Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 18.02.2021, Az.: 3 A 696/17
Abschnittsbildung; Entwässerung; Erschließungsanlage; Erschließungsbeitrag; Vorausleistung; Vorausleistungen
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 18.02.2021
- Aktenzeichen
- 3 A 696/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2021, 70650
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 133 Abs 3 S 1 BauGB
- § 242 Abs 1 BauGB
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen die Erhebung von Vorausleistungen auf Erschließungsbeiträge bezüglich der Erschließungsanlage Fasanenweg.
Der Fasanenweg im Gebiet der Gemeinde A-Stadt, einer Mitgliedsgemeinde der beklagten Samtgemeinde, beginnt im Norden an der Einmündung in die F. Straße im Außenbereich. Von dieser Einmündung verläuft der G. ca. 300 m in südliche Richtung bis zur Einmündung des H. es aus westlicher Richtung. Annähernd auf Höhe der Einmündung des H. es und dem auf der östlichen Straßenseite liegenden sogenannten I. beginnt die beiderseitige Bebauung entlang des G. es, die zum Ortsteil J. K. gehört. Die überwiegend bebauten Grundstücke auf der östlichen Straßenseite befinden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 18 „G.“ vom 9. Mai 2006, mit Ausnahme von drei hieran südlich angrenzenden bebauten Grundstücken, die ebenfalls am G. liegen. Nach dem Beginn der beiderseitigen Bebauung verläuft der G. gerade in annähernd südöstlicher Richtung. Ca. 160 m südlich der Einmündung des H. es mündet ebenfalls aus westlicher Richtung die L. ein und nach weiteren ca. 100 m befindet sich die Kreuzung mit dem M.. Auf der östlichen Seite des G. es zweigen insgesamt vier ca. 25 bis 30 m lange Stichwege ab, die jeweils zwei Hinterliegergrundstücke erschließen. Ca. 100 m südlich der Kreuzung M. endet die Bebauung auf der westlichen und nach weiteren ca. 200 m auch auf der östlichen Seite des G. es. Dieser verläuft in südlicher Richtung weiter im Außenbereich.
Die Kläger sind Eigentümer von zwei auf der westlichen Seite des G. es gelegenen bebauten Grundstücken. Zum einen sind sie Eigentümer des mit einem Doppelhaus bebauten Grundstücks mit der Flurstücksnummer N. der Flur O. in der Gemarkung A-Stadt und der postalischen Anschrift „A-Straße/P.“. Dieses Grundstück mit einer Größe von 1.179 qm liegt als Eckgrundstück mit der nördlichen Grundstücksgrenze zudem an dem in westlicher Richtung abzweigenden Amselweg. Zum anderen sind sie Eigentümer des unmittelbar südlich an dieses Grundstück angrenzenden, 1.183 qm großen und mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks mit der Flurstücksnummer Q. und der postalischen Anschrift „G. O.“.
Am 23. Mai 2016 sprach sich der Verwaltungsausschuss der Gemeinde A-Stadt für den Ausbau des G. es im nördlichen Abschnitt im Jahr 2017 mit einer Abschnittsbildung aus. Über den Ausbau des südlichen Teilabschnittes sollte zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden, wenn der Straßenzustand einen Ausbau notwendig mache.
Am 20. Juni 2016 beschloss der Rat der Gemeinde A-Stadt, den nördlichen Abschnitt des G. es, beginnend ab der Pumpstation bis zur Kreuzung M., herzustellen. Der Ausbau der Fahrbahn sollte in einer Breite von 4,50 m in Asphaltbauweise erfolgen, auf der Ostseite der Straße sollte eine Versickerungsmulde als Entwässerungseinrichtung hergestellt werden und es sollten neue Beleuchtungseinrichtungen errichtet werden. Der südliche Abschnitt des G. es, beginnend an der Kreuzung mit dem M. und endend an der Grenze des Bebauungsplans Nr. 18, werde mittelfristig (4 bis 6 Jahre) zur weiteren Herstellung vorgemerkt. In der weiteren Sitzung vom 12. Dezember 2016 beschloss der Rat der Gemeinde zudem den Einbau von drei Fahrbahneinengungen im nördlichen Abschnitt.
Vor den Ausbauarbeiten war der G. als Asphaltweg ohne Unterbau hergestellt. Die Straßenentwässerung erfolgte durch Versickern über die Randstreifen. Beleuchtungseinrichtungen in Form von einer Peitschenleuchte und drei Pilzleuchten bestanden auf der westlichen Straßenseite. Der Ortsteil J. K. ist nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, wobei die Bebauung zunächst entlang des M. es, später ab den 60er Jahren an der L. und dem G. erfolgte. Die Fahrbahn des G. es, der zuvor als Feldweg existiert hatte, bestand zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses der bis dahin selbständigen Gemeinden R. A-Stadt, S. A-Stadt und T. zur Gemeinde A-Stadt im Jahr 1968 – wie vor den streitgegenständlichen Ausbaumaßnahmen – aus einer Asphaltdeckschicht ohne Unterbau.
Der Ausbau erfolgte im Jahr 2017 entsprechend dem Ratsbeschluss im nördlichen Bereich des G. es. Die Fahrbahn wurde mit 26 cm Frostschutzschicht, 15 cm Schottertragschicht, 10 cm Asphalttragschicht sowie 4 cm Asphaltdecke hergestellt. Es wurde eine Versickerungsmulde auf der östlichen Fahrbahnseite errichtet und die Straßenbeleuchtung wurde erneuert. Die Schlussrechnung der Baufirma U. -, V. - und W. X. Y. datiert vom 29. September 2017.
Unter dem 8. November 2017 vermerkte die Gemeinde A-Stadt, dass die Herstellung der Erschließungsanlage G. den Anforderungen nach § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB entspreche. Die Bedürfnisse der Wohn- und Arbeitsbevölkerung sowie die Belange des Personennahverkehrs und des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, seien berücksichtigt worden.
Mit Bescheiden vom 16. November 2017 setzte die Beklagte gegenüber den Klägern als Gesamtschuldnern jeweils Vorausleistungen in Höhe von 80 % des zu erwartenden Erschließungsbeitrages fest, für das Grundstück mit der Flurstücksnummer N. der Flur Z. gerundet auf 5.200,00 EUR und für das Grundstück mit der Flurstücksnummer Q. der Flur Z. gerundet auf 7.800,00 EUR.
