Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.03.1988, Az.: 17 OVG B 6/87

Anspruch des Personalrats auf Zuverfügungsstellung der Fachzeitschrift "Der Personalrat"

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
02.03.1988
Aktenzeichen
17 OVG B 6/87
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1988, 19978
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1988:0302.17OVG.B6.87.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg - 30.12.1986 - AZ: PB 16/86

Verfahrensgegenstand

Geschäftsbedarf
Fachzeitschrift

In der Personalvertretungssache
hat der 17. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein
auf die mündliche Anhörung vom 2. März 1988
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski sowie
den ehrenamtlichen Richter Angestellter Haase,
die ehrenamtliche Richterin Oberregierungsrätin Knief und
die ehrenamtlichen Richter Verwaltungsdirektor Klitzsch und
Fernmeldeamtmann Pitsch
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen - vom 30. Dezember 1986 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller erstrebt die Feststellung, daß ihm der Beteiligte die Fachzeitschrift "Der Personalrat" zur Verfügung zu stellen hat.

2

Der Antragsteller ist der Personalrat beim Marinematerialdepot ... bei dem 217 Zivilbedienstete und 16 Soldaten beschäftigt sind. Sein Vorsitzender ist zur Hälfte seiner Arbeitszeit für die Aufgaben des Antragstellers freigestellt; sein Mitglied ... ist zugleich freigestellter Vorsitzender des Bezirkspersonalrats beim Marineunterstützungskommando. Beim Beteiligten sind an Literatur der Kommentar von Fischer/Goeres "Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder" sowie die Kommentare von Uttlinger/Breier zum BAT und von Scheuring/Steingen zum MTB II vorhanden, die auch dem Antragsteller zur Verfügung stehen. Das Marineunterstützungskommando verfügt auf dem Gebiet des Personalvertretungsrechts über die Kommentare von Fischer, Goeres (GKÖD) sowie von Dietz/Richardi, 2. Auflage, der dortige Bezirkspersonalrat über die Zeitschrift "Der Personalrat".

3

Mit Schreiben vom 3. Oktober 1986 beantragte der Antragsteller beim Beteiligten die Bereitstellung der Zeltschrift "Der Personalrat" und die Übernahme der Kosten durch die Dienststelle. Das lehnte der Beteiligte mit Schreiben vom 23. Oktober 1986 unter Hinwels auf die Größe und Art der Dienststelle ab.

4

Der Antragsteller hat daraufhin am 4. Dezember 1986 das Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt,

den Beteiligten zu verpflichten, ihm die Fachzeitschrift "Der Personalrat" als Geschäftsbedarf zur Verfügung zu stellen.

5

Der Beteiligte ist diesem Antrag entgegengetreten und hat beantragt, ihn abzulehnen.

6

Mit Beschluß vom 30. Dezember 1986 hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers abgelehnt, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Gemäß § 44 Abs. 2 BPersVG habe die Dienststelle für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung des Personalrats in erforderlichem Umfang Räume, den Geschäftsbedarf und Büropersonal zur Verfügung zu stellen. Danach könne der Personalrat von der Dienststelle alles das beanspruchen, was er zur Wahrnehmung seiner Befugnisse und zur Erledigung seiner Aufgaben benötige. Dazu könnten, wie in der Rechtsprechung anerkannt sei, auch Fachzeitschriften gehören, die geeignet seien, ihm die für seine Tätigkeit notwendigen Informationen zu vermitteln. Im Gegensatz zur arbeitsrechtlichen Rechtsprechung stünden die für die Auslegung des Bundespersonalvertretungsgesetzes zuständigen Verwaltungsgerichte allerdings auf dem Standpunkt, daß die Bereitstellung einer einschlägigen Fachzeitschrift regelmäßig erst von einer Größenordnung der Dienststelle an als erforderlich in Betracht komme, bei der Personalratstätigkeit erfahrungsgemäß in einem bestimmten, der Pauschalierung zugänglichen Mindestumfang anfalle. Das sei hier bei einer Zahl von etwa 220 Zivilbediensteten und 20 Soldaten, die nach der Freistellungsstaffel des § 46 Abs. 4 BPersVG zu keiner vollen Freistellung führe, jedoch nicht der Fall.

