Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.03.1988, Az.: 21 A 600/87
Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter bei Erleidung politisch motivierter Verfolgungsmaßnahmen im Ausland; Qualifizierung der Frage der Bewertung der Bestrafung eines Ausländers als politische Verfolgung im asylrechtlichen Sinne nach der Form der Bestrafung; Beurteilung der Frage des Vorliegens der politischen Motivation einer Strafverfolgung nach den Gründen des Verfolgerstaats für eine drohende Verfolgung; Qualifizierung der Diskriminierung der Frauen im Iran als Verfolgung im asylrechtlichen Sinne; Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer ausländerbehördlichen Entscheidung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 18.03.1988
- Aktenzeichen
- 21 A 600/87
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1988, 20576
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1988:0318.21A600.87.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 20.11.1986 - AZ: 9 VG A 62/86
Rechtsgrundlagen
- Art. 16 Abs. 2 S. 2 GG
- § 28 Abs. 1 S. 1 AsylVfG
Verfahrensgegenstand
Anerkennung als Asylberechtigte
Der 21. Senat des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein hat
auf die mündliche Verhandlung vom 18. März 1988
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Czajka,
die Richter am Oberverwaltungsgericht Groepper und Dr. Petersen sowie
die ehrenamtliche Richterin ... und
den ehrenamtlichen Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 9. Kammer Hannover - vom 20. November 1986 geändert, soweit es die Asylklage betrifft.
Die Klage gegen die Beklagte zu 1) wird abgewiesen.
Die Berufung des Beklagten zu 2) wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt 2/3, der Beklagte zu 2) 1/3 der Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, eine am 6. Februar 1941 in ... geborene iranische Staatsangehörige, verließ mit einem am 20. September 1984 ausgestellten Reisepaß am 2. März 1985 den Iran auf dem Luftwege und traf noch am selben Tage in der Bundesrepublik Deutschland ein. Für die Einreise war der Klägerin von der Deutschen Botschaft in Teheran unter dem 20. Februar 1985 ein für den Zeitraum 2. März bis 1. Juni 1985 befristetes Touristenvisum zum Besuch ihrer im Bundesgebiet lebenden Tochter, einer Jura-Studentin, erteilt worden. Am 10. April 1985 stellte sie einen Asylantrag, den sie wie folgt begründete:
Sie habe ungefähr Mitte 1976 ein Pharmaziestudium beendet und dann in einer Apotheke gearbeitet, die ihrem Ehemann gehört habe. Von ihrem Ehemann sei sie 1979 geschieden worden. Mit der Scheidung habe sie die Mitarbeit in der Apotheke eingestellt. Bereits während ihrer Tätigkeit in der Apotheke habe sie sich selbständig gemacht und einen Handel mit Medikamenten, Kleidern, Lebensmitteln und Autoersatzteilen betrieben. Da ihr nach der Revolution im Frühjahr 1979 von den Revolutionswächtern als Geschäftsfrau zunehmend Schwierigkeiten gemacht worden seien, sei sie gezwungen gewesen, ab Mitte 1984 einen männlichen Geschäftspartner in ihre Firma aufzunehmen. Ihre Schwester, die sich ebenfalls als selbständige Geschäftsfrau betätigt habe, sei 1983 verhaftet worden, weil sie versucht habe, ihre Vermögenswerte ins Ausland zu transferieren. Die Schwester sei zunächst zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Die Strafe sei später auf fünf Jahre reduziert worden. Das gesamte Vermögen der Schwester sei beschlagnahmt worden. Nach der Verhaftung ihrer Schwester sei sie in den gleichen Verdacht geraten, weil sie ebenfalls über Vermögen verfügt habe und eines ihrer drei Kinder in Deutschland lebe. Sie sei daher überwacht worden. Hierdurch habe man erfahren, daß auch sie beabsichtigte, ihre Vermögenswerte ins Ausland zu transferieren. Sie sei deshalb verhaftet worden, auch habe man ihr Bankkonto beschlagnahmt. Außerdem seien ihr Schmuck konfisziert und das Haus, in dem sie zur Miete gewohnt habe, versiegelt worden. Sie sei ständig während ihrer Haft verhört worden; dabei habe man ihr bedeutet, daß sie die nächsten zwei Monate nicht ausreisen und in ihrem Beruf nicht mehr tätig sein dürfte. Die Verhaftung habe sich vier Monate vor ihrer Ausreise ereignet. Da sie alle Beschuldigungen abgestritten habe und da sie während der Haft krank geworden sei, sei sie schließlich vorübergehend entlassen worden. Die Überwachung sei aber fortgesetzt worden. Nach ihrer Haftentlassung habe sie bis zu ihrer Ausreise bei ihrer Mutter gelebt. In ihrer Firma habe sie nicht mehr tätig sein können, weil man das von ihr eingebrachte Kapital eingezogen habe. Dieser Umstand habe übrigens auch dazu geführt, daß ihr Geschäftspartner die Firma habe schließen müssen. Nach diesen Ereignissen habe sie sich entschlossen, den Iran zunächst vorübergehend, und zwar für die Geltungsdauer eines dreimonatigen Touristenvisums, zu verlassen, zumal ihr während der Haft mündlich eröffnet worden sei, daß sie noch vor Gericht gestellt werden sollte. Für ihre Ausreise habe sie einen Paß benutzt, den sie bereits vor ihrer Verhaftung beantragt hatte und der ihr dann gegen Bestechung ausgehändigt worden sei. Während ihres Aufenthalts in Deutschland habe sie anläßlich eines Telefonats mit ihrer Mutter erfahren, daß sie von der Staatsanwaltschaft schriftlich vorgeladen worden sei. Da sie nunmehr sicher gewesen sei, wie ihre Schwester verurteilt zu werden, habe sie sich entschlossen, in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag zu stellen. Sie habe sich weder im Iran noch in Deutschland politisch betätigt.
