Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 21.02.2007, Az.: 2 B 15/07

Anrechnung; Anrechnungsmöglichkeit; Armenien; armenische Staatsangehörige; Ausbildung; Ausbildungsförderung; Ausbildungsförderungsleistung; Ausbildungsgang; Ausbildungsziel; Ausländer; Bachelor; Bachelorstudium; Fachrichtung; Fachrichtungswechsel; Festsetzung; Fächerkombination; förderungsfähige Ausbildung; Hochschulausbildung; Hochschule; Magisterstudium; Masterstudium; Neigungswandel; Neuaufnahme; Niederlassungserlaubnis; Schwerpunktverlagerung; Student; Studienleistung; Studienorganisation; Studium; Umstellungsphase; wichtiger Grund; Zulassung; Zulassungsbeschränkung; Zulassungszahl; Zweifächerstudium; zweites Nebenfach

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
21.02.2007
Aktenzeichen
2 B 15/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 71683
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

1

Die 1984 geborene Antragstellerin ist armenische Staatsangehörige und im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG. Zum Wintersemester 2004/2005 nahm sie an der Universität Augsburg das Studium der Germanistik und Sozialkunde für das Lehramt an Gymnasien auf. Hierfür erhielt sie vom Studentenwerk Augsburg Ausbildungsförderungsleistungen.

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Zum Sommersemester 2006 wechselte sie an die Antragsgegnerin und studierte hier zunächst Deutsche Philologie, Geschlechterforschung und Religionswissenschaften im hiesigen Magisterstudiengang. Als Hauptfach belegte sie Deutsche Philologie, als Nebenfächer Geschlechterforschung und Religionswissenschaften, nachdem es ihr infolge einer Zugangsbeschränkung nicht gelungen war, ihr vorrangiges Ziel, Pädagogik als Nebenfach zu studieren, zu verwirklichen. Da ihr aus der Zeit ihres Studiums in Augsburg Studienleistungen angerechnet worden waren, befand sie sich zum Sommersemester 2006 in Deutscher Philologie und Geschlechterforschung im zweiten, in Religionswissenschaften im ersten Fachsemester. Die Antragsgegnerin erkannte einen wichtigen Grund für diesen Fachrichtungswechsel an und leistete der Antragstellerin mit Bescheid vom 30. Juni 2006 für den Bewilligungszeitraum Oktober 2005 bis September 2006 Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 530,00 Euro.

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Durch Umstellung der Studienorganisation und -struktur auf einen Bachelor- und Masterstudiengang lief der Magisterstudiengang, wie ihn die Antragstellerin belegt hatte, mit Ende des Sommersemesters 2006 aus. Der Bachelor-/Masterstudiengang ist als sog. Zweifächerstudiengang ausgestaltet. Dies bedeutet, dass nur eine Kombination aus zwei Fächern gewählt werden kann. Allerdings hätte die Antragstellerin ihr Magisterstudium fortsetzen und im Erfolgsfalle beenden können. Sie hätte jedoch nicht, wie es ihr Wunsch gewesen ist, ein neues Nebenfach anstelle der Religionswissenschaften belegen können, weil die Neuaufnahme eines solchen Studienfachs im Magisterstudium nicht mehr möglich war (vgl. zum Ganzen, www.uni-goettingen.de/de/sh/37414.html). Nach Angaben der Antragstellerin hat sie sich mit dem Studienfach Religionswissenschaften nicht identifizieren können. Nach Beratung durch verschiedene Mitarbeiter der Antragsgegnerin entschloss sie sich dann, zum Wintersemester 2006/2007 in den Bachelor-/Masterstudiengang zu wechseln. Sie schrieb sich für Deutsche Philologie und Geschlechterforschung als Hauptfächer ein. Das Studentensekretariat der Antragsgegnerin stufte sie dabei jeweils im ersten Fachsemester ein. Ein Nebenfach ist nach der Studienorganisation nicht zu belegen. Nach vom Berichterstatter eingeholter fernmündlicher Auskunft des Leiters der Seminarverwaltung des Seminars für Deutsche Philologie entsprach dies einer zu Beginn der Umstellungsphase üblichen Praxis. Mittlerweile werde anders verfahren. Er unterziehe die bisher erbrachten Studienleistungen einer fachlichen Prüfung und entscheide, ob bisher im Magisterstudiengang erbrachte Studienleistungen für den Bachelor-/Masterstudiengang angerechnet werden könnten. Ob im Fall der Antragstellerin eine solche Anrechnung erfolgen kann, ist offen.

