Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 21.08.2023, Az.: 7 B 2315/23

Abschiebungsandrohung; Acte clair; einstweiliger Rechtsschutz; Ernstliche Zweifel; Folgeantrag; Vorabentscheidungsverfahren; Zweitantrag; Einstweiliger Rechtschutz gegen Ablehnung von Asylzweitanträgen - Folgen etwaiger Europarechtswidrigkeit des § 71a AsylG

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
21.08.2023
Aktenzeichen
7 B 2315/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 36404
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2023:0821.7B2315.23.00

Amtlicher Leitsatz

Keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung wegen EuGH-Vorlage: Selbst für den Fall, dass in Bezug auf die Europarechtskonformität des § 71a AsylG kein acte clair anzunehmen wäre, rechtfertigte die offene Frage, ob die Norm des § 71a AsylG unionsrechtskonform ist, keine automatische Anordnung der aufschiebenden Wirkung.

Tenor:

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller tägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Entscheidung ergeht durch den stellvertretenden Berichterstatter als Einzelrichter gemäß § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG, da der Berichterstatter gemäß § 76 Abs. 5 AsylG rechtlich verhindert ist.

1. Der Antrag, die nach §§ 75, 71a Abs. 4, 36 AsylG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage vom 11. August 2023 gegen die im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 7. August 2023 enthaltene Abschiebungsandrohung (Az. 7 A 2314/23) nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO anzuordnen, hat keinen Erfolg.

Die Abschiebungsandrohung erging im Zusammenhang mit einem Bescheid, in dem der Asylantrag des Antragstellers als unzulässig abgelehnt wurde, da der Antragsteller bereits ein Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutzes in Österreich durchlaufen hat. Gemäß §§ 71a Abs. 4, 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung im Falle eines solchen als unzulässig abgelehnten Zweitantrags, so dass ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt wird, nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts, also hier die im Zusammenhang mit der Ablehnung erlassene Abschiebungsandrohung, bestehen. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafürsprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1516/93 -, Eufach0000000009E 94,166 -, Rn. 99, juris).

Dies ist hier im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz AsylG) nicht der Fall. Die Antragsgegnerin hat die Abschiebungsandrohung nach §§ 71a Abs. 4, 34, 36 AsylG zu Recht erlassen und die Ausreisefrist auf eine Woche befristet. Nach diesen Vorschriften kann die Abschiebungsandrohung erlassen werden, wenn kein weiteres Asylverfahren gemäß § 71a AsylG durchgeführt wird und keine Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen (§§ 71a Abs. 4, 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG).

a) Es war aller Voraussicht nach kein weiteres Asylverfahren durchzuführen, sondern das BAMF hat den von dem Antragsteller im Bundesgebiet gestellten Antrag zu Recht als unzulässigen Zweitantrag im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylG bewertet.

aa) Insofern teilweise die Auffassung vertreten wird, dass es zumindest offen - und damit kein "acte clair" - sei, ob § 71a AsylG mit Unionsrecht in Einklang stehe und insofern schon deshalb die aufschiebende Wirkung anzuordnen sei (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 6. April 2023 - 4 R 87/23 -, Rn. 3, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 26. Januar 2023 - 6 AS 22.31155 -, Rn. 6, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Januar 2023 - 19 B 1030/22.A -, Rn. 5, juris; VG Minden, Beschluss vom 31. August 2021 - 1 L 547/21.A -, Rn. 10, juris) folgt der Einzelrichter dieser Ansicht nicht. Selbst für den Fall, dass kein "acte clair" anzunehmen wäre, rechtfertigte die offene Frage, ob die Norm des § 71a AsylG unionsrechtskonform ist, keine automatische Anordnung der aufschiebenden Wirkung.

(1) Gegenstand der Diskussion ist, ob der Begriff "Folgeantrag" im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU (Art. 2 lit. q), Art. 33 Abs. 2 lit. d)) auf einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz anwendbar ist, der in einem Mitgliedstaat gestellt wird, nachdem ein anderer Mitgliedstaat einen früheren Antrag durch eine bestandskräftige Entscheidung abgelehnt hat (so im deutschen Recht in § 71a AylG geregelt), oder ob eine innerstaatliche Regelung, auf Grund derer ein Folgeantrag als unzulässig abgelehnt werden darf, nur für den Fall getroffen werden darf, dass ein Antrag in demselben Mitgliedstaat abgelehnt wurde (so im deutschen Recht in § 71 AsylG umgesetzt).

Diese Frage hat der Europäische Gerichtshof bisher offengelassen und lediglich entschieden, dass ein in einem Mitgliedstaat gestellter Antrag auf internationalen Schutz nicht als "Folgeantrag" eingestuft werden darf, wenn er gestellt wird, nachdem ein Drittstaat (EuGH, Urteil vom 20. Mai 2021 - C-8/20 -, Rn. 40, juris) oder aber Dänemark (EuGH, Urteil vom 22. September 2022 - C-497/21 -, Rn. 46, juris) dem Antragsteller die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft versagt hat. Auch wenn Dänemark Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, ist diese Entscheidung nicht auf sämtliche Staaten der Europäischen Union übertragbar, da Dänemark in Bezug auf den Dritten Teil Titel V des AEU-Vertrag, zu dem unter anderem die Politik im Bereich Asyl gehört, nach dem Protokoll über die Position Dänemarks eine besondere Stellung innehat, die es von den übrigen Mitgliedstaaten unterscheidet. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat diese Frage bisher offengelassen (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 -, Rn. 26, juris). Aufgrund eines Vorlagebeschlusses des Verwaltungsgerichts Minden (Beschluss vom 28. Oktober 2022 - 1 K 1829/21.A) ist zur gegenständlichen Frage derzeit ein Vorabentscheidungsverfahren bei dem Europäischen Gerichtshof anhängig (EuGH, C-123/23).