7

Gegen den ihm am 13. Januar 1987 zugestellten Beschluß richtet sich die am 6. Februar 1987 eingelegte und am 4. März 1987 begründete Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft und im wesentlichen geltend macht: Das Informationsbedürfnis des Personalrats hänge nicht von der Größe der Dienststelle ab und dürfe insbesondere nicht schematisch an die pauschalierte Freistellungsstaffel des § 46 Abs. 4 BPersVG gekoppelt werden. Hier bestehe ein solches Informationsbedürfnis; der Jahresbezugspreis sei auch nicht unverhältnismäßig hoch.

8

Der Antragsteller beantragt,

den angefochtenen Beschluß zu ändern und nach seinem Schlußantrag 1. Instanz zu entscheiden.

9

Der Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

10

Er verteidigt den angefochtenen Beschluß.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Anhörung waren, Bezug genommen.

12

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zu Recht abgelehnt.

13

Gemäß § 44 Abs. 2 BPersVG hat die Dienststelle für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung des Personalrats in erforderlichem Umfang Räume, den Geschäftsbedarf und Büropersonal zur Verfügung zu stellen. Wie sich schon aus dem Wortsinn der Vorschrift ergibt, kann der Personalrat von der Dienststelle all das beanspruchen, was er zur Wahrnehmung seiner Befugnisse und zur Erledigung seiner Aufgaben benötigt. Dazu gehört, wie das Bundesverwaltungsgerichtmit Beschluß vom 25. Juli 1979 (6 P 29.78, Buchholz 238.3 A, § 44 BPersVG, Nr. 4 = ZBR 1980, 152 = Persv 1980, 57) entschieden hat, auch ein Kommentar zu dem Gesetz, das die Grundlage seiner Arbeit bildet. Das gilt in der Regel unabhängig von der Zahl der Beschäftigten, die der Personalrat zu betreuen hat. Denn auch bei kleineren Dienststellen muß der Personalrat Gelegenheit haben, zu Fragen, die aus dem Wortlaut des Gesetzes allein nicht zu beantworten sind, einen Kommentar zur Hand zu nehmen, der ihm die Bedeutung und Tragweite einer Vorschrift aufzeigen und als Entscheidungshilfe dienen kann. Dieses Kommentars muß er sich bei Bedarf jederzeit ohne Zeitverlust bedienen können. § 44 BPersVG gibt dem Personalrat allerdings nicht stets einen Anspruch auf die Anschaffung eines solchen Erläuterungswerks, das ihm allein zur Verfügung steht. Die Pflicht, im Rahmen des Geschäftsbedarfs einen Kommentar zur Verfügung zu stellen, besagt vielmehr nur, daß dem Personalrat im Bedarfsfall ein solches Werk - wenn auch nur leihweise - auszuhändigen ist; inwieweit es ihm als Handexemplar zur alleinigen Verfügung zu belassen ist, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (BVerwG, a.a.O.; OVG Lüneburg, OVGE 22, 389; Fischer/Goeres, GKÖD, Bd. V, § 44 BPersVG, RdNr. 70; Lorenzen/Haas/Schmidt, BPersVG, 4. Aufl., § 44, Rdnr. 42; a.A. Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 6. Aufl., § 44 RdNr. 26).