Gegen diese Vorausleistungsbescheide haben die Kläger am 13. Dezember 2017 Klage erhoben. Sie machen geltend, dass nicht nach Erschließungsbeitragsrecht, sondern nach Straßenausbaubeitragsrecht hätte abgerechnet werden müssen. Der G. sei schon vor dem Erlass des Bebauungsplanes Nr. 18 vorhanden gewesen und habe der Erschließung der „Dreieckssiedlung“ gedient. Er sei ausdrücklich nicht Gegenstand des Bebauungsplans Nr. 18 gewesen. Die Baumaßnahme an der Straße sei in zwei Abschnitten geplant worden, aus den Verwaltungsvorgängen der Beklagten sei jedoch ein Baukonzept zum Gesamtbild des G. es, der über den nördlichen Abschnitt hinaus bis zur Hauptstraße reiche und sich über den südlichen Abschnitt hinaus in der Feldmark verliere, nicht zu entnehmen. Große Flächen mit Erschließungsvorteil blieben dadurch unberücksichtigt. Der Abschnitt nördlich und südlich des bebauten Bereichs hätte ebenfalls in den Blick genommen werden müssen. Zudem sei fraglich, wie die Baukosten des streitgegenständlichen nördlichen Abschnitts zuzuordnen seien, da der G. außerhalb des Gebiets des Bebauungsplans Nr. 18 diesem als Zubringer diente und durch den Baustellenverkehr stark beschädigt worden sei, so dass der Ausbau dadurch unaufschiebbar geworden sei. Der südliche Abschnitt sei dagegen mangels Bedarfs auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Hier seien auch keine Schäden aufgetreten, wie sie im hier streitgegenständlichen Abschnitt entstanden seien. Unklar sei zudem, ob die Stichstraßen im Eigentum der Gemeinde ständen. Die Beitragserhebung leide an weiteren Fehlern. Kosten, die dadurch entstanden seien, dass drei private Grundstückseinfahrten mit ausgebaut worden seien und der Beginn der Ausbaustrecke ca. 25 m nördlich der Ortseingangsschildes liege, seien nicht beitragsfähig. Zudem seien die Ausbauarbeiten bereits im September 2017 beendet gewesen.
Die Kläger beantragen,
die Bescheide der Beklagten vom 16. November 2017 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt der Klage entgegen. Das Bauprogramm für den nördlichen Abschnitt des G. es umfasse die Teileinrichtungen Fahrbahn, Beleuchtung und Entwässerung. Nach der Erschließungsbeitragssatzung sei eine Anlage erstmalig hergestellt, wenn sie einen tragfähigen Unterbau und eine Deckschicht aus Asphalt, Teer, Beton oder einem ähnlichen Material aufweise. Untersuchungen des Untergrundes im G. durch Bohrkerne hätten gezeigt, dass kein tragfähiger, frostschutzsicherer Unterbau vorhanden gewesen sei. Es sei ledig eine dünne Asphaltschicht auf Sand vorgefunden worden. Bei den Stichstraßen handele es sich um Privatwege, deren Herstellungskosten nicht in die beitragsfähigen Kosten einbezogen worden seien. Die Beitragspflichten seien zum Zeitpunkt des Erlasses der Vorausleistungsbescheide noch nicht endgültig entstanden gewesen, da die Kosten für die Zufahrtsanbindungen zu den privaten Stichwegen noch nicht vorgelegen hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist zulässig und begründet. Die Vorausleistungsbescheide der Beklagten vom 16. November 2017 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Bescheide der Beklagten, mit welchen sie als Samtgemeinde gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 NKomVG für ihre Mitgliedsgemeinde, die Gemeinde A-Stadt, gegenüber den Klägern Vorausleistungen für Arbeiten an der Straße G. erhoben hat, beruhen auf §§ 1, 2 Abs. 1 Satz 1 Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz (NKAG), §§ 127 ff. Baugesetzbuch (BauGB) i. V. m. der Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen in der Gemeinde A-Stadt (Erschließungsbeitragssatzung - im Folgenden: EBS -) vom 15. Dezember 1987 (Amtsblatt des Landkreises B-Stadt Nr. 2 vom 24.2.1988, S. 24). Nach diesen Vorschriften erhebt die Gemeinde zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag (§ 127 Abs. 1 BauGB). Gegen die Rechtmäßigkeit der Erschließungsbeitragssatzung sind Bedenken weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Beitragsfähige Erschließungsanlagen sind u. a. die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen (§ 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Der beitragsfähige Erschließungsaufwand kann für die einzelne Erschließungsanlage oder für bestimmte Abschnitte einer Erschließungsanlage ermittelt werden (§ 130 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Beiträge können nur insoweit erhoben werden, als die Erschließungsanlagen erforderlich sind, um die Bauflächen und die gewerblich zu nutzenden Flächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen (§ 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen (§ 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Die Gemeinden regeln durch Satzung u. a. die Verteilung des Aufwands (§ 132 Nr. 2 BauGB).
Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB können für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags erhoben werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Berechtigung zur Erhebung von Vorausleistungen bedarf keiner zusätzlichen Satzungsregelung, da sie sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Die Bestimmung des § 12 EBS hat demgemäß deklaratorischen Charakter. Vorausleistungen sind eine auf die endgültige Beitragspflicht ausgerichtete, zeitlich dieser vorangehende Leistung, die mit der später entstehenden Beitragsforderung zu verrechnen ist (Grziwotz in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 133 Rn. 41, Stand: August 2020).
Vorausleistungen konnten im vorliegenden Fall jedoch weder nach Erschließungsbeitragsrecht erhoben werden, noch können die streitgegenständlichen Bescheide als Vorausleistungsbescheide auf einen zukünftig entstehenden Straßenausbaubeitrag aufrechterhalten werden.
a) Soweit der Ausbau des G. es noch dem Erschließungsbeitragsrecht unterliegt, ist die Erhebung der Vorausleistung rechtswidrig.
aa) Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Erschließungsbeitragsrechts ist, dass die Erschließungsanlage noch nicht zu einem früheren Zeitpunkt endgültig hergestellt worden war.
