Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 09.02.2017, Az.: 5 A 5931/15

defekte Bremsanlage; Schwerster Verstoß

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
09.02.2017
Aktenzeichen
5 A 5931/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 53572
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Der 1980 geborene Kläger wendet sich gegen die Untersagung der Führung von Güterkraftverkehrsgeschäften.

Der Kläger erhielt von der Industrie- und Handelskammer F. am 17.07.2006 die Bescheinigung über die fachliche Eignung für den innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr. Er ist seit dem 01.10.2013 interner Verkehrsleiter der Firma G. GmbH.

Zuvor war er Geschäftsführer und Verkehrsleiter der Firma H. GmbH. Als solcher war er verantwortlich für die am 26.07.2013 erfolgte Inbetriebnahme der von seinem Unternehmen bei der Firma I. Spedition GmbH gemieteten Sattelzugmaschine mit Anhänger, amtliches Kennzeichen SHG-BP 144. Auf Weisung des zuständigen Polizeikommissars J. von der spezialisierten Verfügungseinheit der Polizeidirektion F. erfolgte die Überprüfung in Rinteln auf der BAB 2, Fahrtrichtung Berlin. Die Weiterfahrt des LKWs wurde untersagt. Die angeordnete Begutachtung der technischen Mängel des LKWs erfolgte im Truck Center K.. Laut Gutachten vom 26.07.2013 waren die Bremsen am Auflieger der zweiten und dritten Achse komplett verschlissen und entfalteten nahezu keine Bremswirkung mehr. Auch wiesen nicht mehr alle Reifen die vorgeschriebenen Profilrillen- und Einschnitttiefen auf; verschlissen waren sie an der dritten Achse links. Das Amtsgericht Rinteln verurteilte den Kläger mit Urteil vom 20.02.2014 - 24 OWi 506 Js 8442/13 - wegen fahrlässiger Verkehrsordnungswidrigkeit zu einer Geldbuße von 307,50 EUR. Dabei war die Regelgeldbuße von 270,- EUR wegen des Verstoßes gegen die Regelungen über die Bremsen erhöht worden im Hinblick auf den tateinheitlich zu bewertenden Verstoß gegen die Regelungen zur Reifenbeschaffenheit.

Die Beklagte hörte den Kläger unter dem 10.08.2015 zu der beabsichtigten Untersagung der Führung von Güterkraftverkehrsgeschäften an.

Mit Verfügung vom 22.10.2015 - zugestellt am 27.10.2015 - untersagte die Beklagte dem Kläger die Führung von Güterkraftverkehrsgeschäften und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld von 3.500,00 EUR an. Zur Begründung heißt es, der Verkehrsleiter sei nur zuverlässig, wenn keine Tatsachen dafür vorliegen würden, dass bei der Führung des Unternehmens gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen oder bei dem Betrieb die Allgemeinheit geschädigt oder gefährdet werde. Im Rahmen der Überprüfung der Berufszugangsvoraussetzungen sei festgestellt worden, dass der Kläger nicht die Voraussetzungen der Zuverlässigkeit erfülle. Dem vom Amtsgericht Rinteln verhängten Bußgeld lägen zwei sogenannte schwerste Verstöße i. S. d. Nr. 3 des Anhangs IV der VO (EG) Nr. 1071/2009 zugrunde.

Unterstützend verwies die Beklagte auf die im behördlichen Führungszeugnis des Klägers enthaltene Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung (letzte Tat 21.03.2012, rkr. 23.01.2013). Aus der Verurteilung sei abzuleiten, dass er den ihm aufgrund seiner Stellung im Unternehmen zukommenden Verpflichtungen nicht bzw. nicht in vollem Umfang nachkomme. Dies bekräftige die Prognose im Hinblick auf sein zukünftiges Verhalten bei der Ausübung der Güterkraftverkehrsgeschäfte. Diese Entscheidung werde durch diverse Eintragungen im Fahreignungsregister (FAER) bestärkt. Die Taten aus den Jahren 2009 bis 2014 stünden im Zusammenhang mit seiner ausgeübten Tätigkeit als Kraftfahrer. Das verstärke die Prognose, dass er nicht willens oder in Lage sei, sich an geltende Vorschriften zu halten. Ihm käme als Verkehrsleiter eine Vorbildfunktion im Unternehmen zu. Trotz erfolgter Fahrerlaubnisentziehung habe er vorsätzlich ein Fahrzeug bewegt. Die Grenzen des Ermessens seien eingehalten worden. Die Mittelauswahl sei geeignet, erforderlich und angemessen. Er habe durch die Ausübung seiner Tätigkeit die Rechtsgüter Eigentum, Gesundheit und Leben massiv gefährdet. Durch die Untersagung werde die Allgemeinheit zukünftig vor der Gefährdung und Schädigung des Eigentums, der Gesundheit und des Lebens geschützt. Daher würden die öffentlichen Interessen an dem Vollzug der Untersagung gegenüber seinem privaten wirtschaftlichen Interesse an der weiteren Führung der Güterkraftverkehrsgeschäfte überwiegen.