14

Ebenso läßt sich aber, wie der Senat bereits entschieden hat (Beschl. v. 2.12.1981 - P OVG B 17/81 - sowie v. 20.5.1987 - 17 OVG B 27/86 -), die Frage, ob und Inwieweit neben einem Kommentar zusätzlich eine Fachzeitschrift zu dem "in erforderlichem Umfang" zur Verfügung zu stellenden Geschäftsbedarf gehört, nicht allgemein, sondern nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls beantworten. Insbesondere kann nicht der teilweise im Schrifttum vertretenen Ansicht gefolgt werden, jede Personalvertretung habe unabhängig vom Umfang Ihrer Aufgaben, der Größe der Dienststelle sowie Ihrer Ausstattung mit sonstiger Literatur einen Rechtsanspruch auf Erstattung der Kosten für den Bezug einer personalvertretungsrechtlichen Fachzeitschrift (so Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, a.a.O., RdNr. 27; ebenso wohl Altvater/Bacher/Sabottig/Schneider/Thiel, BPersVG, 2. Aufl., § 44 RdNr. 18). Soweit diese Ansicht sich auf § 40 Abs. 2 BetrVG und die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beruft, nach der der Arbeitgeber dem Betriebsrat unabhängig von der Betriebsgröße auf dessen Verlangen eine Fachzeitschrift seiner Wahl als "sachliches Mittel" i.S. des § 40 Abs. 2 BetrVG zur Verfügung stellen muß (BAGE 42, 259 = DB 1984, 248; kritisch dazu Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 40 RdNr. 76 m. Nachw.; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 10.12.1985, DB 1986, 647), übersieht sie die Insoweit bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Unterschiede. Denn zum einen beruht diese arbeitsgerichtliche Rechtsprechung entscheidend auf dem das geltende Arbeitsrecht beherrschenden vorgegebenen Interessengegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, insbesondere dem Umstand, daß der Arbeitgeber zur Wertschöpfung und zur Erreichung des Unternehmenszwecks der Mitwirkung des Arbeitnehmers bedarf (BAG, a.a.O.,

15

BVerfG, a.a.O.). Ein solcher Interessengegensatz ist aber in der auf das Gemeinwohl verpflichteten und verfassungsrechtlich an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit gebundenen öffentlichen Verwaltung in dieser Ausprägung nicht vorhanden. Zum anderen gilt auch für die Personalvertretungen als Bestandteil der öffentlichen Verwaltung das haushaltsrechtliche Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel (BVerwGE 58, 54 = PersV 1980, 19, 23). Deshalb ist daran festzuhalten, daß sich die Erforderlichkeit einer Fachzeitschrift nach dem quantitativen Anfall und den qualitativen Anforderungen der dem jeweiligen Personalrat obliegenden Aufgaben sowie der sonstigen Ausstattung dieses Personalrats und der Dienststelle mit entsprechender Fachliteratur richtet und deshalb nur für den konkreten Einzelfall beantworten läßt (ebenso Bay. VGH, Beschl. v. 11.6.1986, 346; OVG Münster, Beschl. v. 9.4.1979, Leitsatz in ZBR 1980, 259; OVG Lüneburg, Beschl. v. 14.9.1976, PersV 1980, 109 und v. 2.12.1981 - P OVG B 17/81 - sowie v. 20.5.1987 - 17 OVG B 27/86 -; S.-H. VG, Beschl. v. 27.3.1987 - PB 12/86 -; Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 44 Rdnr. 39; Fischer/Goeres in GKÖD, Bd. V, 4. Aufl., § 44 Rdnr. 41). Dabei gilt auch insoweit, daß ein notwendiger Eigenbedarf einer Personalvertretung nur anzuerkennen ist, wenn dieser Bedarf nicht schon auf andere Weise gedeckt oder zu decken ist, und daß die Kostenpflicht der Dienststelle durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt wird.

16

Nach diesen Maßstäben hat der Antragsteller hier aber keinen Anspruch auf Bezug der Zeitschrift "Der Personalrat"; sein notwendiger Informationsbedarf wird durch andere ihm zur Verfügung stehende oder doch zugängliche Fachliteratur hinreichend gedeckt. So kann der Antragsteller bei Bedarf jederzeit den Kommentar von Fischer/Goeres einsehen, der in dem von seinen Räumen etwa 100 m entfernten Verwaltungsgebäude des Beteiligten vorgehalten wird. Dieses zweibändige Erläuterungswerk ist von hervorragender Qualität und gewährleistet als Loseblatt-Kommentar auch eine Unterrichtung über den aktuellen Stand der Rechtsprechung. Zusätzlich hat das Mitglied Nitsche des Antragstellers, das zugleich als Vorsitzender für die Geschäftsführung des Bezirkspersonalrats beim Marineunterstützungskommando ebenfalls in W. freigestellt ist, die Möglichkeit, den beim dortigen Kommando vorhandenen zweibändigen Kommentar zum BPersVG von Dietz/Richardi, den dort ebenfalls vorhandenen Kommentar von Fischer/Goeres sowie vor allem die vom Bezirkspersonalrat gehaltene Zeitschrift "Der Personalrat" einzusehen und ggf. darin veröffentlichte neue, für die Arbeit des Antragstellers wichtige Gerichtsentscheidungen zu fotokopieren.