Die erschließungsbeitragsrechtlichen Vorschriften erfassen lediglich Baumaßnahmen, die zur erstmaligen endgültigen Herstellung von beitragsfähigen Erschließungsanlagen mit ihren Teilen im Sinne des § 127 Abs. 3 BauGB führen (vgl. § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB). Ist eine Straße im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts erstmalig hergestellt, kann die Straße nicht mehr „in den Zustand der Unfertigkeit zurückfallen“. Dies gilt nicht nur für die Straße insgesamt, sondern auch für die einzelnen Teileinrichtungen der Straße (BVerwG, Urt. v. 13.12.1985 - 8 C 66.84 -, juris Rn. 32, und Urt. v. 15.5.2013 - 9 C 3.12 -, juris Rn. 13). Sind lediglich einzelne Teileinrichtungen bereits erstmalig hergestellt worden, lösen die Aufwendungen für spätere Bauarbeiten, die sämtliche Teileinrichtungen der Erschließungsanlage einschließlich der bereits zuvor erstmalig hergestellten betreffen und die hinsichtlich der Erschließungsanlage insgesamt zu deren endgültiger Herstellung führen, nur insoweit Erschließungsbeitragspflichten aus, als sie sich auf die zuvor noch nicht erstmalig hergestellten Teileinrichtungen beziehen. Der Aufwand, der durch Änderungen an den bereits zuvor hergestellten Teileinrichtungen entsteht, kann demgegenüber nicht mehr nach Erschließungsbeitragsrecht abgerechnet werden, sondern nur – wenn die weiteren Voraussetzungen gegeben sind – nach dem Ausbaubeitragsrecht (vgl. zu Vorstehendem: Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 2 Rn. 29; BVerwG, Urt. v. 15.5.2013 - 9 C 3.12 -, juris Rn. 13; Nds. OVG, Urt. v. 9.8.2016 - 9 LC 29/15 -, juris Rn. 26 f.). Dies gilt selbst dann, wenn die Gemeinde es, aus welchen Gründen auch immer, versäumt hat, Erschließungsbeiträge für die erstmalige Herstellung der Erschließungsanlage insgesamt oder im Wege der Kostenspaltung für Teilanlagen zu erheben (vgl. Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 2 Rn. 28).
Die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für Arbeiten am G. – und damit auch die Erhebung von Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag – wäre daher nur möglich, wenn der G. nicht als vorhandene Erschließungsanlage i. S. d. § 242 Abs. 1 BauGB zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesbaugesetzes – BBauG – anzusehen wäre, und soweit nicht zu einem späteren Zeitpunkt, nach Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes, bereits eine satzungsgemäße Herstellung erfolgt wäre.
(1) Gemäß § 242 Abs. 1 BauGB kann für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht auf Grund der bis zum 29. Juni 1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, auch nach dem Baugesetzbuch ein Beitrag nicht erhoben werden. Diese mit Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30. Juni 1961 „vorhandenen“ Erschließungsanlagen i. S. d. § 242 Abs. 1 BauGB sind den zu einem späteren Zeitpunkt insgesamt erstmalig endgültig hergestellten Erschließungsanlagen rechtlich gleichgestellt mit der Folge, dass für weitere Baumaßnahmen keine Erschließungsbeiträge, sondern nur noch Ausbaubeiträge erhoben werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.1968 - IV C 82.67 -, BVerwGE 31, 90, 93; Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl., 2018, § 2 Rn. 31). Dies gilt auch dann, wenn der Ausbauzustand einzelner Teileinrichtungen einer solchen vorhandenen Straße vor Beginn der streitgegenständlichen straßenbaulichen Maßnahme nicht den Herstellungsmerkmalen einer Erschließungsbeitragssatzung entsprach; eine Erschließungsanlage ist entweder insgesamt eine vorhandene oder ist sie es überhaupt nicht (Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl., 2018, § 2 Rn. 32).
Von dem Vorliegen einer solchen „vorhandenen Straße“ kann ausgegangen werden, wenn die Straße bei Inkrafttreten des ersten Ortsstatuts i. S. d. § 15 des Gesetzes betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften vom 2. Juli 1875 (GS S. 561 ff.) – PrFluchtlG – mit dem Willen der Gemeinde wegen ihres insoweit als ausreichend erachteten Zustandes dem inneren Anbau und dem innerörtlichen Verkehr zu dienen bestimmt war und tatsächlich gedient hat. Lag in der Gemeinde kein oder kein wirksames Ortsstatut vor, ist als Zeitpunkt für die Beurteilung des Vorhandenseins der Straße der letzte Tag anzusetzen, an dem die Gemeinde – vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes – ein solches Ortsstatut hätte in Kraft setzen können, mithin der 29. Juni 1961 (vgl. hierzu Ernst/Blechschmidt in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 242 Rn. 6, Stand: August 2020; Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl., 2018, § 2 Rn. 43 ff.).
Maßgeblich für die Beurteilung, ob an dem maßgeblichen Stichtag eine Straße eine im Rechtssinn „vorhandene“ und damit erschließungsbeitragsfreie Erschließungsanlage ist, sind rechtliche Kriterien, so dass es nicht allein auf die tatsächliche Existenz der Straße als einer zu Verkehrszwecken nutzbaren Fläche ankommt (BVerwG, Urt. v. 10.10.1995 - 8 C 12.92 -, juris Rn. 12). Gewissen Mindestanforderungen in tatsächlicher Hinsicht muss die Erschließungsanlage, die nach dem Willen der Gemeinde zum inneren Anbau bestimmt und zur Bewältigung des innerörtlichen Verkehrs geeignet sein musste, jedoch genügt haben. Welche Anforderungen zu stellen sind, kann nur im Einzelfall beurteilt werden; dabei können die Anforderungen in einer ländlichen Gemeinde oder bei Nebenstraßen grundsätzlich geringer sein. Als Mindestanforderung ist allgemein jedoch vorauszusetzen, dass die Fahrbahn – in Form einer Deckschicht aus Asphalt, Teer, Beton, Pflaster oder einem ähnlichen Material – hinreichend befestigt war und sich auf einem festen Unterbau befand und dass eine – wenn auch primitive – Straßenentwässerung, z. B. über offene Gräben, sowie eine Straßenbeleuchtung, die eine ausreichende Ausleuchtung der Straße und damit einen ungefährdeten Haus-zu-Haus-Verkehr ermöglichte, vorhanden waren (Nds. OVG, Urt. v. 19.2.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 118 m. w. N.; vgl. auch Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl., 2018, § 2 Rn. 47 ff.: Unterbau wohl nicht erforderlich).
Zum einen ist bereits fraglich, ob der G. vor Inkrafttreten des BBauG bereits dem innerörtlichen Verkehr gedient hat und zum inneren Anbau bestimmt war. Zum anderen spricht Überwiegendes dafür, dass der G. die genannten Mindestanforderungen jedenfalls nicht erfüllt haben kann. Die Fahrbahn verfügte auch vor dem Ausbau im Jahr 2017 nicht über eine Fahrbahn mit festem Unterbau. Aber auch eine Asphaltdeckschicht ohne Unterbau dürfte im Jahr 1961 noch nicht vorhanden gewesen sein. Eine solche Deckschicht war zwar im Jahr 1968 im Zeitpunkt des Zusammenschlusses der Gemeinde R. A-Stadt, S. A-Stadt und T. zur Gemeinde A-Stadt vorhanden, aufgrund der Entstehung des Ortsteils J. K. zunächst nach dem Zweiten Weltkrieg im Bereich des M. es und der Erweiterung ab den 60er Jahren über die L. bis zum G. dürfte jedoch davon auszugehen sein, dass diese Deckschicht erst nach dem Jahr 1961 hergestellt wurde.