Durch Bescheid vom 21. März 1986 lehnte das Bundesamt der Beklagten zu 1) für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag mit der Begründung ab, für das Asylbegehren der Klägerin seien nicht politische, sondern rein wirtschaftliche Gründe, nämlich der Verlust ihrer Firma, ausschlaggebend gewesen. Sollte es überhaupt zu einem Strafverfahren gegen die Klägerin kommen, was nach den von ihr geschilderten Umständen zweifelhaft sei, sei dies asylrechtlich irrelevant. Es könne auch nicht davon gesprochen werden, daß die Klägerin im Iran ihrer wirtschaftlichen Existenz vollständig beraubt gewesen sei; denn es wäre ihr zuzumuten gewesen, sich um eine unselbständige Arbeit zu bemühen, was sie nicht einmal versucht habe. Schließlich stelle der Asylantrag keinen Asylgrund dar, zumal sie nach islamischem Recht die Möglichkeit habe, ein Reuebekenntnis abzulegen und damit Straffreiheit zu erlangen. Daraufhin forderte der Beklagte zu 2), der Landkreis Hannover, die Klägerin mit Verfügung vom 24. April 1986 zur Ausreise innerhalb eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Bescheides des Bundesamtes auf und drohte ihr für den Fall der Nichteinhaltung der gesetzten Ausreisefrist die Abschiebung in den Iran an.
Die Klägerin hat gegen den Bescheid des Bundesamtes und die Verfügung des Landkreises Hannover rechtzeitig Klage erhoben und zu deren Begründung vorgetragen, bei einer Rückkehr in den Iran habe sie mit einer unangemessen harten Bestrafung zu rechnen; sie habe nämlich tatsächlich versucht, ihre Vermögenswerte ins Ausland zu schaffen. Außerdem habe sie illegal den Iran verlassen; ihren Reisepaß habe sie nur durch Bestechung eines Offiziers der Paßbehörde erhalten, gegen sie sei nämlich bereits ein Ausreiseverbot erlassen gewesen. Müsse ihr demnach Asyl gewährt werden, sei auch die Verfügung des Landkreises rechtswidrig.
Die Klägerin hat beantragt, den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 21. März 1986 und die Verfügung des Beklagten zu 2) vom 24. April 1986 aufzuheben und die Beklagte zu 1) zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen.
Die Beklagten haben jeweils beantragt, die gegen sie gerichtete Klage abzuweisen.
Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 20. November 1986 den Bescheid des Bundesamtes und die Verfügung des Landkreises aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, für den Erfolg der Asylklage könne offenbleiben, ob die Klägerin vorverfolgt worden sei; denn die Klägerin sei jedenfalls deshalb als Asylberechtigte anzuerkennen, weil sie in der Bundesrepublik Deutschland um Asyl nachgesucht habe und konkrete Anhaltspunkte dafür vorlägen, daß der iranische Staat das Asylverfahren als Anzeichen politischer Gegnerschaft werten und zum Anlaß von Verfolgungsmaßnahmen nehmen würde. Die gegen die Ausländerbehörde gerichtete Klage habe ebenfalls Erfolg. Bedenken gegen deren Zulässigkeit bestünden nicht; auch wenn die getroffenen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erst nach der Unanfechtbarkeit der ablehnenden Asylentscheidung wirksam werden sollten, bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Die Klage gegen die ausländerbehördliche Verfügung sei auch begründet; denn für die Rechtmäßigkeit der Verfügung sei nicht auf den Zeitpunkt ihres Erlasses, sondern auf den der gerichtlichen Entscheidung über das Asylbegehren abzustellen.
Gegen dieses Urteil hat der Beteiligte, der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten, fristgerecht die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung erhoben. Zur Begründung seiner Berufung trägt der Bundesbeauftragte vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts lägen keine besonderen Umstände vor, aus denen geschlossen werden könne, bereits die Stellung des Asylantrages werde bei Rückkehr der Klägerin in den Iran zu politischer Verfolgung führen. Nach den vorliegenden Erkenntnissen könnten nämlich Verfolgungsmaßnahmen aufgrund eines Asylantrages nicht als überwiegend wahrscheinlich angesehen werden. Im übrigen handele es sich bei dem Asylantrag um einen sog. subjektiven Nachfluchttatbestand, der asylrechtlich nur dann beachtlich sei, wenn er vor dem Hintergrund einer glaubhaft vorgetragenen, bereits im Heimatland gelebten politischen Überzeugung gestellt werde. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall; denn sie habe selbst eingeräumt, sich im Iran nicht politisch betätigt zu haben. Aus diesem Grunde sei ihre exilpolitische Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland ebenfalls als unbeachtlicher Nachfluchttatbestand zu behandeln.
Der Bundesbeauftragte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage abzuweisen.
Auch der Beklagte zu 2), der Landkreis Hannover, hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts fristgemäß die insoweit ebenfalls zugelassene Berufung eingelegt, die er damit begründet, das Verwaltungsgericht hätte die gegen seine Verfügung gerichtete Klage als unzulässig abweisen müssen. Da die gegen die Klägerin getroffenen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erst wirksam werden sollten, wenn ihr Asylbegehren unanfechtbar abgelehnt worden sei, fehle der Klage das Rechtsschutzbedürfnis.
Der Beklagte zu 2) beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover zu andern, soweit es den Landkreis Hannover betrifft.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert:
Ihr drohe nicht nur aufgrund ihres Asylverfahrens politische Verfolgung im Iran, sondern auch wegen ihrer politischen Aktivitäten in der Bundesrepublik Deutschland. Seit dem 1. März 1986 sei sie Mitglied des Rates der Konstitutionellen Monarchie des Irans in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin, wie dies der Bescheinigung des Konstitutionsrates Hannover vom 4. November 1986 zu entnehmen sei. Weiter müsse davon ausgegangen werden, daß ihre Schwester und sie nicht nur wegen Devisenvergehen strafrechtlich belangt worden seien. Ein Grund für diese Verfolgungsmaßnahmen sei vielmehr auch darin zu erblicken, daß ihre Familie im Iran zu den monarchistischen Kreisen gezählt würde und daß ihre Schwester und sie als westlich orientierte Frauen es gewagt hätten, sich als selbständige Unternehmerinnen zu betätigen. Unter diesen Umständen habe es sich nicht um bloße Strafverfolgung gehandelt, die Verfolgungsmaßnahmen seien vielmehr politisch motiviert gewesen.
