Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.03.1988, Az.: 17 OVG B 8/87

Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten einer Personalvertretung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
02.03.1988
Aktenzeichen
17 OVG B 8/87
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1988, 19995
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1988:0302.17OVG.B8.87.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Schleswig-Holstein - 06.02.1987 - AZ: PB 23/86

Verfahrensgegenstand

Kostenerstattung für eine anwaltliche Beratung

In der Personalvertretungssache
hat der 17. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein
auf die mündliche Anhörung vom 2. März 1988
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski sowie
den ehrenamtlichen Richter Angestellter Haase,
die ehrenamtliche Richter in Oberregierungsrätin Knief und
die ehrenamtlichen Richter Verwaltungsdirektor Klitzsch und
Fernmeldeamtmann Pitsch
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Fachkammer für Personalvertretungssachen (Bund) - vom 6. Februar 1987 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller erstrebt die Erstattung von Kosten einer anwaltlichen Beratung.

2

Mit Ausschreibung 22/85 wurde eine Stelle der BesGr A 8 bei der Marinewaffenschule, Lehrgruppe A in ... ausgeschrieben, die mit Zustimmung des dortigen Personalrats dem bei ihr tätigen Regierungsobersekretär L. übertragen wurde. Um die Stelle hatte sich auch der bei der Marinewaffenschule B in ... tätige Regierungsobersekretär K. beworben; ihm wurde von der WBV I am 26. Juni 1985 mitgeteilt, daß seine Bewerbung nicht habe berücksichtigt werden können.

3

Da K. sich benachteiligt fühlte, wandte er sich an den Antragsteller. Dieser bat mit Schreiben vom 28. November 1985 die WBV I um Antwort, warum L. dem K. bei der Dienstpostenbesetzung vorgezogen worden sei.

4

Mit Schreiben vom 5. Dezember 1985, dem das Schreiben des Antragstellers vom 28. November 1985 als Anlage beigefügt war, bat die WBV I daraufhin den Beteiligten zu 1), den Antragsteller über die ihm obliegenden, im einzelnen näher dargelegten Befugnisse und Zuständigkeiten zu unterrichten.

5

Der Antragsteller erhob daraufhin am 14. Januar 1986 gegen den zuständigen Dezernenten bei der WBV I Dienstaufsichtsbeschwerde, weil sein Schreiben vom 28. November 1985 durch die Übersendung an den Beteiligten zu 1) Dritten zur Kenntnis gebracht worden sei, und berief sich darauf, daß der Schriftverkehr der Personalvertretung gemäß VMBl 1977, S. 228, den Schutz der Vertraulichkeit genieße. Mit Schreiben vom 10. Februar 1986 wies der Präsident der WBV I die Dienstaufsichtsbeschwerde als unbegründet zurück. Im März 1986 wandte sich der Antragsteller an seine Verfahrensbevollmächtigten, die von der Einleitung eines Beschlußverfahrens abrieten. Den Antrag des Antragstellers, die durch Einschaltung der Verfahrensbevollmächtigten entstandenen Anwaltskosten zu übernehmen, lehnte der Beteiligte zu 1) wiederholt ab.

6

Der Antragsteller hat daraufhin am 14. Juli 1986 das Verwaltungsgericht angerufen und beantragt,

festzustellen, daß es sich bei den Kosten, die aufgrund der Einschaltung seiner Verfahrensbevollmächtigten zur Klärung der Frage der Verletzung der Vertraulichkeit entstanden sind, um notwendige Kosten der bestimmungsmäßigen Tätigkeit des Personalrats handelt, die gemäß § 44 BPersVG von der Dienststelle zu tragen sind.

7

Die Beteiligten haben beantragt,

den Antrag abzulehnen.

8

Mit Beschluß vom 6. Februar 1987 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt, im wesentlichen aus folgenden Gründen:

9

Es handele sich hier nicht um notwendige Kosten im Sinne von § 44 BPersVG. Kosten für Tätigkeiten, die außerhalb des Aufgabenbereichs liegen, seien den Personalvertretungen nicht zu erstatten. Der Antragsteller höbe mit dem Versuch, die Gründe für den mangelnden Erfolg der Bewerbung des Regierungsobersekretärs K. bei der übergeordneten Dienststelle aufzuklären, nicht im Rahmen seiner Kompetenzen gehandelt. Eine derartige Erforschung falle nicht in seinen Aufgabenbereich. Sie werde auch nicht durch ein "Initiativrecht" gedeckt. Dem Personalrat obliege keine allgemeine Kontrolle der Tätigkeiten der Dienststelle. Im übrigen wäre, soweit die übergeordnete Dienststelle zuständig sei, die Stufenvertretung zuständig. Die Unterrichtung durch den dem Personalrat zugeordneten (örtlichen) Dienststellenleiter müsse sich aus einer konkreten Aufgabe der Personalvertretung ergeben. Ein allumfassendes Informationsrecht stehe der Personalvertretung nicht zu. Das Mitbestimmungsverfahren, bei dem der Antragsteller nicht zu beteiligen gewesen sei, da es sich um eine Angelegenheit der Marinewaffenschule, Lehrgruppe A, gehandelt habe, sei unter Beteiligung der zuständigen Personalvertretung(en) abgeschlossen gewesen. Eine Personalvertretung habe stets zunächst zu prüfen, ob sie selbst und auch die ihr zugeordnete Dienststelle für die Abhilfe zuständig sei. Anderenfalls, könne sie den Auftrag nicht "entgegennehmen". Durch Weiterleitung des fraglichen Schreibens an den dem Antragsteller nach dem System des Personal Vertretungsrechts zugeordneten Dienststellenleiter, mit dem dieser vertrauensvoll zusammenzuarbeiten habe (§ 2 Abs. 1 BPersVG), habe die vorgesetzte Dienststelle nicht gegen Prinzipien der Vertraulichkeit verstoßen. Wenn der Antragsteller dies noch aufgrund des Schreibens der vorgesetzten Dienststelle vom 10. Februar 1986 weiterhin bezweifelt habe, sei er kraft Gesetzes gehalten gewesen, bei seiner Dienststelle um Aufklärung nachzusuchen. Diese hätte ihn ohne weiteres darüber aufklären können, daß die Handlungsweise des Beteiligten zu 2) nicht nur üblich, sondern auch Rechtens gewesen sei. Die im Schreiben vom 28. November 1985 angesprochenen Fakten seien den damit befaßten Dienststellen ohnehin bekannt gewesen. Vertraulichkeit sei zwar gegenüber Außenstehenden geboten; dazu gehöre jedoch der dem Antragsteller zugeordnete örtliche Dienststellenleiter offensichtlich nicht. Es beruhe auf einer Verkennung der Aufgabenstellung der Personalvertretung, daß Vorgänge ihrer Dienststelle, die der Personalrat aufgreife, dem örtlichen Dienststellenleiter nicht zur Kenntnis gebracht werden dürften. Da dies offenkundig erscheine, hätte sich diese Erkenntnis dem Antragsteller auch ohne weitere Erkundigungen bereits aufgrund einfachster, von ihm selbst angestellter Betrachtungen aufdrängen müssen.

10

Gegen den ihm am 12. Februar 1987 zugestellten Beschluß richtet sich die am 11. März 1987 eingelegte und am 8. April 1987 begründete Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft.

11

Der Antragsteller beantragt,

den angefochtenen. Beschluß zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.

12

Die Beteiligten zu 1) und 2) beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

13

Sie verteidigen den angefochtenen Beschluß.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des, Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, die, Gegenstand der mündlichen Anhörung waren, Bezug genommen.

15

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zu Recht abgelehnt. Die Kosten der anwältlichen Beratung gehören hier nicht zu den durch die Tätigkeit des Antragstellers entstandenen Kosten, die gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG von der Dienststelle zu tragen sind.

16

Allerdings können auch solche Anwaltskosten außerhalb eines Beschlußverfahrens gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG erstattungsfähig sein. Voraussetzung dafür ist zunächst, daß der Beauftragung des Anwalts ein entsprechender Beschluß der Personal Vertretung vorausgeht, in dem die Fragen, zu denen die Beratung in Anspruch genommen werden soll, genau festgelegt werden (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 5.6.1984, AnwBl 1986, 39; OVG Lüneburg. Beschl. v. 27.11.1986 - 18 OVG L 6/85 m. Nachw.; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 6.-Aufl., § 44 RN 16; Lorenzen/Haas/Schrott, BPersVG, 4. Aufl., § 44 RN 18 b). Weiter setzt die Erstattungspflicht in der Sache voraus, daß der Personalrat aufgrund eingehender Überlegung und sachgerechter Würdigung der Umstände des Falles nach Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten eine anwaltliche Beratung zu diesen Fragen für geboten halten durfte (VGH Bad.-Württ., a.a.O.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.1973, PersV 1974, 173; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, a.a.O., RN 16). Diese Begrenzung, die nur unter besonderen Umständen den Weg zu einer Kostenerstattung eröffnen wird, ergibt sich daraus, daß auch der Personalrat an den Grundsatz der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel gebunden ist. Auch er muß deshalb vorher alle Möglichkeiten ausschöpfen, die aufgeworfenen Fragen aus eigener Kraft in Kontakt mit der Dienststelle zu klären, und die kostenverursachende Beauftragung eines Anwalts besonders sorgfältig prüfen (Fischer/Qoeres in GKÖD, Band V, § 44 RN 11; Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 44 RN 11 m. Nachw.).

