Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 09.03.2021, Az.: 2 B 76/20

Abwägungsabschichtung; anerkannte Umweltvereinigung; Auslegung; Genehmigung; Region; Satzung; Vorranggebiet; Windenergieanlage

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
09.03.2021
Aktenzeichen
2 B 76/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 70820
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Zu den gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG auszulegenden Unterlagen zählen zum einen die Antragsunterlagen des Antragstellers, zum anderen die behördlichen Unterlagen, nicht aber die von Seiten eines Dritten als Einwendung vorgelegten Unterlagen.

2. Eine anerkannte Umweltvereinigung, die nach ihrer Satzung als Ziele Naturschutz und Landschaftspflege verfolgt, kann nicht gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 1 UmwRG die Aufhebung einer Genehmigung mit der Begründung verlangen, die von den Windenergieanlagen ausgehenden Schallimmissionen überschritten die Immissionsrichtwerte der Lärm.

3. Die öffentlichen Belange des Immissionsschutzes (§ 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB) und des Artenschutzes (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB) sind eigenständigen Regelungen zugeführt, die gemäß § 29 Abs. 2 BauGB als eigenständige Zulassungsschranken wirken. Diese Belange sind trotz der in § 35 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 BauGB vorgesehenen "Abwägungsabschichtung" auf Zulassungsebene zu prüfen, auch wenn sie bei Festlegung des Vorranggebiets bereits auf Ebene der Regionalplanung geprüft und abgewogen worden sind.

Gründe

I.

Der Antragsteller, eine anerkannte Naturschutzvereinigung, wendet sich gegen der Beigeladenen erteilte und für sofort vollziehbar erklärte immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb von sechs Windenergieanlagen.

Die Beigeladene ist Betreiberin von Windenergieanlagen. Der Antragsgegner erteilte ihr mit drei Bescheiden vom 9. Juni 2020 drei Genehmigungen zur Errichtung von insgesamt sechs Windenergieanlagen wie folgt:

- Genehmigung I20190018 (im Folgenden Genehmigung WEA 2 bis 5): vier Windenergieanlagen, Typ GE 3.6-137; Nabenhöhe:164,5 m, Rotordurchmesser: 137 m; Nennleistung: 3.600 kW; Flurstücke: 16/1, 20, 27/1 der Flur 2 der Gemarkung E. (1. Bauabschnitt).

- Genehmigung I20190020 (im Folgenden Genehmigung WEA 1): eine Windenergieanlage, Typ GE 3.6-137; Nabenhöhe: 164,5 m; Rotordurchmesser: 137 m; Nennleistung: 3.600 kW; m Flurstück 46/2 der Flur 2 der Gemarkung F. (3. Bauabschnitt).

- Genehmigung I20190020 (im Folgenden Genehmigung WEA 6): eine Windenergieanlage; Typ GE 5.3-158; Nabenhöhe: 161 m; Rotordurchmesser: 158 m; Nennleistung: 5.300 kW; Flurstück 13/7 der Flur 1 der Gemarkung G. (4. Bauabschnitt).

Die WEA 1 bis 5 befinden sich allesamt jedenfalls mit ihrem Mastfuß innerhalb eines durch das Regionale Raumordnungsprogramm des Landkreises Uelzen (RROP 2019) festgelegten Vorranggebiets Nr. 43 „G.“ (Vorranggebiet Nr. 43); die WEA 6 liegt ausweislich der Antragsunterlagen mit ihrem Mastfuß ebenfalls innerhalb des Vorranggebiets, wobei der Antragsgegner ausweislich der Bescheidbegründung davon ausgeht, dass die WEA 6 nicht mehr innerhalb der Grenzen des Vorranggebiets liege. Im zweiten Bauabschnitt soll eine weitere Windenergieanlage von einem anderen Windenergieanlagenbetreiber im Vorranggebiet errichtet werden.

Die Genehmigungen sind mit zahlreichen Nebenbestimmungen versehen.

Mit Schreiben vom 8. Juli 2020 erhob der Antragsteller jeweils Widerspruch gegen die Genehmigungen. Auf entsprechenden Antrag der Beigeladenen ordnete der Antragsgegner mit Bescheiden vom 22. bzw. 23. Juli 2020 die sofortige Vollziehung der Genehmigungsbescheide an. Unter dem 22. September 2020 erließ der Antragsgegner „Klarstellungsbescheide“, in denen er die Koordinaten der zu errichtenden Windenergieanlagen präzisierte. Die gegen die Genehmigungen gerichteten Anträge des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Widersprüche lehnte der Antragsgegner mit Bescheiden vom 12. November 2020 ab.

