Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 09.08.2023, Az.: 7 B 4136/23

Eilverfahren; Freizeitlärm-Richtlinie LAI; Immissionschutz; Immissionsrichtwerte; Interessenabwägung; Lärmbeeinträchtigungen; Lärmimissionen; Maschseefest; Niedersächsische Freizeitlärm-Richtlinie; seltenes Ereignis; Straßenverkehrsrechtliche Erlaubnis; TA Lärm; Lärmbelastung im Zusammenhang mit einem Volksfest (Maschseefest); Zumutbarkeit; Zur Frage der Zumutbarkeit von Lärmimmissionen aufgrund eines Volksfestes im innerstädtischen Bereich

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
09.08.2023
Aktenzeichen
7 B 4136/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 29137
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2023:0809.7B4136.23.00

Fundstelle

  • KommJur 2023, 333-340

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Hinblick auf Lärmimmissionen gegen die Durchführung der Veranstaltung "Maschseefest 2023".

Mit Bescheid vom 10. Juli 2023 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Erlaubnis nach § 29 der Straßenverkehrsordnung (StVO), vom 26. Juli bis zum 13. August 2023 die Veranstaltung "Maschseefest 2023" in A-Stadt durchzuführen. Die Erlaubnis beinhaltet folgende Bereiche:

- Nordufer (einschl. geschotterte Fläche am Courtyard Hotel)

- Ostufer (Rudolf-von-Bennigsen-Ufer):

- Geibeltreff

- Pier 51

- Halfway House (gegenüber Freie Waldorfschule)

- Löwenbastion

- Üstra-Südanleger

Weitere Einzelstandorte im Verlauf des Rudolf-von-Bennigsen-Ufers

- Maschseequelle (Karl-Thiele-Weg)

- Kinderwiese (Grünfläche am Parkplatz Robert-Enke-Straße bis zur Seufzerallee)

- Westufer (Grünfläche Höhe Parkplatz Robert-Enke-Straße zwischen Leine und Maschsee)

Unter "Festsetzungen Lärmschutz" ist u.a. ausgeführt, dass der Einsatz und Betrieb elektroakustischer Verstärkeranlagen bzw. Beschallungsanlagen zugelassen sei. Abweichend von den Immissionsrichtwerten der TA Lärm werde für den Regelbetrieb in der Nachtzeit ein Immissionswert von 43 dB(A) für Allgemeine (WA) und Reine Wohngebiete (WR) festgelegt. In Reinen Wohngebieten gelte für die Tagzeit abweichend ein Richtwert von 55 dB(A). Als Immissionsorte seien zu berücksichtigen: Wiesenstraße 16c, Gneisstraße, Wiesenstraße 44B, Rudolf-von-Bennigsen-Ufer Ecke Geibelstraße, Alte Döhrener Straße Ecke An der Engesohde, Güntherstraße auf Höhe 43b, Yvonne-Georgi-Allee 13, Haarstraße. Die Nachtzeit beginne um 22.00 Uhr. Es bestünden folgende Ausnahmen von diesen Festsetzungen:

- Gemäß Nr. 6.4 TA Lärm i.V.m. Nr. 2 Nds. Freizeitlärmrichtlinie werde die Nachtzeit am 26. Juli 2023 um eine Stunde nach hinten verschoben, so dass diese um 23.00 Uhr beginne, sowie am 4. August 2023 und am 5. August 2023 um eine Stunde nach hinten verschoben, so dass diese um 23.00 Uhr beginne.

- Gemäß Nr. 7.2, 6.3 TA Lärm i.V.m. Nr. 2 Nds. Freizeitlärmrichtlinie würden seltene Ereignisse zugelassen, so dass die Immissionswerte am 28. Juli 2023, am 29. Juli 2023, am 11. August 2023 und am 12. August 2023 jeweils tags 70 dB(A) und nachts bis 2 Uhr 55 dB(A) lauteten.

- Zur Nachtzeit gelte ein Immissionswert von 43 dB(A).

- Eine weitere Ausnahme gelte im Veranstaltungszeitraum im Bereich Geibel (Clichy) am 30. Juli 2023 und 13. August 2023. An diesen Tagen sei ein "Seltenes Ereignis" gemäß Nr. 6.3 TA Lärm für eine musikalische Darbietung jeweils in der Zeit von 11.00 Uhr bis 12.30 Uhr und 15.00 Uhr bis max. 20.00 Uhr möglich.

In der Begründung heißt es, für den Betrieb von Beschallungsanlagen gelte u.a., dass der vom Veranstalter beauftragte Sachverständige dem Veranstalter und den Musikgruppen eine am Mischpult einzuhaltende Lautstärke mitzuteilen habe, die unter Berücksichtigung der aktuellen Situation die Einhaltung der festgesetzten Immissionsrichtwerte erwarten lasse. Der Lärmschutzverantwortliche des Veranstalters sei verpflichtet, regelmäßig, jedoch spätestens alle 60 Minuten in Kontakt mit dem zur Messung beauftragten Personal des Sachverständigen zu treten und den aktuellen Stand der protokollierten Mittelungspegel abzufragen. Zusätzlich habe bei Überschreitungen das Messpersonal des Sachverständigen unverzüglich und selbstständig mit dem Lärmschutzverantwortlichen des Veranstalters in Kontakt zu treten und diesen von der Überschreitung zu informieren. Diese Kontakte seien im Messprotokoll zu dokumentieren.

Mit E-Mail vom 28. Juli 2023 teilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen mit, dass die Erlaubnis insoweit geändert werde, als am 5. August 2023 die Nachtzeit gemäß Nr. 6.4 TA Lärm um zwei Stunden nach hinten verschoben werde, so dass diese um 0.00 Uhr beginne.

Für die vorübergehende Nutzung eines Teilbereichs der Parkfläche des Courtyard Hotels am Maschsee als Versammlungsstätte (Groove Garden 2022-2026) auf dem Grundstück Arthur-Menge-Ufer 3 erteilte die Antragsgegnerin unter dem 12. April 2022 eine befristete Baugenehmigung zugunsten der F. GmbH.