Dem Senat haben die Gerichts- und Verwaltungsakten, auf die zur weiteren Sachdarstellung und für das Vorbringen der Beteiligten im einzelnen ergänzend Bezug genommen wird, und die in der Verfügung des Berichterstatters vom 10. März 1988 genannten Erkenntnismittel vorgelegen; die Erkenntnismittel sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten hat Erfolg, weil die Klägerin nicht als Asylberechtigte anzuerkennen ist (1). Demgegenüber ist die Berufung des Landkreises Hannover zurückzuweisen; denn das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Verfügung des Landkreises vom 24. April 1986 als rechtswidrig aufgehoben (2).
1.
Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen; das Urteil vom 20. November 1986 ist daher abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte im Sinne des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG zu, weil sie vor ihrer Ausreise aus dem Iran keine politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen erlitten hat (a), ihr diese auch nicht bei einer Rückkehr nach Persien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (b), und weil weder der von ihr in der Bundesrepublik Deutschland gestellte Asylantrag noch die von ihr behauptete exilpolitische Betätigung als beachtlicher Nachfluchtgrund anerkannt werden kann (c).
a)
Zwar hält der Senat die Angaben der Klägerin über die Gründe und die Umstände ihrer Flucht aus dem Iran für glaubhaft. Dies gilt auch für ihre Behauptung, trotz des gegen sie im Zusammenhang mit den strafrechtlichen Ermittlungen verhängten Ausreiseverbotes einen Paß erhalten und über den streng bewachten Flughafen xxx (Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 6.2.1986 an das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge - 510 - 516/80 IRN - und Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 15.3.1987 - 514 -516.80 SB 3) ausgereist zu sein. Der Senat nimmt der Klägerin ab, daß sie das Ausreiseverbot und die bei einer Ausreise auf dem Luftwege bestehenden Paßkontrollen durch Bestechung eines Offiziers der Paßbehörde mit einem namhaften Betrag (120.000 Toman) hat überwinden können.
Die Klägerin hat aber vor ihrer Ausreise aus dem Iran keine asylrelevanten Verfolgungsmaßnahmen erlitten.
Nach ihren glaubhaften Bekundungen ist davon auszugehen, daß sie wegen des Versuches, ihr Vermögen ins Ausland zu transferieren, verhaftet worden ist und daß gegen sie neben der Beschlagnahme ihres Vermögens sowie der Versiegelung ihrer Wohnung ein Berufsverbot verhängt worden ist. Diese Maßnahmen können aber noch nicht als politische Verfolgung im Sinne des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG angesehen werden. Der Senat verkennt hierbei nicht, daß die Inhaftierung in einem iranischen Gefängnis, insbesondere bei Unterbringung in dem berüchtigten Teheraner xxx oder xxx-Gefängnis (siehe dazu: "Recht auf Leben? Iran" amnesty international publication, Februar 1983, S. 21 ff.) zu Folterungen oder anderen menschenrechtswidrigen Behandlungen führen kann, die unter Umständen im Sinne einer politischen Verfolgung gedeutet werden konnten. Die Klägerin hat aber nicht davon berichtet, daß sie im Gefängnis menschenrechtswidrig behandelt worden ist. Sie konnte sogar, nachdem sie erkrankt war, das Gefängnis wieder verlassen, obwohl nach den amnesty international vorliegenden Berichten (s. Menschenrechtsverletzungen im Iran, Kurzbericht Mai 1987, S. 30) in Einzelfällen selbst Folteropfern mit schwerwiegenden Gesundheitsstörungen eine medizinische Betreuung oder eine Krankenhausbehandlung verweigert worden sind.
Soweit das Vermögen der Klägerin beschlagnahmt, ihre Wohnung versiegelt und ihr eine weitere berufliche Tätigkeit untersagt worden ist, fehlt es ebenfalls an einer Asylrelevanz dieser Maßnahmen. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die Beschlagnahme des Bankkontos der Klägerin und des von ihr in ihre Firma eingebrachten Kapitals im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren wegen Devisenvergehens zu sehen ist und daß die Klägerin auch eingeräumt hat, tatsächlich versucht zu haben, ihr Vermögen ins Ausland zu transferieren. Damit dürfte es sich bei den Beschlagnahmen um vorläufige Maßnahmen gehandelt haben, durch die Devisenschiebungen vereitelt werden sollten, zumal eine endgültige Entscheidung über den Fall der Klägerin noch nicht erfolgt war. Diese Erwägungen sprechen auch dafür, daß es sich bei dem gegenüber der Klägerin ausgesprochenen Verbot, weiterhin als selbständige Unternehmerin tätig zu sein, ebenfalls nur um eine vorläufige, im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren stehende Maßnahme gehandelt hat. Wegen des vorläufigen Charakters dieser staatlichen Zwangsmaßnahmen erscheint es fraglich, ob insoweit überhaupt von einer Vorverfolgung gesprochen werden kann. Jedenfalls stellen diese Maßnahmen aus den gleichen Gründen keine politisch motivierte Verfolgung dar, die den Senat auch an der Feststellung hindern, der Klägerin drohe bei einer Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung.
b)
Die Klägerin will die Gefahr einer ihr drohenden politischen Verfolgung damit begründen, man habe gegen sie das Ermittlungsverfahren wegen Devisenvergehens nur eingeleitet, um sie als westlich orientierte Frau, die überdies dem monarchistischen Lager zugerechnet worden sei, zu treffen, auch habe sie wegen dieser Motivation bei einem Strafverfahren ähnlich wie ihre Schwester mit einer vollkommen unangemessen harten Bestrafung zu rechnen. Dieser Argumentation vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zunächst ist es nicht sicher, ob es überhaupt zu einer Verurteilung der Klägerin kommt; denn die Klägerin hat auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zum Verfahrensstand lediglich über die schon im Verwaltungsverfahren erwähnte Vorladung vor die Staatsanwaltschaft berichten können. Aber, selbst, wenn man annimmt, der Fortgang des Strafverfahrens sei durch ihren Auslandsaufenthalt lediglich unterbrochen, auch müsse sie nach Rückkehr mit dem Fortgang des Verfahrens und - ebenso wie ihre Schwester - letztlich mit einer langjährigen Haftstrafe rechnen, kann dies nicht zu ihrer Anerkennung als Asylberechtigte führen.
