Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 10.02.2021, Az.: 5 A 284/18

Architekten; Befreiung; Mindestbeitrag; Pflichtmitgliedschaft; Rentenversicherung; Versorgung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
10.02.2021
Aktenzeichen
5 A 284/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 70801
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Es besteht kein Anspruch auf Befreiung von der Mitgliedschaft in der Architektenversorgung für angestellte Architekten, die in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Mitgliedschaft bei der Beklagten und die damit verbundenen Beitragszahlungen.

Der am D. geborene Kläger arbeitet als angestellter Architekt. Er war seit 1997 in Schleswig-Holstein tätig und dort in die Architektenliste der Architektenkammer Schleswig-Holstein eingetragen. Einem Versorgungswerk gehörte er auf eigenen Wunsch in Übereinstimmung mit den Regelungen der schleswig-holsteinischen Architektenversorgung in dieser Zeit nicht an, weshalb er Beiträge an die Deutsche Rentenversicherung entrichtete.

Seit dem 6. Dezember 2017 arbeitet der Kläger als angestellter Architekt in Niedersachsen. Am 12. Dezember 2017 wurde er in die Architektenliste der Architektenkammer Niedersachsen eingetragen. Die Beklagte begrüßte den Kläger mit Schreiben vom 20. Dezember 2017 als neues Mitglied und wies darauf hin, dass er mit der Mitgliedschaft bei der Architektenkammer Niedersachsen zugleich Mitglied bei ihr geworden sei.

Mit Schreiben vom 30. Dezember 2017 beantragte der Kläger die Befreiung von der Mitgliedschaft bei der Beklagten. Er sei auf das Risiko einer Zwangsmitgliedschaft bei der Beklagten von der Architektenkammer Niedersachsen nicht hingewiesen worden. Da er seit mehr als 30 Jahren in die Deutsche Rentenversicherung einzahle, sei der Wechsel zur Beklagten für ihn finanziell schädlich. Der Staatsvertrag zwischen den Ländern Bayern und Niedersachsen über die Architektenversorgung lasse eine Befreiung für ihn zu.

Ohne auf den Befreiungsantrag einzugehen, forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 22. Januar 2018 auf, einen Erhebungsbogen zu übersenden. Nach Erinnerung durch den Kläger wies die Beklagte mit Schreiben vom 8. März 2018 darauf hin, dass wegen der Abschaffung der Altersgrenze von 45 Jahren zum 1. Januar 2006 eine Befreiung nicht möglich sei. Der Kläger könne entweder einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht stellen oder an sie den Mindestbeitrag - auf Antrag die Hälfte davon - entrichten.

Mit Bescheid vom 28. März 2018 setzte die Beklagte einen monatlichen Pflichtbeitrag in Höhe von 890,60 EUR fest, da ein Erhebungsbogen nicht übersandt worden war. Nach Übersendung eines Erhebungsbogens und Antrag auf Festsetzung des halben Mindestbeitrags setzte die Beklagte mit Bescheid vom 17. April 2018 den monatlichen Beitrag auf 84,80 EUR, mithin den halben Mindestbeitrag, fest.

Mit Bescheid vom 18. April 2018 lehnte die Beklagte den Befreiungsantrag des Klägers ab. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, dass die Eintragung in die Architektenliste nach § 23 NArchG zur Pflichtmitgliedschaft in der Niedersächsischen Architektenkammer und dadurch gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 der Satzung der Beklagten zur Pflichtmitgliedschaft bei ihr führe. Eine satzungsrechtliche Ausnahme bestehe nicht mehr, seit zum 1. Januar 2006 eine Regelung gestrichen worden sei, nach der eine Pflichtmitgliedschaft nicht bestanden habe für Mitglieder, die zum Zeitpunkt des Eintretens das 45. Lebensjahr vollendet gehabt hätten. Die Voraussetzungen des § 16 ihrer Satzung seien beim Kläger nicht erfüllt. Ein freies Wahlrecht eines Kammermitglieds zwischen der Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk und der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe nicht. Auch der Staatsvertrag zwischen Bayern und Niedersachsen enthalte keine einschlägige Befreiungsregelung. Eine Mitgliedschaft bei ihr sei für den Kläger überdies nicht unzumutbar, insbesondere seien erhebliche wirtschaftliche Schäden nicht erkennbar.