Jedenfalls verfügte der G. nicht über eine wenn auch primitive Straßenentwässerung. Für die Herstellung der Teileinrichtung Straßenentwässerung ist ein bloßes Versickernlassen von Regenwasser nicht ausreichend (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.7.2007 - 9 C 5.06 -, juris Rn. 40, zu dem Merkmal „örtliche Ausbaugepflogenheiten“ in der Überleitungsvorschrift des § 242 Abs. 9 Satz 2 BauGB; vgl. hierzu auch Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 2 Rn. 63 f.). Eine Entwässerung über den Straßenseitenraum ohne weitere bauliche Maßnahmen kann zwar im Einzelfall eine endgültig hergestellte Straßenentwässerung darstellen; dies gilt allerdings nur dann, wenn die Entwässerung gezielt so angelegt wird, dass mittels der errechneten Querneigung der Fahrbahn ein Ablaufen des Regenwassers zu den Seitenstreifen und ein dortiges Versickern gewährleistet ist (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 2.6.2015 - 9 LA 42/14 -, n.v., S. 5, Urt. v. 9.8.2016 - 9 LC 29/15 -, juris Rn. 28 ff., und Urt. v. 9.8.2016 - 9 LC 30/15 -, n.v., S. 10 f.). Für die planmäßige Anlage einer Querneigung der Fahrbahn zum Zweck der Straßenentwässerung, die über ein bloßes Versickernlassen der unkontrolliert von der Fahrbahn ablaufenden Niederschläge im Straßenseitenraum hinaus angelegt war, sind vorliegend keine Anhaltspunkte ersichtlich.
(2) Soweit es sich nach Vorstehendem bei dem G. nicht um eine vorhandene Straße i. S. d. § 242 Abs. 1 BauGB handelte, weil die Anforderungen für eine erstmalige Herstellung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesbaugesetzes noch nicht erfüllt waren, kommt es für die Anwendbarkeit des Erschließungsbeitragsrechts darauf an, ob der G. im Zeitraum nach Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes und vor der Durchführung der streitgegenständlichen Ausbaumaßnahme bereits erstmalig endgültig hergestellt worden war.
Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ist jedenfalls hinsichtlich der Teileinrichtung Fahrbahn auszugehen. Auch hinsichtlich der Teileinrichtung Beleuchtung kann davon ausgegangen werden, dass die vor den streitgegenständlichen Ausbauarbeiten bestehenden Einrichtungen bereits zu einem früheren Zeitpunkt als erstmalig hergestellt anzusehen sind.
Sind lediglich einzelne Teileinrichtungen bereits erstmalig hergestellt worden, lösen die Aufwendungen für spätere Bauarbeiten, die sämtliche Teileinrichtungen der Erschließungsanlage einschließlich der bereits zuvor erstmalig hergestellten betreffen und die hinsichtlich der Erschließungsanlage insgesamt zu deren endgültiger Herstellung führen, nur insoweit Erschließungsbeitragspflichten aus, als sie sich auf die zuvor noch nicht erstmalig hergestellten Teileinrichtungen beziehen. Der Aufwand, der durch Bauarbeiten an den bereits zuvor hergestellten Teileinrichtungen entsteht, kann nicht mehr nach Erschließungsbeitragsrecht abgerechnet werden, sondern nur – wenn die weiteren Voraussetzungen gegeben sind – nach dem Ausbaubeitragsrecht nach dem Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz (NKAG) (vgl. zu Vorstehendem: Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 2 Rn. 29; BVerwG, Urt. v. 15.5.2013 - 9 C 3.12 -, juris Rn. 13; Nds. OVG, Urt. v. 9.8.2016 - 9 LC 29/15 -, juris Rn. 26 f.). Die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage sind von der Gemeinde durch Satzung zu regeln (§ 132 Nr. 4 BauGB). Eine Erschließungsanlage ist erst dann erstmalig insgesamt hergestellt, wenn sie erstmals die nach dem satzungsmäßigen Teileinrichtungsprogramm (für die nicht flächenmäßigen Teileinrichtungen) und dem (dieses Teileinrichtungsprogramm bezüglich der flächenmäßigen Teileinrichtungen ergänzenden) Bauprogramm erforderlichen Teileinrichtungen aufweist und diese dem jeweils für sie aufgestellten technischen Ausbauprogramm entsprechen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.1995 - 8 C 13.94 -, juris Rn. 19; Nds. OVG; Urt. v. 19.2.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 120 f. und Urt. v. 29.5.2019 - 9 LC 110/17 - juris Rn. 59, 62, sowie Beschl. v. 9.9.2009 - 9 ME 8/09 -, juris Rn. 8). Teileinrichtungen einer beitragsfähigen Erschließungsanlage sind dann erstmalig hergestellt, wenn sie in ihrer gesamten Ausdehnung den in der Satzung als endgültig vorgesehenen Ausbauzustand erreicht haben (BVerwG, Urt. v. 13.12.1985 - 8 C 66.83 -, juris Rn. 32).
(a) Die Teileinrichtung Fahrbahn unterliegt nicht mehr dem Erschließungsbeitragsrecht. Sie entsprach zwar vor den streitgegenständlichen Ausbauarbeiten – worauf die Beklagte zutreffend verweist – nicht den Herstellungsmerkmalen der derzeit geltenden Erschließungsbeitragssatzung; sie genügte jedoch jedenfalls zu einem Zeitpunkt, in welchem eine Vorgängerregelung, die am 1. Januar 1969 in Kraft getretene Erschließungsbeitragssatzung der Gemeinde A-Stadt, Geltung beanspruchte, den in dieser Satzung definierten Anforderungen an die erstmalige Herstellung der Teileinrichtung.
