Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 27.02.2003, Az.: 4 W 20/03
Unzulässigkeit einer sofortigen weiteren Beschwerde mangels Erreichens der erforderlichen Mindestbeschwer; Berechnung der Beschwer eines einzelnen Wohnungseigentümers nach dem Anteil seines Miteigentumsanteils; Auslegung der Teilungserklärung einer Wohnungseigentümergemeinschaft im Rahmen der Finanzierung des Umbaus eines nur in einem Teil des Häuserkomplexes befindlichen Aufzugs
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 27.02.2003
- Aktenzeichen
- 4 W 20/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 34659
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2003:0227.4W20.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hannover - 22.07.2002 - AZ: 70 II 204/02
- LG Hannover - 20.11.2002 - AZ: 4 T 37/02
Rechtsgrundlagen
- § 20 Abs. 1 FGG
- § 45 Abs. 1 WEG
- § 9 ZPO
Fundstelle
- ZMR 2004, 51-52 (Volltext mit red. LS)
In der Wohnungseigentumssache
...
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht H.,
den Richter am Oberlandesgericht S. und
den Richter am Landgericht K.
am 27. Februar 2003
beschlossen:
Tenor:
Die weitere sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 20. November 2002 wird als unzulässig verworfen.
Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten der weiteren sofortigen Beschwerde, Auslagen werden nicht erstattet.
Gegenstandswert: 732 EUR.
Gründe
I.
Mit Mehrheitsbeschluss zu TOP 4 b vom 21. Mai 2002 (Bl. 10 GA) entschied sich die Wohnungseigentümergemeinschaft u.a. dafür, den nur im Hause G. befindlichen Fahrstuhl mit Mitteln aus der allgemeinen Instandhaltungsrücklage umzubauen und mit einer Aufzugssteuerung sowie mit einem Notrufsystem zu versehen. Mit Beschluss vom 27. April 1998 (Bl. 37 GA) hatte die Mehrheit der Eigentümer bestimmt (TOP 6 a), größere Instandhaltungsmaßnahmen an der Aufzugsanlage, die je Einzelfall DM 2.000 überschreiten, aus der Gesamtinstandhaltungsrücklage zu begleichen.
Der Antragsteller focht den Beschluss vom 21. Mai 2002 mit der Begründung an, die Umbaumaßnahmen zu einem Preis von ca. 18.000 EUR zuzüglich Gebühren für den Betrieb des Notrufsystems seien ausschließlich von den Bewohnern des Hauses G. zu bezahlen. Dies ergebe sich aus § 10 der Teilungserklärung, wonach die übrigen Wohnungseigentümer nicht an den Kosten des Betriebs und der Unterhaltung des Aufzugs zu beteiligen seien. Diese Regelung habe nur einstimmig abgeändert werden können. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu den sog. "Zitterbeschlüssen" sei der anderslautende Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 27. April 1998 als nichtig anzusehen.
Der Antragsteller bekam vor dem Amtsgericht Hannover Recht. Am 22. Juli 2002 hat es den Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 21. Mai 2002 zu TOP 4 b für ungültig erklärt, soweit beschlossen worden sei "die Kosten für die Umbauarbeiten aus der allgemeinen Instandhaltungsrücklage zu nehmen".
Dagegen wiederum beschwerten sich die Antragsgegner zu 2. und erreichten, dass die 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf ihre sofortige Beschwerde hin die amtsgerichtliche Entscheidung mit Beschluss vom 20. November 2002 aufgehoben hat. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, die mit 18.000 EUR geschätzten Kosten der Umbaumaßnahme zur Installation einer Aufzugssteuerung und eines Notrufsystems seien nicht nur von den Eigentümern des Hauses Nr. ... zu tragen, weil nach der Teilungserklärung nicht sämtliche Kosten im Zusammenhang mit dem Fahrstuhl nur von diesen zu übernehmen seien. Nur die normalen, betriebsbedingten Kosten seien nicht von der Gesamtinstandhaltungsrücklage zu bedienen.
II.
Die dagegen vom Antragsteller eingelegte, gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29, 22 FGG statthafte weitere sofortige Beschwerde ist unzulässig, weil die nach § 45 Abs. 1 3. Halbsatz WEG erforderliche Mindestbeschwer von 750 EUR nicht erreicht ist.