Am 7. Dezember 2020 hat der Antragsteller bei dem erkennenden Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung verweist er auf seine bereits im Genehmigungsverfahren vorgebrachten Einwendungen (Schreiben vom 21. November 2019 und vom 20. Februar 2020) und führt ergänzend aus: Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei fehlerhaft durchgeführt worden, weil der Antragsgegner die von ihm, dem Antragsteller, vorgelegten ornithologischen Untersuchungen für das Vorhabengebiet der Firma H. I. für die Jahre 2018 und 2019 sowie die Untersuchung der Stiftung J. vom 20. November 2019 bei der zur Fehlerheilung erneut durchgeführten Auslegung der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht habe. Von den Windenergieanlagen gingen unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen aus. Der Antragsgegner habe kein Lärmgutachten vorgelegt, das die Windenergieanlagen insgesamt als Zusatzbelastung betrachte. Der nachgereichte Bericht vom 15. November 2019 gehe davon aus, dass eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte um 1 dB (A) aufgrund einer Vorbelastung zulässig sei, wenn diese Überschreitung auf einer Vorbelastung beruhe. Es sei aufgrund der undifferenzierten Darstellungsweise des Gutachtens aber nicht ersichtlich, dass der Richtwert nicht bereits aufgrund der streitgegenständlichen Windenergieanlagen überschritten würde. Bei der WEA 6 sei offenbar auch ein Nachtbetrieb zulässig. Es sei davon auszugehen, dass insoweit der maßgebliche Immissionsrichtwert überschritten werde. Die Berechnung der Immissionssituation sei auch fehlerhaft erfolgt. Es sei nicht ersichtlich, dass der Oktavschallpegel einschließlich aller Zuschläge für den Vertrauensbereich berücksichtigt worden sei. Da die Immissionsrichtwerte nach dem Gutachten teilweise nur sehr knapp bzw. nur unter Berücksichtigung einer etwaigen Vorbelastung eingehalten seien, müsse davon ausgegangen werden, dass eine richtige Berechnung zeigen werde, dass die Immissionsrichtwerte überschritten würden. Fehlerhaft sei vor diesem Hintergrund, dass Nachtbetrieb erlaubt sei. Der Antragsgegner weiche unzulässigerweise von den Empfehlungen der Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen unter Verweis auf seine Erfahrungen aus seiner Überwachungspraxis ab. Unzulässig sei es auch, dass sich die Windenergieanlagen Nr. 1, 3 und 6 außerhalb des Vorranggebiets befänden. Die Ausschlusswirkung der regionalen Raumordnungsplanung greife für sämtliche Teile der Windenergieanlagen. Wie schon das Verwaltungsgericht Hannover entschieden habe, sei nicht allein der Standort des Turmes entscheidend. Dass das beim RROP 2019 des Antragsgegners anders sei, sei nicht ersichtlich. Vielmehr seien im Rahmen der Aufstellung des RROPs 2019 für die Bemessung des Mindestabstands Faktoren wie Schattenschlag und optische Bedrängungen sowie die stetig voranschreitende Höhenentwicklung der Windenergieanlagen herangezogen worden, die allesamt in unmittelbarem Zusammenhang mit der überstrichenen Rotorfläche stünden. Das zeige, dass der Plan nicht allein die Masten in den Konzentrationszonen habe konzentrieren wollen. Soweit der Antragsgegner aus Ausführungen in der Begründung des RROP einen gewissen Ermessensspielraum bei der Zulassung von mit ihren Rotoren über die Grenzen des Vorranggebiets hinausragenden Windenergieanlagen folgere, komme das schon wegen der notwendigen Bestimmtheit der raumordnerischen Zielvorgaben nicht in Betracht. In der Logik des Antragsgegners könnten sogar mastfußbreite Korridore als Konzentrationszone mit Ausschlusswirkung festgelegt werden; die tatsächliche raumordnerische Bedeutung der Größe von Vorranggebieten werde so aber nicht adäquat abgebildet. Der Zulassung der Anlagen stehe auch der Artenschutz, namentlich das Vogelvorkommen, entgegen. Die den Genehmigungen zugrundeliegenden Annahmen seien aufgrund der in den Gutachten der von ihm beauftragten H. I. von 2018 und 2019 dargelegten Erkenntnisse höchst zweifelhaft. Danach sei das Vorranggebiet (einschließlich 500 m Umkreis) mit mindestens 62 Brutvogelarten als artenreich zu bezeichnen. Es handele sich um ein Vogelbrutgebiet von regionaler Bedeutung. Das Vorranggebiet sei für die Windenergienutzung darum ungeeignet. Die Abschaltzeiten zum Schutz der Fledermäuse seien unzureichend; zudem sei die von der Beigeladenen als Bestandteil der Antragsunterlagen vorgelegte Untersuchung zum Fledermausvorkommen methodisch mangelhaft und entspreche den Vorgaben des Artenschutzleitfadens nicht.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruches vom 8. Juli 2020 gegen die Genehmigung vom 9. Juni 2020 zur Errichtung und zum Betrieb von vier Windenergieanlagen vom Typ GE 3.6-137 in der Gemarkung E., Flur 2, Flurstücke 16/1, 20, 27/1 und 32/1 (WEA 2,3,4 und 5) in der Form des Klarstellungsbescheids vom 22. September 2020 entgegen der am 22. Juli 2020 angeordneten sofortigen Vollziehung wiederzustellen,