Die Klägerin hat selbst eingeräumt, daß sie versucht hat, unter Verstoß gegen die bestehenden Devisenbestimmungen Vermögenswerte ins Ausland zu transferieren. Damit würde bei einer Verurteilung nicht etwa mit Hilfe eines konstruierten Tatvorwurfes eine politisch unliebsame Oppositionelle zum Schweigen gebracht, eine Bestrafung also nicht ohne irgendwelchen strafwürdigen Anlaß ausgesprochen. Die Bestrafung würde sich vielmehr auf ein Vergehen (Versuch einer Umgehung der Devisenbestimmungen) beziehen, welches auch nach den Rechtsordnungen solcher Staaten mit Strafe bedroht ist, die nicht in dem Verdacht stehen, ihre Staatsbürger politisch zu verfolgen. Für die Beantwortung der Frage, ob eine etwaige Bestrafung der Klägerin (auch) als politische Verfolgung im asylrechtlichen Sinne gewertet werden muß, kommt es daher entscheidend darauf an, ob die Klägerin ausschließlich für kriminelles Unrecht (Devisenvergehen) bestraft würde oder ob mit der Bestrafung auch eine politische Verfolgungsabsicht einherginge; denn für den Asylrechtsschutz kann es nicht darauf ankommen, ob der Verfolgerstaat seine politische Verfolgung als strafrechtliche oder polizeiliche Maßnahme tarnt, so daß auch eine Strafverfolgung politische Verfolgung sein kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.5.1983 - BVerwG 9 C 36.83 -, BVerwGE 67, 184 (188 ff.) = InfAuslR, 1983, 228 (230)). Dabei sind allerdings für die Beurteilung, ob eine Strafverfolgung auch politisch motiviert ist, allein die Gründe maßgebend, aus denen der Verfolgerstaat die drohende Verfolgung betreibt (BVerwG, Urt. v. 17.5.1983, a.a.O., S. 189, u. Urt. v. 19.5.1987 - BVerwG 9 C 200.86 -, InfAuslR 1987, 233 (234)). Seine Motivation, nicht aber die Vorstellung des Asylsuchenden sind entscheidend dafür, ob einer drohenden Strafverfolgung auch politischer Charakter zukommt. Im Falle der Klägerin kann aber von einer derartigen Motivation des iranischen Staates bei einer Verurteilung wegen Devisenvergehens aus folgenden Überlegungen nicht ausgegangen werden:
Versucht ein Bürger, die Devisenvorschriften seines Landes zu umgehen, so muß er in aller Regel mit empfindlichen Strafen rechnen. Befindet sich der betreffende Staat in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation und muß er insbesondere im Interesse einer funktionierenden Volkswirtschaft darauf bedacht sein, einen unkontrollierten Devisenabfluß zu vermeiden, so werden die Strafen für Devisenvergehen - selbst wenn es sich lediglich um den Versuch einer Umgehung der Devisenbestimmungen handelt - schon aus generalpräventiven Gründen hart ausfallen. Dies gilt um so mehr, wenn sich ein Staat wie hier der Iran im Kriegszustand befindet und sich eine Kapitalflucht zu einer Existenzbedrohung des Staates ausweiten könnte. In dieser Situation werden selbst langjährige Gefängnisstrafen für Devisenvergehen nicht als unüblich anzusehen sein. Die der Klägerin möglicherweise drohende langjährige Gefängnisstrafe - ihre Schwester hat nach ihren Bekundungen tatsächlich eine Gefängnisstrafe von fünf Jahren abzubüßen - kann daher angesichts der Lage, in der sich der Iran derzeit befindet, nicht als übermäßig und damit nicht als Indiz für eine politische Verfolgung (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.5.1984 - BVerwG 9 C 3.84 -, InfAuslR 1984, 219 (220)) im Sinne der von der Klägerin behaupteten Motivation angesehen werden.
Der Senat vermag eine der Klägerin drohende politische Verfolgung auch dann nicht festzustellen, wenn man unterstellt, die gegen sie im Ermittlungsverfahren ergriffenen Maßnahmen (Beschlagnahme des Vermögens/Versiegelung der Wohnung/Berufsverbot) würden auch nach ihrer Rückkehr in den Iran als Dauermaßnahmen aufrechterhalten, um sie als Frau aus dem nach islamischem Verständnis vornehmlich Männern vorbehaltenen Erwerbsleben herauszudrängen.