Der Kläger hat am 18. Mai 2018 beim Verwaltungsgericht C-Stadt Klage erhoben.

Er trägt vor, dass er aufgrund anzuwendender Übergangsvorschriften von seiner Mitgliedschaft zu befreien sei, da er grundsätzlich eine gleichwertige Versorgung über die gesetzliche Rentenversicherung habe und ihm eine Mitgliedschaft bei der Beklagten unzumutbar sei. Nach der BArchV-Satzung seien diejenigen von der Pflichtmitgliedschaft ausgenommen, die in der Vergangenheit aufgrund der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Ausnahmetatbestände ohne Unterbrechung bis zum 1. August 2015 über die Architektenliste Mitglieder der Architektenkammer gewesen seien. Dies treffen auf ihn zu, da er seit über 20 Jahren in der Architektenliste geführt werde. Zudem sei er nach § 3 Nr. 4 des Staatsvertrags zwischen Bayern und Niedersachsen von der Mitgliedschaft befreit. Diese Regelung gelte auch für angestellte Architekten. Die Versorgung in der Deutschen Rentenversicherung sei als gleichwertig zu einer Architektenversorgung anderer Bundesländer anzusehen, die von der Beklagten als Grund für eine volle Befreiung anerkannt würden. Es müsse berücksichtigt werden, dass es ihm in Schleswig-Holstein freigestanden habe, ob er sich dem Versorgungswerk anschließe oder in die Deutsche Rentenversicherung einzahle. Hieraus dürfe ihm kein Nachteil gegenüber denjenigen entstehen, die einen Befreiungsantrag bei einem anderen Versorgungswerk gestellt hätten. Er könne nach dem Wechsel nach Niedersachsen nicht schlechter gestellt werden, als er vor seinem Wechsel in der Architektenkammer Schleswig-Holstein gestanden habe. Ein solcher Eingriff in die Berufsfreiheit könne nicht durch bloße Satzung erfolgen, hierfür sei ein Gesetz notwendig. Darüber hinaus sei ihm ein Wechsel in ein Versorgungswerk nicht zuzumuten, da dies mit einem erheblichen wirtschaftlichen Schaden verbunden sei. Er könne aufgrund seines Alters keinen angemessenen Gegenwert zu den von ihm zu leistenden Beiträgen erwarten. Er sei gezwungen, mehrere Jahre länger zu arbeiten, um den Verlust auszugleichen, den er durch die Zahlungen an die Beklagte erleide. Über den gesetzlich vorgesehenen Rentenbeitrag hinaus könne er nicht verpflichtet werden, weitere Pflichtzahlungen an die Beklagte zu leisten.

Mit Beschluss vom 14. November 2018 hat sich das Verwaltungsgericht C-Stadt für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Lüneburg verwiesen. Soweit der Kläger ursprünglich zusätzlich begehrt hat, die Beklagte zur Mitteilung über die Höhe des zu erwartenden Ruhegeldes bei gleichbleibender Zahlung zu verpflichten, haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Kläger beantragt nunmehr,

1. die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 18. April 2018 zu verpflichten, ihn von der Pflichtmitgliedschaft zu befreien,