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruches vom 8. Juli 2020 gegen die Genehmigung vom 9. Juni 2020 zur Errichtung und zum Betrieb von einer Windenergieanlage (WEA 1) vom Typ GEW 3.6-137 in der Gemarkung F., Flur 2, Flurstück 46/2 in der Form des Klarstellungsbescheids vom 22. September 2020 entgegen der am 23. Juli 2020 angeordneten sofortigen Vollziehung wiederzustellen,

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruches vom 8. Juli 2020 gegen die Genehmigung vom 9. Juni 2020 zur Errichtung und zum Betrieb von einer Windenergieanlage vom Typ GE 5.3-158 in der Gemarkung G., Flur 1, Flurstück 13/7 (WEA 6) in der Form des Klarstellungsbescheids vom 23. September 2020 entgegen der am 23. Juli 2020 angeordneten sofortigen Vollziehung wiederzustellen,

Der Antragsgegner beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Er verteidigt die der Beigeladenen erteilten Genehmigungen gegen die von dem Antragsteller erhobenen Einwendungen.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt umfassend zur Rechtmäßigkeit der ihr erteilten Genehmigungen vor.

Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Beschleunigung von Investitionen vom 3. Dezember 2020 durch Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt vom 9. Dezember 2020, wonach nunmehr die Oberverwaltungsgerichte in erster Instanz über Rechtsstreitigkeiten entscheiden, die die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Anlagen zur Nutzung von Windenergie an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern betreffen (s. § 48 Abs. 1 Nr. 3 a VwGO n. F.), hat das erkennende Gericht den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht abgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Oberverwaltungsgericht sei infolge der Gesetzesänderung als (künftiges) Gericht der Hauptsache gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zuständig geworden. Der Abgabe stehe der in § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17 Absatz 1 Satz 1 GVG enthalten Grundsatz der „perpetuatio fori“ nicht entgegen, weil § 80 Abs. 5 VwGO insoweit eine speziellere Regelung enthalte. Mit Beschluss vom 28. Januar 2021 (Nds. OVG, Beschl. v. 28.1.2021 - 12 MS 6/21 -, juris) hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht den Rechtsstreit an das erkennende Gericht zurückverwiesen und insoweit ausgeführt, die Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG gehe der Zuständigkeitsregelung in § 80 Abs. 5 VwGO vor; hierfür sprächen außer übergeordneten Gesichtspunkten auch der Umstand, dass § 83 Satz 1 VwGO uneingeschränkt § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG verweise.

II.

Die Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche des Antragstellers gegen die der Beigeladenen erteilten und mit Bescheiden vom 22. bzw. 23. Juli 2020 für sofort vollziehbar erklärten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen, über die zu entscheiden das erkennende Gericht bereits aufgrund des Verweisungsbeschlusses des Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht berufen ist, ist nach § 80a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthaft. Sie sind auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller gemäß § 1 Abs. 1 i. V. m. §§ 2 Abs. 1, 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) antragsbefugt, ohne dass er hierzu eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen müsste. Der Anwendungsbereich des UmwRG ist eröffnet. Der Antragsteller richtet sich mit seinem Antrag gegen eine Zulassungsentscheidung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1) UmwRG, denn bei der Zulassung der insgesamt sechs mehr als 50 m hohen Windenergieanlagen kann gemäß Ziff. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen. Der Antragsteller ist auch eine nach § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwRG anerkannte inländische Vereinigung: Er ist mit Bescheid des Umweltbundesamtes vom 1. Dezember 2016 als Vereinigung im Sinne des § 3 UmwRG anerkannt worden. Auch die weiteren für eine Rechtsbehelfsberechtigung einer Vereinigung erforderlichen Voraussetzungen gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG liegen vor. Insbesondere macht der Antragsteller geltend, durch die angefochtene Entscheidung in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt zu sein.