Auch wenn die Frauen im Iran nach dem Selbstverständnis der Islamischen Republik mannigfachen Benachteiligungen ausgesetzt sind (siehe dazu die Zusammenstellung bei "Frauen im Iran, Rechtsstatus und Repression"), die mit der Wertordnung des Grundgesetzes und insbesondere dem Verfassungsgrundsatz des Art. 3 GG von der Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht zu vereinbaren sind, bedeutet dies nicht, daß die Diskriminierung der Frauen im Iran allgemein und die der Klägerin auferlegten Beschränkungen im besonderen bereits die Qualität einer Verfolgung im asylrechtlichen Sinne erreicht haben. Nicht jede Beeinträchtigung von Grundrechten in einem anderen Staat, die das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland gewährleistet, stellt für sich genommen bereits eine asylerhebliche politische Verfolgung dar. Die Verfolgungsmaßnahmen müssen vielmehr - sind sie nicht mit einer Gefahr unmittelbar für Leib und Leben oder mit fundamentalen Beschränkungen der persönlichen Freiheit verbunden -, um asylrelevant zu sein, nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des fremden Staates aufgrund des dort herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben (BVerfG, Beschl. v. 2.7.1980 - 1 BvR 147, 181, 182/80 -, BVerfGE 54, 341, (357); BVerwG, Urt. v. 18.2.1986 - BVerwG 9 C 16.85 -, BVerwGE 74, 31 (38)). Verfolgungsmaßnahmen dieser Intensität haben die Frauen im Iran nach den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen aber nicht zu erdulden. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, daß sich die Iranische Republik als islamischer Staat im Sinne eines radikalen Fundamentalismus versteht und damit nicht an dem weltanschaulichen Neutralitäts- und Toleranzgebot des Grundgesetzes gemessen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.2.1986, a.a.O., S. 37). Die Klägerin selbst wäre schließlich bei Rückkehr in den Iran auch nicht von asylrelevanten Verfolgungsmaßnahmen betroffen. Es erscheint bereits ungewiß, ob ihr angesichts der durch den Kriegszustand schwierigen medizinischen Versorgung der Bevölkerung nicht gestattet würde, zumindest in ihrem früheren Beruf als Pharmazeutin unselbständig tätig zu sein, wodurch sie - auch nach Verlust ihres Vermögens - selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen könnte. Aber selbst, wenn der Klägerin jegliche berufliche Tätigkeit untersagt werden sollte, wäre sie damit noch nicht zu einer menschenunwürdigen Existenz verdammt. Die Klägerin könnte dann nämlich immer noch darauf vertrauen, durch ihre Familie unterstützt zu werden. Immerhin hat ihre (vermögende) Mutter sie nach ihrer Haftentlassung bei sich aufgenommen, auch hat eine ihrer Schwestern sie bei Aufbringung der Bestechungssumme für den Paßbeamten unterstützt. Es ist daher davon auszugehen, daß sie auch bei einem totalen Berufsverbot von ihrer Familie unterstützt würde.
c)
Eine politische Verfolgung der Klägerin ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts aber auch nicht deswegen anzunehmen, weil sie einen Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland gestellt hat und iranische Regierungsstellen an die Stellung eines Asylantrages möglicherweise politische Verfolgungsmaßnahmen knüpfen.
Allerdings ist dem Verwaltungsgericht einzuräumen, daß nach der derzeitigen Auskunftslage nicht ausgeschlossen werden kann, daß der iranische Staat - sollte ihm die Stellung eines Asylantrages und der dem Antrag zugrundeliegende Grund bekannt werden - dies zum Anlaß für politische Verfolgung nehmen könnte. So hat das Auswärtige Amt in seinen Auskünften vom 22. November 1982 (an das Verwaltungsgericht Karlsruhe - 510 - 516.80 IRN) und vom 12. August 1986 (an das Verwaltungsgericht Oldenburg, Kammern Osnabrück - 510.516/8196) zum Ausdruck gebracht, daß ein iranischer Staatsbürger in Persien mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen hat, wenn bekannt wird, daß er im Ausland einen Asylantrag gestellt hat, weil er damit den Versuch unternommen habe, sich der von Khomeini diktierten strengen Lebensweise zu entziehen, und damit seine ablehnende Haltung gegenüber der islamischen Republik deutlich gemacht habe. Diese Einschätzung wird auch vom Deutschen Orient-Institut (Stellungnahme an das Bundesamt der Beklagten vom 13.8.1985) und vom Deutschen Roten Kreuz (Stellungnahme vom 24.2.1987 an den hessischen Innenminister) geteilt. Andererseits können aber in den genannten Auskünften sowie in aktuelleren Auskünften (Auskunft des Auswärtigen Amtes v. 11.11.1985 an den Bundesinnenminister - 510 - 516.80 IRN -, vom 6.2.1986 - 510 - 516/80 IRN - und v. 14.10.1986 - 514 - 516/8187 - jeweils an das Bundesamt, vom 9.12.1987 - 514 - 516/80 IRN - an den Bundesinnenminister) und in den Lageberichten des Auswärtigen Amtes vom 15.3. und 24.6.1987 keine näheren Angaben dazu gemacht werden, welche konkreten Maßnahmen gegen zurückkehrende Asylbewerber ergriffen werden, und ob es im Einzelfall überhaupt zu Verfolgungsmaßnahmen kommt. (Auch amnesty international scheinen keine konkreten Hinweise dazu vorzuliegen, ob und ggf. in welchem Umfang Asylbewerber mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben; denn die deutsche Sektion von amnesty international beruft sich in ihrer Stellungnahme vom 19. Februar 1987 an die Zentrale Dokumentationsstelle der Freien Wohlfahrtspflege für Flüchtlinge ihrerseits lediglich auf die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 22. November 1982).