Die Antragstellerin bewohnt eine Wohnung im G. (H.) in dem Gebäude I., A-Stadt, das sich J. m Luftlinie entfernt vom Nordufer des Maschsees befindet. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Durchführungsplanes Nr. 28, der den Bereich als "Wohngebiet b - Wb" festsetzt.

Die Antragstellerin erhob am 2. August 2023 bei dem erkennenden Gericht Klage (7 A K.), mit der sie die Aufhebung der der Beigeladenen erteilten straßenrechtlichen Erlaubnis vom 10. Juli 2023 für die Durchführung des Maschseefestes begehrt.

Die Antragstellerin hat am 3. August 2023 bei dem erkennenden Gericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und ursprünglich die Feststellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage beantragt.

Unter dem 4. August 2023 ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Erlaubnis vom 10. Juli 2023 nachträglich gemäß §§ 80a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf Antrag der Beigeladenen und im öffentlichen Interesse sowie im überwiegenden Interesse der Beigeladenen an.

Daraufhin hat die Antragstellerin ihren Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage umgestellt. Zur Begründung ihres Eilantrags führt sie im Wesentlichen aus: Die Erlaubnis vom 10. Juli 2023 sei offensichtlich rechtswidrig. Von dem Maschseefest gehe für sie unzumutbarer Lärm aus. Es sei ihr nicht zumutbar, dass der Beigeladenen an vier Tagen und Nächten seltene Ereignisse an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Tagen bis 2.00 Uhr morgens zugelassen worden seien. Die Antragsgegnerin habe verkannt, dass sie - die Antragstellerin - zahlreichen weiteren Festveranstaltungen ausgesetzt sei. Auch die pauschale Heraufsetzung des Nachtrichtwertes auf 43 dB(A) sei rechtswidrig. Hinzu komme die Verschiebung der Nachtzeit an mehreren Tagen um eine bzw. zwei Stunden. Die Erlaubnis sei auch bereits deshalb unwirksam, weil es die Antragsgegnerin unterlassen habe, besondere Vorgaben für die Ruhezeiten zu verfügen. Die Lärmschutzmaßnahmen seien ferner keiner Gesamtbetrachtung unterworfen worden, obwohl dies zwingend erforderlich gewesen wäre. Die Veranstaltungsstätte Groove Garden sei in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht zu berücksichtigen. Es sei auch nicht sichergestellt, dass die maßgeblichen Lärmwerte tatsächlich eingehalten würden. Nach Auskunft eines von ihr herangezogenen Lärmsachverständigen sei eine Unterschreitung des Immissionsrichtwertes von 55 dB(A) während der Nachtzeit an ihrem Immissionsort nicht sichergestellt; in jedem Fall sei bei Ermöglichung eines seltenen Ereignisses eine Überschreitung des für die Nachtzeit geltenden Immissionsrichtwertes von 40 dB(A) zu erwarten.

Die Antragstellerin beantragt (nunmehr),

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 2. August 2023 gegen die der Beigeladenen erteilte straßenrechtliche Erlaubnis vom 10. Juli 2023 in der Gestalt der am 28. Juli 2023 verfügten Änderung für die Durchführung des Maschseefestes 2023 wiederherzustellen,

hilfsweise, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 2. August 2023 gegen die der Beigeladenen erteilte straßenrechtliche Erlaubnis vom 10. Juli 2023 in der Gestalt der am 28. Juli 2023 verfügten Änderung für die Durchführung des Maschseefestes 2023 insoweit wiederherzustellen, als der Beigeladenen die Durchführung von seltenen Ereignissen gemäß Nrn. 7.2, 6.3 TA Lärm i.V.m. Nr. 2 der Niedersächsischen Freizeitlärmrichtlinie am 28. Juli 2023, am 29. Juli 2023, am 11. August 2023 und am 12. August 2023 mit Immissionswerten von jeweils 70 dB(A) am Tag und 55 dB(A) in der Nacht bis 2.00 Uhr zugelassen wurde,

höchst hilfsweise, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 2. August 2023 gegen die der Beigeladenen erteilte straßenrechtliche Erlaubnis vom 10. Juli 2023 in der Gestalt der am 28. Juli 2023 verfügten Änderung für die Durchführung des Maschseefestes 2023 insoweit wiederherzustellen, als der Beigeladenen die Durchführung von seltenen Ereignissen gemäß Nrn. 7.2, 6.3 TA Lärm i.V.m. Nr. 2 der Niedersächsischen Freizeitlärmrichtlinie am 28. Juli 2023, am 29. Juli 2023, am 11. August 2023 und am 12. August 2023 mit Immissionswerten von jeweils 70 dB(A) am Tag und 55 dB(A) in der Nacht nach 24.00 Uhr zugelassen wurde.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie führt zur Begründung u.a. aus, dass eine Verletzung von subjektiven Rechten der Antragstellerin nicht gegeben sei. Ihr Wohngebäude sei aufgrund der Entfernung zum Maschseefest kein maßgeblicher Immissionsort. Eine aktuelle schalltechnische Untersuchung der L. habe ergeben, dass an den lautesten Veranstaltungstagen in der Nacht ein Beurteilungspegel von 40 dB(A) am Gebäude der Antragstellerin zu erwarten sei. Von den Ausnahmeregelungen der Freizeitlärmrichtlinie bzw. TA Lärm werde am Wohnort der Antragstellerin kein Gebrauch gemacht. Eine konkrete Beeinträchtigung werde nicht vorgetragen und sei auch nicht ersichtlich. Das Lärmkonzept habe sich bereits beim Maschseefest 2022 bewährt. Es finde eine engmaschige Überwachung statt. Die Anträge seien angesichts der hohen Bedeutung des Maschseefestes unverhältnismäßig.