Der Kläger hat dagegen am 26.11.2015 Klage erhoben. Er trägt vor, es käme - neben der Würdigung feststehender Tatsachen - auf die Gesamtpersönlichkeit des Betroffenen an. Die der Verurteilung des Amtsgerichts Rinteln zugrunde liegenden Verstöße wiesen nicht auf einen persönlichen charakterlichen Mangel hin. Er habe nicht gewusst, dass Reifen und Bremsen an dem betroffenen Fahrzeug nicht mehr ordnungsgemäß funktioniert hätten. Er habe sich darauf verlassen dürfen, dass das Mietfahrzeug verkehrssicher sei. Zudem habe er auch nicht selbst das Mietfahrzeug abgeholt. Insoweit habe er davon ausgehen dürfen, dass der Mitarbeiter kein Fahrzeug anmieten würde, welches nicht den Mindestanforderungen der allgemeinen Straßenverkehrsordnung bzw. der Betriebssicherheit entsprechen würde. Er habe sich keinesfalls leichtfertig oder gewissenlos verhalten. Aus seiner Handlungsweise gehe eine mangelnde Vertrauenswürdigkeit nicht hervor. Mit einer bloßen Sichtkontrolle sei eine mangelhafte Bremsanlage nicht feststellbar. Erst im Truck Center sei dies unter Zuhilfenahme besonderer Kontroll- bzw. Messverfahren feststellbar gewesen. Auch beträfe der Vorwurf, dass die Reifen nicht die geforderte Profiltiefe aufgewiesen hätten, nicht sämtliche Reifen. Der Verstoß sei nur fahrlässig begangen worden. Seine Schuld sei sehr gering. Die Verstöße im Führungszeugnis lägen drei bzw. vier Jahre zurück. Er habe daraus seine Lehren gezogen und sei nicht mehr auffällig geworden.

Der Kläger beantragt,

die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 22.10.2015 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihre Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid.

Die Beklagte ist vom Gericht aufgefordert worden, sich im Hinblick auf die Regelung in § 3b Abs. 5 Satz 5 GüKG  zu dem Umstand zu äußern, dass sich eine Stellungnahme des Bundesamts für Güterkraftverkehr nicht im Verwaltungsvorgang befindet. Die Beklagte hat daraufhin mitgeteilt, dass die Anhörung des Bundesamts durch ein Büroversehen unterblieben sei. Sie hat die Einholung der Stellungnahme im gerichtlichen Verfahren nachgeholt. Die Stellungnahme des Bundesamts für Güterkraftverkehr vom 02.02.2017 lautet: „Tatsachen, insbesondere über die Unzuverlässigkeit leitender Personen im gesamten Unternehmen sind hier nicht amtsbekannt. Offene Forderungen bestehen hier zur Zeit nicht“. Die Beklagte meint hierzu, die Ergebnisse der Anhörung führten aus materieller Sicht zu keiner Änderung der Sach- und Rechtslage.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 22.10.2015 lässt Rechtsfehler nicht erkennen und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten.

Ermächtigungsgrundlage für die Untersagungsverfügung ist Art. 14 Abs. 1 VO (EG) 1071/2009 sowie § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung über den grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr und den Kabotageverkehr vom 28.12.2011 (im Folgenden: GüKGrKabotageV) i.V.m. § 3 Abs. 5b Satz 1 GüKG. Hiernach kann dem Verkehrsleiter die Führung von Güterkraftverkehrsgeschäften untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Verkehrsleiter die Voraussetzung hinsichtlich der Zuverlässigkeit nach Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 nicht erfüllt. Wenn durch den Verkehrsleiter schwerste Verstöße gegen Gemeinschaftsvorschriften gemäß Art. IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 begangen wurden, hat die Behörde nur ein eingeschränktes Ermessen. Eine Aberkennung der Zuverlässigkeit kann unter dieser Voraussetzung nur unterbleiben, wenn sie in Anbetracht der speziellen Gegebenheiten des Einzelfalls eine unverhältnismäßige Reaktion darstellen würde (Hein/Eichhoff/Pukall/Krien, Güterkraftverkehrsrecht, Stand: V/12, N § 3 Nr. 8).