Die geltende Erschließungsbeitragssatzung sieht in § 10 Abs. 1 EBS vor, dass Straßen, Wege und Plätze, Fußwege und Wohnwege sowie Sammelstraßen (Anlagen nach § 127 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BauGB) endgültig hergestellt sind, wenn sie an eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Straße angeschlossen sind, die Gemeinde Eigentümerin ihrer Flächen ist und die Beleuchtungs- und Entwässerungseinrichtungen vorhanden sind (§ 10 Abs. 1 EBS). Zum satzungsmäßigen Teileinrichtungsprogramm ist in § 10 Abs. 2 EBS geregelt:
„§ 10 Merkmale der endgültigen Herstellung von Erschließungsanlagen
…
2.) Dabei sind hergestellt
a) die Fahrbahn, wenn sie einen Unterbau und eine Decke aus Asphalt, Teer, Beton oder einem ähnlichen Material neuzeitlicher Bauweise aufweist,
…“
Die bis zum Inkrafttreten der geltenden Erschließungsbeitragssatzung anwendbare Vorgängerregelung (§ 10 Nr. 1 und 2 der Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 21. Mai 1981 - im Folgenden: EBS 1981 -, Amtsblatt des Landkreises B-Stadt Nr. 11 vom 27.7.1981, S. 125 ff.) war gleichlautend.
Diese Voraussetzungen waren, worauf die Beklagte grundsätzlich zutreffend hinweist, vor den streitgegenständlichen Ausbauarbeiten nicht erfüllt, da die Fahrbahn lediglich aus einer Asphaltschicht ohne Unterbau verfügte.
Die Fahrbahn ist jedoch bereits zu einem früheren Zeitpunkt als erstmalig hergestellt anzusehen. In § 7 Abs. 1 der Satzung über die Erhebung des Erschließungsbeitrages in der Gemeinde A-Stadt vom 16. Dezember 1968, in Kraft getreten am 1. Januar 1969 - im Folgenden: EBS 1969 -, war folgendes bestimmt:
„§ 7 Merkmale der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage
(1) Endgültig hergestellt sind
1. die öffentlichen, zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze sowie die Sammelstraßen und ihre Parkflächen, wenn sie den Verkehrserfordernissen und dem Ausbauprogramm der Gemeinde entsprechend befestigt, mit Straßenentwässerungs- sowie den etwa vorgesehenen Beleuchtungseinrichtungen versehen und dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind;
im einzelnen:
a) die Fahrbahnen, wenn sie gepflastert, asphaltiert, mit einer Schwarzdecke, Beton- oder ähnlicher Decke neuzeitlicher Bauweise befestigt sind,
…“
Die Fahrbahn des G. es war zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses der Gemeinden R. A-Stadt, S. A-Stadt und T. zur Gemeinde A-Stadt im Jahr 1968 mit einer Asphaltdecke, wenn auch ohne Unterbau, versehen. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Erschließungsbeitragssatzung zum 1. Januar 1969 entsprach sie daher den Herstellungsmerkmalen dieser Satzung und ist damit bereits zu diesem Zeitpunkt als erstmalig hergestellt anzusehen.
(b) Hinsichtlich der Beleuchtung ist davon auszugehen, dass vor den streitgegenständlichen Ausbaumaßnahmen bereits eine erstmalig hergestellte Teileinrichtung vorhanden war. Dies hat nach den genannten Grundsätzen zur Folge, dass auf die Änderung der bestehenden Einrichtung das Erschließungsbeitragsrecht keine Anwendung mehr findet.
Die geltende Erschließungsbeitragsatzung, in Kraft getreten am 1. Juli 1987, regelt hierzu in § 10 Abs. 2:
„§ 10 Merkmale der endgültigen Herstellung von Erschließungsanlagen
…
2.) Dabei sind hergestellt …
e) die Beleuchtungseinrichtungen, wenn eine der Größe der Anlage und den örtlichen Verhältnissen angepasste Anzahl von Beleuchtungskörpern hergestellt ist.“
Die entsprechende Regelung in § 10 EBS 1981 war insoweit gleichlautend.
Den Protokollen der Sitzung des Verwaltungsausschusses der Gemeinde A-Stadt vom 23. Mai 2016 und des Rates vom 20. Juni 2016 ist zu entnehmen, dass eine Erneuerung der Beleuchtung im Hinblick auf die Umstellung auf LED-Technik beabsichtigt war. Nach den Unterlagen des Ingenieurbüros AA., welche dem Ausbau zugrundelagen, sollte die räumliche Ausdehnung der Beleuchtungseinrichtungen nicht erweitert werden. Hiernach ist davon auszugehen, dass die Straßenbeleuchtung vor den streitgegenständlichen Ausbaumaßnahmen bereits den Herstellungsmerkmalen der Satzung entsprach, da die Anzahl der Beleuchtungskörper als der Größe der Anlage und den örtlichen Verhältnissen angemessen anzusehen war, und die Änderung der Installation zeitgemäßer Technik dienen sollte. Die materielle Beweislast (vgl. BVerwG, hierzu Urt. v. 26.1.1979 - IV C 52.76 -, juris Rn. 12) dafür, dass erst die Änderung der bereits vorhandenen Beleuchtungseinrichtungen eine erstmalige satzungsgemäße Herstellung der Teileinrichtung bewirkt und diese sich zuvor noch im Zustand der Unfertigkeit befand, liegt insoweit bei der Beklagten.
(c) Die Teileinrichtung Straßenentwässerung ist demgegenüber nicht als in der Vergangenheit bereits erstmalig hergestellt anzusehen. Die streitgegenständlichen Ausbauarbeiten unterliegen daher dem Erschließungsbeitragsrecht.
Die geltende Erschließungsbeitragsatzung, in Kraft getreten am 1. Juli 1987, regelt hierzu in § 10 Abs. 2:
„§ 10 Merkmale der endgültigen Herstellung von Erschließungsanlagen
…
2.) Dabei sind hergestellt …
e) die Entwässerungsanlagen, wenn die Straßenrinnen, die zur Aufnahme des Wassers erforderlichen Leitungen sowie die Anschlüsse an bereits bestehende Entwässerungseinrichtungen gebaut sind,
...“
Die entsprechende Regelung in § 10 EBS 1981 war auch insoweit gleichlautend. Die Satzungsregelung in § 7 EBS 1969 enthielt keine Einzelherstellungsmerkmale, sondern legte lediglich fest, dass eine Straßenentwässerungseinrichtung erforderlich war.