Die Beigeladene beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt im Wesentlichen vor: Der Eilantrag sei bereits unzulässig, da die Antragstellerin eine Verletzung in eigenen Rechten nicht darlege. Die Festlegung eines nächtlichen Beurteilungspegels von 43 dB(A) stelle einen vernünftigen Ausgleich der konkurrierenden Interessen dar. Diese Abweichung betreffe insbesondere das Quartier um die Geibelstraße; das Objekt der Antragstellerin sei hiervon weit weniger betroffen. Dass für das erste und dritte Wochenende des Maschseefestes die Durchführung von seltenen Ereignissen zugelassen worden sei, beruhe auf einer abwägenden Entscheidung; für das dazwischenliegende Wochenende sei lediglich die Nachtzeit am 4. August 2023 um eine Stunde und am 5. August um zwei Stunden nach hinten geschoben worden. Die maximale Anzahl der seltenen Ereignisse sei nicht überschritten. Die rechtlichen Möglichkeiten zur Abweichung von den Immissionsrichtwerten der TA Lärm seien nicht ausgeschöpft worden. Sie - die Beigeladene - achte sehr genau darauf, dass die Nebenbestimmungen zugunsten der Wohnnachbarschaft eingehalten würden. Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass aufgrund der Witterungsverhältnisse gerade in diesem Jahr die ungestörte Durchführung der Veranstaltung am letzten Wochenende wichtig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zu diesem und zu dem Verfahren M. und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.

II.

Der (Haupt-)Antrag, gerichtet auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 2. August 2023 gegen die Erlaubnis zur Durchführung des Maschseefestes vom 10. Juli 2023 (N.), hat keinen Erfolg. Er ist teilweise zulässig, aber, soweit er zulässig ist, unbegründet. Die Hilfsanträge sind, soweit sie zulässig sind, ebenfalls unbegründet.

1. Der Hauptantrag ist teilweise zulässig.

a) Gemäß § 91 Abs. 1 VwGO, der in selbstständigen Antragsverfahren wie dem vorliegenden entsprechende Anwendung findet, ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Sachdienlich ist eine Klageänderung dann, wenn sie voraussichtlich zu einer abschließenden Entscheidung oder endgültigen Erledigung des Streitstoffs führen wird. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der ursprüngliche Eilantrag war auf die Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 2. August 2023 gerichtet und hat sich durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Erlaubnis durch die Antragsgegnerin am 4. August 2023 erledigt. Die Änderung des Eilantrags, nunmehr gerichtet auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage, erweist sich als sachdienlich und prozesswirtschaftlich.

b) Der Antrag ist gemäß § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2, § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, nachdem die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der erteilten Erlaubnis angeordnet hat. Die Behörde kann die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten anordnen, wenn ein Dritter - wie hier die Antragstellerin - einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt einlegt (vgl. § 80a Abs. 1 Nr. 1, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Macht die Behörde von dieser Möglichkeit Gebrauch, so kann das Gericht auf Antrag des Dritten diese Maßnahme ändern oder aufheben, wobei § 80 Abs. 5 bis 8 VwGO entsprechend gilt.

c) Die Antragstellerin ist teilweise antragsbefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog). Die Antragsbefugnis setzt voraus, dass ein Antragsteller geltend machen kann, durch die erteilte Erlaubnis in seinen Rechten verletzt zu sein. Dafür genügt es, dass eine Rechtsverletzung möglich ist, was bereits dann anzunehmen ist, wenn eine Verletzung eigener subjektiver Rechte nach dem Tatsachenvortrag des Antragstellers nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder denkbaren Betrachtungsweise ausgeschlossen ist.

So verhält es sich hier, soweit sich die Erlaubnis vom 10. Juli 2023 auf die Veranstaltungsorte Nordufer, Westufer (Grünfläche Höhe Parkplatz Robert-Enke-Straße zwischen Leine und Maschsee) und die nördlichen Teile des Ostufers (nach der Anlage zur Erlaubnis Rudolf v. Bennigsen 1, Rudolf v. Bennigsen 2 und Geibeltreff) bezieht. Soweit diese Bereiche betroffen sind, ist nicht generell auszuschließen, dass die Antragstellerin durch die von dem Maschseefest ausgehenden Lärmbelastungen in unzumutbarer Weise betroffen sein könnte.

Im Übrigen ist eine Antragsbefugnis zu verneinen. Soweit sich die Erlaubnis auf die südlichen Bereiche des Ostufers (Pier 51, Halfway House, Löwenbastion, Südanleger) und auf den Bereich "Maschseequelle" bezieht, ist eine schädliche Einwirkung auf die Wohnung der Antragstellerin aufgrund der Entfernung der Immissionsquellen von der Wohnung faktisch ausgeschlossen und scheidet eine Verletzung ihrer Rechte von Vornherein aus. Damit ist die Antragstellerin auch im Hinblick auf die Zulassung seltener Ereignisse im Bereich "Geibel" nicht antragsbefugt.

d) Soweit die Antragstellerin rügt, in der Erlaubnis vom 10. Juli 2023, ergänzt durch die E-Mail an die Beigeladene vom 28. Juli 2023, sei gemäß Nr. 6.4 TA Lärm i.V.m. Nr. 2 Nds. Freizeitlärmrichtlinie die Nachtzeit am 26. Juli 2023 und am 4. August 2023 um eine Stunde nach hinten verschoben worden, so dass diese nunmehr um 23.00 Uhr beginne, sowie am 5. August 2023 um zwei Stunden nach hinten verschoben worden, so dass diese nunmehr um 0.00 Uhr beginne, besteht für den Antrag kein Rechtsschutzbedürfnis (mehr) und er ist daher unzulässig, da die vorstehend genannten Tage bereits vergangen sind.

Entsprechendes gilt für die Zulassung seltener Ereignisse gemäß Nr. 7.2, 6.3 TA Lärm i.V.m. Nr. 2 Nds. Freizeitlärmrichtlinie, sowohl soweit sich diese auf den 28. und 29. Juli 2023 beziehen als auch soweit sie sich auf den 30. Juli 2023 im Bereich Geibel (Clichy) beziehen.

