Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.03.1988, Az.: 17 OVG B 13/87
Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten in einem vom Personalrat eingeleiteten Beschlussverfahren; Rechtmäßigkeit der Einführung eines neuen Wachdienstplans
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 02.03.1988
- Aktenzeichen
- 17 OVG B 13/87
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1988, 19976
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1988:0302.17OVG.B13.87.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Schleswig - 27.03.1987 - AZ: PB 35/86
Rechtsgrundlage
- § 44 Abs. 1 S. 1 BPersVG
Verfahrensgegenstand
Erstattung von Kosten eines Beschlussverfahrens
In der Personalvertretungssache
hat der 17. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein
auf die mündliche Anhörung vom 2. März 1988
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski und
die ehrenamtlichen Richter Angestellter Haase,
Oberregierungsrätin Knief,
Verwaltungsdirektor Klitzsch und
Fernmeldeamtmann Pitsch
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Fachkammer für Personalvertretungssachen (Bund) - vom 27. März 1987 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Antragsteller erstrebt die Feststellung, daß der Beteiligte die Kosten des Beschlußverfahrens PB 30/86 beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht zu tragen hat.
Im Sommer 1986 kam es zwischen den Beteiligten zu Auseinandersetzungen um die Einführung eines neuen Wachdienstplans. Auf Antrag des Antragstellers stellte das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht im Verfahren der einstweiligen Verfügung - PB 22/86 - mit Beschluß vom 1. September 1986 fest, daß der Beteiligte nicht befugt war, einen Wachdienstplan vorläufig einzuführen, ohne zu begründen, daß die Maßnahme der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulde. Noch bevor das Verwaltungsgericht diesen Beschluß auf den Widerspruch des Beteiligten am 6. Februar 1987 aufhob und den Antrag des Antragstellers zurückwies, beantragte dieser am 16. September 1986 in einem neuen Verfahren - PB 30/86 -, den Beteiligten im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, die Anwendung des eingeführten neuen Wachschichtplans vorläufig auszusetzen. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluß vom 8. Oktober 1986 als unzulässig ab, weil nach ständiger Rechtsprechung eine Verpflichtung der Dienststelle, eine bestimmte Maßnahme zu unterlassen, im Beschlußverfahren nicht begehrt werden könne und der Antrag auch auf eine Wiederholung des Verfahrens PB 22/86 hinauslaufe, für die das Rechtsschutzinteresse fehle.
Nachdem der Beteiligte eine Erstattung der Kosten des Beschlußverfahrens PB 30/86 abgelehnt hatte, hat der Antragsteller das Verwaltungsgericht angerufen und geltend gemacht, das Verfahren sei weder haltlos noch mutwillig gewesen.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, daß die Kosten des Beschlußverfahrens PB 30/86 vom Beteiligten zu tragen sind.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Mit Beschluß vom 27. März 1987 hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers abgelehnt, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Die Personalvertretung habe stets die Vertretbarkeit einer beabsichtigten Maßnahme zu prüfen und dabei zu berücksichtigen, daß die Kosten aus öffentlichen Mitteln erstattet würden. Auszugehen sei von einem objektiven Standpunkt. Es sei zu fragen, ob nach den dem Gesetz zu entnehmenden Maßstäben die kostenverursachende Tätigkeit notwendig gewesen sei. Eine Kostenerstattungspflicht bestehe dann, wenn die Personalvertretung die von ihr gemachten Aufwendungen bei pflichtgemäßer Würdigung der Sachlage für erforderlich halten konnte. Da die Personalvertretung bereits mit der Beauftragung eines Rechtsanwaltes in der Regel die Kostentragungspflicht der Dienststelle auslöse, treffe sie bei der Beschlußfassung, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, eine besondere Sorgfaltspflicht. Ein Verfahren dürfe nicht mutwillig in Gang gesetzt werden oder von vornherein erkennbar aussichtslos sein. Das letztere treffe aber hinsichtlich des Verfahrens-PB 30/86 zu.
Gegen den ihm am 7. April 1987 zugestellten Beschluß richtet sich die am 5. Mai 1987 eingelegte und gleichzeitig begründete Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluß zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluß.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Akten des Verfahrens PB 30/86, die Gegenstand der mündlichen Anhörung waren, Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zu Recht abgelehnt. Die Anwaltskosten des Beschlußverfahrens PB 30/86 gehören nicht zu den durch die Tätigkeit des Antragstellers entstandenen Kosten, die gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG von der Dienststelle zu tragen sind.