(2) Aus dem bloßen Umstand, dass der Europäische Gerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht diese Fragen offengelassen haben, folgt nach Auffassung des Einzelrichters schon nicht, dass die Frage der Unionsrechtskonformität des § 71a AsylG nicht mehr als "acte clair" beantwortet werden könnte (so auch Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 28. Dezember 2022 - 11 LA 280/21 -, Rn. 13, 54, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Juni 2022 - 13 L 1373/22.A -, Rn. 7ff., juris; OVG Bremen, Urteil vom 3. November 2020 - 1 LB 28/20 -, Rn. 45 ff., juris; Sächsisches OVG, Beschluss vom 27. Juli 2020 - 5 A 638/19.A -, Rn. 12, 15 ff. juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Oktober 2018 - OVG 12 N 70.17 -, Rn. 7, juris). Der Umstand, dass die Gerichte nicht über die Frage entschieden haben, ist vielmehr Folge der grundsätzlich subjektiv-rechtlich ausgestalteten Rechtsschutzverfahren vor deutschen und europäischen Gerichten. Danach klären Gerichte - insbesondere und gerade auch der Europäische Gerichtshof im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV - nur solche Fragen, die für die Entscheidung des konkreten Rechtsstreits entscheidungserheblich sind.

Wortlaut sowie Sinn und Zweck der unionsrechtlichen Vorschriften sprechen indes für eine Unionsrechtskonformität des § 71a AsylG. Nach der Begriffsbestimmung des Art. 2 lit. q) der der Richtlinie 2013/32/EU bezeichnet der Begriff des "Folgeantrags" einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, der nach Erlass einer bestandskräftigen Entscheidung über einen früheren Antrag gestellt wird. Eine Beschränkung auf Folgeanträge in demselben Mitgliedstaat enthält diese Legaldefinition nicht. Eine solche Beschränkung entspräche auch nicht dem europäischen Ziel einer gemeinsamen Europäischen Asylpolitik, wonach gemeinsame Standards für ein gerechtes und wirksames Asylverfahren geschaffen werden sollen (Erwägungsgründe 2, 4 der Richtlinie 2013/32/EU). Auch der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof hat vor diesem Hintergrund im Verfahren C-8/20 die Auffassung vertreten, dass es einem Staat "gemäß dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens möglich [ist], in sein nationales Recht eine Vorschrift aufzunehmen, die es gestattet, einen Antrag auf internationalen Schutz als ,Folgeantrag' im Sinne von Art. 33 Abs. 2 Buchst. d in Verbindung mit Art. 2 Buchst. q dieser Richtlinie für unzulässig zu erklären, wenn er nicht selbst die abschließende Entscheidung über die Ablehnung eines früheren Antrags desselben Antragstellers erlassen hat, aber zu dem für die Antragsprüfung zuständigen Mitgliedstaat geworden ist" (Schlussantrag vom 18. März 2021 in der Rechtssache C-8/20, Rn. 87). Aus Art. 40 Abs. 1 RL 2013/32/EU folgt ebenso keine andere Beurteilung. Der dort verwendete Begriff des Folgeantrags, der voraussetzt, dass "in demselben Mitgliedstaat" weitere Angaben vorgebracht werden oder ein Folgeantrag gestellt wird, ist insofern lediglich eine Regelung für den besonderen Fall von im selben Mitgliedstaat gestellten Folgeanträgen (VG Minden, Beschluss vom 28. Oktober 2022 - 1 K 1829/21.A -, Rn. 71, juris).

(3) Die aufschiebende Wirkung ist auch nicht deswegen anzuordnen, weil das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Beschluss vom 1. August 2023 - 1 C 19/22) ein Hauptsacheverfahren im Hinblick auf das beim EuGH anhängige Vorlageverfahren zur gegenständlichen Frage (EuGH, Rechtssachen C-123/23 und C-202/23; Vorlagebeschlüsse des Verwaltungsgerichts Minden vom 28. Oktober 2022 - 1 K 1829/21.A - und - 1 K 4316/21.A) ausgesetzt hat. Selbst wenn hieraus folgen sollte, dass die Frage der Unionsrechtskonformität nicht mehr als "acte clair" beantwortet werden können sollte und die Frage daher richtigerweise dem Europäischen Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens vorgelegt wurde, folgt hieraus nicht, dass im Eilverfahren das Aussetzungsinteresse des Antragstellers dem Vollzugsinteresse der Allgemeinheit überwiegen würde.

Die vorliegende Situation im Eilverfahren ist nämlich nicht mit jener im vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängigen Hauptsacheverfahren vergleichbar, da eine Vorlagepflicht gemäß Art. 267 AEUV nur im Hauptsacherfahren und im Eilverfahren gerade nicht besteht (EuGH, Urteil vom 27. Oktober 1982 - 35/82 -, Rn. 9, juris; BVerfG, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 14. Mai 2018 - 2 BvR 883/18 -, Rn. 4, juris). Auch die vom Bundesverwaltungsgericht getroffene Aussetzungsentscheidung gemäß § 94 VwGO (analog) folgt im Ergebnis jenen der Vorlageentscheidung zu Grunde liegenden Erwägungen, mit anderen Worten ist die Aussetzung - statt einer an sich notwendigen Vorlage an den Europäischen Gerichtshof - zulässig, wenn eine weitere Vorlage den Gerichtshof zusätzlich belasten würde, ohne dass davon ein Erkenntnisgewinn zu erwarten wäre (BVerwG, Beschluss vom 15. März 2007 - 6 C 20/06 -, Rn. 4, juris).

Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes folgt indes anderen Regeln und ihm liegt ein anderer Prüfungsmaßstab als dem Aussetzungsverfahren gemäß § 94 VwGO und dem Vorlageverfahren gemäß Art. 267 AEUV zu Grunde. Die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof führt damit nicht zwingend dazu, dass im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ein Überwiegen des Suspensivinteresses anzunehmen wäre. Während bei einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen von Gesetzes wegen sofort vollziehbaren Verwaltungsakt grundsätzlich die Offenheit einer Rechtsfrage nicht genügt, dem Antrag zum Erfolg zu verhelfen, vielmehr im Rahmen des asylrechtlichen einstweiligen Rechtsschutzes sogar "ernstliche Zweifel" (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG; die Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs sind mit diesem Maßstab gegenüber den sonstigen Fällen des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs verschärft, VG Berlin, Beschluss vom 28. März 2019 - 23 L 103.19 A -, Rn. 7, juris) bestehen müssen, ist der Europäische Gerichtshof im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Vorlagefrage recht großzügig (Grabitz/Hilf/Nettesheim/Karpenstein, 78. EL Januar 2023, AEUV Art. 267 Rn. 13). Für eine zulässige Vorlagefrage reicht es insofern schon, wenn das vorlegende Gericht einfache Zweifel hinsichtlich der Auslegung einer Unionsnorm oder an deren Gültigkeit hat, das Gericht muss nicht davon überzeugt sein (Streinz/Ehricke, 3. Aufl. 2018, AEUV Art. 267 Rn. 37), es genügt die Klärungsbedürftigkeit der Frage (zum Ganzen auch VG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 24. November 2017 - A 2 K 7807/17 -, Rn.41, juris).

Dies bedeutet mit anderen Worten, dass das Fehlen eines "acte clair" nicht automatisch dazu führt, dass ernstliche Zweifel an der Unionsrechtskonformität gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG anzunehmen wären (so aber im Ergebnis OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 6. April 2023 - 4 R 87/23 -, Rn. 3, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 26. Januar 2023 - 6 AS 22.31155 -, Rn. 6, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Januar 2023 - 19 B 1030/22.A -, Rn. 5, juris; im Gegensatz dazu indes BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 17. Januar 2017 - 2 BvR 2013/16 -, Rn. 18, juris: "Stellt sich bei dieser Rechtsprüfung jedoch eine Frage, die im Hauptsacheverfahren voraussichtlich eine Vorlage des dann letztinstanzlich entscheidenden Gerichts an den EuGH erfordert, so lassen sich weder - ohne Weiteres - ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit verneinen, noch kann die offensichtliche Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bejaht werden"). Dass es sich hierbei um unterschiedliche Maßstäbe handelt, zeigt sich auch eindrücklich an dem Umstand, dass das gegenständlich nach Art. 267 AEUV vorlegende Gericht, das Verwaltungsgericht Minden, im Vorlagebeschluss geäußert hat, dass die Unionsrechtskonformität offen sei, damit kein "acte clair" mehr gegeben sei, selbst aber ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Vorschrift des § 71a AsylG seiner Auffassung nach unionsrechtskonform ist (VG Minden, Beschluss vom 28. Oktober 2022 - 1 K 1829/21.A -, Rn. 68 ff., juris).

Diese Erwägungen gelten auch dann, wenn - wie vorliegend - die Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht mehr mit Rechtsmitteln angefochten werden kann, die streitige Rechtsfrage im Anschluss an das vorläufige Rechtsschutzverfahren aber noch potenziell Gegenstand eines Hauptsacheverfahrens sein kann (Nds. OVG, Beschluss vom 26. Mai 2021 - 11 ME 117/21 -, Rn. 25, juris). Das ist vorliegend der Fall, die streitige Rechtsfrage kann im Hauptsacheverfahren, welches gemäß § 94 VwGO analog ausgesetzt werden kann, erörtert werden.

Eine (stets zu erfolgende) Aussetzung der sofortigen Vollziehung im Eilverfahren auf Grund einer anhängigen Vorabentscheidungsfrage kommt insofern nur in Betracht, wenn das nationale Gericht erhebliche Zweifel an der Gültigkeit des dem Verwaltungsakt zugrundeliegenden Unionsrechtsakts - bzw. vorliegend an der Vereinbarkeit des deutschen Rechts mit Unionsrecht - hat, dem Antragsteller ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden droht und wenn das Interesse der Union angemessen berücksichtigt wird (Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 80 Rn. 164; Kluth/Hornung/Koch ZuwanderungsR-HdB, § 9 Rechtsschutz Rn. 252, beck-online). Derartige erhebliche Zweifel hat der Einzelrichter nach dem Vorstehenden nicht. Auch die Entscheidung des Eufach0000000007s gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Insofern es sich bei der Entscheidung, ob ein Verfahren gemäß § 94 VwGO analog ausgesetzt wird, auch dann wenn ein Vorabentscheidungsverfahren anhängig ist, um eine Entscheidung handelt, die im Ermessen des Gerichts steht (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. Juli 2013 - 2 S 1321/13 -, Rn. 5, juris), spricht zwar einiges dafür, dass das Bundesverwaltungsgericht dahin tendiert, ebenso die Unionsrechtskonformität des § 71a VwGO als offen anzusehen, da es ansonsten eine andere Ermessensentscheidung getroffen hätte. Damit mag das Bundesverwaltungsgericht, welches seine Entscheidung nicht begründete, Zweifel geäußert haben, "ernstliche" Zweifel folgen hieraus indes nicht.

Auch insofern nach der Rechtsprechung des Eufach0000000005s in Bezug auf asylrechtliche Eilverfahren ein Überwiegen des Suspensivinteresses bei einer unionsrechtlich nicht geklärten Rechtsfrage anzunehmen ist, wenn besondere, in der Person des Asylbewerbers liegende Gründe dazu führen, dass es für diese unzumutbar erscheint, nach einer ablehnenden Entscheidung das Asylverfahren in Deutschland weiter zu betreiben (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2017 - 2 BvR 2013/16 -, Rn. 19, juris zu einer Rücküberstellung im Rahmen des Dublin-Verfahrens), rechtfertigt dies mangels Vorliegen solcher besonderen Gründe keine Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Dem Antragsteller ist es zumutbar, das Verfahren weiter aus dem Libanon zu betreiben. Insbesondere müsste der Antragsteller - da ein Vorlagefahren bereits anhängig ist - auch nicht mehr vor deutschen Gerichten darauf hinwirken, dass ein Vorabentscheidungsverfahren eingeleitet wird. Auch im Übrigen bestehen keine Besonderheiten in der Person des Antragstellers, wie sie etwa angenommen werden, wenn schulpflichtige Kinder eine bereits angefangene schulische Integration unterbrechen müssten (VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. August 2020 - 22 L 1466/20.A -, Rn. 20, juris).

bb) Nach § 71a Abs. 1 AsylG ist dann, wenn ein Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag) stellt, ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Das ist hier nicht der Fall.