Der Beschwerdewert bringt zum Ausdruck, inwieweit der Rechtsmittelführer durch die angefochtenen Maßnahmen in seinen Rechten beeinträchtigt worden sein kann, § 20 Abs. 1 FGG. Durch die Entscheidung der Wohnungseigentümergemeinschaft, die Baumaßnahme aus der allgemeinen Instandhaltungsrücklage zu finanzieren, konnte der Antragsteller nur in der Höhe des rechnerisch auf ihn entfallenden Anteils beschwert sein, weil mit den Kosten auch die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft belastet wurden. Deshalb ist er nur zu 1/27 der Kosten der von ihm angefochtenen Mehrheitsentscheidung beschwert worden.
Die Beschwer ist lediglich im Hinblick auf die Kosten für den beschlossenen Einbau der Aufzugsteuerung und des Notrufssystems zu berechnen, und nicht auch im Hinblick auf die Kosten für die Wartung des Fahrstuhls. Zwar ist unter TOP 4 b auch darüber beschlossen worden, dass die Wartung nunmehr an das mit den Umbaumaßnahmen betraute Unternehmen zu vergeben sei.
Ob sich der weitere Beschlusspunkt zu TOP 4b, dass sämtliche Kosten aus der allgemeinen Instandhaltungsrücklage zu entnehmen seien, auch auf die Kosten der Wartung bezog, und ob diese zuvor nur von den Eigentümern des Hauses Nr. ... getragen worden sind, ist in dem bisherigen Verfahren nicht weiter thematisiert worden, weil diese Frage nicht Gegenstand der rechtlichen Auseinandersetzung war. Mit seinem Antrag ist der Antragsteller ausdrücklich nur der Belastung der allgemeinen Instandhaltungsrücklage mit den Kosten für die Umbaumaßnahmen (Aufzugssteuerung und Notrufsystem) entgegen getreten (Bl. 2 GA). Dementsprechend hat das Amtsgericht den Beschluss zu TOP 4 b auch nur insoweit für ungültig erklärt, ohne den Antrag des Antragstellers teilweise zurückzuweisen. Durch die Aufhebung dieses amtsgerichtlichen Beschlusses ist der Antragsteller durch die von ihm angefochtene landgerichtliche Entscheidung beschwert worden. Er kann nicht zulässigerweise seine Beschwer im Rahmen der weiteren sofortigen Beschwerde nach Ablauf der Anfechtungsfrist erweitern und erstmals auch die Finanzierung der Wartungsarbeiten zum Thema der rechtlichen Auseinandersetzung machen, nachdem er vom Vorsitzenden des Senates auf das Nichterreichen der Mindestbeschwer hingewiesen worden ist. Für deren Berechnung ist nämlich auf den Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung abzustellen (Keidel/Kuntze/Winkler-Kahl FGG, 15. Aufl., § 20 Rn. 15; vgl. auch Zöller-Gummer, ZPO (a.F.), 22. Aufl., § 511 Rn. 5). Es kommt hinzu, dass es sich auf die von den einzelnen Wohnungseigentümern letztlich zu tragenden Kosten wirtschaftlich nicht erheblich auswirken wird, von welcher Firma die Wartung durchgeführt wird. Soweit also die mit den beschlossenen Umbauarbeiten zu beauftragende Firma künftig auch - statt einer anderen - die Wartung der Fahrstuhlanlage übernehmen soll, belastet das im Ergebnis den Antragsteller nicht. Dem entspricht, dass er in seinem Vorbringen auf diesen Punkt in der Sache auch gar nicht eingegangen war, sich insoweit ersichtlich also auch selbst nicht beschwert fühlte.
Deshalb ist für die Berechnung der Beschwer des Antragstellers nur von den geschätzten Kosten für die Umbaumaßnahmen in Höhe von 18.000 EUR auszugehen. Hinzu kommt noch in Anlehnung an § 9 ZPO der 3 1/2-fache Wert der Jahresgebühr für den Notruf, der auf Grundlage der Angaben des Antragstellers auf 500 EUR jährlich geschätzt wird, weshalb noch weitere Kosten in Höhe von 1.750 EUR hinzu zu addieren sind. Danach errechnet sich ein Gesamtvolumen von 19.750 EUR. Der auf den Antragsteller als Beschwer entfallende Anteil macht einen Betrag von aufgerundet 732 EUR aus (1/27), womit der Mindestbeschwerdewert nicht erreicht wird.
Die Entscheidung über die Gerichtskosten beruht auf § 47 Abs. 1 WEG. Angesichts der widerstreitigen Entscheidung der Vorinstanzen und der abweichenden Festsetzung des Beschwerdewerts hat es der Senat hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten bei der Regelung des § 47 Satz 2 WEG belassen.