Der Antrag ist aber nicht begründet.

1. Die vom Antragsgegner angeordnete aufschiebende Wirkung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Hat die Behörde auf Antrag eines Dritten die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts angeordnet, hat ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO bereits dann Erfolg, wenn eine Begründung nach § 80 Abs. 3 VwGO fehlt oder die erfolgte Begründung unzureichend ist.

Die mit Bescheid vom auf Antrag der Beigeladenen ausgesprochen Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des in der Hauptsache streitgegenständlichen Genehmigungsbescheides ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Ihre Begründung entspricht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Danach muss die schriftliche Begründung in nachvollziehbarer Weise die Erwägungen erkennen lassen, die die Behörde zur Anordnung der sofortigen Vollziehung veranlasst haben. Diese ist verpflichtet, abgestellt auf den konkreten Fall das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung sowie die Ermessenserwägungen, die sie zur Anordnung der sofortigen Vollziehung bewogen haben, schlüssig und substantiiert darzulegen. Formelhafte und pauschale Begründungen oder Wendungen, mit denen lediglich der Gesetzestext wiederholt wird, reichen nicht aus.

In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die zur Begründung des Sofortvollzugs angeführten Gründe diesen tatsächlich rechtfertigen und ob die angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind. Die Abwägung, ob das Aussetzungsinteresse des Antragstellers die gegenläufigen Vollziehungsinteressen der Beigeladenen überwiegt, ist vielmehr eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung und deshalb Teil der eigenständigen gerichtlichen Ermessensentscheidung, ob die sofortige Vollziehung wegen eines überwiegenden Vollziehungsinteresses gerechtfertigt ist.

Den somit an dieser Stelle allein maßgeblichen formellen Begründungsanforderungen hat der Antragsgegner genügt. Er hat zur Begründung des Sofortvollzugs ausgeführt, es bestehe bereits ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung, weil die streitgegenständlichen Vorhaben der Energieversorgung aus erneuerbaren Energien sowie dem Klimaschutz dienten. Mit Blick auf den vorliegenden Einzelfall hat er weiter ausgeführt, es sei zudem ein überwiegendes wirtschaftliches Interesse der Beigeladenen an der Errichtung und dem Betrieb der genehmigten Anlagen festzustellen. Es seien bereits erhebliche Projektierungs- und Planungskosten aufgewendet worden. Zudem habe die Beigeladene an einem Ausschreibungsverfahren teilgenommen; sie erwarte in Kürze einen Zuschlag von der Bundesnetzagentur, der aber wie der damit verbundene Vergütungsanspruch nach 30 Monaten erlösche, sofern die Anlagen bis dahin nicht errichtet und in Betrieb genommen worden seien. Die Widersprüche des Antragstellers hätten zudem geringe Erfolgsaussichten.

Mit diesen Ausführungen hat der Antragsgegner nachvollziehbar zu erkennen gegeben, aufgrund welcher konkreten Überlegungen er gerade im vorliegenden Fall ein überwiegendes privates Interesse bzw. zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung als gegeben ansieht.

2. Die Anordnung des Sofortvollzugs ist auch in materieller Hinsicht gerechtfertigt. Die aufschiebende Wirkung ist nicht wiederherzustellen.

Gemäß § 80a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage eines Dritten ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn das Interesse des Antragstellers am vorläufigen Nichtvollzug (Aussetzungsinteresse) das Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts (Vollzugsinteresse) überwiegt. Das Gericht nimmt im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Aussetzungsinteressen der Beteiligten vor. Bei Konstellationen, in denen der angefochtene Verwaltungsakt der Beigeladenen eine Rechtsposition einräumt, die ihr der Antragsteller streitig macht, stehen sich nicht allein das öffentliche Vollzugsinteresse der Genehmigungsbehörde und das private Interesse des Antragstellers an einer Beibehaltung des Status quo gegenüber. Eine vorläufige gerichtliche Regelung muss vielmehr auch das Interesse der durch den Verwaltungsakt begünstigten Beigeladenen an der Beibehaltung der ihr eingeräumten Rechtsposition berücksichtigen, das nicht von vornherein weniger gewichtig ist als das Interesse des Antragstellers. Maßgeblicher Ausgangspunkt der Interessenabwägung ist eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Erweist sich der Rechtsbehelf als offensichtlich begründet, weil der angegriffene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen, weil an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kein Interesse besteht. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nach der im Eilverfahren nur durchzuführenden summarischen Prüfung hingegen offen, ist die Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung aufgrund einer Abwägung aller in Betracht kommender schutzwürdiger Interessen zu treffen.

Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der vorliegende Antrag keinen Erfolg.

Das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt das Interesse des Antragsgegners und der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Bescheide nicht. Nach der im Rahmen des Eilverfahrens allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweist sich der Rechtsbehelf in der Hauptsache – hier die Widersprüche gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide – gemäß dem Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) als voraussichtlich unbegründet. Der Antragsteller kann die Aufhebung der angefochtenen Genehmigungen weder gemäß § 4 UmwRG wegen Verfahrensfehler (a)), noch gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 1 UmwG wegen Verstöße gegen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sind, verlangen (b)). Denn die Genehmigungen verstoßen voraussichtlich nicht gegen derartige Vorschriften; soweit der Antragsteller seinen Rechtsbehelf auf einen Verstoß gegen Immissionsrichtwerte stützt, betrifft dieser Verstoß zudem keine Belange, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Soweit sich die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs des Antragstellers als offen erweisen, ist die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht gerechtfertigt, weil das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Ausnutzung der ihr erteilten Genehmigung und das öffentliche Interesse an der Energiegewinnung durch erneuerbare Energien die von dem Antragsteller vertretenen Interesse bei der insoweit durchzuführenden Interessenabwägung überwiegen (c)).

a) Der Antragsteller kann die Aufhebung der Genehmigungen voraussichtlich nicht wegen eines Verfahrensfehlers verlangen. Denn der von dem Antragsteller gerügte Verfahrensverstoß liegt nicht vor, so dass dahinstehen kann, ob der geltend gemachte Verstoß überhaupt geeignet wäre, einen Aufhebungsanspruch des Antragstellers nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG zu begründen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers war der Antragsgegner im Zuge der zweiten Auslegung nicht verpflichtet, auch die von dem Antragsteller vorgelegten Gutachten und Einwendungsschreiben auszulegen.

Die sechs genehmigten, mehr als 50 m hohen Windenergieanlagen sind gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i. V. m. § 1 Abs. 1 i. V.m. Ziff. 1.6.2 Anlage 1 der 4. BImSchV genehmigungspflichtig und unterliegen zudem gemäß §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 UVPG i. V. m. Ziff. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c) der 4. BImSchV ist deshalb für sie das Genehmigungsverfahren gemäß § 10 BImSchG durchzuführen.

Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG sind der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme etwaiger Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Der Inhalt der auszulegenden Unterlagen wird in § 10 der 9. BImSchV weiter konkretisiert. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 der 9. BImSchV sind der „Antrag sowie die beigefügten Unterlagen auszulegen, die die Angaben über die Auswirkungen der Anlage auf die Nachbarschaft und die Allgemeinheit enthalten“. Darüber hinaus sind, soweit vorhanden, die „entscheidungserheblichen sonstigen der Genehmigungsbehörde vorliegenden behördlichen Unterlagen“ zu dem Vorhaben auszulegen, die Angaben über die Auswirkungen der Anlage auf die Nachbarschaft und die Allgemeinheit oder Empfehlungen zur Begrenzung dieser Auswirkungen enthalten.