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Am 29. September 2006 beantragte die Antragstellerin beim in Ausbildungsförderungsangelegenheiten namens und im Auftrage der Antragsgegnerin handelnden Studentenwerk Göttingen, ihr ab Oktober 2006 Ausbildungsförderung zu leisten. Sie legte dabei im Einzelnen ihre Motivation für den Studiengangwechsel dar, die vorrangig aus der fehlenden Identifikation mit dem Fach Religionswissenschaften und der Unmöglichkeit, im Magisterstudiengang ein anderes Nebenfach neu zu wählen, erwachsen war.

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Mit Bescheid vom 2. November 2006 lehnte die Antragsgegnerin die Bewilligung von Ausbildungsförderungsleistungen für den Bachelorstudiengang mit der Fächerkombination Deutsche Philologie und Geschlechterforschung ab. Die Antragstellerin habe unter Berücksichtigung der ihr angerechneten Semester zu Beginn des dritten Fachsemesters einen zweiten Fachrichtungswechsel vorgenommen. Ausbildungsförderungsleistungen könnten daher nur unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG bewilligt werden. Diese lägen jedoch nicht vor. Die Antragstellerin habe die Fachrichtung nicht aus einem wichtigen Grund gewechselt.

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Hiergegen hat die Antragstellerin am 1. Dezember 2006 Klage erhoben. Am 1. Februar 2007 hat sie um die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes nachgesucht.

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Sie begründet Klage und Antrag damit, sie habe eigentlich eine Fächerkombination unter Einschluss des Studienfaches Pädagogik statt Religionswissenschaften gewünscht. Dies sei wegen einer Beschränkung der Zulassungszahlen für Pädagogik nicht möglich gewesen. Um in Göttingen ihr Studium fortsetzen zu können, habe sie daher auf Anraten der Studienberatung das Fach Religionswissenschaften aufgenommen. Hiermit könne sie sich, was sie nach dem Besuch einiger universitärer Veranstaltungen bemerkt habe, jedoch nicht identifizieren. Eine Fortsetzung des Magisterstudienganges mit einem neuen Nebenfach sei ihr infolge der Strukturänderungen nicht möglich gewesen.

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Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

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die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin vorläufig Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

12

Sie ist der Ansicht, ein wichtiger Grund für einen Fachrichtungswechsel liege nicht vor. Die Aussage, die Antragstellerin könne sich mit dem Studienfach Religionswissenschaften nicht identifizieren, reiche für die Annahme fehlender Neigung nicht aus. Ein Neigungswandel setze voraus, dass ursprünglich eine Neigung überhaupt vorhanden war. Dies sei bei der Antragstellerin nicht der Fall, die eigentlich Pädagogik als Nebenfach habe studieren wollen. Selbst wenn ein Neigungswandel anzunehmen sein sollte, sei es der Antragstellerin zuzumuten, das Magisterstudium fortzusetzen, da es sich bei Religionswissenschaften lediglich um das zweite Nebenfach gehandelt habe. Dies sei nach der Magisterstudienordnung auch möglich.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

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Der zulässige Antrag ist begründet.

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Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis u.a. dann treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden nötig erscheint. Dabei ist gemäß § 123 Abs. 5 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft zu machen, dass der Antragsteller zur Abwendung dieser Nachteile auf gerichtliche Hilfe angewiesen ist (sog. Anordnungsgrund) und dass ein Anspruch auf diese Regelung besteht (sog. Anordnungsanspruch).

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Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, denn sie erhält derzeit lediglich finanzielle Unterstützung in Form von Kindergeld und geringfügigen Einnahmen aus einer unselbständigen (Nachtschicht-) Tätigkeit.

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Sie hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Denn es spricht ganz Überwiegendes dafür, dass die Antragsgegnerin ihr zu Unrecht den Förderungsausschluss nach § 7 Abs. 3 BAföG entgegenhält.

