Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 08.02.2017, Az.: 2 A 3453/16

Asyl; Flüchtlingseigenschaft; subsidiärer Schutz; Syrien

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
08.02.2017
Aktenzeichen
2 A 3453/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 53834
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Unverfolgt, d. h. allein wegen des Krieges ausgereisten syrischen Asylbewerbern droht auch unter Einbeziehung aktueller Erkenntnisse keine politische Verfolgung.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Der am C. D. 1977 geborene Kläger, ein syrischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und sunnitischer Religionszugehörigkeit, reiste eigenen Angaben zufolge am 11. Mai 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag.

Zur Begründung machte er geltend, Syrien wegen des Krieges verlassen zu haben. Er habe seinen Wehrdienst von 2003 bis 2005 abgeleistet. In Syrien sei er nicht politisch aktiv gewesen.

Mit Bescheid vom 7. Juni 2016 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zu (Ziffer 1. des Bescheids). Im Übrigen lehnte es den Asylantrag ab (Ziffer 2. des Bescheids). Anhaltspunkte für eine flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlung seien nicht erkennbar.

Mit der am 16. Juni 2016 fristgerecht erhobenen Klage macht der Kläger geltend, dass ihm aufgrund der Verhältnisse in Syrien der Flüchtlingsstatus zuzuerkennen sei, weil das Bundesamt früher in vergleichbaren Fällen den Flüchtlingsstatus zu Recht zuerkannt habe. Aktuellen Erkenntnissen von Amnesty International zufolge komme es in syrischen Gefängnissen nach wie vor zu Massenhinrichtungen ohne rechtstaatliches Verfahren.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 2. des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 7. Juni 2016 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

1. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG setzt voraus, dass der Ausländer sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet. Gemäß  § 3c AsylG kann die Verfolgung ausgehen von dem Staat (Nr. 1), Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (Nr. 3). Als Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten nach § 3a Abs. 1 AsylG Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen oder der Ausländer von einem Zusammentreffen unterschiedlicher Maßnahmen in ähnlich gravierender Weise betroffen ist. Für die Annahme einer Verfolgungsmaßnahme ist weiterhin erforderlich, dass der Flüchtling aus den genannten Gründen gezielten Rechtsverletzungen ausgesetzt ist, die ihn ihrer Intensität nach aus der staatlichen Friedensordnung ausgrenzen. Vor Rechtsverletzungen, die nicht gezielt in Anknüpfung an persönliche, asylrelevante Merkmale zugefügt werden, sondern ihn als Folge der allgemeinen im Herkunftsstaat herrschenden Zustände treffen, schützt das Asylrecht nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, juris Rn. 32 m.w.N.). Zwischen den Verfolgungsgründen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3b AsylG) und den in § 3a Abs. 1 und 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen.

Ist der Ausländer unverfolgt ausgereist, muss er glaubhaft machen, dass ihm wegen vorgetragener Nachfluchtgründe mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr von Verfolgung droht, wenn er in sein Heimatland zurückkehrt. Dabei ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit anzunehmen, wenn bei zusammenfassender Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Betroffenen nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Ist er dagegen verfolgt ausgereist, d.h. hat er Verfolgungsmaßnahmen bereits erlitten oder standen solche unmittelbar bevor, findet die in Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU (EU-Qualifikations-RL) vorgesehene Beweiserleichterung Anwendung. Danach ist diese Tatsache ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Schutzsuchenden vor Verfolgung begründet ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung bedroht wird.

2. Hiernach droht dem Kläger im Falle einer hypothetisch zu unterstellenden Rückkehr nach Syrien nach Überzeugung der Kammer nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG.

2.1 Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Kläger sein Heimatland Syrien unverfolgt verlassen hat. Er ist allein wegen des herrschenden Bürgerkrieges ausgereist.