Der Kläger ist aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen nicht mehr zuverlässig i.S.d. Art. 6 der VO (EG) Nr. 1071/2009, auf den § 3 Abs. 5b Satz 1 GüKG Bezug nimmt. Maßgeblich nach nationalem Recht ist insoweit § 2 Abätze 1, 2 und 3 der Berufszugangsverordnung für den Güterkraftverkehr - GBZugV -, der auf Art. 6 VO (EG) Nr. 1071/2009 zurückverweist. Nach Abs. 3 kann der Verkehrsleiter insbesondere dann unzuverlässig sein, wenn wegen eines schwersten Verstoßes gegen Gemeinschaftsvorschriften im Sinne des Anhangs IV der VO (EG) Nr. 1071/2009 ein gegen ihn ergangener Bußgeldbescheid unanfechtbar geworden ist. Hier geht es um die Kategorie der sog. „sieben Todsünden im Bereich des Kraftverkehrs“ (Knorre, Güterkraftverkehrsgesetz, Beck-online, 2012, § 3 GüKG, Rdnr. 24). Nach Art. 6 Abs. 2 VO (EG) 1071/2009 soll bereits bei Vorliegen eines einzigen derartigen Verstoßes auf die Unzuverlässigkeit des Betroffenen geschlossen werden. (Hein/Eichhoff/Pukall/Krien, Güterkraftverkehrsrecht, Stand: 6/15, T 215 Art. 6, Rdnr. 4). Nach der Auslegungshilfe des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 23.01.2014 zu Anhang IV der VO (EG) Nr. 1071/2009 (abgedr. in Hein/Eichhoff-Pukall/Krien, a.a.O., C 105) lassen sich nationale Bußgeldentscheidungen als „Schwerster Verstoß“ qualifizieren, wenn die Geldbuße mehr als 200 EUR beträgt. Das war bereits bei dem Verstoß gegen die Regelungen über die Bremsen der Fall; die Erhöhung wegen des Verstoßes gegen die Regelungen zur Reifenbeschaffenheit kam erschwerend hinzu.

Dabei kann grundsätzlich von der Richtigkeit der rechtskräftigen Bußgeldentscheidung und den zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen ausgegangen werden. Wenn es sich um einen einzelnen Verstoß im vorgenannten Sinne handelt, bedarf es aber der Prüfung im Einzelfall, ob nicht ausnahmsweise Anhaltspunkte dafür gegeben sind, die die Annahme der Unzuverlässigkeit entkräften (Hein/Eichhoff/Pukall/Krien, a.a.O., Rdnr. 6).

Vorliegend wurde gegen den Kläger, dem als Verkehrsleiter die tatsächliche und dauerhafte Leitung der Verkehrstätigkeiten und speziell das Instandhaltungsmanagement für die Fahrzeuge obliegt (Art. 4 Abs. 1 a und Abs. 2 b Satz 2 VO (EG) 1071/2009), wegen eines „schwersten Verstoßes“ i. S. d. Anhangs IV zu Art. 6 Abs. 2 Buchst. a VO (EG) 1071/2009 ein Bußgeld rechtskräftig verhängt. Unter den Begriff „schwerster Verstoß“ fällt nach Nr. 3, 2. Alt. das Führen eines LKWs mit schwerwiegenden Mängeln am Bremssystem, die eine solche unmittelbare Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen, sodass die Stilllegung des Fahrzeugs verfügt wird.

Das war hier der Fall. Der zuständige Polizeibeamte hatte am 26.07.2013 die Weiterfahrt des LKWs, der im Auftrag der Firma H. GmbH unterwegs war, untersagt. Verkehrsleiter dieser Firma war seinerzeit der Kläger. Dass es sich um einen sog. schwersten Verstoß handelte, folgt aus dem Gutachten der Truck Center K. GmbH, aus dem zu entnehmen ist, dass die Bremsen der 2. und 3. Achse komplett verschlissen waren.

Allerdings mag es durchaus so gewesen sein, wie der Kläger vorträgt, nämlich dass nicht er persönlich das Fahrzeug nach erfolgter Anmietung von der Vermietfirma abgeholt hatte, sondern dies einem/einer Mitarbeiter/in der Firma H. GmbH überlassen hatte. Das entlastet den Kläger aber nicht. Denn er war verantwortlich dafür, dass für die Firma, als deren Verkehrsleiter er für die Disposition der Fahrer und der Lkws verantwortlich war, ausschließlich sicherheitstechnisch einwandfreie Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr eingesetzt werden. Wenn er sich die Prüfung der Fahrzeugpapiere im Hinblick auf die Durchführung der amtlich vorgeschriebenen Prüfintervalle nicht selbst vorbehält und auch die Sichtkontrolle im Hinblick auf sicherheitsrelevante Aspekte wie Bremssystem, Lenkanlage, Räder/Reifen, Federung, Fahrgestell usw. nicht selbst durchführte, wäre es seine Aufgabe als Verkehrsleiter gewesen sicherzustellen, dass dies von einer entsprechend geschulten und verantwortungswürdigen Person durchgeführt wird. Das war augenscheinlich nicht der Fall, was wiederum in seinen Verantwortungsbereich fällt.