18

Die Antragstellerin gehört als armenische Staatsangehörige, die eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG besitzt, zum leistungsberechtigten Personenkreis des Bundesausbildungsförderungsgesetzes. Dies hat die Antragsgegnerin zutreffen in Anwendung von § 8 Abs. 2 Nr. 2 BAföG geprüft und bejaht. Unstreitig gehört das Studium der Antragstellerin zu den förderungsfähigen Ausbildungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG.

19

Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin ist die Förderung dieses Studiums nicht nach § 7 Abs. 3 BAföG ausgeschlossen.

20

Gemäß § 7 Abs. 3 BAföG wird dem Auszubildenden Ausbildungsförderung für eine andere Ausbildung geleistet, wenn er aus wichtigem (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 BAföG) Grund oder unabweisbarem (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 BAföG) Grund die Ausbildung abgebrochen oder die Fachrichtung gewechselt hat.

21

Die Kammer geht davon aus, dass die Antragstellerin die Fachrichtung gewechselt hat.

22

Gem. § 7 Abs. 3 Satz 3 BAföG wechselt ein Auszubildender die Fachrichtung, wenn er einen anderen berufsqualifizierenden Abschluss oder ein anderes bestimmtes Ausbildungsziel eines rechtlich geregelten Ausbildungsganges an einer Ausbildungsstätte derselben Ausbildungsstättenart anstrebt. Abzugrenzen ist dieser Fachrichtungswechsel gegenüber einer förderungsunschädlichen, bloßen Schwerpunktverlagerung. Eine solche, einen Fachrichtungswechsel nicht begründende Verlagerung liegt vor, wenn der Auszubildende nach dem Wechsel der Studiengänge seine Ausbildung praktisch so fortsetzen kann, als hätte er von Anfang an in einem einzigen Studiengang studiert (BVerwG, Beschluss vom 22.10.1986 -5 B 97.85-). Hiervon gehen auch die für die Antragsgegnerin verbindlichen BAföG-VwV (abgedruckt bei Rothe/Blanke Bundesausbildungsförderungsgesetz, Teil 1, Abschnitt 3) aus. In deren Tz. 7.3.4 wird eine Schwerpunktverlagerung dann angenommen, wenn „die betroffenen Studiengänge bis zum Wechsel identisch sind“ (Buchstabe a) oder die Semester, die im zunächst durchgeführten Studiengang erbracht worden sind, aufgrund der geltenden Ausbildungsbestimmungen oder im Einzelfall durch besondere Regelung „auf den anderen Studiengang voll angerechnet werden“ (Buchstabe a) und b)). Die Annahme einer Schwerpunktverlagerung liegt danach nicht fern. Nach der eingeholten fernmündlichen Auskunft des Leiters des Seminars für Deutsche Philologie erscheint eine solche Anrechnung im Einzelfall nicht ausgeschlossen. Allerdings ist im Fall der Antragstellerin bisher eine solche Anrechnung nicht erfolgt. Deshalb geht die Kammer von einem Fachrichtungswechsel aus. Denn der Abschluss im Bachelorstudiengang stellt im Vergleich zum Magister einen anderen berufsqualifizierenden Abschluss dar. Gleichwohl steht der Antragstellerin ein Förderungsanspruch zur Seite.

23

Zutreffend hat die Antragsgegnerin angenommen, der Fachrichtungswechsel der Antragstellerin sei förderungsrechtlich nur unschädlich, wenn er aus einem wichtigen Grund im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 2 BAföG vorgenommen wurde. Es ist nicht auf § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz BAföG abzustellen und ein unabweisbarer Grund zu verlangen, obwohl die Antragstellerin die Fachrichtung erst zum fünften Fachsemester gewechselt hat. Denn die Antragstellerin hat sich bisher erbrachte Studienleistungen im Umfang von je einem Fachsemester auf ihr Magisterstudium anrechnen lassen können. Diese Anrechnungsmöglichkeit verringert aus verfassungsrechtlichen Erwägungen heraus die Zahl der tatsächlich absolvierten Semester im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz BAföG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.8.2005 -1 BvR 309/03-, FamRZ 2005, 1895).

