Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 30.07.2013, Az.: 2 W 165/13

Anforderungen an die Stellung eines eigenen Kostfestsetzungsantrags durch den beigeordneten Rechtsanwalt

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
30.07.2013
Aktenzeichen
2 W 165/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 42489
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2013:0730.2W165.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 17.06.2013

Fundstellen

  • AGS 2014, 147-148
  • JurBüro 2014, 30-31
  • NJOZ 2015, 187
  • RVGreport 2013, 480-481

Amtlicher Leitsatz

Ein Kostenfestsetzungsantrag nach § 126 Abs. 1 ZPO ist eindeutig auf eine Beitreibung des beigeordneten Rechtsanwalts im eigenen Namen zu richten; im Zweifel ist davon auszugehen, dass der Kostenfestsetzungsantrag von der Partei selbst gestellt ist.

Tenor:

Die am 3. Juli 2013 eingegangene sofortige Beschwerde des beigeordneten Rechtsanwalts des Beklagten vom 2. Juli 2013 gegen den am 1. Juli 2013 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der 19. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 17. Juni 2013 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem beigeordneten Rechtsanwalt des Beklagten auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Beschwerdewert: 1.013,52 €

Gründe

Die gemäß §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte von dem beigeordneten Rechtsanwalt des Beklagten in eigenem Namen in Verfolgung seines Beitreibungsrechts gemäß § 126 Abs. 1 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht zulässig.

Der beigeordnete Rechtsanwalt des Beklagten wird nämlich durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss nicht beschwert, weil der Antrag der Prozessbevollmächtigten des Beklagten auf Kostenausgleichung vom 22. April 2013 mangels abweichender eindeutiger Erklärung als von der von ihnen vertretenen Partei selbst gestellter Antrag und nicht als Antrag des beigeordneten Rechtsanwalts aus eigenem Recht anzusehen ist.

Auf diesen Antrag ist demgemäß der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss zugunsten des Beklagten ergangen.

Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten haben ausdrücklich einen Antrag nach §§ 104, 106 ZPO gestellt, ohne deutlich zu machen, dass sie den Antrag für den beigeordneten Rechtsanwalt in Verfolgung seines eigenen Beitreibungsrecht nach § 126 Abs. 1 ZPO stellen. Ein Antrag nach § 126 Abs. 1 ZPO ist jedoch eindeutig auf eine Beitreibung des beigeordneten Rechtsanwalts im eigenen Namen zu richten (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71.Aufl. § 126 Rdnr. 16). Die Geltendmachung des Beitreibungsrechts nach § 126 Abs. 1 ZPO ergibt sich auch nicht bereits aus dem Umstand der Prozesskostenhilfebewilligung ohne Ratenzahlungsanordnung für den Beklagten. Der Anspruch der Partei und das Beitreibungsrecht des beigeordneten Rechtsanwalts stehen selbständig nebeneinander (vgl. BGHZ 52, 786; NJW 1994, 3292 f.) Zu Unrecht macht der Beschwerdeführer geltend, dass der mit Prozesskostenhilfe prozessierenden Partei kein Kostenerstattungsanspruch zustehen könne, weil sie keine Aufwendungen für ihren Rechtsanwalt gehabt habe, deren Erstattung sie verlangen könne. Unabhängig davon, ob einer Partei Prozesskostenhilfe bewilligt wurde oder nicht, ist ihr Kostenerstattungsanspruch nicht davon abhängig, ob sie ihrem Rechtsanwalt das Honorar bereits bezahlt hat. Auch aus § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ergibt sich nach in der obergerichtlichen Rechtsprechung überwiegender Auffassung nicht, dass die Partei dem beigeordneten Rechtsanwalt kein Honorar schuldet, sondern im Gegenteil, dass ein Honoraranspruch entsteht, der Rechtsanwalt ihn aber - ähnlich wie bei einem gestundeten Anspruch - nicht durchsetzen darf (vgl. OLG Koblenz JurBüro 2000, 145 f.; KG Rpfleger 1987, 333 [KG Berlin 06.02.1987 - 1 WF 3000/85]; OLG Hamburg MDR 1985, 941 [OLG Hamburg 14.06.1985 - 8 W 147/85]; OLG Nürnberg AnwBl. 1983, 570; Zöller-Geimer, ZPO, 29. Aufl. § 126 Rdnr. 9).

Ist nach alledem die Antragstellung nicht eindeutig, ist nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, im Zweifel davon auszugehen, dass der Antrag von der Partei selbst und nicht von dem beigeordneten Rechtsanwalt gestellt ist (vgl. OLG Rostock MDR 2006, 418; OLG Koblenz JurBüro 1982, 775; OLG Hamm AnwBl. 1982, 383; OLG Brandenburg FamRZ 1999, 1218; OLG Karlsruhe OLGR 1998, 152; Musielak-Fischer, ZPO, 10. Aufl. § 126 Rdnr. 5; a.A. Zöller-Geimer aaO. § 126 Rdnr. 8).

Der beigeordnete Anwalt des Beklagten war mithin persönlich nicht an dem durch den angefochtenen Beschluss beendeten Kostenfestsetzungsverfahren beteiligt. Ihm bleibt es freilich unbenommen, ein neues Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 126 Abs. 1 ZPO einzuleiten, wie er es mit dem in der Beschwerdeschrift zugleich gestellten Antrag bereits getan hat. Über diesen Antrag hat der Rechtspfleger jedoch noch nicht entschieden.

Dem beigeordneten Rechtsanwalt wird jedoch anheimgestellt zu prüfen, ob er an diesem Antrag auch unter Berücksichtigung der nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses von dem Kläger erklärten Aufrechnung gegenüber dem titulierten Kostenerstattungsanspruch des Beklagten festhält. Ist nämlich zugunsten der Partei ein Kostenfestsetzungsbeschluss ergangen, bevor der beigeordnete Rechtsanwalt die Festsetzung der Kosten aus eigenem Recht beantragt hat, kann es der Schutz des Gegners vor doppelter Inanspruchnahme erfordern, dass sich der beigeordnete Rechtsanwalt nicht auf die Bestimmungen des § 126 Abs. 2 ZPO berufen kann und eine zwischenzeitlich erklärte Aufrechnung des Kostenschuldners gegen sich gelten lassen muss und zwar unter Umständen bereits im Beitreibungsverfahren (vgl. OLG Schleswig NJW-RR 2004, 717, 718 [OLG Schleswig 27.01.2003 - 15 WF 271/02]; Zöller aaO. Rdnr. 18 und 19).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, Nr. 1812 des Kostenverzeichnisses des Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.

Die Voraussetzungen für die Übertragung der Sache auf den Senat und die Zulassung der Rechtsbeschwerde lagen in Anbetracht der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht vor. Insbesondere genügte dafür nicht eine abweichende Auffassung in der Kommentarliteratur.

Für den Beschwerdewert ist der Differenzbetrag aus den Wahlanwaltskosten des Beschwerdeführers und des bereits aus der Landeskasse erstatteten Betrages maßgeblich.