17

Dem Antragsteller darüber hinaus noch ein eigenes Abonnement der gleichen Zeitschrift zu gestatten, wäre angesichts der Größe und Zuständigkeit der Dienststelle unvereinbar mit dem Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel. Zwar kann in diesem Zusammenhang nicht schematisch auf die Freistellungsstaffel des § 46 Abs. 4 BPersVG abgestellt werden. Aber im Rahmen des Prinzips der Verhältnismäßigkeit ist die Zahl der zu betreuenden Beschäftigten durchaus ein geeigneter Anknüpfungspunkt. Denn der Umfang des Bedarfs richtet sich nach den Aufgaben des jeweiligen Personalrats, die ihrerseits von der Größe, Art und Zuständigkeit der konkreten Dienststelle abhängen; dies kommt auch in § 46 Abs. 4 BPersVG zum Ausdruck. Der Literaturbedarf kann deshalb bei großen Dienststellen mit umfangreichem Zuständigkeitsbereich, weitgehend spezialisierter Aufgabenverteilung auf die freigestellten Mitglieder des Personalrats und ständigem hohen Arbeitsanfall auf zahlreichen Gebieten dringender sein als bei kleineren Dienststellen mit geringem Aufgabenbereich und einer Struktur, die gegenüber einer Vielzahl gleichartiger Dienststellen keine Besonderheiten aufweisen (Fischer/Goeres, a.a.O., RdNr. 69 ff; Lorenzen/Haas/Schmitt, a.a.O., RdNr. 41). Um eine solche kleinere Dienststelle handelt es sich aber bei dem Marinematerialdepot ..., dessen Beschäftigtenzahl von etwa 200 Zivilbediensteten und 20 Soldaten noch nicht einmal für eine volle Freistellung des Vorsitzenden des Antragstellers ausreicht. Bei einer so kleinen Dienststelle, bei der auch keine personalvertretungsrechtlichen Spezialprobleme absehbar sind, kann jedenfalls der Bezug einer Fachzeitschrift nicht als notwendig erachtet werden, zumal weder die Dienststelle noch das übergeordnete Marineunterstützungskommando über eine solche Zeitschrift verfügt. Anderenfalls müßte, da es unterhalb dieser Grenze kaum noch zuverlässige Abgrenzungsmerkmale gibt, jeder noch so kleinen Personalvertretung eine eigene Fachzeitschrift zugestanden werden; das wäre aber mit dem Gebot einer sparsamen Haushaltsführung unvereinbar (Bay. VGH, a.a.O.). Soweit der Antragsteller neben den verschiedenen Mitteilungsblättern der Gewerkschaften, in denen regelmäßig auch auf wichtige neue Entscheidungen zum Personalvertretungsrecht hingewiesen wird, und neben den auch ihm zugeleiteten, von der Wehrbereichsverwaltung II periodisch herausgegebenen "Verwaltungsanordnungen", in denen ebenfalls neue Entscheidungen zum Personal Vertretungsrecht und zum Arbeitsrecht einschließlich des Tarifrechts teils vollständig, teils auszugsweise veröffentlich werden, noch einen Bedarf speziell an der Zeitschrift "Der Personalrat" sieht, muß er sich auf die Mitbenutzung des Exemplars beim Bezirkspersonalrat an demselben Ort verweisen lassen, für den sein Mitglied Nitsche als Vorsitzender freigestellt ist.

18

Die Beschwerde war danach zurückzuweisen.

19

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.

Dr. Dembowski
Haase
Knief
Klitzsch
Pitsch