2. den Bescheid vom 17. April 2018 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf die Begründung ihres Bescheids und trägt ergänzend vor, dass die Pflichtmitgliedschaft bei ihr auch bestehe, wenn er zuvor in Schleswig-Holstein nicht Pflichtmitglied eines Versorgungswerks gewesen sei. Da er nicht Mitglied in einem anderen Versorgungswerk sei, sei der Befreiungstatbestand des § 16 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung nicht erfüllt. Die Befreiung nach § 3 des Staatsvertrags zwischen Bayern und Niedersachsen werde nicht deshalb abgelehnt, weil der Kläger nicht als selbständiger Architekt arbeite, sondern weil dessen Befreiungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Staatsvertrages, also am 1. Dezember 1979 bzw. am 1. Oktober 1986, vorgelegen haben müssten. Da die Voraussetzungen nicht vorlegen hätten, bestimme sich die Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft nach ihrer Satzung. Für die Forderung des Klägers, eine Befreiung müsse nicht nur bei der Mitgliedschaft in einem anderen Versorgungswerk, sondern auch bei regulären Zahlungen an die Deutsche Rentenversicherung erteilt werden, fehle hierfür eine rechtliche Grundlage. Es bestehe kein Wahlrecht zwischen der Versorgung durch ein berufsständiges Versorgungswerk und durch die gesetzliche Rentenversicherung. Durch eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung habe es der Kläger selbst in der Hand, parallele Beitragszahlungen in zwei Versorgungssysteme zu vermeiden. Zudem müsse er bei ihr lediglich einkommensunabhängig den halben Mindestbeitrag leisten. Die Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten beruhe auf einer formal-gesetzlichen Grundlage, namentlich auf dem Gesetz über das öffentliche Versorgungswesen. Diese sei mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Soweit die Beteiligten das Verfahren hinsichtlich der Mitteilung der Beklagten über die zu erwartende Rentenhöhe bei gleichbleibender Zahlung übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

Die in der Sache fortgeführt Klage hat keinen Erfolg.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Ablehnung der Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft durch die Beklagte ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO (1.). Der Beitragsbescheid vom 17. April 2018 ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (2.).

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten.

Die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten folgt aus Art. 1 Satz 1 des Staatsvertrags zwischen dem Freistaat Bayern und dem Land Niedersachsen über die Zugehörigkeit der freischaffenden (freiberuflich tätigen) und beamteten Architekten des Landes Niedersachsen zur Bayerischen Architektenversorgung vom 23. Oktober/24. November 1978 (Staatsvertrag 1978) i.V.m. Art. 1 Abs. 1 des Staatsvertrags zwischen dem Freistaat Bayern und dem Land Niedersachsen über die Einbeziehung der angestellten und baugewerblich tätigen Architekten des Landes Niedersachsen in die C. vom 22. Januar/6. Februar 1986 (Staatsvertrag 1986). Danach sind Mitglieder der Beklagten diejenigen nicht berufsunfähigen Mitglieder der Architektenkammer Niedersachsen, die in der von dieser geführten Architektenliste als freischaffende (freiberuflich tätige) Architekten oder als beamtete Architekten eingetragen sind (Art. 1 Abs. 1 Staatsvertrag 1978), darüber hinaus auch diejenigen nicht berufsunfähigen Mitglieder der Architektenkammer Niedersachsen, die in der von dieser geführten Architektenliste als angestellte oder baugewerblich tätige Architekten eingetragen sind (Art. 1 Abs. 1 Staatsvertrag 1986). Da nach § 23 des Niedersächsischen Architektengesetzes (NArchtG) vom 25. September 2017 (Nds. GVBl. S. 356), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 1. Juli 2020 (Nds. GVBl. S. 213) der Architektenkammer die in der Architektenliste eingetragenen Architektinnen und Architekten als Pflichtmitglieder angehören, erfüllt der Kläger die Voraussetzungen der Staatsverträge für die Mitgliedschaft bei der Beklagten. Dies ist in Übereinstimmung mit § 15 der Satzung der Beklagten (Stand: Januar 2021, im Folgenden: Satzung), nach der Pflichtmitglieder alle nicht berufsunfähigen Mitglieder der Bayerischen Architektenkammer sind, wobei dies nach Art. 1 Abs. 2 Staatsvertrag 1979 für die Mitglieder der Architektenkammer Niedersachsen gleichermaßen gilt.