24

Ein wichtiger Grund ist nach der von der Kammer geteilten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann gegeben, wenn dem Auszubildenden die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nach verständigem Urteil unter Berücksichtigung aller im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes erheblichen Umstände und der beiderseitigen die Förderung berührenden Interessen nicht mehr zugemutet werden kann. Er kann vornehmlich in der mangelnden intellektuellen, psychischen oder körperlichen Eignung für die zunächst erstrebte Berufsausbildung oder Berufsausübung gesehen werden. Er kann auch in einem ernsthaften Neigungswandel liegen, der als innerer Vorgang nur erschwert einer Prüfung zugänglich ist, wenn die an der bisherigen Ausbildung ausgerichteten Beweggründe und Motivationsumstände erkennbar gemacht werden sowie rational fassbar und nach Inhalt und Aussage überzeugungsfähig feststellbar sind (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 23.9.1999 -5 C 19.98-, DVBl 2000, 634). Der Auszubildende ist dabei im Interesse einer zweckentsprechenden Nutzung der Ausbildungsförderung grundsätzlich verpflichtet, seine Ausbildung umsichtig zu planen und zielstrebig durchzuführen. Dem genügt er regelmäßig nur dann, wenn er sich unmittelbar der Ausbildung zuwendet, die seiner Neigung und Eignung entspricht und ihm die Qualifikation für den erstrebten Beruf verschafft. Allerdings ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hiervon dann eine Ausnahme zu machen, wenn der Auszubildende aufgrund hochschulrechtlicher Zugangsbeschränkungen für sein Wunschstudium zunächst keinen Studienplatz erhält, nach wenigen Semestern jedoch in sein Wunschstudium wechselt (BVerwG, Urteil vom 9.6.1983 -5 C 8.80-, BVerwGE 67, 235, 244).

25

Dies vorausgeschickt, ergibt hier die Zusammenschau der für den Fachrichtungswechsel der Antragstellerin maßgeblichen Gründe einen wichtigen Grund im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 1 BAföG.

26

Die Antragstellerin studiert zwei ihrer bisher drei Studienfächer im Bachelorstudiengang weiter, nämlich Deutsche Philologie und Geschlechterforschung. Dabei bleibt das Hauptfach Deutsche Philologie identisch. Ferner hat sie das von ihr aufgegebene Fach Religionswissenschaften zum Sommersemester 2006 nur deshalb aufgenommen, weil sie in ihr Wunschfach Pädagogik wegen einer Zulassungsbeschränkung nicht eingeschrieben werden konnte. Als einzige Wahlmöglichkeit im Magisterstudiengang war ihr nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag von der Studierendenberatung Religionswissenschaften als Nebenfach dargestellt worden. Ihr kann nach der dargelegten Rechtsprechung nicht vorgeworfen werden, nicht zielorientiert studiert zu haben, denn sie konnte ihr Wunschstudium wegen einer hochschulrechtlichen Zugangsbeschränkung nicht aufnehmen. Des weiteren handelt es sich bei dem Studienfach Religionswissenschaften um ein weltanschaulich gebundenes Studienfach. Als wichtiger Grund für einen auf ein solches Studium bezogenen Fachrichtungswechsel ist auch ein Wandel in der Weltanschauung als Unterfall des Neigungswandels anerkannt (vgl. Tz. 7.3.9 BAföGVwV). Es spricht viel für einen derartigen Wandel, wenn die Antragstellerin als Grund für die Aufgabe dieses Studienfachs angibt, sich mit ihm nicht identifizieren zu können. Schließlich hat die Antragstellerin mit ihrem Wechsel vom Magisterstudiengang in den Bachelorstudiengang der grundlegenden Änderung der Hochschulstruktur in Deutschland Rechnung getragen und ihr Studium damit vernünftig, zielgerichtet und sinnvoll geplant. Sie trägt, was den Wechsel in einen Bachelorstudiengang betrifft, der in Deutschland im Interesse der internationalen Konkurrenzfähigkeit von Studienabschlüssen mit Wirkung vom 15. August 2002 durch die Einführung von Bachelor-, Master- und postgradualen Diplomstudiengängen (§§ 18 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 und 19 HRG) geänderten Studienorganisation Rechnung. Mit der Einführung der Bachelor- und Mastergrade wollte der Gesetzgeber u.a. die Berufschancen deutscher Absolventen, die eine Tätigkeit im Ausland aufnehmen wollen, verbessern. Der Bekanntheitsgrad und die Verwertbarkeit des deutschen Diploms seien, insbesondere in außereuropäischen Staaten, begrenzt. Das angelsächsische Graduierungsmodell (Bachelor/Master) sei dagegen am „Weltmarkt“ etabliert (BT-Ds. 13/8796, S. 21). Die Antragstellerin hat durch ihren Fachrichtungswechsel auf die vom Gesetzgeber beschriebene Arbeitsmarktlage reagiert und damit ihre Berufschancen verbessert. Wenn dies für die Antragstellerin nach ihrem Vorbringen auch nicht motivationsbildend gewesen ist, entspricht ihr Verhalten doch dem aus der Gesetzesbegründung zu §§ 18, 19 HRG deutlich werdenden öffentlichen Interesse, das darin besteht, Studenten einen Studienabschluss zu vermitteln, dessen Konkurrenzfähigkeit im internationalen Wettbewerb als gegeben anzusehen ist. Die Antragstellerin hat auf diese veränderte Studienorganisation unverzüglich reagiert, indem sie mit Einführung des Bachelorstudiengangs zum Wintersemester 2006/2007 in diesen gewechselt ist. Folglich hält ihr die Antragsgegnerin zu Unrecht vor, sie hätte im Magisterstudiengang weiter studieren und auch das Fach Religionswissenschaften zum Abschluss bringen können. Ob der Wechsel von einem herkömmlichen Studiengang in einen Bachelor-/Masterstudiengang stets einen wichtigen Grund für einen Fachrichtungswechsel darstellt, braucht die Kammer in Anbetracht der geschilderten weiteren Besonderheiten des Streitfalles nicht zu entscheiden.