(1) Das zuvor in Österreich - als Mitgliedstaat der Europäischen Union sicherer Drittstaat im Sinne von § 26a AsylG - geführte Asylverfahren des Antragstellers ist erfolglos abgeschlossen worden. Nach der Rechtsprechung des Eufach0000000007s setzt ein erfolgloser Abschluss des in einem anderen Mitgliedstaat betriebenen Asylverfahrens voraus, dass der Asylantrag entweder unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nach Rücknahme des Asylantrags bzw. dieser gleichgestellten Verhaltensweisen endgültig eingestellt worden ist (BVerwG, Urteil vom 14.12.2016 - 1 C 4.16 -, Rn. 29, juris). Der Antragsteller hat in seiner Anhörung beim BAMF selbst angegeben, dass er in Österreich einen ablehnenden Bescheid erhalten habe. Dieser Bescheid - offenbar vom 6. Dezember 2021 - ist auch in Teilen (ablehnender Entscheidungsspruch) Gegenstand der Verwaltungsakte. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller Rechtsmittel gegen diesen Bescheid eingelegt hätte.

(2) Es bedarf danach für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gemäß § 71a AsylG der Erfüllung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG. Nach der von § 71a Abs. 1 Satz 1 AsylG in Bezug genommenen Vorschrift des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG ist - mit Ausnahme der europarechtswidrigen Ausschlussfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG (EuGH, Urt. v. 9. September 2021 - C-18/20 -, Rn. 54 ff., juris) - vorauszusetzen, dass sich die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Abs. 1 Nr. 1), neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Abs. 1 Nr. 2) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (Abs. 1 Nr. 3). Dabei ist der Antrag nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 VwVfG).

Hier hat die Antragsgegnerin zu Recht die erneute Durchführung eines Asylverfahrens abgelehnt, da der Antragsteller weder im Verfahren vor dem BAMF noch im gerichtlichen Verfahren Umstände vorträgt, die einen Wiederaufgreifensgrund nach § 71a Abs. 1 AsylG i.V.m. § 51 VwVfG begründen könnten.

Eine Änderung der Sachlage ist anzunehmen, wenn sich entweder die allgemeinen politischen Verhältnisse oder Lebensbedingungen im Heimatstaat oder aber die das persönliche Schicksal des Asylbewerbers bestimmenden Umstände so verändert haben, dass eine für den Asylbewerber günstigere Entscheidung möglich erscheint. Hierfür genügt ein schlüssiger Sachvortrag, der freilich nicht von vornherein nach jeder vertretbaren Betrachtung ungeeignet sein darf, zur Asylberechtigung zu verhelfen; es genügt mithin die Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung aufgrund der geltend gemachten Wiederaufnahmegründe (BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. März 2000 - 2 BvR 39/98 -, Rn. 32, juris). Ein Asylantrag darf nur dann als unzulässig abgelehnt werden, wenn das Folgeantragsvorbringen von vornherein nach jeder vertretbaren Betrachtungsweise ungeeignet ist, zur Asylberechtigung bzw. Zuerkennung internationalen Schutzes zu verhelfen (BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1600/19 -, Rn. 20 f., juris). Bei den typischen asylrechtlichen Dauersachverhalten ist eine Änderung erst dann anzunehmen, wenn eine qualitativ neue Bewertung angezeigt und möglich erscheint (Bergmann/Dienelt/Bergmann, 14. Aufl. 2022, AsylG § 71 Rn. 24). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Der Antragsteller hat in seiner Anhörung beim BAMF angegeben, dass er in Österreich alle Fluchtgründe vollständig habe schildern können. Neue Gründe seien seither nicht hinzugekommen. Er wolle in Deutschland dieselben Gründe geltend machen.

Auch hat der Antragsteller keine neuen Beweismittel im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG vorgelegt. Nach dieser Vorschrift ist über das Wiederaufgreifen zu entscheiden, wenn neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden. Neu sind Beweismittel, soweit sie bis zum Abschluss der vorangegangenen Verfahren noch nicht existierten oder vom Antragsteller unverschuldet nicht oder nicht rechtzeitig beigebracht werden konnten (BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2021 - 8 C 5/20 -, Rn. 21, juris). Ob dies in Bezug auf das vom Antragsteller überreichte Video der Fall ist - aus den Akten ergeben sich insofern keine Anhaltspunkte, wann der Antragsteller dieses Video erhalten hat und hätte vorlegen können - kann dahinstehen, da keine Zweifel an der Einschätzung des BAMF bestehen, dass der Antragsteller auf diesem Video nicht eindeutig erkennbar ist. Der anwaltlich vertretene Antragsteller ist dieser Bewertung auch nicht weiter entgegengetreten. Das Video wäre damit nicht geeignet, eine günstigere Entscheidung herbeizuführen. Im Übrigen wäre auch schon fraglich, ob sich aus einem Video einer Schlägerei unter Beteiligung des Antragstellers ergeben würde, dass der Antragsteller auf Grund seiner Zugehörigkeit zu den Drusen in die Schlägerei geraten sei und ob eine solche einmalige Schlägerei bereits eine Verfolgung im Sinne von § 3a AsylG oder eine unmenschliche Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG darstellen würde.

b) Schließlich ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, voraussichtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Es bestehen daher auch insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung.

aa) Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG liegen voraussichtlich nicht vor. Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der EMRK unzulässig ist. Dass dem Antragsteller hier im Falle seiner Rückkehr eine Verletzung seiner Rechte aus der EMRK droht, ist nicht ersichtlich. Auch insoweit kann zunächst auf die entsprechenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid verwiesen werden (Feststellung entsprechend § 77 Abs. 2 AsylG).