2. Soweit der Hauptantrag zulässig ist, ist er nicht begründet.

a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 4. August 2023 ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat das besondere öffentliche Interesse für die Anordnung in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet, indem sie hinreichend nachvollziehbar dargelegt hat, aus welchen öffentlichen und im überwiegenden Interesse der Beigeladenen liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt bzw. geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz zu versagen. Die Anordnung beschränkt sich insbesondere nicht nur auf pauschale und formelhafte Wendungen. Ob die Erwägungen der Antragsgegnerin inhaltlich zutreffen, ist für die Einhaltung des nur formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Februar 2016 - 3 S 2225/15 -, juris, Rn. 8).

b) Die vom Gericht bei einer Entscheidung über Anträge nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende eigenständige Prüfung führt vorliegend zu dem Ergebnis, dass eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin nicht geboten ist.

Bei der Entscheidung über die Anträge nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine Ermessensentscheidung, bei der die Interessen aller am Verfahren Beteiligten zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kommt der summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage gegen die Erlaubnis vom 10. Juli 2023 erhebliche Bedeutung zu. Ist nach dieser Prüfung davon auszugehen, dass die Klage der Antragstellerin gegen diesen Bescheid voraussichtlich Erfolg haben wird, spricht dies für ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegenüber dem Interesse des Beigeladenen sowie der Allgemeinheit an der Durchführung des Maschseefestes. Bleibt die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil der Betroffenen ausfallen, da dann das von der Behörde geltend gemachte besondere Interesse am Sofortvollzug überwiegen wird. Sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens offen, ist im Rahmen der oben genannten Abwägung das Interesse der Antragstellerin, mit dem Vollzug des Verwaltungsaktes vor dessen Bestandskraft nicht überzogen zu werden, abzuwägen mit dem besonderen öffentlichen Interesse, den angefochtenen Verwaltungsakt zu vollziehen.

Bei der der Beigeladenen erteilten Erlaubnis nach § 29 Abs. 2 StVO handelt es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt, der Dritte belasten kann. Handelt es sich - wie hier - um ein mehrpoliges Rechtsverhältnis, bei dem ein Verwaltungsakt mit Drittwirkung Gegenstand einer Anfechtungsklage ist (vgl. § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO), kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass Art. 19 Abs. 4 GG den regelmäßigen Eintritt des Suspensiveffekts verlangt. Denn das Postulat vom Suspensiveffekt als Regelfall stößt bei der Anfechtung von Genehmigungsbescheiden durch Drittbetroffene schon wegen der dabei zu berücksichtigenden Rechtsposition des Genehmigungsempfängers an Grenzen. Dessen Rechtsposition ist grundsätzlich nicht weniger schützenswert als diejenige des Drittbetroffenen. In der vorliegenden Situation stehen sich also konkrete Rechtspositionen Privater gegenüber, die grundsätzlich gleichrangig sind. Die Frage, wer hier bis zum Ergehen der Entscheidung in der Hauptsache das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen muss, bestimmt sich vielmehr in erster Linie nach dem materiellen Recht, also den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Dabei ist bei der Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache allerdings nicht allein die objektive Rechtswidrigkeit entscheidend. Vielmehr kommt es wesentlich auch darauf an, ob der Dritte durch die angegriffene Erlaubnis in seinen Rechten verletzt ist (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 1. Oktober 2008 - 1 BvR 2466/08 -, juris, Rn. 18). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, hat das Gericht unter Abwägung aller Umstände zu prüfen, ob das Interesse des Begünstigten und ggf. zusätzlich ein öffentliches Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung das Interesse des Drittbetroffenen an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs überwiegt (Külpmann, in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Auflage 2017, § 49, Rn. 1074 m.w.N.; Rn. 958).

Gemessen hieran war der Antrag der Antragstellerin abzulehnen, da nach derzeitigem Sach- und Streitstand keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der der Beigeladenen erteilten Erlaubnis vom 10. Juli 2023 - insbesondere im Hinblick auf die hier allein streitgegenständlichen Regelungen zum Lärmschutz - bestehen.

aa) Rechtsgrundlage der erteilten Erlaubnis ist § 29 Abs. 2 StVO. Nach dieser Vorschrift bedürfen Veranstaltungen, für die Straßen mehr als verkehrsüblich in Anspruch genommen werden, der Erlaubnis (Satz 1). Das ist der Fall, wenn die Benutzung der Straße für den Verkehr wegen der Zahl oder des Verhaltens der Teilnehmer oder der Fahrweise der beteiligten Fahrzeuge eingeschränkt wird (Satz 2 1. Halbsatz). Veranstaltungen im Sinne des § 29 Abs. 2 Satz 1 StVO sind auch stationäre Veranstaltungen wie Straßenfeste (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. April 1989 - 7 C 50.88 -, juris, Rn. 7).

Die Erlaubniserteilung nach § 29 Abs. 2 StVO steht im Ermessen der zuständigen Behörde. Bei der Entscheidung über entsprechende Erlaubnisanträge hat sie die Interessen der Nachbarschaft - insbesondere auch hinsichtlich des Schutzes vor erheblichen Lärmimmissionen - in ausreichendem Umfang zu berücksichtigen.

Nach § 22 Abs. 1 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen u.a. so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind (Nr. 1), und dass nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden (Nr. 2). Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen; darunter sind u.a. Geräusche zu fassen (§ 3 Abs. 2 BImSchG).