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Die von der Kammer vorgenommene Auslegung führt auch nicht zu einer nennenswerten Belastung der für die Ausbildungsförderung verfügbaren Haushaltsmittel. Zum einen erscheint es nicht ausgeschlossen, dass sich die Antragstellerin Studienleistungen aus dem Magisterstudiengang noch auf ihr Bachelorstudium anrechnen lassen kann. Dies hätte zur Folge, dass eine Verlängerung der Ausbildungszeit und damit eine längere Inanspruchnahme von Ausbildungsförderungsleistungen durch den Wechsel nicht eintreten würde. Selbst wenn eine Anrechnung nicht erfolgen sollte, ist die Regelung in § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG in den Blick zu nehmen (vgl. BVerfG, a.a.O.). Danach erhält der Auszubildende Ausbildungsförderung lediglich als Bankdarlehen im Sinne von § 18 c BAföG für eine andere Ausbildung nach § 7 Abs. 3 BAföG, soweit die Semesterzahl der hierfür maßgeblichen Förderungshöchstdauer, die um die Fachsemester der vorangegangenen, nicht abgeschlossenen Ausbildung zu kürzen ist, überschritten wird. Dies bedeutet, dass die aus Zuschuss und öffentlichem Darlehen bestehende Regelförderung nur für die Förderungshöchstdauer unter Kürzung um die Fachsemester der vorangegangenen, nicht abgeschlossenen Ausbildung erfolgt. Sollte sich die Förderungsdauer durch den Wechsel der Klägerin in einen Bachelorstudiengang verlängern, hätte sie für diese Zeit allenfalls Anspruch auf ein verzinsliches Bankdarlehen gemäß § 18 c BAföG.

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Da bisher eine konkrete Berechnung der der Klägerin zustehenden Förderleistungen nicht vorgenommen wurde, ist die Beklagte wie tenoriert zur Leistung in gesetzlicher Höhe zu verpflichten. Weil das Verfahren auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes im Recht der Ausbildungsförderung wie im Recht der Sozialhilfe der Beseitigung einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Notlage dient, kann die Antragsgegnerin zur vorläufigen Leistungserbringung in diesem Verfahren nur ab dem ersten des Monats verpflichtet werden, in dem der gerichtliche Antrag gestellt worden ist. Eine rückwirkende Leistungserbringung ist ausgeschlossen, weil sich die Antragstellerin in dieser Zeit finanziell selbst geholfen hat.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.