Ein aus der EMRK folgendes Abschiebungshindernis ist in Art. 3 EMRK zu sehen. Nach dieser Vorschrift darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Maßgebend ist, ob unter Berücksichtigung aller Umstände ernsthafte Gründe für die Annahme nachgewiesen sind, dass der Betroffene im Fall seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr liefe, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 - 8319/07 [Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich], Rn. 212, beck-online). Dies entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (BVerwG, Urteil vom 21. April 2022 - 1 C 10/21 -, Rn. 13, juris; BVerwG, Beschluss vom 13. Februar 2019 - 1 B 2.19 - Rn. 6, juris; BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, Rn. 22, juris), wobei ein gewisser Grad an Mutmaßung dem präventiven Schutzzweck des Art. 3 EMRK immanent ist (BVerwG, Urteil vom 21. April 2022 - 1 C 10/21 -, Rn. 14, juris). Die Misshandlung muss ein - nach dem jeweiligen Einzelfall zu beurteilendes - Mindestmaß an Schwere aufweisen (EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 - 8319/07 [Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich], Rn. 213, beck-online). § 60 Abs. 5 AufenthG hat absoluten Charakter und gilt daher auch für den Fall, dass die Art. 3 EMRK widersprechenden Bedingungen nicht von staatlichen Akteuren (oder nichtstaatlicher Akteure hinsichtlich derer i. S. d. §§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG, 3c AsylG eine Zurechnung erfolgt) herrührt, sondern ganz oder in erster Linie auf Armut oder auf fehlende staatliche Mittel beim Umgang mit Naturereignissen (BVerwG, Urteil vom 13. Juni 2013 - 10 C 13/12 -, Rn. 25, juris; Nds. OVG, Urteil vom 29. Januar 2019 - 9 LB 93/18 -, Rn. 42, juris).

(1) Unter dem Begriff der unmenschlichen Behandlung ist die vorsätzliche und beständige Verursachung körperlicher Verletzungen oder physischen oder psychischen Leids zu verstehen, während bei einer erniedrigenden Behandlung nicht die Zufügung von Schmerzen, sondern die Demütigung im Vordergrund steht. Erniedrigend ist demnach eine solche demütigende Behandlung, die es an Achtung für die Menschenwürde der Person fehlen lässt oder sie herabsetzt oder in ihr Gefühle der Angst, Beklemmung oder Unterlegenheit erweckt, die geeignet sind, den moralischen oder körperlichen Widerstand zu brechen (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 [M.S.S./Belgien und Griechenland], Rn. 220, beck-online). Ob die Behandlung das geforderte Mindestmaß an Schwere erreicht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung und ihren physischen und psychischen Auswirkungen sowie in einigen Fällen auch vom Geschlecht, dem Alter und dem Gesundheitszustand der betroffenen Person (EGMR, Urteile vom 21. Januar 2011 - 30696/09 [M.S.S./ Belgien und Griechenland], Rn. 219, beck-online und vom 28. Juni 2011 - 8319/07 u.a. [Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich], Rn. 213, beck-online). Das Maß kann erreicht sein etwa bei geplanten und über mehrere Stunden erfolgten körperlichen Verletzungen (Nds. OVG, Urteil vom 31. Januar 2023 - 4 LB 246/19 -, Rn. 80, juris).

Nach diesen Maßstäben droht dem Antragsteller eine derartige unmenschliche Behandlung nicht. Insofern der Antragsteller in seiner schriftlichen Begründung des Zweitantrags sowie der Anhörung hierzu vorträgt, dass seine Glaubensgemeinschaft der Drusen verfolgt werde, bestehen hierfür nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln keine Anhaltspunkte. Drusen machen ca. 5 % der Gesamtbevölkerung im Libanon aus, sie gehören zu den staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften. Die Religionsfreiheit wird grundsätzlich von der Verfassung geschützt (Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Libanon vom 5. Dezember 2022 [Stand: 7. Oktober 2022; im Weiteren: Bericht AA], S. 6, 14). Anhaltspunkte dafür, dass Drusen insbesondere von der Hisbollah unterdrückt werden, wie der Antragsteller meint, bestehen nicht. Vielmehr arbeitet die Hisbollah auch mit Drusen zusammen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Libanon [Stand: 31. Oktober 2021] des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl [im Weiteren: Länderinformationsblatt BFA], S. 7). Die Angaben des Antragstellers zu etwaigen Verfolgungshandlungen bleiben vage. Bis auf die etwaige Beteiligung an einer Schlägerei nennt der Antragsteller keine weiteren konkreten Ereignisse, bei denen er einer Gefahr ausgesetzt gewesen wäre. Selbst wenn der Antragsteller - entgegen der Auffassung des BAMF - auf dem Video, welches eine Schlägerei zeigt, zu erkennen gewesen wäre, mithin nachgewiesen wäre, dass er an dieser beteiligt und auch Opfer war, würde die einmalige Beteiligung an einer solchen noch nicht zu einer unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK führen. Die erforderliche Schwere wäre nicht erreicht. Eine solche unmenschliche Behandlung kann auch nicht darin gesehen werden, dass der Antragsteller vorträgt, zwingend irgendeiner Partei oder Miliz angehören zu müssen, um überleben zu können. Dass eine solche faktische Pflicht tatsächlich besteht, ergibt sich schon aus den zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln nicht. Hiergegen spricht auch, dass der Antragsteller angibt, dass seine Eltern gerade keine Angehörigen einer Partei oder Miliz seien, offenbar aber trotzdem wirtschaftlich so aufgestellt sind, dass es ihnen möglich war, ein Stück Land zu verkaufen, um die Ausreise des Sohnes mitzufinanzieren. Unabhängig davon könnte selbst eine solche Pflicht zu einer Mitgliedschaft keine unmenschliche Behandlung begründen. Der Antragsteller hat selbst im Rahmen seiner Anhörung am 28. Januar 2022 angegeben, dass er bei der Rückkehr in eine bestimmte Partei eintreten müsse, ihm aber sonst nichts passieren werde.