Allerdings können auch die Anwaltskosten, die in einem vom Personalrat eingeleiteten Beschlußverfahren entstehen, gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG erstattungsfähig sein. Voraussetzung dafür ist - ebenso wie bei einer außergerichtlichen Beratung - zunächst, daß der Beauftragung des Anwalts ein entsprechender Beschluß der Personalvertretung vorausgeht, der die Hinzuziehung des Anwalts zum Gegenstand hat und den ihm erteilten Auftrag genau festlegt (VGH, Bad.-Württ., Beschl. v. 5.6.1984, AnwBl 1986, 39; OVG Lüneburg. Beschl. v. 27.11.1986 - 18 OVG L 6/85, m. Nachw; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 6. Aufl., § 44 RdNr. 16; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, 4. Aufl., § 44 RdNr. 18 b). Weiter setzt die Erstattungspflicht in der Sache jedoch voraus, daß das gerichtliche Verfahren nicht mutwillig oder von vornherein aussichtslos war und daß der Personalrat nach eingehender Überlegung und sachgerechter Würdigung aller Umstände die Vertretung durch einen Anwalt für erforderlich hatten durfte (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 13.11.1979, PersV 1982, 21; Beschl. v. 9.9.1986, ZBR 1987, 286; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, a.a.O., RdNr. 16; Lorenzen/Haas/Schmitt, a.a.O., RdNrn. 17, 18).
Diese Voraussetzungen sind hier, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht erfüllt. Der Antragsteller hatte in seiner Sitzung am 12. September 1986 beschlossen, beim Verwaltungsgericht ein erneutes Verfahren mit dem Antrag einzuleiten, daß die Dienststelle den zu Unrecht eingeführten Dienstplan sofort zurückzunehmen hat. Ein Beschlußverfahren mit diesem Ziel war aber von vornherein aussichtslos, weil nach fester und ständiger Rechtsprechung das Gesetz den Personalvertretungen nicht das im Beschlußverfahren verfolgbare Recht einräumt, den Dienststellen die Durchführung bestimmter, der Mitbestimmung unterliegender Handlungen zu untersagen oder sie zur Unterlassung bzw. Rückgängigmachung getroffener Maßnahmen zu verpflichten (BVerwG, Beschl. v. 15.12.1978, PersV 1980, 145, 147; Bayer. VGH, Beschl. v. 19.10.1983, PersV 1985, 335 mit einer Übersicht über die ständige Rechtsprechung alter OVG und VGH; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 6.7.1982 Lind v. 11.1.1983, PersV 1985, 331, 332). An diese Grenze ist auch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebunden, weil die einstweilige Verfügung sich im Rahmen des Hauptanspruchs zu halten hat und nicht mehr geben darf, als sich im Hauptverfahren erreichen ließe. Deshalb war von vornherein kein Raum für die im Verfahren PB 30/85 erstrebte einstweilige Verfügung gegenüber dem Beteiligten, den als vorläufige Regelung eingeführten Dienstplan zurückzunehmen oder auszusetzen (Bayer. VGH, Beschl. v. 19.10.1983, PersV 1985, 335, m. N., OVG Bremen. Beschl. v. 14.11.1985, ZBR 1986, 23; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 6.7.1982, PersV 1985, 331; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 20.1.1982, PersV 1986, 432; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmeier, a.a.O., § 69 RdNr. 36). Die offensichtliche Aussichtslosigkeit seines entsprechenden Begehrens mußte dem Antragsteller angesichts der veröffentlichten festen Rechtsprechung - insbesondere des Beschl. d. BVerwG schon vom 15. Dezember 1978 (PersV 1980, 145) -, die auch in der Kommentarliteratur wiedergegeben wurde (vgl. Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmeier, a.a.O., § 83 RdNr. 23, m.Nachw.; § 69 RdNr. 36; vor § 66 Anm. 7, m. Nachw,), bei der gebotenen sorgfältigen Prüfung und Würdigung der Umstände auch bewußt sein.
Die Beschwerde war danach zurückzuweisen.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.
Haase
Knief
Klitzsch
Pitsch