Ausnahmeregelungen von der Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten sind nicht einschlägig.

Die Ausnahmeregelung des Art. 3 § 3 Abs. 1 Satz Nr. 1 Staatsvertrag 1978 ist nicht einschlägig. Demnach wird von der Mitgliedschaft befreit, wer das 45. Lebensjahr vollendet hat und nach Nr. 4, wer in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist. Bei beiden Befreiungstatbeständen handelt es sich jedoch um Übergangsregelungen, die unter der Überschrift „Übernahmebestand“ aufgeführt sind und nach dem eindeutigen Wortlaut nur gelten, wenn die Voraussetzungen im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Staatsvertrages erfüllt waren. Unabhängig davon, ob für den Kläger als unselbständiger Architekt auf das Inkrafttreten des Staatsvertrages 1978 oder des Staatsvertrages 1986 abzustellen wäre, liegen die Voraussetzungen hinsichtlich des Klägers offensichtlich nicht vor. Weitergehende Regelungswirkungen entfaltet diese Vorschrift nicht, da es in der Regelung nicht darum geht, die künftige Mitgliedschaft in der Beklagten zu regeln, sondern nur für den Übergang festzulegen, wer Mitglied bei der Beklagten wird und wer befreit werden kann. Im Übrigen verweist Art. 1 Abs. 2 Staatsvertrag 1978 für Ausnahmen von der Pflichtmitgliedschaft auf die Satzung der Beklagten.

Aus der Satzung der Beklagten folgt ebenfalls kein Anspruch des Klägers auf Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft.

Die Ausnahme nach § 15 Abs. 4 der Satzung liegt hinsichtlich des Klägers nicht vor. Danach ist von der Pflichtmitgliedschaft ausgenommen, wer zum Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft bei der Beklagten erfüllt sind, die Regelaltersgrenze von 67 Jahren (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Satzung) erreicht hat. Da der Kläger 1965 geboren ist, hat er die Regelaltersgrenze weder im Dezember 2017 noch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erreicht gehabt.

Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft nach § 16 Abs. 1 der Satzung liegen beim Kläger ebenfalls nicht vor. Danach wird auf schriftlichen Antrag von der Pflichtmitgliedschaft befreit, wer nach § 5 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch versicherungsfrei ist (Nr. 1), bei Eintritt der Mitgliedschaftsvoraussetzungen bereits Mitglied einer anderen öffentlich-rechtlichen Architekten- oder Ingenieurversorgung in der Bundesrepublik Deutschland ist und diese Mitgliedschaft fortsetzt (Nr. 2), die Pflichtmitgliedschaft in einer außerhalb der Bundesrepublik Deutschland bestehenden, durch Gesetz angeordneten Versorgungseinrichtung beibehalten oder neu begründen muss, es sei denn, das Mitglied erzielt zugleich inländische Einkünfte aus Architektentätigkeit oder Stadtplanungstätigkeit, die davon nicht erfasst werden (Nr. 3) oder beim erstmaligen Eintritt der Voraussetzungen nach §15 die Altersgrenze für den Bezug von vorgezogenem Altersruhegeld erreicht hat (Nr. 4). Der Kläger ist weder nach § 5 Abs. 1 SGB VI versicherungsfrei noch ist er bereits Mitglied einer anderen öffentlich-rechtlichen Architekten- oder Ingenieurversorgung. Auch wenn der Kläger bis zu seinem beruflichen Wechsel nach Niedersachsen in Schleswig-Holstein Mitglied der dortigen Architektenkammer war, war er aufgrund der entsprechenden Landesregelungen von der Pflichtmitgliedschaft in der Architektenversorgung Baden-Württemberg befreit. Er leistete ausschließlich Zahlungen an die Deutsche Rentenversicherung. Für diesen Fall sieht die Satzung der Beklagten aber gerade keine Befreiung von der Mitgliedschaft vor, sondern lediglich im Falle der Mitgliedschaft in einem anderen inländischen oder ausländischen Versorgungswerk. Diese Regelung kann auch nicht erweiternd ausgelegt und zusätzlich für Beitragszahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung angewandt werden, da dies vom Wortlaut eindeutig nicht umfasst ist. Vielmehr wollte der Satzungsgeber eine Mitgliedschaft in mehreren Versorgungswerken vermeiden, nicht hingegen eine Pflichtmitgliedschaft parallel zur Versicherungspflicht in der Deutschen Rentenversicherung. Dies wird auch deutlich durch § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 der Satzung, wonach Mitglieder, die von einer für ihre Tätigkeit bestehenden Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nicht befreit sind oder die nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 von der Pflichtmitgliedschaft befreit werden können, keine einkommensbezogenen Beiträge zahlen. Diese Alternativen - entweder nicht von der Versicherungspflicht befreit oder Befreiungsmöglichkeit von der Pflichtmitgliedschaft - zeigen, dass die fortbestehende Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gerade kein Grund ist, sich von der Pflichtmitgliedschaft befreien zu lassen. Sie ist vielmehr ein Grund dafür, keine einkommensbezogenen Beiträge entrichten zu müssen, sondern lediglich den Mindestbeitrag nach § 22 der Satzung (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Weitere Gründe für die Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten sind nicht ersichtlich, insbesondere ergeben sie sich nicht aus der vom Kläger angeführten, aber ausschließlich für Stadtplaner in Bayern geltenden Übergangsvorschrift, nach der bei einer dauerhaften Mitgliedschaft bereits vor dem 31. Dezember 2005 und mindestens bis zum 1. August 2015 eine Pflichtmitgliedschaft entfällt, wenn zuvor ein Ausnahmetatbestand für das entsprechende Mitglied gegolten hat. Diese Regelung gilt ersichtlich nur als Übergangsvorschrift für die Aufnahme der Stadtplaner in Bayern - zu denen der Kläger nicht gehört - in die Architektenversorgung.

Ein unmittelbar aus dem Grundgesetz folgender Anspruch auf Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft scheidet ebenfalls aus. Die Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten ist für den Kläger nicht unzumutbar, eine Verletzung von Grundrechten liegt nicht vor.

Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten als Folge der Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk (BVerfG, Beschl. v. 28.11.1997 - 1 BvR 324/93 -, juris, Rn. 5; OVG Lüneburg, Beschl. v. 08.03.2006 - 8 LA 2/06 -, juris, Rn. 9)

Ebenso wenig kommt eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG in Betracht. Durch die Einführung der Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk und der damit verbundenen Beitragspflicht ist der Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG schon nicht tangiert (OVG Lüneburg, Beschl. v. 08.03.2006 - 8 LA 2/06 -, juris, Rn. 9 m.w.N.). Die Maßstäbe für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit von Beitragszahlungen zu einem berufsständischen Versorgungswerk sind danach vielmehr der allgemeinen Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 1 GG zu entnehmen. Soweit demgegenüber das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 5. Dezember 2000 (Az. 1 C 11.00, juris, Rn. 11) davon ausgeht, dass Regelungen über die Beitragshöhe in einem berufsständischen Versorgungswerk auch die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit der Berufsausübung berühren können, ergibt sich vorliegend im Ergebnis keine andere Beurteilung; auch danach ist die Beitragspflicht des Klägers nicht zu beanstanden.

