Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 03.08.2023, Az.: 13 A 6536/21
Corona; Maskenpflicht; Verlust der Dienstbezüge; Verlust der Dienstbezüge wegen Verweigerung der Arbeitsleistung mit MNS
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 03.08.2023
- Aktenzeichen
- 13 A 6536/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2023, 31394
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2023:0803.13A6536.21.00
Rechtsgrundlagen
- NbesG § 14
Tenor:
Soweit die Hauptsache teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 3/4, der Beklagte zu 1/4.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung des Verlustes ihrer Dienstbezüge.
Sie ist als beamtete Lehrkraft an einer Realschule mit dienstlichem Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts tätig.
Für die Schule der Klägerin wurde wegen der Corona-Pandemie das Tragen einer Mund-Nasenbedeckung (MNB) durch Rundverfügung Nr. 22/2021 vom 28. August 2021 vorgeschrieben. Dies verfügte der Schulleiter ausdrücklich noch einmal gegenüber der Klägerin am 31. August 2021.
Die Klägerin erhielt vom Arzt Dr. med. D. unter dem Datum 2. September 2021 ein Attest, wonach sie aus medizinischen Gründen keine MNB tragen könne. Wegen des näheren Inhaltes wird auf Bl. 5 Rückseite der Gerichtsakte verwiesen.
Die Klägerin legte dieses Attest am 3. September 2021 ihrer Schulleitung vor. Sowohl der Schulleiter als auch der Konrektor erkannten das Attest nicht an und bestanden auf einen MNS. Nach dem Vortrag der Klägerin soll der Schulleiter sie aufgefordert haben, wenn sie keinen MNB trage, sich dann aus der Schule zu entfernen.
Die Klägerin hat ab dem 6. September 2021 ihren Dienst nicht angetreten, sondern erst wieder Ende November. In einem Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigte vom 23. September 2021 vertrat die Klägerin die Auffassung, gleichwohl ihre Arbeitskraft hinreichend angeboten zu haben und wiederholte dieses Angebot ausdrücklich noch einmal an die Beklagte.
In dem hier zu entscheidenden Zeitraum war die Klägerin allerdings zeitweise auch dienstunfähig erkrankt und leget dazu ärztliche Atteste vor.
Nach vorheriger Anhörung vom 17. September 2021 stellte mit Bescheid vom 4. Oktober 2021 der Beklagte den Verlust der Dienstbezüge ab 6. September 2021 fest, weil die Klägerin seit dem 6. September 2021 keinen Dienst mehr versehen habe. Das vorgelegte ärztliche Attest sei nicht ausreichend, um von der Pflicht zum Tragen einer MNB befreit zu werden. Zu Recht habe der Schulleiter die Klägerin deshalb der Schule verwiesen. In dem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass die Dienstbezüge vom niedersächsischen Landesamt für Bezüge und Versorgung zurückgefordert werden würden. Laut dem Schreiben des Beklagten vom 4. Oktober 2022 bezieht sich die Feststellung des Verlustes der Dienstbezüge auf den Zeitraum vom 6. September 2021 bis zum 28. November 2021.
Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2021 zurückgewiesen.
Die Klägerin hat am 16. Dezember 2021 Klage erhoben.
Sie habe aus medizinischen Gründen das Tragen einer MNB abgelehnt. Der Beklagte befinde sich im Annahmeverzug.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 4. Oktober 2021 und den Widerspruchsbescheid vom 12. November 2021 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin unterfalle der Maskenpflicht. Das von der Klägerin vorgelegte Attest könne nicht anerkannt werden. Andere Nachweise habe die Klägerin nicht vorgelegt. Sie sei damit unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben.
Korrekt sei allerdings, dass sich die Klägerin für bestimmte Zeiten krankgemeldet habe. Ausweislich der Krankenakte habe sie Atteste für die Zeiträume vom 1. November bis 12. November 2021, vom 15. November bis 19.November 2021 sowie vom 22. November bis 26. November 2021 vorgelegt. Ergänzend teile er, der Beklagte mit, dass die Klägerin sich auch für die Zeit vom 11. Oktober bis 15. Oktober 2021 krankgemeldet habe.
Mit Schriftsatz vom 7. März 2023 teilte der Beklagte mit, dass er den streitbefangenen Bescheid für die Zeiträume vom 11. Oktober 2021 bis 15. Oktober 2021, vom 1. November 2021 bis 12. November 2021, vom 15. November 2021 bis 19. November 2021 sowie vom 22. November 2021 bis 26. November 2021 aufgehoben habe.
Soweit der angefochtene Bescheid aufgehoben wurde, erklärten die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt. Der Beklagte erklärte sich insoweit bereit, die Kosten zu tragen.
Die Kammer hat die Sache mit Beschluss vom 21. Juni 2023 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Alle Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung ergeht gemäß § 6 Abs. 1 VwGO durch den Einzelrichter.
Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung weiterhin ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.
Soweit die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen
Die zulässige Klage ist im Übrigen unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Gem. § 14 NBesG verliert eine Beamtin, die ohne Genehmigung schuldhaft dem Dienst fernbleibt, für die Zeit des Fernbleibens den Anspruch auf Besoldung. Der Verlust des Anspruchs auf Besoldung ist festzustellen.
Die Klägerin ist schuldhaft dem Dienst ferngeblieben. Denn sie hat sich geweigert, mit Maske ihren Dienst anzutreten.
Sie kann sich nicht darauf berufen, lediglich den Anordnungen des Schulleiters gefolgt zu sein, der ihr den Aufenthalt ohne Maske in der Schule verboten hat.
Wenn die Klägerin der Ansicht gewesen ist, dass sie von der Maskentragepflicht hätte befreit werden müssen, hätte sie entsprechend gegen die Anordnung, nur mit Maske ihre Unterrichtstätigkeit zu versehen, vorgehen müssen. Das hat sie nicht getan, sondern sie ist einfach zu Hause geblieben.
Deshalb kommt es in diesen Verfahren auch nicht darauf an, ob tatsächlich medizinische Gründe vorgelegen haben, die die Klägerin am Tragen einer Maske hätten hindern konnten und ob die dienstlichen Anordnungen rechtmäßig waren oder nicht. Das hätte nur in einem Verfahren gegen die Maskentragepflicht geklärt werden können.
Insoweit kann auch der Umstand, dass - wenn denn der klägerische Vortrag insoweit zutreffend sein sollte - die Klägerin ihre Arbeitsleistung angeboten haben will - der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Denn die Klägerin hat ihre Arbeitsleistung, wenn überhaupt, nur unter der Voraussetzung eines Verstoßes gegen die dienstlichen Weisungen zum Tragen eines MNS angeboten. Das Angebot eines Beamten zur Dienstleistung nur unter der Bedingung, dass er dienstlichen Weisungen nicht Folge leisten muss, führt nicht zum Annahmeverzug des Dienstherrn, wenn dieser sich nicht auf die Bedingungen einlässt. Auch gibt es kein Recht für Lehrer an öffentlichen Schulen, nach freier Wahl nur Online-Unterricht zu erteilen.
Diese Tätigkeit kann nicht als Ersatz für den in Anwesenheit im Schulgebäude und in den einzelnen Klassen abzuhaltenden Präsenzunterricht gesehen werden. Zum einen knüpft der Begriff des nicht genehmigten Fernbleibens vom Dienst an die formale Dienstleistungspflicht des Beamten an. Diese beamtenrechtliche Grundpflicht fordert von einem Beamten in erster Linie, sich während der vorgeschriebenen Zeit an dem vorgeschriebenen Ort aufzuhalten und dort die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben wahrzunehmen (BVerwG, U.v. 24.7.2020 - 3a A 1739.19.O - juris Rn. 55; B.v. 31.7.2019 - 2 B 56.18 - juris Rn. 6). Damit hat Klägerin in Zeiten des Präsenzunterrichts im Schulgebäude zu erscheinen und zu den vorgegebenen Stunden Unterricht in den ihr zugeteilten Klassen zu halten. Zum anderen obläge die Verpflichtung zur Abhaltung von Präsenzunterricht in unzumutbarer Weise Lehrerkolleginnen und -kollegen, wenn eine Lehrkraft ihrer Dienstleistungspflicht lediglich durch die Erteilung von Online-Unterricht genügen könnte (vgl. auch VG München, Urteil vom 7. Dezember 2021 - M 19L DK 21.1011 -, Rn. 72, juris).
Soweit der Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid nur insoweit aufgehoben hat, als die Klägerin ihre Erkrankung durch ärztliche Atteste nachgewiesen hat, ist dies nicht zu beanstanden. Denn nur für den Zeitraum, für den ärztliche Atteste vorliegen, hat die Klägerin den Nachweis erbracht, dienstunfähig erkrankt gewesen zu sein.
Eine Rückforderung von Dienstbezügen ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Der angefochtene Bescheid weist insoweit lediglich daraufhin, dass eine derartige Verfügung vom NLBV zu erwarten ist, trifft aber dazu noch nicht selbst eine Regelung. Die Klägerin muss darauf verwiesen werden, einen eventuellen Rückforderungsbescheid des NLBV abzuwarten und, wenn sie damit nicht einverstanden ist, dann ggf. dagegen Rechtsbehelfe einzulegen.
Gründe für die Zulassung der Berufung gem. §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Soweit die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, war gemäß § 161 Abs. 2 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten zu entscheiden. Es entspricht billigem Ermessen demjenigen insoweit die Kosten aufzuerlegen, der sich bereit erklärt hat, die Kosten zu übernehmen
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.