Es bedarf hier aber keiner abschließenden Stellungnahme dazu, ob die Klägerin aufgrund ihres Asylantrages und des von ihr behaupteten Verfolgungsschicksals nach den vorliegenden Auskünften und Stellungnahmen bei einer Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr politischer Verfolgung ausgesetzt wäre; denn die Anerkennung der Klägerin als Asylberechtigte scheitert auf jeden Fall daran, daß es sich bei der Stellung des Asylantrages um einen sog. subjektiven Nachfluchtgrund handelt/ der hier nicht beachtlich ist. Dazu ist folgendes auszuführen:
Die Gewährung von Asyl setzt begrifflich voraus, daß der Asylsuchende seine Heimat verlassen hat, um sich bereits erlittener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung zu entziehen. Zwischen der Flucht und der (zumindest drohenden) Verfolgung muß also grundsätzlich ein kausaler Zusammenhang bestehen (BVerfG, Beschl. v. 26.11.1986 - 2 BvR 1058/85 -, BVerfGE 74, 51 (64) = DVBl 1987, 130 (133) = InfAuslR 1987, 56). Hieran fehlt es, wenn der Ausländer sein Heimatland aus anderen Gründen verläßt, nachträglich - also nach Verlassen seiner Heimat - aber Umstände (sog. Nach-"Flucht"-Tatbestände) eintreten, die den Ausländer an einer Rückkehr hindern. Besteht aber keine kausale Verknüpfung zwischen dem Verlassen des Heimatstaates und den Nachfluchttatbeständen, so ist eine Asylgewährung grundsätzlich nicht gerechtfertigt; denn der Asylbewerber hat sich in keiner eine Flucht aus dem Heimatland erforderlich machenden ausweglosen Lage befunden, wie dies das Asylrecht des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG von seinem Tatbestand her voraussetzt (BVerfG, a.a.O.). Andererseits widerspräche es der humanitären Intention des Asylrechts, bei Vorliegen von Nachfluchttatbeständen eine Asylgewährung schlechthin auszuschließen. Eine Asylgewährung kann daher auch bei Fehlen eines kausalen Zusammenhangs zwischen Flucht und Verfolgung in Betracht kommen, wenn die Verfolgungssituation ohne eigenes (neues) Zutun des Asylsuchenden etwa in Anknüpfung an eine frühere politische Betätigung im Heimatland oder an Gruppenmerkmale (wie etwa der Zugehörigkeit zu einer Religionsminderheit) entsteht (sog. objektive Nachtfluchttatbestände - BVerfG, a.a.O., S. 64 f.). Handelt es sich demgegenüber um Nachflucht-tatbestände, die der Asylbewerber erst nach Verlassen seines Heimatstaates selbst aus eigenem Entschluß geschaffen hat (sog. subjektive Nachfluchttatbestände), so schließt dies im Regelfall die Gewährung von Asyl aus. Eine Asylerheblichkeit solcher subjektiven Nachfluchttatbestände (Nachfluchtgründe) kann ausnahmsweise allenfalls dann bejaht werden, wenn sich die selbstgeschaffenen Nachfluchtgründe als Ausdruck und Fortführung einer schon im Heimatstaat vorhandenen und erkennbar betätigten festen Überzeugung darstellen, mithin als notwendige Konsequenz einer dauernden, die eigene Identität prägenden und nach außen kundgegebenen Lebenshaltung erscheinen (BVerfG, a.a.O., S. 65 f.). In diesen Fällen können die Nachfluchtgründe als Ergänzung zu den Vorfluchtgründen herangezogen werden und einen Asylanspruch jedenfalls dann begründen, wenn die Vorfluchtgründe für sich genommen eine Anerkennung nicht tragen.
Hieraus folgt:
Läßt sich ein vor dem Verlassen des Heimatlandes liegender Grund für erlittene oder befürchtete drohende politische Verfolgung nicht feststellen, scheiden subjektive Nachfluchttatbestände als Gründe für eine Asylgewährung selbst dann aus, wenn nicht zweifelhaft ist, daß der Nachtfluchtgrund für sich genommen die Furcht vor politischer Verfolgung zu begründen vermag.
Die Entscheidung darüber, ob ein Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland um Asyl nachsuchen will und hierfür förmlich oder konkludent (§ 7 AsylVerfG) einen Asylantrag stellen will, beruht auf dem freien Willensentschluß des Ausländers; die Stellung eines Asylantrages muß daher als subjektiver Nachfluchtgrund aufgefaßt werden (ebenso: OVG Münster, Urt. v. 1.10.1987 - 16 A 10.088/87 -).
Der Senat verkennt hierbei nicht, daß ein Ausländer nur dann den Status des Asylberechtigten erlangen kann, wenn er zuvor einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Dies ändert aber nichts daran, daß die Entscheidung darüber, ob ein Ausländer einen Asylantrag stellen will, ausschließlich auf seinem freien Willensentschluß beruht und damit selbstgeschaffen ist; denn der Ausländer ist nicht gezwungen, gerade in der Bundesrepublik Deutschland um Asyl nachzusuchen.
Ist die Stellung eines Asylantrages mithin als subjektiver Nachfluchttatbestand einzuordnen, so gilt nach dem oben Gesagten folgendes:
Fehlen Anhaltspunkte dafür, daß die Stellung des Asylantrages die notwendige Konsequenz einer dauernden, die eigene Identität prägenden und nach außen kundgegebenen Lebenshaltung wie etwa die konsequente Fortführung einer bereits im Heimatland erkennbar betätigten politischen Überzeugung ist, so kommt eine Asylgewährung allein aufgrund der Stellung des Asylantrages nicht in Betracht, mag auch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sein, daß der Heimatstaat die Asylantragstellung zum Anlaß für politische Verfolgungsmaßnahmen nehmen wird.
Für diese Auslegung ist unerheblich, ob der Ausländer den Asylantrag in gutem Glauben - z.B. wegen verständlicher, objektiv allerdings nicht begründbarer Verfolgungsfurcht - gestellt hat oder ob er dies nur getan hat, um auf diese Weise ein nicht vom Asylrecht gedecktes Bleiberecht im Gastland zu erlangen. Es bedarf daher keines Rückgriffs auf die Mißbrauchsregelung des § 1a AsylVfG. Unter diese Bestimmung fallen nämlich keine Gründe, die bereits nach der soeben dargestellten Auslegung des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG für eine Asylgewährung ausscheiden (BVerwG, Urt. v. 19.5.1987 - BVerwG 9 C 184.86 -, BVerwGE 77, 258 (262) = DVBl 1987, 1115 (1116)).
Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin im Iran keine politische Haltung an den Tag gelegt, deretwegen sie verfolgt worden ist oder deretwegen sie mit Verfolgung rechnen mußte. Somit kann ihr hier gestellter Asylantrag nicht als konsequente Fortführung einer ihr Leben im Iran prägenden und nach außen kundgewordenen Lebenshaltung angesehen werden, weshalb ihr Asylantrag nach den soeben entwickelten Grundsätzen als unbeachtlicher Nachfluchtgrund bewertet werden muß. Dies gilt auch, soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf eine (angebliche) exilpolitische Betätigung für den Rat der Konstitutionellen Monarchie des Iran beruft; denn selbst wenn sich die Klägerin aktiv im Bundesgebiet für die genannte Exilorganisation betätigt haben sollte, hätte sie hierdurch lediglich einen unbeachtlichen Nachfluchttatbestand geschaffen, weil sie selbst eingeräumt hat, sich vor ihrer Ausreise aus dem Iran nicht politisch, insbesondere nicht für die Wiedereinführung der Monarchie in Persien nach außen erkennbar eingesetzt zu haben. Die exilpolitischen Aktivitäten stellen sich mithin nicht als konsequente Fortführung einer bereits im Iran erkennbar betätigten politischen Überzeugung dar.