Welche Beeinträchtigungen als erheblich einzustufen sind, bemisst sich danach, was die Betroffenen an Immissionen nicht mehr hinzunehmen brauchen, weil es unzumutbar ist. Das Maß des Zumutbaren richtet sich nach der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit des insoweit maßgeblichen Gebietes, die ihrerseits von der bebauungsrechtlichen Prägung der Situation und von etwaigen tatsächlichen oder planerischen Vorbelastungen abhängen. Zum anderen sind für die Beurteilung der belästigenden Wirkung von Geräuschen nicht nur physikalische Eigenschaften wie Schalldruck und Frequenz, sondern auch wertende Elemente wie Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit, der sozialen Adäquanz und einer allgemeinen Akzeptanz in der Bevölkerung zu berücksichtigen. Für die Ermittlung und Bewertung des auf Wohngrundstücke einwirkenden Freizeitlärms sind rechtlich keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren und Lärmwerte verbindlich vorgegeben. In dieser Lage bleibt es der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) und ihres Zusammenwirkens die Erheblichkeit der Lärmbelästigung zu beurteilen. Die Zumutbarkeitsgrenze ist mithin auf Grund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen. In diesem Zusammenhang können auch technische Regelwerke zur Beurteilung von Lärmimmissionen herangezogen werden, wenn sie für die Beurteilung der Erheblichkeit der Lärmbelästigung im konkreten Streitfall brauchbare Anhaltspunkte liefern. Solche technischen Regelwerke stellen im Rahmen der gebotenen Einzelfallprüfung jedoch nur eine Orientierungs- und Entscheidungshilfe dar, die einen "groben Anhalt" bieten (zu Vorstehendem: Nds. OVG, Beschluss vom 9. Februar 2011 - 12 LA 31/10 -, juris, Rn. 16, m. w. N.).

Zu den Regelwerken, die als Orientierungshilfe in Betracht kommen, gehören neben der - aufgrund von § 48 BImSchG erlassenen - Technischen Anleitung gegen Lärm vom 26. August 1998 (TA-Lärm), die bei der immissionsschutzrechtlichen Beurteilung von Lärm, der von Freizeitanlagen ausgeht, nicht unmittelbar anwendbar ist (vgl. Nr. 1 Satz 2 b) der TA-Lärm), vor allem die vom Länderausschuss für Immissionsschutz (LAI) im Jahr 1995 verabschiedeten und inzwischen mehrfach fortgeschriebenen Freizeitlärmrichtlinie (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 4 B 55.03 -, juris, Rn. 8; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 4. August 2016 - 8 S 136/14 -, juris, Rn. 69) sowie die Niedersächsische Freizeitlärm-Richtlinie (Gem. RdErl. d MU, d. MI, d. ML, d. MS u. d. MW vom 20. November 2017 - 40502/7.0 - VORIS 28500 -).

Nach Nr. 2 der Freizeitlärmrichtlinie LAI gilt für Freizeitanlagen die allgemeine Grundpflicht aus § 22 Abs. 1 BImSchG, wonach schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden oder zu vermindern sind, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist; unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen sind auf ein Mindestmaß zu beschränken. Schädliche Umwelteinwirkungen liegen vor, wenn die Nachbarschaft oder die Allgemeinheit erheblich belästigt wird. Die Erheblichkeit einer Lärmbelästigung hängt dabei nicht nur von der Lautstärke der Geräusche ab, sondern auch wesentlich von der Nutzung des Gebiets, auf das sie einwirken, von der Art der Geräusche und der Geräuschquellen sowie dem Zeitpunkt oder der Zeitdauer der Einwirkungen. Bei der Beurteilung ist nicht auf eine mehr oder weniger empfindliche individuelle Person, sondern auf die Einstellung eines verständigen durchschnittlich empfindlichen Mitbürgers abzustellen (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 26. Juli 2019 - 8 K 3595/19 -, juris, Rn. 33).

Die Wohnung der Antragstellerin befand sich jedenfalls ursprünglich in einem Besonderen Wohngebiet. Die TA Lärm bestimmt keinen speziellen Immissionsrichtwert für Besondere Wohngebiete (vgl. Nr. 6.1 der TA Lärm), sondern verlangt in Nummer 6.6 Satz 2 für im Bebauungsplan festgesetzte Gebiete eine Beurteilung nach Nummer 6.1 entsprechend der Schutzbedürftigkeit. In einem besonderen Wohngebiet ist der Schutz der Wohnruhe im Vergleich zum allgemeinen Wohngebiet tendenziell gemindert (vgl. Hornmann, in Spannowsky/Hornmann/Kämper, BeckOK BauNVO, Stand: 15.04.2023, § 4a, Rn. 95 und Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand: Februar 2023, BauNVO, § 4a, Rn. 46). Allerdings soll nach dem Vorbringen der Antragstellerin mit der zweiten Änderung des Durchführungsplanes Nr. 28, die am 28. September 1971 in Kraft getreten ist, die Klarstellung vorgenommen worden sein, dass das "irrtümlich als Wohngebiet b bezeichnete Gebiet" als ein allgemeines Gebiet (WA) festgesetzt wird. Die Kammer legt - wie auch die Antragsgegnerin - vor diesem Hintergrund zugunsten der Antragstellerin die Schutzwürdigkeit eines allgemeinen Wohngebietes zugrunde.

bb) Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung erweist sich die Zulassung von seltenen Ereignissen im Sinne der Nrn. 7.2, 6.3 TA Lärm i.V.m. Nr. 2 Nds. Freizeitlärm-Richtlinie für die Tage 11. und 12. August 2023 sowie 13. August 2023 im Bereich Geibel (Clichy)als voraussichtlich rechtmäßig.

Nach Nr. 7.2 Satz 1 TA Lärm kann eine Überschreitung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für genehmigungsbedürftige Anlagen zugelassen werden, sofern wegen voraussehbarer Besonderheiten beim Betrieb einer Anlage zu erwarten ist, dass in seltenen Fällen oder über eine begrenzte Zeitdauer, aber an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden, die Immissionsrichtwerte nach den Nrn. 6.1 und 6.2 auch bei Einhaltung des Standes der Technik zur Lärmminderung nicht eingehalten werden können. Im Anwendungsbereich der Freizeitlärm-Richtlinie ist nach Nr. 2 abweichend zu Nr. 7.2 TA Lärm entsprechend der 18. BImSchV die Anzahl der Tage oder Nächte, an denen die Richtwerte für seltene Ereignisse herangezogen werden können, auf maximal 18 begrenzt.