Die Beklagte hat bei der Tatsachenfeststellung zu Recht berücksichtigt, dass nicht einfach nur ein einziger sog. schwerster Verstoß durch die Bußgeldentscheidung geahndet worden war. Hinzu kam der Verschleiß mehrerer Reifen an der dritten Achse des gemieteten Sattelzug-Aufliegers. Auch insoweit wäre ein schwerster Verstoß zu ahnden gewesen, was nur aufgrund der tateinheitlichen Beurteilung der beiden sehr schwerwiegenden Mängel nicht erfolgt war und stattdessen zu einer Erhöhung des Bußgeldes führte. Das Unfallrisiko, das von der Sattelzugmaschine mit Anhänger bei der Autobahnfahrt ausging, dürfte aber durch die beiden gleichzeitig vorliegenden sehr schweren Mängel nochmals deutlich erhöht gewesen sein.

Der Kläger kann nicht mit dem Einwand gehört werden, dass erst im Rahmen der Begutachtung im Truck Center K. der Verschleiß der Bremsanlage und der Verschleiß einiger Reifen erkennbar gewesen seien. Vielmehr heißt es dazu im Urteil des Amtsgerichts Minden vom 20.02.2014, der Zeuge J. habe glaubwürdig bekundet, er habe als Polizeibeamter den Lastzug bei der Kontrolle auf der Autobahn angehalten und dabei sowie während der anschließenden Untersuchung im Truck Center die Mängel an den Bremsen und Reifen festgestellt. Bereits die Sichtkontrolle hatte folglich Auffälligkeiten an den Bremsen und den Reifen ergeben und zu der weiteren technischen Überprüfung Anlass gegeben. Der Lastzug hätte ohne die vorherige genaue Sichtkontrolle der sicherheitstechnisch relevanten Teile  nicht bewegt werden dürfen. Die Feststellung, dass Tatsachen für eine Unzuverlässigkeit des Klägers im Hinblick auf die Berufsausübung als Verkehrsleiter eines Güterkraftverkehrsunternehmens sprechen, ist zu Recht bejaht worden.

Unabhängig davon durfte die Beklagte im Hinblick darauf, dass nach Art. 4 VO (EG) Nr. 1071/2009 i. V. m. § 2 GBZugV bei der Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit die Gesamtpersönlichkeit des Verkehrsleiters in den Blick zu nehmen ist, zusätzlich auch das Verhalten des Klägers beachten, welches er selbst als Fahrer im Güterkraftverkehr gezeigt hat. Schwere Verstöße gegen Vorschriften, die im Interesse der Verkehrssicherheit erlassen wurden, insbesondere gegen die Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes, der Straßenverkehrsordnung oder der Straßenverkehrszulassungsordnung, können bei Unanfechtbarkeit der Bußgeldbescheide berücksichtigt werden, § 2 Abs. 3 Nr. 3 c GBZugV. Zu Recht hat die Beklagte daher festgestellt, dass der Kläger als Führer eines Lastzuges bis zu der am 17.11.2012 erfolgten Fahrerlaubnisentziehung wegen Nichtteilnahme an einem angeordneten Aufbauseminar (in diesem Falle keine Punktelöschung, § 4 Abs. 2 Satz 4 StVG a. F.) die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten sowie dabei mehrmals ein Mobiltelefon verbotswidrig benutzt und als Führer einer Sattelzugmaschine mit Anhänger das Rotlicht einer Lichtzeichenanlage missachtet hatte. Am 20.05.2011 hatte er es als Halter einer Sattelzugmaschine mit Anhänger mehr als 4 bis 8 Monate lang unterlassen, das Fahrzeug zur fälligen Sicherheitsprüfung vorzuführen. Auch nach erfolgter Wiedererteilung der Fahrerlaubnis war er erneut - am 11.04.2014 - als Führer einer Sattelzugmaschine mit Anhänger durch Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 24 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften aufgefallen. Diese Verkehrszuwiderhandlungen zeigen sehr deutlich ein fehlendes Verantwortungsbewusstsein des Klägers im Hinblick auf die Sicherheit im Straßenverkehr. Zudem zeigen sie aber auch, dass er der Vorbildfunktion, die ein Verkehrsleiter gegenüber den übrigen Fahrern auszuüben hat, in keiner Weise gerecht zu werden vermag. Aufgrund seiner eigenen mangelnden Verkehrsdisziplin liegt es nahe, dass er diese nicht nur bei sich, sondern auch bei den übrigen Fahrern des Güterkraftverkehrsunternehmens, deren Fahrten er als Verkehrsleiter disponiert, zu tolerieren bereit ist.