2.
Die Berufung des Landkreises Hannover ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Klage gegen die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen des Landkreises als zulässig behandelt (a), auch hat es - im Ergebnis zutreffend - die Verfügung des Landkreises vom 24. April 1986 als rechtswidrig aufgehoben (b).
a)
Die gegen die Verfügung vom 24. April 1986 gerichtete Klage ist nicht unzulässig. Zwar kann sich der Landkreis für seine Ansicht, wegen des bedingten Charakters an der Verfügung sei die hiergegen gerichtete Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, auf Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes Mannheim (Beschl. v. 8.12.1983 - A 12 S 823/83 -, ESVGH 34, 239) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (Urt. v. 3.5.1985 - 11 B 84 C.264 -, EZAR 631 Nr. 1) stützen. Der Senat vermag sich indessen diesen Auffassungen aus folgenden Überlegungen nicht anzuschließen:
Es ist allerdings richtig, daß die in § 30 AsylVfG geregelte objektive Klagehäufung (Verbundverfahren) den Asylbewerber nicht dazu zwingt, auch gegen die von der Ausländerbehörde nach § 28 AsylVfG getroffenen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu klagen. Vielmehr wird in § 30 AsylVfG lediglich festgelegt, daß der Ausländer - erhebt er auch gegen die Ausländerbehörde Klage - diese Klage nur zusammen mit seiner Asylklage gegen die Bundesrepublik Deutschland verfolgen kann. Hieraus kann aber nicht geschlossen werden, der Klage gegen die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen fehle bereits deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Verfügung der Ausländerbehörde erst dann ihre Wirkung entfalten soll, wenn der Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist. Dabei würde nämlich übersehen, daß es nicht Sinn der gesetzlichen Regelung über das Verbundverfahren (§ 30 AsylVfG) sein kann, eine Verbindung zweier Klagen anzuordnen, von denen die eine, und zwar die gegen die Ausländerbehörde gerichtete Klage, in aller Regel als unzulässig abzuweisen wäre. Hätte der Gesetzgeber diese Klage als (zunächst oder dauernd) unzulässig angesehen, so hätte es nahegelegen, daß er es dem Verwaltungsgericht zur Verfahrensvereinfachung ermöglicht hätte, zunächst über die Asylklage zu entscheiden. Dies hat der Gesetzgeber aber nicht getan, sondern statt dessen ausdrücklich eine Abtrennung untersagt sowie die gemeinsame Verhandlung und Entscheidung beider Klagen angeordnet (§ 30 Satz 2 und 3 AsylVfG). Dies zeigt, daß er davon ausgegangen sein muß, daß auch beim Obsiegen des Asylbewerbers im Anerkennungsverfahren über eine (zulässige) Klage gegen die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen entschieden werden kann. Schließlich spricht für die hier vertretene Auffassung auch, daß es dem Asylbewerber nicht zugemutet werden kann, die die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen anordnende ausländerrechtliche Verfügung gegen sich bestandskräftig werden zu lassen, mag die Abschiebungsandrohung auch an den Mißerfolg des Asylbegehrens geknüpft sein.
b)
Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Verfügung vom 24. April 1986 als rechtswidrig aufgehoben.
Wenn das Verwaltungsgericht die Aufhebung der Verfügung allerdings damit begründet, maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der ausländerbehördlichen Entscheidung sei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht (ebenso: Strate, in: Marx/Strate/Pfaff, Asylverfahrensgesetz, 2. Aufl. 1987, RdNrn. 20 f. der Vorbemerkung vor § 30), so kann dem nicht gefolgt werden. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 18. Dezember 1987 (21 OVG A 702/87-, InfAuslR 1988, 62 (63)) unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. November 1987 (BVerwG 9 C 254.87 -, InfAuslR 1988, 59 [BVerwG 03.11.1987 - BVerwG 9 C 254.86]) ausgeführt hat, ist für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung einer Ausreiseaufforderung nebst Abschiebungsandrohung nach § 28 AsylVfG - wie bei anderen ordnungsbehördlichen Verfügungen - grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung maßgeblich. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, die Abschiebungsandrohung nach § 28 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG müsse nach den für Dauerverwaltungsakten entwickelten Grundsätzen behandelt werden, weshalb die Behörde zu einer die Geltungsdauer der Androhung begleitenden Rechtmäßigkeitsprüfung verpflichtet sei. Diese Ansicht ist rechtsirrig. Sie beruht auf einer Verwechslung der Dauer der behördlichen Maßnahme mit der Dauer der von der Verfügung erzeugten Rechtswirkung. Die bis zur Erfüllung der auferlegten Verpflichtung durch den Betroffenen oder bis zum Vollzug des Verwaltungsaktes bestehende Pflicht zur Befolgung der getroffenen Anordnung begründet aber noch nicht den Dauercharakter des Verwaltungsaktes selbst.
