 1968, 241). Die Beklagten mögen am 24.05.1998, dem Todestag des Versicherungsnehmers, und schon bei der Mahnung vom 27.04.1998 nicht im Besitz der fälligen Prämien für März und April 1998 gewesen sein. Das berechtigte sie jedoch im vorliegenden Fall einer Einzugsermächtigung für die Lebensversicherungsprämien noch nicht, die qualifizierte Mahnung nach § 39 Abs. 1 VVG mit den schweren Folgen gemäß Abs. 2 der Vorschrift auszusprechen. Das Ausstehen der fälligen Prämie allein erfüllt den Tatbestand der nicht rechtzeitigen Zahlung im Sinne von § 39 Abs. 1 VVG nur, wenn die Verantwortung für die rechtzeitige Zahlung und das damit verbundene Risiko beim Versicherungsnehmer liegen. Lässt sich indessen der Versicherer vom Versicherungsnehmer eine Einzugsermächtigung geben, so übernimmt er regelmäßig diese Verantwortung, solange die Übereinkunft nicht eindeutig widerrufen ist. Er trägt gegebenenfalls das Risiko der Nichtzahlung, soweit die Gründe dafür in den Bereich der übernommenen Verantwortung fallen. Dann besteht keine Verpflichtung des Versicherungsnehmers, die Prämie zu übermitteln. Der Versicherungsnehmer hat in einem solchen Fall das seinerseits Erforderliche getan, wenn die Prämie bei Fälligkeit von seinem Konto abgebucht werden kann. Er kann davon ausgehen, dass der Versicherer von der Ermächtigung rechtzeitig Gebrauch machen werde. Unterlässt dies der Versicherer, rechtfertigt das allein nicht die Annahme, der Versicherungsnehmer habe nicht rechtzeitig gezahlt. Die gleichwohl ergehende Mahnung des Versicherers ist dann nicht nach § 39 Abs. 1 VVG wirksam, mag sie auch inhaltlich dessen Erfordernissen genügen. Sie kann nicht die Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 39 Abs. 2 VVG begründen (BGHZ 69, 361). Und so ist es hier.
Die Klägerin hat durch Vorlage von Kontoauszügen nachgewiesen, dass ihr betreffendes Konto - abgesehen von Januar 1998 - durchgehend hinreichende Deckung zur Abbuchung der Lebensversicherungsprämien aufwies. Die Rückbelastung im Januar 1998 allein berechtigte die Beklagte zu 1) nicht, vom Lastschriftverfahren abzugehen; es ist nicht dargetan, dass sie die Übereinkunft über dieses Verfahren eindeutig widerrufen hat. Einen dahingehenden Willen muss der Versicherer dem Versicherungsnehmer unmissverständlich mitteilen. Bis dahin behält er die Verantwortung für die Rechtzeitigkeit der Prämienübermittlung (BGH a.a.O.). Sowohl in der Mahnung vom 23.02.1998 als auch in der vom 27.04.1998 vermag der Senat einen Widerruf der Vereinbarung über das Lastschriftverfahren nicht zu erblicken; denn ein solcher Widerruf wird in beiden Schriftstücken in keiner Weise angesprochen. Auch sonst ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die Beklagte zu 1) dem Versicherungsnehmer unmissverständlich mitgeteilt hätte, vom Lastschriftverfahren nunmehr Abstand nehmen zu wollen.