Diese Voraussetzungen liegen hier ersichtlich vor. In der Erlaubnis vom 10. Juli 2023 werden die Vorgaben der TA Lärm, der Freizeitlärmrichtlinie LAI und der Nds. Freizeitlärm-Richtlinie eingehalten. Bei dem Gelände des Maschseefestes handelt es sich um Grundstücke, Plätze und Flächen, auf denen u.a. Live-Musik-Darbietungen bzw. ein Volksfest stattfinden, und damit um eine Freizeitanlage im Sinne der Nr. 1 der Nds. Freizeitlärm-Richtlinie. Im Rahmen des Maschseefestes sind auch nicht an mehr als an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden seltene Ereignisse zugelassen worden, sondern lediglich für den 28. und 29. Juli 2023 sowie für den 11.,12. und 13. August 2023. Für das Wochenende am 4. und 5. August 2023 wurde die Nachtruhe zwar um eine bzw. zwei Stunden nach hinten geschoben; diese Abweichung wurde indes nicht als seltenes Ereignis zugelassen, sondern beruhte auf Nr. 6.4 TA Lärm i.V.m. Nr. 2 Nds. Freizeitlärm-Richtlinie, wonach unter den dort genannten Voraussetzungen eine Verschiebung der Nachtzeit um eine bzw. zwei Stunden erfolgen kann.

Soweit die Antragstellerin vorträgt, sie sei weiteren Festveranstaltungen wie etwa Frühlingsfest, Schützenfest, Oktoberfest, Winterzirkus, Konzerte im Stadion, Musikveranstaltungen auf dem Tramplatz, Christopher Street Day, Open Air Oper im Maschpark und A-Stadt leuchtet ausgesetzt, bei denen ebenfalls seltene Ereignisse, und zwar insgesamt mehr als 18, zugelassen seien, ist das Vorbringen im Hinblick auf die Frage der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Erlaubnis nicht hinreichend substantiiert. Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass aufgrund der angeführten Veranstaltungen die Zulassung von seltenen Ereignissen in der Erlaubnis für das Maschseefest vom 10. Juli 2023 nicht zulässig wäre, ergeben sich aus dem Vortrag der Antragstellerin nicht. Ob und in welchem Umfang zugunsten der genannten Veranstaltungen seltene Ereignisse genehmigt wurden und welche Veranstaltungen tatsächlich im Einwirkungsbereich des Wohnortes der Antragstellerin liegen, bleibt offen. Im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens besteht für die Kammer auch kein Anlass, insofern eigene Ermittlungen anzustellen, dies bleibt ggf., sofern erforderlich, dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Im Übrigen ist im Hinblick auf die Zulassung seltener Ereignisse für die Tage 11., 12. und 13. August 2023 auch eine Rechtsverletzung der Antragstellerin nicht ersichtlich. Denn bei seltenen Ereignissen betragen nach Nr. 6.3 TA Lärm die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel tags 70 dB(A) und nachts 55 dB(A), in Abweichung von den für allgemeine Wohngebiete vorgesehenen Immissionsrichtwerten nach Nr. 6.1 TA Lärm von tags 55 dB(A) und nachts 40 dB(A). Die Antragsgegnerin hat dargelegt, dass die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 TA Lärm am Wohnort der Antragstellerin nicht überschritten werden. Die L. hat auf Veranlassung der Antragsgegnerin eine schalltechnische Untersuchung am Wohnort der Antragstellerin vorgenommen und die Ergebnisse der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 7. August 2023 mitgeteilt. Nach den Berechnungen, bei denen der Beurteilungspegel für das ungünstigste Geschoss und der Nachtzeitraum zugrunde gelegt wurden, ergab sich an dem fraglichen Gebäude ein Beurteilungspegel von bis zu 40 dB(A). Damit wird der Regelrichtwert für allgemeine Wohngebiete von 40 dB(A) nachts (Nr. 6.1 lit. e) TA Lärm) nicht überschritten.

Das Ergebnis aus der schalltechnischen Berechnung wird durch die am 1., 2. und 4. August 2023 an dem o.g. Gebäude durchgeführten Schallmessungen gestützt. In dem Schreiben vom 7. August 2023 führt die L. aus, dass die schalltechnischen Messungen vor dem betroffenen Gebäude in Erdgeschosshöhe regelmäßig keine messbaren Schallimmissionen durch das Maschseefest ergaben, da die Geräusche der Veranstaltung von Fremdgeräuschen überlagert worden seien. Bei einem gemessenen und auch üblichen Fremdgeräuschpegel im Stadtbereich von 45 bis 47 dB(A) seien Geräuschpegel von 40 dB(A) messtechnisch nicht bestimmbar. Da das Maschseefest während der Messungen zu keinem Zeitpunkt wahrnehmbar gewesen sei, könne als Erfahrungswert abgeschätzt werden, dass die Anlagengeräusche um mindestens 10 bis 15 dB(A) unterhalb des gemessenen Gesamtgeräuschs gelegen hätten. Hieraus ergebe sich ein abgeschätzter Beurteilungspegel von deutlich unter 37 dB(A) für die Geräusche durch das Maschseefest. Im Obergeschoss des Gebäudes seien rechnerisch etwa 1 bis 2 dB(A) höhere Geräuschimmissionen zu erwarten und eine leichte Wahrnehmbarkeit könne nicht ausgeschlossen werden.

Diese Ausführungen erscheinen überzeugend und plausibel. Aus den Messprotokollen ergibt sich u.a., dass mitunter starke Verkehrsgeräusche festzustellen waren, was angesichts des Standorts der Wohnung der Antragstellerin nahe der O. mit einem nicht unerheblichen Verkehrsaufkommen auch nachvollziehbar ist. Insofern stellt sich im Lichte der vorhandenen Fremdgeräusche die grundsätzliche Frage, inwiefern sich die seitens der Antragstellerin empfundene Lärmbelastung eindeutig auf das Maschseefest zurückführen lassen kann, auch wenn Festlärm und Verkehrslärm eine unterschiedliche Charakteristik aufweisen. Die Annahmen aus der Messung der L. werden durch das Vorbringen der Antragstellerin nicht ernsthaft und durchgreifend etwa durch eigene Messwerte oder Lärmprotokolle in Frage gestellt. Dies gilt insbesondere auch für die schalltechnische Stellungnahme des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Dr.-Ing. P. vom 7. August 2023, wonach eine für den 5. August 2023 beabsichtigte Geräuschmessung am Wohnort der Antragstellerin aufgrund der Witterungsbedingungen vor Ort nicht möglich gewesen sei. Die Stellungnahme kommt daher mittels eines "Gedankenexperiments" zu dem Ergebnis, dass eine Einhaltung des Immissionswertes für das seltene Ereignis und die Nachtzeit von 55 dB(A) an der Wohnung der Antragstellerin nicht sichergestellt sei. Diese Erkenntnisse auf Grundlage eines "Gedankenexperiments" sind nicht geeignet, die Feststellungen aus der schalltechnischen Berechnung der L. zu erschüttern.