Weder die Anordnung einer Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk noch die Bestimmung des einkommensunabhängigen Mindestbeitrags durch die Beklagte ist zu beanstanden. Die Mitgliedschaft in dem beklagten Versorgungswerk ist zwingend mit der Eintragung in die jeweilige Architektenliste verbunden. Die Pflichtmitgliedschaft bezweckt die Pflichtversorgung der Architekten und dient durch deren wirtschaftliche Absicherung der Erhaltung einer leistungsfähigen Architekteninfrastruktur. Sie ermöglicht es zugleich, dass die Architekten bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters aus der aktiven Berufstätigkeit ausscheiden und der nachfolgenden Generation Platz machen. Damit verfolgt die Pflichtmitgliedschaft legitime Zwecke und ihre Anordnung hält sich innerhalb des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers. Ein Gemeinwohlbelang von hoher Bedeutung ist auch die finanzielle Stabilität des Versorgungsträgers. Maßnahmen, die ihr zu dienen bestimmt sind, können auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie für die Betroffenen zu fühlbaren Einschränkungen führen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BVerwG, Urt. v. 05.12.2000 - 1 C 11.00 -, juris, Rn. 16 m.w.N.). Da ein berufsständisches Versorgungswerk als kollektive Versorgung nur funktionsfähig ist, wenn grundsätzlich alle Berufsangehörigen daran teilnehmen, können diese aus dem Gesichtspunkt der Solidargemeinschaft ohne Rücksicht auf individuelles Versorgungsbedürfnis zu Beitragszahlungen herangezogen werden (BVerwG, Urt. v. 29.01.1991 - 1 C 11.89 -, juris, Rn. 24 m.w.N.). Die Pflichtmitgliedschaft und die Anordnung eines Mindestbeitrags sind somit grundsätzlich zulässig (BVerwG, Urt. v. 05.12.2000 - 1 C 11.00 -, juris, Rn. 16 m.w.N.), auch wenn zugleich in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlt wird (BVerwG, Beschl. v. 30.08.1996 - 1 B 29.96 -, juris, Rn. 7 und Beschl. v. 23.03.2000 - 1 B 15.00 -, juris, Rn. 10). Es verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, wenn sich die Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk auch auf in der gesetzlichen Angestelltenversicherung pflichtversicherte Berufsangehörige bezieht (BVerwG, Beschl. v. 23.03.2000 - 1 B 15.00 -, juris, Rn. 15). Auf schwerwiegende Besonderheiten und unbillige Härten, insbesondere auf die wirtschaftliche Belastbarkeit eines Mitglieds, ist jedoch Rücksicht zu nehmen und bei bereits zuvor anderweitig versorgten Mitgliedern ist eine unzumutbare Überversicherung zu vermeiden (BVerwG, Urt. v. 29.01.1991 - 1 C 11.89 -, juris, Rn. 25 und Beschl. v. 30.08.1996 - 1 B 29.96 -, juris, Rn. 7).

Nach diesen Grundsätzen liegt in der Beitragspflicht bei dem beklagten Versorgungswerk in Höhe des halben Mindestbeitrags nach § 22 Abs. 2 der Satzung kein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG; sie ist für den Kläger entgegen seines Vorbringens nicht unzumutbar. Den Ausführungen des Klägers sind weder nachprüfbare Tatsachen dafür zu entnehmen, dass ihn die gleichzeitige Aufbringung beider Beiträge unzumutbar belastet, noch macht er substantiiert gelten, dass die aus beiden Versorgungsquellen insgesamt zu erwartende Versorgung zu einer unzumutbaren Überversorgung führen werde.