2.2 Auch Nachfluchtgründe stehen dem Kläger nicht zur Seite. Unverfolgt ausgereiste Rückkehrer nach Syrien werden nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit alleine aufgrund ihrer (illegalen) Ausreise aus Syrien, der Asylantragstellung sowie des - auch längeren - Aufenthaltes im Ausland politisch verfolgt (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 6. Oktober 2016 - 14 A 1852/16.A -, juris Rn. 15 ff.; OVG Koblenz, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 1 A 10922/16 -, juris Rn. 39 ff.; OVG Schleswig, Urteil vom 23. November 2016 - 3 LB 17/16 -, juris Rn. 40; VGH München, Urteil vom 13. Dezember 2016 - 21 ZB 16.30338, u.a. -, bislang nur als Pressemitteilung, juris).

Es kann offen bleiben, ob dem Kläger in Ansehung der im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) bestehenden Auskunftslage bei einer - hier trotz der Innehabung des subsidiären Schutzes zu unterstellenden - Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a Abs. 1 und 2 AsylG droht. Selbst wenn der Kläger bei Rückkehr nach Syrien eine Verfolgungshandlung zu gewärtigen hätte, fehlte es jedenfalls mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit an der tatbestandlich nach § 3a Abs. 3 AsylG für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gebotenen Verknüpfung zwischen einer Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a Abs. 1 und 2 AsylG und einem Verfolgungsgrund nach §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3b AsylG. Diese müsste sich zumindest bei Fehlen von Verfolgungsmerkmalen in der Person des Klägers darin niederschlagen, dass das Verfolgungsmerkmal dem Kläger vom Verfolger zugeschrieben würde (vgl. § 3b Abs. 2 AsylG).

Bei wertender Gesamtschau der Auskünfte liegen derzeit nicht hinreichend belastbare Erkenntnisse für die Annahme vor, der syrische Staat werte die (illegale) Ausreise, einen Auslandsaufenthalt und die Stellung eines Asylantrages generell als Ausdruck einer (oppositionellen) politischen Überzeugung und habe - anders als vor dem Bürgerkrieg - eine entsprechende Handlungsmotivation gegenüber dieser nunmehr fast fünf Millionen Personen umfassenden Gruppe der Auslandsflüchtlinge (vgl. UNO-Flüchtlingshilfe, Flüchtlinge weltweit - Zahlen & Fakten, https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/fluechtlinge/zahlen-fakten.html) entwickelt, so dass unterschiedslos die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung bestünde.

Der letzte Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 27. September 2010 sprach bereits davon, die Asylantragstellung oder ein längerfristiger Auslandsaufenthalt seien für sich alleine kein Grund für Verhaftungen oder Repressalien; vielmehr müssten individuelle politische Aktivitäten des abgelehnten Asylbewerbers Anknüpfungspunkt sein (vgl. AA, Bericht über die über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Arabischen Republik Syrien vom 27. September 2010, S. 21). An dieser Einschätzung hat sich nichts geändert. Nach wie vor hat das Auswärtige Amt keine Erkenntnisse darüber, es gebe bei Rückkehr von unverfolgt ausgereisten Syrern in ihren Heimatstaat systematische (flüchtlingsrechtlich beachtliche) Befragungen oder diese Gruppe sei unterschiedslos bloß aufgrund eines vorangegangenen Auslandsaufenthaltes Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt (vgl. Auskunft des AA vom 2. Januar 2017 (48840) an das VG Düsseldorf, Ziff. 1. a. bb., b.). Dies deckt sich mit einer Einschätzung, die die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Beirut bereits Anfang des Jahres 2016 abgegeben hat (vgl. Auskunft der Deutschen Botschaft in Beirut vom 3. Februar 2016, Ziff. I). Sofern dort vereinzelt Fälle bekannt geworden sind, in denen vor Erlass des formalen Abschiebestopps im März 2012 Rückkehrer nach Syrien befragt, zeitweilig inhaftiert oder dauerhaft verschwunden sind, wird dies nicht als allgemeine Gefahr beschrieben, sondern gerade in Zusammenhang gestellt mit individuellen, oppositionsnahen Aktivitäten (beispielsweise Journalisten oder Menschenrechtsverteidigern) bzw. einem nicht abgeleisteten Militärdienst (siehe insoweit auch die berichteten Fälle etwa bei Amnesty International vom 14. März 2012 "Menschenrechtskrise in Syrien erfordert Abschiebungsstopp und Aussetzung des Deutsch-Syrischen Rückübernahmeabkommens", https://www.amnesty.de/downloads/download-menschenrechtskrise-syrien-erfordert-abschiebungsstopp).