Im Hinblick auf den 13. August 2023 ist eine Überschreitung des Tageswertes weder substantiiert dargelegt noch angesichts der Entfernung des Immissionsortes vom Wohnort der Antragstellerin ersichtlich.

Insofern spricht Überwiegendes dafür, dass sich die Anordnung der seltenen Ereignisse, die sich nach summarischer Prüfung wahrscheinlich als rechtmäßig erweist (s.o.), in der Wohnung der Antragstellerin nicht auswirkt, da bei ihr die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 TA Lärm eingehalten werden.

cc) Auch die Anordnung in der Erlaubnis vom 10. Juli 2023, wonach abweichend von den allgemeinen Immissionsrichtwerten zur Nachtzeit ein Immissionswert von 43 dB(A) gilt, ist nach summarischer Prüfung wahrscheinlich rechtmäßig.

Nach Nr. 2 Nds. Freizeitlärm-Richtlinie können weitergehende Abweichungen von den Immissionsrichtwerten nur im Einzelfall entschieden werden. Dabei wird auf Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie der Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 6. März 2015 verwiesen, wonach in Sonderfällen Veranstaltungen im Freien mit hoher Standortgebundenheit oder hoher sozialer Adäquanz und Akzeptanz zulässig sind, obwohl sie die festgesetzten Werte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht einhalten werden. Im Erlaubnisbescheid vom 10. Juli 2023 führt die Antragsgegnerin umfassend aus, dass es sich bei dem Maschseefest um eine solche seltene Veranstaltung handele, die eine Sonderfallbeurteilung auf Grundlage der Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie LAI ermögliche. Das Maschseefest weise eine hohe Standortgebundenheit sowie eine hohe soziale Adäquanz und Akzeptanz auf, und die Überschreitung der zu erwartenden Immissionen sei unvermeidbar und zumutbar; dabei wird insbesondere auf das schalltechnische Gutachten der Q. vom 20. November 2019 und die bereits vorhandenen Fremdgeräuschimmissionen im Bereich des Maschsees verwiesen. Diese profunden Erwägungen überzeugen, und die Kammer macht sich diese zu eigen.

Überdies scheidet wahrscheinlich auch im Hinblick auf die Bestimmung eines Immissionswertes von 43 dB(A) zur Nachtzeit eine Rechtsverletzung der Antragstellerin aus. Denn nach den o.g. Feststellungen der L. in der Berechnung vom 7. August 2023 werden am Wohnort der Antragstellerin die allgemeinen Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 TA Lärm nicht überschritten. Mithin wirkt sich voraussichtlich auch die pauschale Heraufsetzung des nächtlichen Immissionsrichtwertes auf 43 dB(A) für die Antragstellerin faktisch nicht aus, so dass - unabhängig von der Rechtmäßigkeit dieser Anordnung - eine Rechtsverletzung zu Lasten der Antragstellerin nicht gegeben sein dürfte.

dd) Soweit die Antragstellerin rügt, dass unklar sei, ob die Vorgaben hinsichtlich der Ruhezeit-Zuschläge nach Nr. 6.5 TA Lärm i.V.m. Nr. 2 der Niedersächsischen Freizeitlärm-Richtlinie eingehalten sind, verfängt dieser Einwand nicht. Ausweislich der Schalltechnischen Prognose vom 29. April 2020 für das Maschseefest 2020, die auch Grundlage für die streitbefangene Erlaubnis ist, ist der Zuschlag für Ruhezeiten bei der schalltechnischen Berechnung berücksichtigt worden (S. 14, Nr. 7.3). Der Zuschlag nach Nr. 6.5 TA Lärm war mithin Beurteilungsgrundlage bei der Berechnung der Geräuschimmissionen. Es ist insoweit unerheblich, dass dies nicht explizit in der Erlaubnis Erwähnung gefunden hat.

ee) Auch eine Gesamtbetrachtung, die ihre Rechtfertigung in dem Umstand finden mag, dass es sich bei den Wertungen aus der TA Lärm und der Freizeitlärm-Richtlinien lediglich um Orientierungshilfen bei der Beurteilung von unzumutbaren Lärmbelästigungen handelt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dabei ist unter Einbeziehung der konkreten Situation der Antragstellerin maßgeblich zu berücksichtigen, dass sich die erteilten Ausnahmen (nächtlicher Immissionsrichtwert von 43 dB(A) und Anordnung der seltenen Ereignisse) am Wohnort der Antragstellerin nicht auswirken (s.o.).

Die Ausführungen zu einer unzumutbaren Lärmbelastung durch den Groove Garden überzeugen nicht. Zutreffend ist, dass der Groove Garden eine parallel zum Maschseefest stattfindende Veranstaltung ist, allerdings ist diese nicht Regelungsgegenstand der Erlaubnis vom 10. Juli 2023, sondern durch Baugenehmigung vom 12. April 2022 genehmigt. Wie sich auch aus dem durch die Antragstellerin vorgelegten Programm des Maschseefestes ergibt, ist der Groove Garden im Wesentlichen als Ergänzung vorgesehen, die im Anschluss an die Veranstaltungen des Maschseefestes stattfindet; es dürften sich nur teilweise, vorzugsweise an den Tagen der seltenen Ereignisse, Überschneidungen ergeben. Eine Unzumutbarkeit ergibt sich daraus voraussichtlich nicht. Die Baugenehmigung vom 12. April 2022 enthält u.a. die Auflagen, dass die Beschallungsanlage des Groove Garden einzupegeln ist und der Beurteilungspegel die Immissionsrichtwerte nach Ziff. 6.1 TA Lärm (tagsüber 55 dB(A), nachts 40 dB(A)) an den maßgeblichen Immissionsorten nicht überschreiten darf. Eine Erhöhung der allgemeinen Immissionsrichtwerte ist mithin nicht vorgesehen. Soweit ersichtlich, hat die Antragstellerin gegen die Baugenehmigung auch keinen Rechtsbehelf eingelegt.

