Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 11.02.2003, Az.: 15 WF 20/03
Statthaftigkeit der Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren bei Unterhaltsfeststellung hinsichtlich eines im Haushalt des Unterhaltspflichtigen lebenden Kindes
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 11.02.2003
- Aktenzeichen
- 15 WF 20/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 33968
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2003:0211.15WF20.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hildesheim - 17.10.2002 - AZ: 37 FH 37010/02
Rechtsgrundlagen
- § 645 Abs. 1 ZPO
- § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB
Fundstellen
- FamRZ 2003, 1475-1476 (Volltext mit amtl. LS)
- OLGReport Gerichtsort 2004, 15-16
In der Familiensache
...
hat der 15. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
auf die Beschwerde des Antragstellers vom 23. Januar 2003
gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hildesheim vom 8. Januar 2003
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Brick,
den Richter am Oberlandesgericht Dr. Meyer-Holz sowie
den Richter am Amtsgericht Dr. Schwonberg
am 11. Februar 2003
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen. Beschwerdewert: 3.764,40 EUR
Gründe
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht seinen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss vom 17. Oktober 2002 aufgehoben. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des durch das Jugendamt als Beistand vertretenen Antragstellers. Die Beschwerde ist als sofortige Beschwerde gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft, weil in der Aufhebung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses zugleich die Zurückweisung des auf Erlass dieses Beschlusses gerichteten Antrages liegt.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Das Amtsgericht hat den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss zu Recht - auch hinsichtlich der vom Antragsteller geltend gemachten Unterhaltsrückstände für die Zeit von Februar bis Juni 2002 - aufgehoben.
Die Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren ist vorliegend nicht zulässig. Nach § 645 Abs. 1 ZPO ist das vereinfachte Verfahren nur statthaft, wenn der Unterhalt eines minderjährigen Kindes, das mit dem in Anspruch genommenen Elternteil nicht in einem Haushalt lebt, festgesetzt werden soll. Hierbei handelt es sich um eine Zulässigkeitsvoraussetzung des vereinfachten Verfahrens (Musielak-Borth, 3. Aufl., Rdn. 1 zu § 645 ZPO), deren Angabe gemäß § 646 Abs. 1 Nr. 9 ZPO im Antrag vorgeschrieben ist. Diese Voraussetzung muss im Zeitpunkt der Unterhaltsfestsetzung - vorliegend am 17. Oktober 2002 - gegeben sein und ist von Amts wegen zu prüfen. Die Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren ist auf den Fall beschränkt, dass das Kind nicht im Haushalt des in Anspruch genommenen Elternteils lebt, weil das vereinfachte Verfahren allein auf den Barunterhalt gerichtet ist. Der betreuende Elternteil erfüllt seine Unterhaltsverpflichtung gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB durch die Pflege und Erziehung, sodass eine Barunterhaltspflicht entfällt (Musielak-Borth, 3. Aufl., Rn. 1 zu § 645; Münch-Komm-ZPO-Coester-Waltjen, 2. Aufl., Rdn. 10 zu § 645 ZPO, Rdn. 6 zu § 646 ZPO).
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sich der Antragsteller seit dem 1. Juli 2002 beim Antragsgegner aufhält. Ob der Antragsgegner den Antragsteller zum Wechsel in seinen Haushalt überredet hat oder ob der Antragsteller - wie in der Beschwerdebegründung vorgetragen - sich derzeit in den Haushalten beider Eltern zeitweise aufhält und beim Antragsgegner lediglich die Nächte verbringt, während die Mutter den Antragsteller im Übrigen versorgt, ist für die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens nicht von Bedeutung. Da der Antragsteller zumindest auch beim Antragsgegner lebt, ist eine Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren nicht möglich. Für die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens kommt es insoweit auch nicht darauf an, ob die Mutter des Antragstellers den Unterhaltsanspruch gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB im Fall eines praktizierten Wechselmodells im eigenen Namen geltend machen könnte (Palandt-Diederichsen, 61. Aufl., Rdn. 31 zu § 1629 BGB), da nach dem Wortlaut des § 645 Abs. 1 ZPO der Antragsteller nicht im Haushalt des Antragsgegners leben darf. Das vereinfachte Verfahren, das dem Mahnverfahren ähnelt, soll nicht mit schwierigen Rechts- oder Tatsachenfragen für die Festsetzung des Unterhalts belastet werden, wie sie durch den Aufenthaltswechsel des unterhaltsberechtigten Kindes entstehen können.
Dies gilt entgegen der Ansicht des Antragstellers auch für den seit Februar 2002 geltend gemachten rückständigen Unterhalt, da der Aufenthalt des Antragstellers als Zulässigkeitsvoraussetzung das Verfahren insgesamt erfasst (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 2001, 767 [OLG Karlsruhe 25.04.2000 - 2 WF 30/00] sowie Zöller-Philippi, 23. Aufl., Rn. 1 b zu § 645 für den Fall der Alleinsorge des Antragsgegners).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. Meyer-Holz
Dr. Schwonberg