Die Straßenentwässerung erfolgte vor den streitgegenständlichen Ausbaumaßnahmen, indem nur die natürlichen Gegebenheiten dazu führten, dass auf der Straße anfallendes Regenwasser in die unbefestigten Seitenräume ablief und dort versickerte. Ein bloßes Versickern des unkontrolliert von der Fahrbahn ablaufenden Regenwassers im Straßenseitenraum ohne irgendeine kunstmäßige Veränderung des Bodens und ohne entsprechendes „planmäßiges“ Vorgehen der Gemeinde ist jedoch – wie bereits ausgeführt – für die Herstellung der Teileinrichtung Straßenentwässerung nicht ausreichend (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.7.2007 - 9 C 5.06 -, juris Rn. 40, zu dem Merkmal „örtliche Ausbaugepflogenheiten“ in der Überleitungsvorschrift des § 242 Abs. 9 Satz 2 BauGB; Nds. OVG, Beschl. v. 2.6.2015 - 9 LA 42/14 -, n.v.). Danach war eine Straßenentwässerung vor den streitgegenständlichen Straßenbaumaßnahmen nicht bereits erstmalig hergestellt.
bb) Unterliegt der Ausbau des G. es danach – jedenfalls hinsichtlich der Straßenentwässerung – noch erschließungsbeitragsrechtlichen Vorschriften, erweist sich der Vorausleistungsbescheid der Beklagten gleichwohl als rechtswidrig.
(1) Der Rechtmäßigkeit des Vorausleistungsbescheides steht zum einen entgegen, dass sich die Arbeiten an der Erschließungsanlage gemäß dem vorliegenden Bauprogramm nicht auf eine Herstellung in satzungsgemäßer Weise erstrecken und die endgültige satzungsgemäße Herstellung der Erschließungsanlage nicht innerhalb von vier Jahren zu erwarten war.
Die sachliche Beitragspflicht entsteht gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB grundsätzlich erst mit der satzungsgemäßen Herstellung der Erschließungsanlage in ganzer Länge und mit allen nach der Satzung erforderlichen Teileinrichtungen. Die Erhebung von Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag setzt gemäß § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB voraus, dass die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage innerhalb von vier Jahren nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens zu erwarten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.3.1982 - 8 C 34.81 -, juris Rn. 21).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Nach den in § 10 Abs. 2 EBS definierten Herstellungsmerkmalen ist – wie bereits dargelegt – die Errichtung von Straßenrinnen sowie der Bau der zur Aufnahme des Wassers erforderlichen Leitungen und der Anschlüsse an bereits bestehende Entwässerungseinrichtungen Voraussetzung der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage. Die Herstellung gemäß diesen Satzungsbestimmungen war jedoch nicht innerhalb von vier Jahren zu erwarten. Die Gemeinde A-Stadt hatte einen satzungsgemäßen Ausbau nach ihrem Ausbauprogramm überhaupt nicht in den Blick genommen.
Auch wenn das planmäßige Ausnutzen der natürlichen Bodenverhältnisse durch Anlegen einer hinreichenden Querneigung der Fahrbahn auch ohne weitere „kunstmäßige Herstellung“ von Anlagen im Straßenseitenraum den anerkannten Regeln der Technik und Baukunst entsprechen kann (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 2.6.2015 - 9 LA 42/14 -, n.v.; vgl. aber auch BVerwG, Urt. v. 11.7.2007 - 9 C 5.06 -, juris Rn. 40), sind vorliegend die Herstellungsmerkmale nach § 10 Abs. 2 EBS nicht erfüllt. Hiernach ist es erforderlich, dass Rinnen angelegt werden. Straßenrinnen werden nach Ziffer 3.4.1 der Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil: Entwässerung (RAS-Ew 2005) entlang oder zwischen Verkehrsflächen angelegt; sie nehmen das seitlich auf sie zuströmende Oberflächenwasser auf und leiten es in der Regel zu Straßenabläufen weiter. Nach dem Bauprogramm der Beklagten war die Herstellung von Rinnen nicht vorgesehen und diese sind auch nicht zwischenzeitlich hergestellt worden. Nach der Entwurfsplanung des Ingenieursbüros AA., die die Beklagte als Ausbauprogramm zugrunde gelegt hat und die mittlerweile soweit ersichtlich auch technisch umgesetzt wurde, ist die Entwässerung der Straße vielmehr durch planmäßige Anlage einer Querneigung der Fahrbahnoberfläche von 2,5 % sowie der anschließenden Bankette von 6 % bzw. 12 % und Errichtung einer Versickerungsmulde auf der östlichen Fahrbahnseite anzulegen. Danach fehlt es an der Errichtung der von der Erschließungsbeitragssatzung benannten Herstellungsmerkmale. Dass die Beklagte insoweit eine Abweichungssatzung erlassen hätte, ist nicht ersichtlich.
Der Vorausleistungsbescheid kann im Übrigen auch nicht deshalb rechtmäßig sein, weil die Abrechnung der Herstellung von Teileinrichtungen grundsätzlich im Wege der Kostenspaltung möglich ist. Selbst wenn der Ausbau der Teileinrichtungen Fahrbahn und Beleuchtung nicht bereits aus dem Abrechnungsregime des Erschließungsbeitragsrechts entlassen wäre und nunmehr eine erstmalige satzungsgemäße Herstellung erfolgte, so dass eine (endgültige) Abrechnung dieser Teileinrichtungen im Wege der Kostenspaltung möglich wäre, wäre die Erhebung der Vorausleistung vorliegend rechtswidrig. Von einer Vorausleistung auf künftige Erschließungsbeiträge können zwar auch Teilbeträge erfasst werden, die nach der Ortssatzung für bereits hergestellte Teileinrichtungen durch Kostenspaltung verlangt werden können. Es steht der Gemeinde frei, den Aufwand für bereits endgültig hergestellte Teilanlagen entweder im Wege der Kostenspaltung oder durch eine Vorausleistung geltend zu machen. Eine solche Wahlfreiheit besteht allerdings nur dann, wenn die Voraussetzungen sowohl für das eine als auch das andere Vorgehen erfüllt sind (BVerwG, Urt. v. 19.3.1982 - 8 C 34.81 -, juris Rn. 22 m.w.N.). Eine Kombination der Vorfinanzierungsinstrumente Vorausleistung und Kostenspaltung dergestalt, dass auf die der Vorausleistung eigentümliche zeitliche Beschränkung, d.h. den zeitlichen Zusammenhang zwischen der Vorausleistung und der endgültigen Herstellung der gesamten Erschließungsanlage, verzichtet werden könnte, ist jedoch ausgeschlossen (BVerwG, Urt. v. 19.3.1982 - 8 C 34.81 -, juris Rn. 24). An diesem zeitlichen Zusammenhang fehlt es hier jedenfalls, da eine Ausbauabsicht für die Straßenentwässerung gemäß den Herstellungsmerkmalen der Satzung nicht feststellbar ist.
(2) Zum anderen erweist sich die Abschnittsbildung im vorliegenden Fall als unwirksam.
Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag können auch für eine Teilstrecke erhoben werden, allerdings setzt dies eine ordnungsgemäße Abschnittsbildung voraus (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 133 Rn. 34).