(2) Zwar können auch die allgemeinen schlechten humanitären Bedingungen im Abschiebungszielstaat einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK darstellen. Vorliegend resultiert hieraus aber im konkreten Einzelfall des Antragstellers kein Abschiebungsverbot.

i. Die schlechten humanitären Bedingungen können grundsätzlich nicht abstrakt bestimmt werden. Vielmehr ist eine im Einzelfall zu treffende Gefahrenprognose erforderlich. Danach sind alle die Lebensbedingungen erschwerenden sowie begünstigenden Faktoren in den Blick zu nehmen und abzuwägen. Zu den zu würdigenden individuellen Faktoren gehören dabei etwa das Alter und das Geschlecht des Rückkehrers, der Gesundheitszustand, der Bildungsstand (Schul- und Berufsausbildung), organisatorisches, strategisches oder menschliches Geschick, zugängliche finanzielle Rücklagen und Vermögenswerte, zu erwartende Unterstützungsleistungen und insbesondere auch die familiäre und soziale Anbindung (OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 11. Mai 2023 - 4 LA 34/21 -, Rn. 20, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Februar 2022 - 9 A 322/19.A -, Rn. 91, juris).

Sind die schlechten humanitären Bedingungen im Abschiebungszielstaat auf nichtstaatliche Akteure zurückzuführen, ist ein strenger Maßstab anzulegen und ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG kann nur in ganz besonderen Ausnahmefällen, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen eine Abschiebung sprechen, zu einem Verstoß gegen Art. 3 EMRK führen (EGMR, Urteil vom 13. Dezember 2016 - 41738/10 [Paposhvili/Belgien], Rn. 183 ff., beck-online; BVerwG, Urteil vom 21. April 2022 - 1 C 10/21 -, Rn. 15, juris; BVerwG, Urt. v. 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 25, juris; Nds. OVG, Urteil vom 24. September 2019 - 9 LB 136/19 - Rn. 110, juris).

Auf einen staatlichen Akteur oder auf entsprechende Konfliktparteien sind die humanitären Bedingungen insbesondere dann noch zurückzuführen, wenn diese wahllos solche Methoden der Kriegsführung anwenden, die zu einer humanitären Beeinträchtigung führen sowie wenn internationalen Hilfsorganisationen die Arbeit verweigert wird (EGMR, Urteil vom 29. Januar 2013 - 60367/10 [S.H.H./Vereinigtes Königreich], Rn. 91, beck-online). In diesen Fällen gilt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein weniger strenger Maßstab, nämlich, dass die Fähigkeit des Antragsstellers geprüft werden muss, für seine grundlegendsten Bedürfnisse wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft zu sorgen sowie seine Anfälligkeit für Misshandlungen und die Aussicht auf eine Verbesserung seiner Lage innerhalb eines angemessenen Zeitraums (EGMR, Urteil vom 29. Januar 2013 - 60367/10 [S.H.H./Vereinigtes Königreich], Rn. 77, 99, beck-online). Nach dem Europäischen Gerichtshof ist in Fällen der "Gleichgültigkeit der Behörden" die Schwelle des Mindestmaßes der Schwere erreicht, wenn sich die betroffene Person in "extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre" (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17, C-318/17, C-319/17 und C-438/17 -, Rn. 90, juris).

Dagegen ist das für Art. 3 EMRK erforderliche Mindestmaß an Schwere bei von nichtstaatlichen Akteuren ausgehenden Gefahren nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte erst dann erreicht, wenn die Abschiebung einer schwerkranken Person zu einer ernsthaften, schnellen und irreversiblen Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Betroffenen führen würde, der ein schweres intensives Leiden oder eine erhebliche Verringerung der Lebenserwartung zur Folge hätte (EGMR, Urteil vom 13. Dezember 2016 - 41738/10 [Paposhvili/Belgien], Rn. 183 ff., beck-online; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Oktober 2018 - A 11 S 316/17 -, Rn. 172, 392, juris; Nds. OVG, Urteil vom 29. Januar 2019 - 9 LB 93/18 -, Rn, 47, juris). Das Bundesverwaltungsgericht und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof definieren das Mindestmaß an Schwere für von nichtstaatlichen Akteuren ausgehenden Gefahren in dem Sinne, dass dieses gegeben ist, wenn der Ausländer seinen existenziellen Lebensunterhalt nicht sichern kann, kein Obdach findet oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhält (BVerwG, Urteil vom 21. April 2022 - 1 C 10/21 -, Rn. 15, juris; BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 - 1 C 45/18 -, Rn. 12; Bayerischer VGH, Urteil vom 21. November 2018 - 13a B 18.30632 -, Rn. 27, juris; so wohl auch Nds. OVG, Urteil vom 29. Januar 2019 - 9 LB 93/18 -, Rn. 51, juris). Unabhängig von diesen begrifflichen Nuancierungen besteht Einigkeit, dass bei Gefahren, die von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen und die auf die allgemeine humanitäre Lage zurückzuführen sind, erhöhte Anforderungen an das Mindestmaß der Schwere zu stellen sind und ein "sehr hohes" Schädigungsniveau bzw. Gefahrenniveau erforderlich ist, die humanitären Gründe müssen "zwingend" sein (Nds. OVG, Urteil vom 29. Januar 2019 - 9 LB 93/18 -, Rn. 51, juris; Bayerischer VGH, Urteil vom 21. November 2018 - 13a B 18.30632 -, Rn. 27, juris). Im Ergebnis kommt es auf eine Würdigung des Einzelfalls, zu berücksichtigen ist auch bei schlechter humanitärer Lage z.B. das Bestehen eines hinreichend tragfähigen und erreichbaren familiären oder sozialen Netzes, eine finanzielle oder materielle Unterstützung durch Dritte oder ein ausreichendes Vermögen (Bayerischer VGH, Beschluss vom 8. Dezember 2021 - 15 ZB 21.31689 -, Rn. 9, juris),