Die Verfügung vom 24. April 1986 erweist sich aber deswegen als rechtswidrig, weil der Landkreis bei Erlaß seiner Verfügung ermessensfehlerhaft nicht geprüft hat, ob der Klägerin von Amts wegen eine Duldung nach § 17 AuslG hätte erteilt werden müssen, und weil sich dieser Ermessensmangel hier ausnahmsweise (dazu, daß der Ausländerbehörde bei Erlaß der Verfügung nach § 28 Abs. 1 Satz 1 AsylVfGgrundsätzlich kein Ermessen eingeräumt ist, s. BVerwG, Urt. v. 3.11.1987, a.a.O. S. 60, u. Urt. d. erk. Sen. v. 18.12.1987, a.a.O.) auf die Entscheidung nach § 28 AsylVfG auswirken muß; denn der Landkreis hat sich bei Erlaß seiner Verfügung weder die Entscheidung über eine der Klägerin zu erteilende Duldung ausdrücklich vorbehalten noch hat er anderweitig eindeutig zu erkennen gegeben, daß mit seiner Verfügung nicht zugleich über die Gewährung oder Versagung einer Duldung entschieden werden sollte (vgl. Urt. d. erk. Sen. v. 18.12.1987, a.a.O.).
Für die Ausländerbehörde, den Landkreis Hannover, hätte vor Erlaß der Verfügung vom 24. April 1986 Veranlassung bestanden, über eine der Klägerin gegebenenfalls nach § 17 AuslG zu erteilende Duldung zu entscheiden. Zwar hatte die Klägerin selbst bisher keinen Duldungsantrag gestellt, die Ausländerbehörde hätte aber berücksichtigen müssen, daß die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt nicht anwaltlich vertreten war. Die Ausländerbehörde war daher gehalten, die Belange der Klägerin, insbesondere deren fehlende Kenntnis der deutschen Rechtsvorschriften in besonderem Maße zu berücksichtigen. Auch lagen bei der Klägerin bereits nach dem dem Landkreis lediglich bekannten Bescheid des Bundesamtes vom 21. März 1986 Umstände vor, nach denen es sich für die Ausländerbehörde aufdrängte, zumindest die Möglichkeit einer Duldungserteilung in Erwägung zu ziehen.
Die Klägerin hatte nach dem Bescheid des Bundesamtes ihr Asylbegehren mit dem Schicksal ihrer Schwester und der ihr ebenfalls wegen des Devisenvergehens drohenden Bestrafung begründet. Zwar hatte das Bundesamt diesen Vortrag wegen der (angeblich) problemlosen Ausreise der Klägerin für nicht glaubhaft angesehen, an diese Wertung war der Landkreis bei seiner ausländerrechtlichen Entscheidung aber nicht gebunden. Er hatte vielmehr insoweit in eine eigene Würdigung der vorliegenden Umstände einzutreten. Dabei hätte er erwägen müssen, daß die vom Bundesamt vertretene Auffassung nicht zwingend war, vielmehr eine der Klägerin wegen Devisenvergehens drohende Haftstrafe ähnlich wie bei ihrer Schwester im Bereich des Möglichen lag, und daß die Angaben der Klägerin nicht von vornherein unglaubwürdig waren, weil im Iran etwa durch Bestechung auch Ausreiseverbote umgangen werden können. War somit eine Verurteilung der Klägerin zu einer Gefängnisstrafe immerhin möglich, so hätte der Antragsgegner unter Berücksichtigung der in iranischen Haftanstalten herrschenden Bedingungen (s. dazu "Recht auf Leben? Iran", amnesty international publication, Februar 1983, S. 19 ff.) eine Duldungserteilung zumindestens erwägen müssen. Gleiches gilt für die Tatsache, daß die Klägerin einen Asylantrag gestellt hatte. Es wurde bereits bei den Ausführungen zur Asylklage darauf hingewiesen, daß der iranische Staat nach den Auskünften des Auswärtigen Amtes vom 23. November 1982 und 12. August 1986 und den Stellungnahmen des Deutschen Orientinstitutes vom 13. August 1985 sowie der des Deutschen Roten Kreuzes vom 24. Februar 1987 die Stellung eines Asylantrages als regimefeindlichen Akt gewertet hat. Daß diese Einschätzung heute eine grundlegende Wandlung erfahren hat, kann auch den bereits genannten neueren Auskünften des Auswärtigen Amtes nicht entnommen werden. Allerdings ist gerade nach den neueren Erkenntnissen unklar, welche konkreten Maßnahmen gegen zurückkehrende Asylbewerber seitens des iranischen Staates ergriffen werden. Zumindest muß es aber als möglich angesehen werden, daß die iranischen Stellen auch heute noch die Stellung eines Asylantrages zum Anlaß für Verfolgungsmaßnahmen nehmen, wenn wie im Falle der Klägerin der Ausländer zusätzlich durch den Vorwurf gemeinschaftswidrigen Verhaltens (Devisenvergehens) belastet ist. Dem kann nicht mit dem Bescheid des Bundesamtes vom 21. März 1986 entgegengehalten werden, die Klägerin könnte den Vorwurf, eine Feindin der Islamischen Republik zu sein, durch ein Reuebekenntnis ohne weiteres ausräumen. Die Möglichkeit, nach islamischem Recht ein Reuebekenntnis abzulegen, schließt nämlich keinesfalls eine Bestrafung aus; denn nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 9. Januar 1987 ist eine verbindliche Aussage dazu, was von einem Reuebekenntnis erfaßt wird und was nicht, unmöglich. Ob einem Delinquenten nach islamischem Recht im Falle der Reue und Umkehr vergeben wird, richtet sich vielmehr nach dem Ermessen des jeweiligen (religiösen) Richters, so daß nicht davon gesprochen werden kann, zurückkehrende Asylbewerber könnten sich durch ein Reuebekenntnis ohne Rücksicht auf den ihrem Asylantrag bestimmenden Hintergrund auf jeden Fall Straffreiheit verschaffen. Damit barg der von der Klägerin gestellte Asylantrag auch die Gefahr einer Bestrafung oder anderweitigen Verfolgung, so daß auch dieser Umstand die Ausländerbehörde zumindest dazu hätte veranlassen müssen, eine Duldung in Erwägung zu ziehen. Da sie derartige Erwägungen offensichtlich nicht angestellt hat, stellt sich die verfügte Ausreiseaufforderung nebst Abschiebungsandrohung zugleich als eine hier ermessensfehlerhafte Versagung einer Duldung dar.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe, die Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung
...
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 73 GKG auf 9.000,-- DM festgesetzt.
Groepper
Dr. Petersen