Nach § 130 Abs. 2 BauG kann der beitragsfähige Erschließungsaufwand für die einzelne Erschließungsanlage oder für bestimmte Abschnitte einer Erschließungsanlage ermittelt werden. Beide Alternativen stehen gleichrangig nebeneinander, jedoch entsteht ohne ein Handeln der Gemeinde die Beitragspflicht mit der Herstellung der gesamten Erschließungsanlage. Die Entstehung der Beitragspflicht für einen Abschnitt einer Erschließungsanlage setzt daher voraus, dass die Gemeinde ihren dahingehenden Willen durch einen entsprechenden Beschluss deutlich macht (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.9.1982 - 8 C 145.81 -, juris Rn. 17; Nds. OVG, Beschl. v. 11.2.1987 - 9 B 122/86 -, DÖV 1987, 1118, 1119).
Die Bildung von Ausbauabschnitten stellt ein Vorfinanzierungsinstrument dar, welches es der Gemeinde ermöglicht, die Aufwendungen für bestimmte Straßenstrecken alsbald nach Herstellung und Entstehung der Kosten durch Beiträge zu decken, ohne die Herstellung der gesamten Anlage abwarten zu müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.3.2017 - 9 C 20.15 -, juris Rn. 35; zum Straßenausbaubeitrag vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 22.12.2009 - 9 ME 108/09 -, juris Rn. 6). Die Abschnittsbildung dient dem Zweck, den Zeitraum der Vorfinanzierung der Aufwendung für die Gemeinde zu verkürzen. Eine wirksame Abschnittsbildung setzt dabei voraus, dass über den zunächst abzurechnenden Abschnitt hinaus weitere Baumaßnahmen erfolgen sollen, jedoch aus Kostengründen ein abschnittsweiser Ausbau und eine abschnittsweise Abrechnung erfolgen sollen, damit die Gemeinde nicht den Ausbau der Gesamtanlage vorzufinanzieren hat. Dementsprechend muss das Bauprogramm (vgl. hierzu auch VG Lüneburg, Urt. v. 21.04.2015 - 3 A 181/13 -, n.v., und Urt. v. 21.5.2010 - 3 A 175/07 -, juris Rn. 20 ff., 30) der Gemeinde bei einer Abschnittsbildung einen Ausbau über den (zunächst) ausgebauten Abschnitt hinaus vorsehen (Nds. OVG, Beschl. v. 22.12.2009 - 9 ME 108/09 -, juris Rn. 6 m.w.N.; VG Lüneburg, Urt. v. 6.5.2020 - 3 A 226/16 -, juris Rn. 39). Bereits im Zeitpunkt der Abschnittsbildung muss die planerische und bauliche Konzeption zeitlich fest umrissen sein (VG Lüneburg, Urt. v. 18.3.2014 - 3 A 220/12 -, juris Rn. 27; so auch BayVGH, Beschl. v. 15.4.2015 - 6 ZB 14.2843 -, juris Rn. 10; Sächs. OVG, Urt. v. 31.3.2016 - 5 A 99/14 -, juris Rn. 42). Die Abschnittsbildung stellt ein Vorfinanzierungsinstitut dar und die Beitragspflichtigen an der Straße in gesamter Länge bilden eine Schicksalsgemeinschaft, die durch die Abschnittsbildung nicht auf unabsehbare Zeit auseinandergerissen werden darf (VG Lüneburg, Urt. v. 18.3.2014 - 3 A 220/12 -, juris Rn. 27).
Der Rat der Gemeinde A-Stadt hat in seiner Sitzung vom 20. Juni 2016 die Bildung eines nördlichen und südlichen Abschnitts – nördlich und südlich der Kreuzung mit dem M. als erkennbaren topographischen „Einschnitt“ – beschlossen. Das Sitzungsprotokoll der 21. öffentlichen Sitzung des Rates der Gemeinde A-Stadt vom 20. Juni 2016 lautet insoweit auszugsweise:
„Beschluss:
Der Rat der Gemeinde A-Stadt beschließt die Herstellung des G. es Teil Nord wie vom Ing. Büro vorgestellt wurde (Stand 13.06.2016 zuzgl. neuer Beleuchtung) und gibt den Hinweis darauf, dass der G. Teil Süd mittelfristig (4-6 Jahre) zur weiteren Herstellung vorgemerkt wird.
Die Baumaßnahme für G. Teil Nord (Erschließung/BauGB) beginnt an der Pumpstation (Grenze des Bebauungsplans Nr. 18) und endet an der Straßengrenze des M. es (Kreuzung G. /M.).
Die spätere Baumaßnahme für G. Teil Süd (Erschließung/BauGB) beginnt an der Schnittstelle des vorherigen Abschnittes an der Kreuzung und endet an der Grenze des Bebauungsplanes Nr. 18.“
Dieser Ratsbeschluss zur Abschnittsbildung erweist sich unter Berücksichtigung der genannten Maßstäbe in mehrfacher Hinsicht als fehlerhaft.
Die Gemeinde A-Stadt hat die Ausdehnung der beitragsfähigen Erschließungsanlage nicht zutreffend erkannt und hat dementsprechend die Absicht des künftigen Ausbaus nicht auf die Erschließungsanlage in ganzer Länge erstreckt. Dies ergibt sich daraus, dass das südliche Ende der Erschließungsanlage unzutreffend bestimmt ist. Der Bebauungsplan Nr. 18, der Grundstücksflächen östlich des G. es erfasst, endet südlich der Kreuzung M. bereits in Höhe des an den G. angrenzenden Grundstücks mit der Flurstücksnummer AB., Flur Z. in der Gemarkung A-Stadt. Südlich dieses Grundstücks mit der postalischen Anschrift G. AC. befinden sich – außerhalb des beplanten Gebietes – allerdings weitere an den G. grenzende bebaute Grundstücke (G. AD., A-StraßeAE. sowie A-StraßeAF.). Auch wenn in diesem Bereich des G. es nur eine einseitige Bebauung vorliegt, endet die Erschließungsfunktion der Straße (vgl. hierzu Nds. OVG, Beschl. v. 4.3.2016 - 9 LA 154/15 -, juris Rn. 42) nicht an der Grenze des Bebauungsplangebietes, sondern setzt sich darüber hinaus fort. Die einseitige aufeinander folgende Bebauung auf der östlichen Seite des G. es, die außerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplans Nr. 18 liegt, weist trotz der vorhandenen Baulücken noch einen hinreichenden Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit auf, sodass der Innenbereich sich über die südliche Grenze des Bebauungsplans hinaus fortsetzt. Eine Ausbauabsicht für diesen südlich des gebildeten Abschnitts liegenden Bereich der Erschließungsanlage ist jedoch nicht ersichtlich.