ii. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist trotz der wirtschaftlichen und humanitären schlechten Lage voraussichtlich nicht davon auszugehen, dass diese Lage im Libanon ganz generell einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK begründet (so bereits Bayerischer VGH, Beschluss vom 8. Dezember 2021 - 15 ZB 21.31689 -, Rn. 21, juris; VG des Saarlandes, Urteil vom 17. April 2023 - 3 K 84/23 -, Rn. 16 juris; VG Stade, Urteil vom 30. März 2022 - 6 A 1109/19 - n.v.; VG Oldenburg, Urteil vom 22. März 2022 - 13 A 8908/17 - n. v.). Auch nach der danach im Einzelfall vorzunehmenden Prüfung, ob individuelle benachteiligende oder begünstigende Umstände vorliegen, ist voraussichtlich für den Antragsteller kein Abschiebungsverbot festzustellen.

Die ausführlichen Beschreibungen des BAMF im angefochtenen Bescheid zu den derzeitigen humanitären Bedingungen im Libanon decken sich mit den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln. Der Libanon befindet sich seit 2019 in einer - insbesondere durch die Corona-Pandemie und durch die Explosion im Hafen von Beirut am 4. August 2020 verschärften - schweren Finanz- und Wirtschaftskrise (Bericht AA], S. 23; Länderinformationsblatt BFA, S. 58). Das Auswärtige Amt berichtet, dass die Erwerbstätigenquote von 44 % im Jahr 2019 auf 30 % gesunken sei, die Arbeitslosigkeit bei 30 %, bei Jugendlichen bei rund 48 % liege, die Zahlen faktisch noch höher liegen dürften (Bericht AA, S. 23). Die Inflation hat sich derart stark entwickelt, dass mittlerweile die meisten Preise in US-Dollar ausgezeichnet werden, da die libanesische Lira einen zu hohen Wertverfall verzeichnet, um noch funktional als Zahlungsmittel genutzt zu werden (BAMF, Briefing Notes Zusammenfassung vom 30. Juni 2023, Libanon - Januar bis Juni 2023, S. 8). Staatlicherseits gibt es ein rudimentäres soziales Absicherungssystem in Form eines nationalen Armutsprogramms, welches jedoch längst nicht alle Haushalte versorgen kann. Eine allgemeine Arbeitslosen- oder Rentenversicherung existiert nicht (Bericht AA, S. 23; Länderinformationsblatt BFA, S. 67). Obwohl der medizinische Standard im Libanon grundsätzlich hoch ist, auch sehr spezielle Behandlungen durchgeführt werden können und eine staatliche Krankenversicherung existiert, führt die Inflation dazu, dass sich die Versorgung mit Medikamenten in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 rapide verschlechtert hat, selbst einfache Schmerzmittel sind häufig schwer erhältlich, einige Medikamente gar nicht mehr erschwinglich (Bericht AA, S. 24). Die Zahl der Menschen, die keine Medikamente mehr bekommen konnte, hat sich verdoppelt (Länderinformationsblatt BFA, S. 65).

Unter Berücksichtigung dieser Entwicklungen und trotz der erheblichen Schwierigkeiten in vielen Bereichen des Landes in der letzten Zeit, geht das Gericht im Einzelfall des Antragstellers nicht davon aus, dass mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass es im Falle der Rückkehr des Antragstellers in den Libanon zu einer Art. 3 EMRK widersprechenden Schädigung kommen wird.

Der Antragsteller ist ein junger Mann, der angegeben hat, bisher - auch während der Wirtschaftskrise bis zu seiner Ausreise im Sommer 2021 - im Libanon in verschiedenen Jobs gearbeitet zu haben (Montagearbeiten in einer Fabrik, Arbeit im Supermarkt, Arbeit als Auslieferer). Es ist nicht ersichtlich, warum ihm dies trotz Wirtschaftskrise nach seiner Rückkehr nicht auch erneut gelingen sollte. An dieser Einschätzung ändert sich auch - unabhängig davon, dass der Antragsteller schon keine bzw. allenfalls veraltete Atteste vorgelegt hat - nichts durch die vom Antragsteller vorgetragene Asthma-Erkrankung. Der Antragsteller hat insofern vorgetragen, dass er diese Erkrankung bereits im Libanon gehabt habe. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass das Asthma ihn nunmehr derart beeinträchtigen würde, dass er keiner Arbeit mehr nachkommen könnte. Zwar ergibt sich aus den Erkenntnismitteln, dass viele Medikamente erheblich teurer geworden und einige Medikamente nicht mehr verfügbar sind. Der anwaltlich vertretene Antragsteller hat indes weder vorgetragen, dass er ein Asthma-Spray auch derzeit noch benötige noch welche Folgen es hätte, wenn er das Spray nicht nähme. Selbst für den Fall, dass davon auszugehen wäre, dass der Antragsteller zwingend auf ein Asthma-Spray angewiesen wäre, ist nicht ersichtlich, dass er ein solches nicht im Libanon erhalten könnte. Insofern ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller im Rahmen seiner Anhörung am 22. Mai 2023 angegeben hat, dass er auch im Libanon ein Spray genommen habe. Insofern der Antragsteller am 9. Juni 2021 aus dem Libanon ausgereist ist, sich das Land nach den vorliegenden Erkenntnismitteln auch schon zu diesem Zeitpunkt in einer tiefen Wirtschaftskrise befand und es Probleme bei der Versorgung mit Medikamenten gab, ist auch vor dem Hintergrund der sich weiter verschärfenden Situation nicht davon auszugehen, dass das im Sommer 2021 noch verfügbare Spray nicht mehr erhältlich oder unerschwinglich wäre. Hierzu hat der Antragsteller auch nichts vorgetragen. Im Hinblick auf die Finanzierung eines etwaigen Medikamentes ist nicht nur die Arbeitsfähigkeit und die 2021 bestehende Arbeitsmöglichkeit zu berücksichtigen, sondern auch der Umstand, dass der Antragsteller auf ein familiäres Netzwerk im Libanon zurückgreifen kann, seine Eltern wohnen beide im Land. Anhaltspunkte dafür, dass diese ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten könnten, bestehen nicht. Vielmehr hat der Antragsteller angegeben, dass die Eltern dabei geholfen hätten, die Ausreise - hierfür habe er ca. 4.000,00 Euro aufgewendet - zu finanzieren, u.a. hätten sie ein Stück Land verkauft.

