Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 17.02.2021, Az.: 10 A 2/21

Diszi; Disziplinarverfahren; Disziplinarverfahren, Einstellung; Fristsetzung Disziplinarverfahren

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
17.02.2021
Aktenzeichen
10 A 2/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 71108
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Das behördliche Disziplinarverfahren ist durch Beschluss des Gerichts - von Amts wegen - einzustellen, wenn es nicht nach einer zuvor vom Gericht bestimmten Frist durch die Disziplinarbehörde abgeschlossen wird.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Einstellung des gegen sie eingeleiteten Disziplinarverfahrens.

Mit Einleitungsverfügung vom 13. Februar 2020, zugestellt am 17. Februar 2020, ordnete die Antragsgegnerin die Durchführung eines Disziplinarverfahrens gegen die Antragstellerin wegen des Verdachts an, gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten nach § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen und damit ein außerdienstliches Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG begangen zu haben. Ihr wurde vorgeworfen, sich in unverantwortlicher Weise nicht um die vorschriftsmäßige Aufbewahrung von Munition in einem Privathaushalt gekümmert zu haben, zudem geduldet zu haben, dass nach dem Waffengesetz verbotene Gegenstände sowie Betäubungsmittel im Haus gelagert worden seien und dass ihre Söhne Marihuana konsumiert hätten. Zudem könne die Antragstellerin eine innerdienstliche Pflichtverletzung begangen und damit gegen ihre Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten nach § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen haben, indem sie ihrem Vorgesetzten und einer Bediensteten vorgeworfen habe, sie nicht über die Ermittlungen gegen ihren Ehemann informiert bzw. sie nicht gewarnt zu haben, sie mithin ihre Kollegen zum Verrat von Dienstgeheimnissen aufgefordert habe.

Auf den Antrag der Antragstellerin vom 21. September 2020 setzte das Gericht mit Beschluss vom 6. November 2020 - 1 E 1/20 - eine Frist zum Abschluss des Disziplinarverfahrens von drei Monaten ab Rechtskraft des Beschlusses. Dieser Beschluss wurde der Antragsgegnerin am 10. November 2020 zugestellt.

II.

Das gegen die Antragstellerin eingeleitete Disziplinarverfahren ist gemäß § 57 Abs. 3 NDiszG einzustellen, da die Antragsgegnerin es nicht innerhalb der vom Gericht bestimmten Frist abgeschlossen hat.

Nach dieser Vorschrift ist das behördliche Disziplinarverfahren durch Beschluss des Gerichts einzustellen, wenn es nicht innerhalb der nach § 57 Abs. 2 NDiszG bestimmten Frist abgeschlossen wird. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Durch Beschluss vom 6. November 2020 setzte das Gericht der Antragsgegnerin eine Frist von drei Monaten ab Rechtskraft des Beschlusses zum Abschluss des gegen die Antragstellerin eingeleiteten Disziplinarverfahrens durch Einstellung, durch Erlass einer Disziplinarverfügung oder durch Erhebung der Disziplinarklage (§ 57 Abs. 2 Satz 1 NDiszG). Der nach § 57 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 49 Abs. 4 Satz 4 NDiszG nicht anfechtbare Beschluss erlangte mit seiner Zustellung an die Antragsgegnerin ausweislich des hierzu gefertigten Empfangsbekenntnisses am 10. November 2020 Rechtskraft.

Die der Antragsgegnerin gesetzte Frist endete mit Ablauf des 10. Februar 2021 (vgl. § 4 NDiszG, § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB), ohne dass die Antragsgegnerin bis dahin das behördliche Disziplinarverfahren einstellte, eine Disziplinarverfügung erließ oder Disziplinarklage erhob. Einen nach § 57 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 49 Abs. 4 Satz 2 NDiszG statthaften Antrag auf Verlängerung der Frist zum Abschluss des Disziplinarverfahrens durch das Gericht hat die Antragsgegnerin nicht vor Ablauf der Frist (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Nov. 2020, § 62 Rn. 21) gestellt.

Gemäß § 57 Abs. 3 NDiszG ist das behördliche Disziplinarverfahren durch Beschluss des Gerichts einzustellen, wenn es - wie hier - nicht innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist abgeschlossen wird. Diese Vorschrift räumt dem Gericht ein Ermessen nicht ein. Es hat allein die Einstellungsvoraussetzung nach der vorgenannten Vorschrift, mithin den Fristablauf, zu prüfen (vgl. Gansen, a.a.O., § 62 Rn. 21; Weiß, in: GKÖD Bd. II, § 62 BDG, Rn. 50). Eine nach Ablauf der vom Gericht gesetzten Frist von der Disziplinarbehörde ausgesprochene Einstellung des Disziplinarverfahrens nach § 32 NDiszG kann wegen fehlender Disziplinarbefugnis keine Wirkung entfalten (Urban, in: Urban/Wittkowski, BDG, 2. Aufl. 2017, § 62 Rn. 15). Daher wird die gerichtliche Entscheidung nach § 57 Abs. 3 NDiszG nicht durch eine Ankündigung der Disziplinarbehörde entbehrlich, das Disziplinarverfahren einstellen zu wollen. Vielmehr ist die Entscheidung des Gerichts von Amts wegen zu treffen (vgl. Gansen, a.a.O., § 62 Rn. 20; Weiß, a.a.O., § 62 Rn. 49)

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 69 Abs. 1, 71 Abs. 3 Satz 2 NDiszG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.