Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 06.12.2006, Az.: 11 B 8056/06
Konkurrierende Anträge für die Festsetzung der Standplatzverteilung eines Wochenmarktes; Anwendung des Prioritätsprinzips bei der Festetzung
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 06.12.2006
- Aktenzeichen
- 11 B 8056/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 31969
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2006:1206.11B8056.06.0A
Rechtsgrundlagen
- § 80a Abs. 3 VwGO
- § 80 Abs. 5 VwGO
- § 69 Abs. 1 S. 1 GewO
- § 69a Abs. 1 VwGO
Verfahrensgegenstand
Festsetzung eines Wochenmarktes - Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Hannover - 11. Kammer -
am 6. Dezember 2006
beschlossen:
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 26.10.2006 (11 A 7866/06) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.09.2006 wird wiederhergestellt, soweit sie sich gegen die Festsetzung eines Wochenmarktes Dienstags von 08.00 Uhr bis 18.30 und Freitags von 08.00 Uhr bis 13.00 Uhr auf dem Marktplatz und dem Nordwall in D. zu Gunsten der Beigeladenen ab dem 01.01.2007 richtet.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.000,00 EURO festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG).
Gründe
Der am 07.11.2006 bei Gericht eingegangene Antrag der Antragstellerin mit dem Antrag, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (11 A 7866/06) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.09.2006 wiederherzustellen, hat im Wesentlichen Erfolg.
Der von der Antragstellerin erhobene, nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO zulässige Rechtsbehelf wird voraussichtlich erfolgreich sein. Die angefochtene Verfügung der Antragsgegnerin vom 25.09.2006 erweist sich bei summarischer Prüfung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang als rechtswidrig, da die bei konkurrierenden Festsetzungsanträgen erforderliche sachgerechte Auswahlentscheidung nach Ermessensgesichtspunkten von der Antragsgegnerin nicht vorgenommen worden ist. Die Antragstellerin ist daher in ihrem Recht auf ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung verletzt. Somit überwiegt ihr persönliches Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des Bescheides, mit dem die Antragsgegnerin zugunsten der Beigeladenen einen Wochenmarkt auf Dauer festgesetzt hat.
Die zuständige Behörde - hier die Antragsgegnerin - hat gemäß § 69 Abs. 1 S. 1 Gewerbeordnung (GewO) auf Antrag des Veranstalters eine Veranstaltung, die die Voraussetzungen der §§ 64, 65, 67 oder 68 erfüllt, nach Gegenstand, Zeit, Öffnungszeiten und Platz für jeden Fall der Durchführung festzusetzen. Nach Satz 2 können auf Antrag, sofern Gründe des öffentlichen Interesses nicht entgegenstehen, u.a. Wochenmärkte für einen längeren Zeitraum oder auf Dauer festgesetzt werden.
§ 69 a Abs. 1 GewO enthält Vorgaben dazu, unter welchen Voraussetzungen ein Antrag auf Festsetzung abzulehnen ist.
Nicht gesetzlich geregelt ist die Konstellation, wenn miteinander konkurrierende Festsetzungsanträge vorliegen, von denen keiner bereits von vornherein nach § 69 a Abs. 1 GewO abzulehnen ist.
Vorliegend ist der Festsetzungsantrag der Beigeladenen ausweislich des Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin am 22.08.2006 bei dieser eingegangen und der Festsetzungsantrag der Antragstellerin am 12.09.2006. Beide Anträge konkurrieren insoweit, als die Festsetzung eines Wochenmarktes jeweils Dienstags und Freitags an identischen Orten und Zeiten ab dem 01.01.2007 begehrt wird; der Antrag der Beigeladenen betrifft darüber hinaus auch bereits den Zeitraum ab dem 01.09.2006. Da für beide Anträge Ablehnungsgründe i.S.v. § 69 a Abs. 1 GewO weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich sind, war von der Antragsgegnerin nach einhelliger Auffassung der dazu ersichtlichen Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, eine sachgerechte Auswahlentscheidung nach Ermessensgesichtspunkten zu treffen (vgl. Beschl. d. BVerwG v. 02.01.2006 - BVerwG 6 B 55/05 - veröffentlicht in juris; Beschl. d. Hess. VGH v. 12.08.2004 - 8 TG 3522/03 - veröffentlicht in juris; Urt. d. OVG Sachsen-Anhalt v. 19.05.2005 -1 L 40/04 - veröffentlicht in juris m.w.N.). Eine unter Betätigung des Auswahlermessens getroffene nachvollziehbar begründete Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin zugunsten der Beigeladenen und zum Nachteil der Antragstellerin ist vorliegend jedoch nicht ersichtlich, obwohl der Antragsgegnerin bei Erlass des Festsetzungsbescheides am 25.09.2006 zwei gleichwertige, konkurrierende Anträge vorlagen.
Dabei kann sich die Antragsgegnerin auch nicht darauf berufen, die Festsetzung im Hinblick auf den zeitlich zuerst eingegangenen Antrag der Beigeladenen unter Zugrundelegung des sogenannten Prioritätsprinzips vorgenommen zu haben.
Zwar kann die Bevorzugung eines zeitlich vorangehenden Antrages eine Auswahlentscheidung nach sachlichen Kriterien begründen (vgl. Urt. d. VG Gelsenkirchen v. 10.02.1988 - 7 K 2486/87 -, GewArch 1989, 94, 96 unter Hinweis auf Urt. d. OVG Münster v. 16.03.1979 - XIII A 2117/78 - veröffentlicht in juris).
Bedenken gegen die Anwendung des Prioritätsprinzips bestehen jedoch dann, wenn einzelne Bewerber durch die Beantragung einer Festsetzung für einen längeren Zeitraum oder auf Dauer andere Bewerber langfristig oder dauerhaft ausschließen wie vorliegend (vgl. Urt. d. BVerwG v. 28.06.1963 - VII C 23.63 -, Leitsatz veröffentlicht in juris mit Hinweisen auf weitere Fundstellen; o. g. Urt. d. OVG Münster v. 16.03.1979; o. g. Urt. d. VG Gelsenkirchen v. 10.02.1988). Die Antragsgegnerin hat zugunsten der Beigeladenen auf deren Antrag den Wochenmarkt im angefochtenen Bescheid vom 25.09.2006 "ab" dem 01.10.2006 ohne zeitliche Begrenzung und damit dauerhaft festgesetzt. Die o. g. Grenzen der rechtmäßigen Anwendung des Prioritätsprinzips sind damit eindeutig überschritten, da die Antragstellerin dauerhaft mit ihrem Festsetzungsantrag ausgeschlossen wäre. Eine rechtswidrige Anwendung des Prioritätsprinzips wäre nach Auffassung der Kammer im Übrigen auch dann noch anzunehmen, wenn man aufgrund des zwischen der Beigeladenen und der Antragsgegnerin abgeschlossenen Nutzungsvertrages nur von einer gewollten Festsetzung bis zum 31.12.2007 ausginge.
Die Antragsablehnung im Übrigen ergibt sich daraus, dass für die Antragstellerin ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage insoweit nicht ersichtlich ist, als sie auch die Aufhebung der Festsetzungsverfügung für den Zeitraum bis zum 31.12.2006 begehrt, selbst aber für diesen Zeitraum gar keine Festsetzung zu ihren Gunsten beantragt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO. Der Beigeladenen können Kosten mangels eigener Antragstellung nicht auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO).
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.000,00 EURO festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG).
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 52 Abs. 1 GKG n.F..
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.000,00 EURO festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG).
Dr. Schlei
Peters