Das Deutsche Orient-Institut geht im Ergebnis ebenso davon aus, dass nicht allen Rückkehrern Verfolgungsmaßnahmen drohten, wenn es ausführt, besonders männliche syrische Staatsangehörige sähen sich bei Wiedereinreise in das durch die syrische Regierung kontrollierte Gebiet, sofern sie älter als 18 Jahre seien, der Einberufung in den Wehrdienst gegenüber und es drohte eine harte Strafe, wenn sich diesem vor der Ausreise durch Flucht entzogen worden wäre (vgl. Deutsche-Orient Stiftung - Deutsches Orient-Institut, Auskunft vom 8. November 2016 an das OVG Schleswig).

Die hiervon abweichende Rechtsprechung, wonach der syrische Staat bei sämtlichen aus Syrien (illegal) ausgereisten Personen, die sich länger im Ausland aufgehalten und dort einen Asylantrag gestellt hätten, dieses Verhalten unterschiedslos als politische Verfolgung werte, da es an eine unterstellte politische Gegnerschaft - oder jedenfalls eine besondere Nähe zu politischen Gegnern - anknüpfe (vgl. in diesem Sinne: OVG Magdeburg, Urteil vom 18. Juli 2012 - 3 L 147/12 -, juris Rn. 24 ff.; VGH Mannheim, Beschluss vom 19. Juni 2013 - A 11 S 927/13 -, juris Rn. 11 ff.; VGH Kassel, Beschluss vom 27. Januar 2014 - 3 A 917/13. Z.A -, juris Rn. 7; VG Köln, Urteil vom 25. Oktober 2016 - 20 K 2890/16.A -, juris; VG Münster, Urteil vom 13. Oktober 2016 - 8 K 2127/16.A -, juris; VG Osnabrück, Urteil vom 5. Dezember 2016 - 7 A 35/16 -, juris), teilt die Kammer nicht. Sie beruht mangels nötiger Referenzfälle, die es wegen nach wie vor ausgesetzter Abschiebungen nicht gibt, notwendigerweise auf einer wertenden Gesamtschau aller Umstände, die die erkennende Kammer anders beurteilt. Für die Kammer liegt es lebensferner, der syrische Staat, dessen Machthaber um das politische und physische Überleben kämpfen und dabei nach wie vor die Kontrolle über Teile des Landes verloren haben, hätte Veranlassung und Ressourcen, alle zurückgeführten unpolitischen Asylbewerber ohne erkennbaren sonstigen individuellen Grund im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zu verfolgen. Für die Annahme, die syrischen Sicherheitsorgane entfalteten eine solche auf jeden Asylbewerber bezogene, an asylerhebliche Merkmale anknüpfende Verfolgungstätigkeit, gibt es mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit - wie dargelegt - nicht genügend Anhaltspunkte. Das bloße Vorliegen eines nach wie vor mit aller Härte geführten bewaffneten Konfliktes in Syrien (vgl. UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 4. aktualisierte Fassung, November 2015, S. 3, https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1455006006_syr-112015.pdf) reicht hierfür nicht aus. Nicht zuletzt dürfte es gerade aufgrund der derzeitigen militärischen Auseinandersetzungen den syrischen Machthabern bewusst sein, dass die fast fünf Millionen Flüchtlinge (etwa ein Viertel der Bevölkerung) ihr Heimatland nicht vornehmlich wegen einer regimefeindlichen Gesinnung, sondern vielfach, wenn nicht gar ganz überwiegend aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen und der damit verbundenen Gefahren verließen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 6. Oktober 2016, a.a.O.; OVG Koblenz, Urteil vom 16. Dezember 2016, a.a.O.; OVG Schleswig, Urteil vom 23. November 2016, a.a.O.).