Die Antragsgegnerin hat bei der Erteilung der angefochtenen Erlaubnis die Rechte der Anwohner hinreichend gewürdigt, insbesondere indem sie den Rahmen, den die technischen Regelwerke für die Zulassung seltener Ereignisse, die Verlängerung der Nachtzeit und die Festlegung eines Beurteilungspegels bieten, nicht zugunsten der Beigeladenen voll ausgeschöpft hat.

ff) Auch das im Rahmen der Erlaubnisbegründung vom 10. Juli 2023 angeordnete Verfahren zur Überwachung der Einhaltung der festgesetzten Immissionsrichtwerte erweist sich nach summarischer Prüfung voraussichtlich als rechtmäßig. Für den Betrieb von Beschallungsanlagen gilt u.a., dass der vom Veranstalter beauftragte Sachverständige dem Veranstalter und den Musikgruppen eine am Mischpult einzuhaltende Lautstärke mitzuteilen hat, die unter Berücksichtigung der aktuellen Situation die Einhaltung der festgesetzten Immissionsrichtwerte erwarten lässt. Die Lautstärkevorgabe ist ab dem ersten Lied einzuhalten. Die Lautstärke ab Beginn der Musikdarbietungen darf nicht zu einer Überschreitung der festgesetzten Beurteilungspegel führen. Zu diesem Zweck hat der Veranstalter bei einer festgestellten Überschreitung des Beurteilungspegels die Lautstärke unverzüglich, spätestens jedoch ab Beginn des übernächsten Musikstücks so zu reduzieren, dass der festgesetzte Immissionsrichtwert eingehalten wird. Wird der festgesetzte Immissionsrichtwert weiterhin überschritten, behält sich die Ordnungsbehörde vor, zusätzliche Auflagen und zeitliche Beschränkungen bis hin zum Abbruch der Veranstaltung vor Ort anzuordnen (vgl. S. 18 der Erlaubnis). Dieses Überwachungsregime wurde bereits beim Maschseefest 2022 angewandt; in der insoweit erteilten Erlaubnis vom 8. Juli 2022 finden sich dieselben Formulierungen. Die Antragsgegnerin hat den Schalltechnischen Messbericht zum Maschseefest 2022 in A-Stadt der Q. vom 3. November 2022 vorgelegt. Dieser Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass davon auszugehen sei, dass die Immissionsrichtwerte eingehalten worden seien. Diese Annahme und die sich daraus ergebende Schlussfolgerung der Antragsgegnerin, dass mit diesem Konzept auch in diesem Jahr die Einhaltung der festgesetzten Immissionsrichtwerte gewährleistet sei, hat die Antragstellerin nicht substantiell erschüttert. Anhaltspunkte, dass das jedenfalls im Jahr 2022 erprobte Konzept ungeeignet wäre, die Einhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte sicherzustellen, ergeben sich nicht. Auch bei Durchsicht der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin bestätigt sich ihr Vorbringen, dass das Maschseefest von ihr, der L., dem technischen Leiter und der Polizei engmaschig begleitet und überwacht wird.

3. Da nach alledem die Klage der Antragstellerin vom 2. August 2023 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, kann ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin daran, die Durchsetzung der voraussichtlich rechtmäßigen Erlaubnis vom 10. Juli 2023 einstweilen zu verhindern, nicht anerkannt werden. Im Übrigen könnte eine von den Erfolgsaussichten abgelöste Interessenabwägung zu keinem für die Antragstellerin in diesem Verfahren günstigeren Ergebnis führen. Dem Interesse der Antragstellerin, an den verbleibenden Festtagen vor Lärmbelästigungen durch das Maschseefest verschont zu bleiben, und insbesondere am Schutz ihrer Nachtruhe stehen hier gewichtige wirtschaftliche Interessen der Beigeladenen und der an der Veranstaltung beteiligten Unternehmen gegenüber. Eine vorzeitige Beendigung des Maschseefestes oder auch nur von Teilen des Festes wäre mit erheblichen Umsatzeinbußen verbunden und würde die Wirtschaftlichkeit der Veranstaltung gefährden, was eine erneute Durchführung in den künftigen Jahren in Frage stellen würde. Für die Vollziehung der Erlaubnis streiten daneben allerdings auch gewichtige öffentliche Interessen. Die Veranstaltung ist sowohl für die Stadt als auch die gesamte Region A-Stadt wegen der hohen Besucherzahlen aus wirtschaftlicher Sicht besonders bedeutend. Überdies schärft sie das touristische und kulturelle Profil der Antragsgegnerin und hat als Deutschland größtes Seefest Strahlkraft weit über deren Grenzen hinaus. Das private Interesse der Beigeladenen und das öffentliche Interesse an der Vollziehung der Erlaubnis wiegen gemeinsam stärker als das Interesse der Antragstellerin, weshalb Letzteres zurücktritt.

4. Mit den vorstehenden Erwägungen erweisen sich auch die Hilfsanträge als nicht begründet. Soweit sie einen zurückliegenden Zeitraum betreffen, sind die Hilfsanträge mangels Rechtschutzbedürfnis unzulässig.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt, weil diese sich mit der Antragstellung einem Prozessrisiko ausgesetzt hat.

6. Die Streitwertfestsetzung findet ihre rechtliche Grundlage in den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Die Kammer sieht von einer Reduzierung des Streitwerts gemäß Nr.1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ab, da die Antragstellerin eine Vorwegnahme der Hauptsache begehrt.