bb) Auch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist nicht festzustellen. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist, § 60 Abs. 7 S. 3, 4 AufenthG. Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG muss der Ausländer eine solche Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten.

Für die Bestimmung der "Gefahr" gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, d.h. die drohende Rechtsgutverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein. Eine Gefahr ist "erheblich", wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das wäre der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Außerdem muss die Gefahr konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach der Rückkehr des Betroffenen in sein Herkunftsland eintreten wird, weil er auf die dort unzureichenden Möglichkeiten zur Behandlung seiner Leiden angewiesen wäre und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (BVerwG, Urteil vom 29. Juli 1999 - 9 C 2/99 -, Rn. 8, juris). Der Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dient hingegen nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Ein Ausländer muss sich vielmehr auf den Standard der Gesundheitsversorgung im Heimatland verweisen lassen, auch wenn dieser dem entsprechenden Niveau in Deutschland nicht entspricht (VG Arnsberg, Beschluss vom 23.Februar 2016 - 5 L 242/16.A -, Rn. 64 m.w.N., juris).

Dies zu Grunde gelegt, besteht kein Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 7 AsylG. Der Antragsteller hat im Rahmen seiner Anhörung am 22. Mai 2023 einen Entlassungsbrief des Universitätsklinikum Tulln vom 30. September 2021 vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass der Antragsteller vom 26. September bis zum 30. September 2021 auf Grund einer Lungenentzündung stationär behandelt wurde. Dabei wurde der Verdacht auf Asthma bronchiale festgestellt. Aus dem Entlassungsbrief ergibt sich, dass für den 7. Oktober 2021 ein Untersuchungstermin bei einem Lungenfacharzt zwecks weiterer Diagnose vereinbart war. Einen Befund dieses Facharztes oder weitere ärztliche Befunde hat der anwaltlich vertretene Antragsteller indes bis heute nicht vorgelegt. Auch in der Antrags- und Klageschrift bezieht sich der Antragsteller nicht auf seine gesundheitliche Situation, sondern die allgemeine verschärfte humanitäre Situation. Der Antragsteller genügt damit schon nicht den Anforderungen für die Glaubhaftmachung seiner gesundheitlichen Situation. Es sprechen auch unbeachtet dessen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller derart krank ist, dass ihm im Libanon eine wesentliche oder sogar lebensbedrohliche Verschlechterung der gesundheitlichen Situation erwarten würde. Hierfür spricht auch, dass er im Rahmen der Anhörung zum ersten Zweitantrag vom 28. Januar 2022 sein Asthma unerwähnt ließ und für ihn vielmehr die wirtschaftliche und politische Situation als Fluchtgrund im Vordergrund stand. Auch der Vortrag des Antragstellers, dass das Asthma-Spray, welches er im Libanon erhalten habe, nicht so gut geholfen habe und der Antragsteller davon zugenommen habe, vermag - auch als wahr unterstellt - keinen Schutz nach § 60 Abs. 7 AsylG begründen. Vielmehr muss sich der Antragsteller nach dem Ausgeführten grundsätzlich auf den Standard der Gesundheitsversorgung in seinem Herkunftsland verweisen lassen, deutsches Niveau muss nicht erreicht werden.

c) Weiter hat das BAMF zu Recht eine Ausreisefrist von einer Woche unter Androhung der Abschiebung gesetzt. Diese folgt aus § 71a Abs. 4, § 36 Abs. 1 AsylG und § 71a Abs. 4, § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 AufenthG.

2. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen das in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids nach § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 AufenthG angeordnete und auf 36 Monate befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot anzuordnen, hat ebenfalls keinen Erfolg.

Der Antrag ist zwar zulässig, insbesondere statthaft. Da es sich bei der nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zwingenden Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots und der nach § 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG ebenfalls verpflichtend vorzunehmenden Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots um einen einheitlichen, nicht teilbaren Verwaltungsakt handelt (BVerwG, Urteil vom 7. September 2021 - 1 C 47.20 -, Rn. 10, juris), hat die Klage gegen das in Ziffer 4 des Bescheids verfügte Einreise- und Aufenthaltsverbot ungeachtet des engeren Wortlauts von § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG ("Befristung") gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.Vm. § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG insgesamt keine aufschiebende Wirkung (ausführlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. November 2019 - 11 S 2996/19 -, Rn. 42 ff., juris)

Der Antrag ist aber unbegründet. Die gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 AufenthG zu treffende Entscheidung, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 36 Monate zu befristen ist ermessensfehlerfrei innerhalb der von § 11 Abs. 3 AufenthG aufgezeigten gesetzlichen Grenzen erfolgt. Das Vorliegen besonderer Umstände ist von dem Antragsteller weder vorgetragen noch ersichtlich.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

4. Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.