Zudem ist ein weiterführendes Bauprogramm für den Abschnitt südlich der Kreuzung G. / M. nicht ersichtlich. Voraussetzung für einen ermessensfehlerfreien Ratsbeschluss über eine Abschnittsbildung ist grundsätzlich, dass dem Gemeinderat die für seine Ermessensentscheidung maßgeblichen Tatsachen mit der Beschlussvorlage zur Kenntnis gegeben werden. Das gilt vor allem für Inhalt und Umfang des weiterführenden Bauprogramms (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 21.3.2013 - 2 A 199/12 -, juris Rn. 29). Ein Bauprogramm muss dabei über die bloße Bekundung der Absicht, eine bestimmte Anlage in der Zukunft auf ganzer Länge irgendwann (weiter) auszubauen, hinausgehen (VG Lüneburg, Urt. v. 6.5.2020 - 3 A 226/16 -, juris Rn. 39). Mit dem Bauprogramm bestimmt die Gemeinde die räumliche Ausdehnung und den Umfang der Maßnahme. Es handelt es sich um die Beschreibung aller Maßnahmen, die die Gemeinde tätigen muss, um den angestrebten Straßenausbau fachgerecht zu realisieren (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8, Rn. 320, Stand: September 2019). Das Bauprogramm hat daher einen hinreichenden gestalterischen Detaillierungsgrad aufzuweisen, anhand dessen später auch festgestellt werden kann, zu welchem Zeitpunkt die Verwirklichung des Bauprogramms abgeschlossen ist (vgl. Sächs. OVG, Urt. v. 11.4.2018 - 5 A 197/16 -, juris Rn. 31; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 21.10.2009 - 2 LB 15/09 -, juris Rn. 44; VG Lüneburg, Urt. v. 21.05.2010 - 3 A 175/07 -, juris Rn. 30).
An einem solchen, über den Abschnitt hinausreichenden Bauprogramm fehlt es hier. Die bloße Bekundung im Ratsbeschluss vom 20. Juni 2016, dass der südliche Abschnitt mittelfristig innerhalb von 4 bis 6 Jahren zur weiteren Herstellung vorgemerkt werde, erfüllt nicht die Mindestanforderungen an ein Bauprogramm. Insofern ist auch in den Blick zu nehmen, dass in der Beschlussvorlage Nr. 116/2016/EIC vom 1. März 2016, die der Beschlussfassung des Rates vom 20. Juni 2016 zugrundelag, nur ausgeführt wurde, dass beabsichtigt sei, spätestens im Frühjahr 2020 zu prüfen, ob der südliche Abschnitt ausgebaut werden soll.
b) Selbst wenn die Ausbauarbeiten am G. – entgegen dem Vorstehenden –insgesamt dem Straßenausbaubeitragsrecht unterlägen, weil alle Teileinrichtungen als bereits zu einem früheren Zeitpunkt endgültig hergestellt anzusehen wären und daher auch der Ausbau der Entwässerungseinrichtung unter dem Gesichtspunkt der Verbesserung zu betrachten wäre, wären die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufzuheben.
Auch die Erhebung von Vorausleistungen auf Straßenausbaubeiträge ist grundsätzlich möglich, solange die sachliche Beitragspflicht nicht endgültig entstanden ist. Es ist jedoch nicht zulässig, Bescheide über die Erhebung von Vorausleistungen auf zukünftig entstehende Erschließungsbeiträge durch das Verwaltungsgericht als Vorausleistungsbescheide auf zukünftige Straßenausbaubeiträge aufrechtzuerhalten.
Kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, ein Heranziehungsbescheid sei zu Unrecht auf das Erschließungsbeitragsrecht gestützt, ist das Gericht gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verpflichtet zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Bescheid mit Blick auf das Straßenausbaubeitragsrecht aufrechterhalten werden kann (BVerwG, Urt. v. 9.12.1988 - 8 C 72.87 -, juris Rn. 19). Diese Pflicht zu prüfen, ob der angefochtene Verwaltungsakt insgesamt (oder doch in der vollen Reichweite seiner Anfechtung) rechtmäßig bzw. insgesamt rechtswidrig und deshalb die Klage in vollem Umfang abzuweisen bzw. ihr in vollem Umfang stattzugeben ist, erstreckt sich bei Abgabenbescheiden, die eine durch das materielle Recht begründete Abgabenpflicht lediglich deklaratorisch festsetzen, darauf, alle rechtlichen Begründungen und Tatsachen zu berücksichtigen, die die angefochtene Festsetzung zu rechtfertigen vermögen; dies gilt bis zur Grenze der Wesensveränderung eines Bescheids (BVerwG, Urt. v. 27.1.1982 - 8 C 12.81 -, juris Rn. 12 f.).
Beachtlich ist dies daher für endgültige Heranziehungsbescheide, bei denen es sich um gesetzlich gebundene Entscheidungen handelt. Bei Vorausleistungsbescheiden handelt es sich jedoch um Ermessensentscheidungen (vgl. § 6 Abs. 7 Satz 1 NKAG „können“). Auch nach § 10 Abs. 1 der Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Beiträgen nach § 6 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes (NKAG) für straßenbauliche Maßnahmen in der Gemeinde A-Stadt (Straßenausbaubeitragssatzung) in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheides anwendbaren Fassung vom 23. März 2005 (Amtsblatt des Landkreises B-Stadt Nr. 9 vom 14.4.2005, S. 79 ff.) steht die Erhebung von Vorausleistungen im Ermessen der Gemeinde. Da hiernach auch nur „angemessene“ Vorausleistungen erhoben werden können, sieht sich das Gericht wegen des Ermessensspielraums der Beklagten – hinsichtlich der Frage, ob überhaupt Vorausleistungen erhoben werden und hinsichtlich der weiteren Frage, in welcher Höhe Vorausleistungen angemessen sind – daran gehindert, seinerseits das eigene Ermessen anstelle des Ermessens der Beklagten zu setzen (vgl. VG Lüneburg, Urt. v. 26.11.2013 - 3 A 193/12 -, juris Rn. 37) und darüber zu befinden, ob und in welcher Höhe Vorausleistungen auf den Straßenausbaubeitrag erhoben werden sollten. Wegen des vom Gericht zu respektierenden Ermessens der Beklagten sind deshalb die Bescheide aufzuheben. Die Beklagte muss selbst darüber befinden, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sie Vorausleistungen auf einen Straßenausbaubeitrag erhebt.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
3. Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.