Die Satzung des Beklagten sieht nicht nur vor, dass der Mindestbeitrag bei Mitgliedern, die nicht von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit sind, auf 1/14 des Höchstbeitrags zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Antrag halbiert werden kann. Dadurch wird der besonderen Konstellation Rechnung getragen, dass diese Mitglieder bereits in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und somit nur den halben Mindestbeitrag zu zahlen haben. Darüber hinaus sieht § 24 Abs. 4 Satz 1 der Satzung auch die Möglichkeit der Stundung von Beiträgen vor, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für das Mitglied verbunden wäre. Diese Regelungen führen dazu, dass die Regelungen der Beklagten als verhältnismäßig anzusehen sind (vgl. zur Verhältnismäßigkeit eines auf 3/10 des Höchstbetrags geminderten Mindestbeitrags BVerwG, Urt. v. 29.01.1991 - 1 C 11.89 -, juris, Rn. 26 f.). Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die Entrichtung des auf 1/14 des Höchstbeitrags reduzierten Beitrags für den Kläger zu einer untragbaren oder sonst unangemessenen Belastung führt. Der Vortrag des Klägers, dass er bei einem vorzeitigen Ruhestand mit 63 Jahren mehr als 10 % seiner gesetzlichen Rente für den Mindestbeitrag bei der Beklagten in Höhe von derzeit 94,35 EUR entrichten müsse, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Denn gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 der Satzung können Beiträge nach dem Eintritt des Versorgungsfalles nicht mehr entrichtet werden. Hinzu kommt, dass es dem Kläger überlassen bleibt, sich entweder von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 SGB VI befreien zu lassen und seine Beiträge ausschließlich an die Beklagte zu leisten oder weiterhin in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen und zusätzlich den reduzierten Mindestbeitrag an die Beklagte zu bezahlen. Sofern der Kläger für die erste Alternative auf Minderungen der Höhe der bei Erreichen des Renteneintrittsalters zu erwartenden Versorgungsleistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung nach seinem beruflichen Wechsel nach Niedersachsen und den damit verbundenen Konsequenzen hinweist, ist dies nur die zwangsläufige Folge aus den landesrechtlich geordneten und von autonomen Verordnungsträgern geregelten Versorgungssystemen der Architekten. Dem betroffenen Versicherten steht von Verfassungs wegen kein Wahlrecht zu, das es ihm ermöglichen würde, im Lauf eines Berufslebens die jeweils günstigste Versorgungsmöglichkeit zu wählen oder an ihr festzuhalten und die Anwendung aller anderen Versicherungspflichten auszuschließen, auch wenn dies günstiger für ihn wäre (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 31.08.2004 - 1 BvR 1776/97 -, juris, Rn. 11; OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.07.2012 - 8 LA 149/11 -, juris, Rn. 17; Beschl. v. 08.03.2006 - 8 LA 2/06 -, juris, Rn. 12).

Ebenso wenig liegt in der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten und der damit verbundenen Beitragsverpflichtung ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt nicht bereits dann vor, wenn sich aus typisierenden Regelungen geringfügige Ungleichbehandlungen, gewisse Härten oder Ungerechtigkeiten ergeben. Dem Normgeber steht bei der Regelung der von dem Kläger geltend gemachten Befreiungstatbestände ein besonders weiter Spielraum zu, dessen Grenzen erst bei willkürlicher Diskriminierung oder Privilegierung erreicht sind (BVerfG, Beschl. v. 28.11.1997 - 1 BvR 324/93 -, juris, Rn. 3 f.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 08.03.2006 - 8 LA 2/06 -, juris, Rn. 13). Dass dieser Spielraum vorliegend überschritten wäre, ist nicht ersichtlich.

Weitere Anspruchsgrundlagen für eine Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten sind nicht ersichtlich.

2. Die zulässige Klage ist unbegründet, soweit sie sich gegen den Beitragsbescheid vom 17. April 2018 richtet. Die Beitragspflicht des Klägers in Höhe des halben Mindestbeitrags folgt aus § 18 Abs. 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 22 der Satzung der Beklagten. Gründe für eine Rechtswidrigkeit des Bescheids, die über die vorgetragene Rechtswidrigkeit der Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten hinausgehen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Da die Pflichtmitgliedschaft rechtmäßig ist (s.o.), ist der Beitrag in der festgesetzten Höhe ebenfalls rechtmäßig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und, soweit der Rechtsstreit für erledigt erklärt worden ist, auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, da selbst bei einer insoweitigen Kostentragungspflicht der Beklagten nach § 161 Abs. 2 VwGO dieser Anteil nur einen geringen Teil des Streitgegenstandes darstellen und den Streitwert auch nicht erhöhen würde. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.