17

Nach diesen Grundsätzen ist ein Erstattungsanspruch des Antragstellers hier nicht gegeben. Der Antragsteller hatte nach seinem Schreiben an den Beteiligten zu 1) vom 17. März 1986 in seiner Sitzung vom 27. Februar 1986 beschlossen, "wegen Verstoßes gegen die Vertraulichkeit von Schreiben des Personalrates" gegen die Wehrbereichsverwaltung I ein gerichtliches Verfahren einzuleiten, und seinen jetzigen Verfahrensbevollmächtigten mit der Vertretung seiner Interessen beauftragt. Zu dem gerichtlichen Verfahren kam es indessen nicht, weil der Rechtsanwalt davon abriet. Bei der gebotenen sorgfältigen Prüfung hätte aber auch schon der Antragsteller selbst zu dem Ergebnis kommen müssen, daß von einem Bruch der Vertraulichkeit nicht die Rede sein konnte und das beabsichtigte gerichtliche Verfahren aussichtslos war. Er hatte sich in seiner Dienstaufsichtsbeschwerde auf den Erlaß des Bundesministers der Verteidigung vom 25. Mai 1977 über die Behandlung der Eingangs- und Ausgangspost der Personalvertretungen (VMBl S. 228) berufen. Danach genießt der Schriftverkehr der Personalvertretung den Schutz der Vertraulichkeit; die Dienststellen sind nicht berechtigt, von Eingangs- oder Ausgangspost der Personalvertretung Kenntnis zu nehmen; die Registraturen bzw. Posteingangsstellen der Dienststellen haben an die Personalvertretung gerichtete Post ungeöffnet an diese weiterzuleiten. Es war jedoch offensichtlich, daß dieser Erlaß hier nicht einschlägig war und die Weiterleitung des Schreibens des Antragstellers vom 28. November 1985 nicht erfaßte. Denn es handelte sich hier nicht um an einen Dritten gerichtete Ausgangspost des Antragstellers, die von dem Beteiligten zu 1) oder der WBV I kontrolliert worden wäre. Vielmehr war das Schreiben vom 28. November 1985 vom Antragsteller selbst an die WBV I als Empfänger gerichtet und von dieser zuständigkeitshalber an den dem Antragsteller partnerschaftlich zugeordneten Beteiligten zu 1) abgegeben worden. Eine solche Abgabe an die als zuständig angesehene Dienststelle ist nicht nur allgemein üblich, sondern auch rechtlich zulässig und stellt keinen Bruch der Vertraulichkeit dar, zumal auch der Antragsteller selbst sein Schreiben in keiner Weise als vertraulich gekennzeichnet hatte und sein Recht auf Unterrichtung ohnehin gegenüber dem Ihm zugeordneten Beteiligten zu 1) bestand, an den sein Schreiben vom 28. November 1985 abgegeben wurde. Auch wenn der Antragsteller mit der Behandlung seines Schreibens nicht zufrieden war, mußte er bei der gebotenen sorgfältigen Prüfung doch erkennen, daß der Vorwurf einer Verletzung der Vertraulichkeit haltlos war. Nachdem dies auch vom Präsidenten der WBV I in der Zurückweisung der Dienstaufsichtsbeschwerde vom 10. Februar 1986 noch einmal näher dargelegt worden war, durfte der Antragsteller deshalb nicht noch eine anwaltliche Beratung zu dieser Frage als erforderlich ansehen.

18

Die Beschwerde war danach zurückzuweisen.

19

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.

Dr. Dembowski
Haase
Knief
Klitzsch
Pitsch