Ob darüber hinaus weitere Verfehlungen des Klägers (Bestrafung wegen Insolvenzverschleppung und wegen Fahrens mit einem Pkw ohne Fahrerlaubnis) berücksichtigungsfähig sind, kann dahinstehen, da die Beklagte diese ohnehin nur „als ergänzende Stärkung der Prognoseentscheidung“ berücksichtigt hat.

Die Beklagte hat gesehen, dass sie neben der Feststellung der Unzuverlässigkeit des Klägers als Verkehrsleiter bei der Entscheidung auf der Rechtsfolgenseite Ermessen auszuüben hat. Sie hat in ihre Ermessensentscheidung eingestellt, dass durch die Untersagung der Verkehrsleitertätigkeit in das Grundrecht des Klägers auf freie Berufsausübung, Art. 12 Abs. 1 GG, eingegriffen wird. Zudem hat sie aber auch in die Entscheidung eingestellt, dass durch ein vom Verkehrsleiter verantwortetes risikobehaftetes Führen von Güterkraftfahrzeugen die Grundrechte der übrigen Verkehrsteilnehmer auf Leben, Gesundheit und Eigentum gefährdet werden. Ihre Entscheidung, dass die Prognose im Hinblick auf eine weitere Verkehrsleitertätigkeit des Klägers eine ganz erhebliche Gefährdung der Allgemeinheit befürchten lässt und aus diesem Grunde die Abwägung, dass die öffentlichen Interessen an der Untersagung gegenüber den privaten Interessen des Klägers an der weiteren Führung der Güterkraftverkehrsgeschäfte überwiegen, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Ergänzend wird insoweit gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die zutreffenden Ermessenserwägungen in dem angefochtenen Bescheid verwiesen.

Die Ermessensentscheidung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil nach § 3 Abs. 5b Satz 5 GüKG die zuständige Behörde rechtzeitig vor der Entscheidung über die Untersagung der Führung der Güterkraftverkehrsgeschäfte gegenüber dem Verkehrsleiter dem Bundesamt für Güterkraftverkehr Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist und die Beklagte dies vor dem Erlass des Bescheides versäumt hatte. Es lag zwar ein Verfahrensfehler vor, der bei Ermessensentscheidungen grundsätzlich beachtlich ist, da nicht offensichtlich ist, dass er die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat, § 46 VwVfG. Die Beklagte konnte die Einholung der Stellungnahme aber - ungeachtet der Formulierung in § 3 Abs. 5b Satz 5 GüKG „rechtzeitig vor der Entscheidung“ - nach § 45 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. Abs. 2 VwVfG noch bis zur mündlichen Verhandlung des Gerichts nachholen und damit diesen Verfahrensfehler heilen. Die Stellungnahme des Bundesamts für Güterkraftverkehr vom 02.02.2017 geht dahin, dass Erkenntnisse, die für eine die Unzuverlässigkeit des Klägers in seiner Eigenschaft als Verkehrsleiter sprechen, dort nicht bekannt seien. Die Beklagte hat aufgrund dieser Stellungnahme ausgeführt, dass die Ergebnisse aus materieller Sicht zu keiner Änderung der Sach- und Rechtslage geführt hätten. Damit hat sie ihre Ermessenserwägungen in rechtlich zulässiger und auch inhaltlich zutreffender Weise gemäß § 114 Satz 2 VwGO ergänzt, da die Stellungnahme des Bundesamts für Güterkraftverkehr die Gründe der Untersagungsverfügung auch aus der Sicht des Gerichts unberührt lassen.

Anhaltspunkte dafür, dass bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Untersagungsverfügung die Zuverlässigkeit des Klägers im Hinblick auf die Verkehrsleitertätigkeit wieder gegeben war, sind nicht zu erkennen. Für eine weiterhin bestehende Unzuverlässigkeit spricht bereits die Geschwindigkeitsüberschreitung vom 11.04.2014, die der Kläger nach Wiedererlangung der Fahrerlaubnis als Führer einer Sattelzugmaschine mit Anhänger begangen hatte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.