Selbst wenn nach wie vor unterstellt würde, jedem Rückkehrer nach Syrien drohe mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit - unter der Annahme eines ihm gegenüber jedenfalls in der Vergangenheit weit verbreiteten, wahllosen und damit gleichsam nicht zielgerichteten zufälligen Einsatzes der Folter durch den syrischen Staat (vgl. zuletzt den Bericht von Amnesty International über Massenhinrichtungen in syrischen Gefängnissen, Spiegel Online vom 7. Februar 2017) - allgemein die Gefahr, Folter oder unmenschlicher bzw. erniedrigender Behandlung ausgesetzt zu werden, die etwa zum Ziel hätte, mögliches Wissen über die hiesige Exilszene auch ohne individuellen Bezug zu Gruppen oder Personen dieser Szene "abzuschöpfen" (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Arabischen Republik Syrien vom 27. September 2010, S. 16 f.; Amnesty International, Amnesty Report 2016 - Syrien, S. 4; anders wohl das Auswärtige Amt in der Auskunft vom 2. Januar 2017 [48840], Ziff. 1. a. bb., wonach es keine Erkenntnisse mehr zu der systematischen Anwendung von schwerwiegenden Eingriffen in geschützte Rechtsgüter in diesem Zusammenhang habe), begründete dies nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer individuellen politischen Verfolgung. Denn die allgemeine, d.h. jeden unterschiedslos treffende Gefahr potentieller informatorischer Befragung unter Folter ohne erkennbaren individuellen Verfolgungsgrund knüpfte jedenfalls nicht an (vorhandene oder vom Verfolger unterstellte) flüchtlingsrelevante Merkmale an. Folter kann zwar ein Anhaltspunkt für eine asylrechtsbeachtliche Gerichtetheit der Verfolgung sein, führt indes für sich gesehen nicht singulär zu der Annahme einer politischen Verfolgung. Eine solche Gefahr gibt vielmehr einen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylG, dem der angefochtene Bescheid in Ziff. 1. seines Tenors bereits Rechnung trägt; nicht aber darauf, als politisch Verfolgter - d.h. als Flüchtling im Sinne der § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG - anerkannt zu werden. Etwas anderes hieße, die tatbestandliche Unterscheidung zwischen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufgrund individueller, den Antragsteller in seiner Person selbst oder aufgrund abgeleiteter Umstände (etwa in Fällen einer Sippenhaft oder sippenhaftähnlichen Gefährdung) treffenden Verfolgungshandlung und der "bloßen" Zuerkennung subsidiären Schutzes aufzugeben. Letzterer will gerade die wahllose und eben nicht zielgerichtet eine Person betreffende Gefahr der Folter oder der ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines - wie hier - innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 AsylG) erfassen (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 24.01.2017 - 17 K 9400/16.A -, juris).

Letztlich ist es für die Kammer lebensnäher anzunehmen, dass der syrische Staat mittels scharfer Einreisekontrollen versucht, Regimegegner und Terroristen aus der Masse der Rückkehrer herauszufiltern, wobei jedoch angesichts von Millionen im Ausland lebender syrischer Flüchtlinge - die gerade dem Konflikt ausgewichen sind - nicht anzunehmen ist, die syrischen Sicherheitsbehörden würden bei jedem oder auch nur bei einer großen Zahl von Rückkehrern Wissen über Aktivitäten der Exilopposition vermuten (vgl. zur mangelnden Relevanz der Tatsache einer intensiven Überwachung der oppositionellen Exilszene durch den syrischen Geheimdienst für die Beurteilung einer alle Auslandssyrer treffenden Rückkehrgefährdung: OVG Koblenz, Urteil vom 16. Dezember 2016, a.a.O., Rn. 95 ff., 120 f. m.w.N.). In diese Richtung zielt auch eine Äußerung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad Ende 2015, wonach es sich bei der Mehrheit der syrischen Flüchtlinge um „gute Syrer“ handele (vgl. http://www.n-tv.de/politik/Assad-lobt-Putins-Eingreifen-in-Syrien-article16478486.html).

Andere Gründe für eine persönliche Verfolgung sind vom Kläger nicht vorgetragen worden. Der Kläger kann nach alldem nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beanspruchen. Dass in der Vergangenheit syrische Asylbewerber ohne Einzelfallprüfung den Flüchtlingsstatus vom Bundesamt erhalten haben, begründet keine Verpflichtung, diese aus Sicht der Kammer rechtswidrige Praxis fortzuführen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.