Die Schreiben des Antragstellers und die von ihm eingeholten Gutachten zählen nicht zu den nach diesen Vorschriften auszulegenden Unterlagen. Es handelt sich insoweit um im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung erhobene Einwendungen, d. h. Bedenken, die dagegen geltend gemacht werden, dass die zu genehmigende Anlage so errichtet und betrieben wird, wie es die vorgelegten Unterlagen beschreiben. Die von dem Antragsteller vorgelegten Gutachten sind ebenfalls Einwendungen, denn sie dienen insoweit lediglich der Begründung der Einwendung. Entgegen der Auffassung des Antragstellers gebieten die von ihm herangezogenen Vorschriften eine Auslegung von Einwendungen mitsamt den zugehörigen Unterlagen und Berichte nicht. Zwar wurde durch § 10 Abs. 3 BImSchG der Kreis der auslegungspflichtigen Unterlagen erweitert. Eine Auslegungspflicht besteht danach auch für entscheidungserhebliche Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen. Damit wird aber, auch im Fall einer zweiten Auslegung, die Auslegungspflicht nicht auf in einer ersten Auslegung erhobene Einwendungen erweitert. Denn jedenfalls aus § 10 Abs. 1 Satz 2 der 9. BImSchV wird deutlich, dass die insoweit vorgesehene Auslegungspflicht auf „behördliche Unterlagen“ beschränkt ist, von dritter Seite vorgelegte Unterlagen hiervon hingegen nicht erfasst werden. Demnach sind nach § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 der 9. BImSchV zwei wesentliche Kategorien von Unterlagen auszulegen: Zum einen die Antragsunterlagen des Antragstellers, zum anderen die behördlichen Unterlagen, wozu auch die von der Behörde angeforderten Unterlagen zählen (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 3 der 9. BImSchV). Hingegen sind ohne entsprechende behördliche Aufforderung von dritter Seite im Zusammenhang mit einer Einwendung vorgelegte weitere Unterlagen nicht auslegungspflichtig. Dieses Ergebnis wird durch eine systematische Gesetzesauslegung gestützt. Denn die Verfahrensweise in Bezug auf von dritter Seite erhobenen Einwendungen ist selbständig und abschließend in § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 BImSchV geregelt. Danach sind Einwendungen nur dem Antragsteller und ggf. beteiligten Behörden bekanntzugeben. Aus dieser spezifischen, Einwendungen betreffenden Regelung folgt, dass es sich bei Einwendungen nicht zugleich um gemäß § 10 Abs. 3 BImSchG bzw. § 10 der 9. BImSchV auszulegende sonstige „entscheidungserhebliche Berichte und Empfehlungen“ handelt.

b) Die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen leiden voraussichtlich auch nicht an für die Entscheidung bedeutsamen Verstößen gegen materielle Rechtsvorschriften, aufgrund derer der Antragsteller nach § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwRG die Aufhebung der Genehmigung beanspruchen kann. Nach dieser Vorschrift ist der Rechtsbehelf einer anerkannten Umweltvereinigung nur dann begründet, wenn die angefochtene Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, wozu die hier streitgegenständlichen Immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen zählen, gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert.

Das Prüfprogramm für die erteilten Genehmigungen, also die für sie bedeutsamen Regelungen, ergibt sich aus § 6 Abs. 1 BImSchG. Danach ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (dazu aa), und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (dazu bb)).

aa) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImschG sind genehmigungsbedürftige Anlagen insbesondere so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Zu den danach zu vermeidenden schädlichen Umwelteinwirkungen zählen gemäß § 3 Abs. 1 und 2 BImSchG namentlich auch Geräusche.

Soweit der Antragsteller diesbezüglich rügt, die von den Windenergieanlagen ausgehenden Schallimmissionen führten „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ zu einer Überschreitung von Immissionsrichtwerten, kann er die Aufhebung der Genehmigungsbescheide mit dieser Begründung aller Voraussicht nach nicht beanspruchen. Zwar nimmt er mit seinem Einwand auf nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz grundsätzlich rügbare Rechtsvorschriften Bezug. Jedoch betrifft der gerügte Verstoß seine rügefähigen Belange nicht ((1)). Jedenfalls ist aber nicht erkennbar, dass die von dem Antragsteller angeführten Einwendungen gegen die Lärmberechnung es rechtfertigen würden, die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen, weil die Einhaltung der geltenden Lärmrichtwerte im Betrieb schon durch entsprechende Auflagen sichergestellt ist ((2)).

(1) § 2 Abs. 4 Nr. 1 UmwRG sieht zwar eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle für die betroffenen Entscheidungen, zu denen die hier angegriffenen Genehmigungen zählen, vor, indem ein Aufhebungsanspruch einen Verstoß gegen umweltbezogene Regelungen – wie er nach § 2 Abs. 4 Nr. 2 UmwRG erforderlich ist – nicht voraussetzt. Allerdings ist auch ein Rechtsbehelf gegen die von § 2 Abs. 4 Nr. 1 UmwRG erfassten Entscheidungen nur dann begründet, soweit der festgestellte Verstoß gegen (nicht notwendig umweltbezogene) Vorschriften Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die rechtschutzsuchende Vereinigung nach ihrer Satzung fördert (vgl. u.a. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.9.2018 - 8 A 11958/17 -, juris Rn. 127). Daran fehlt es hier aller Voraussicht nach.

Der Antragsteller hält die den Genehmigungen zugrundeliegenden Schallgutachten für unzureichend; sie seien nicht geeignet, die Einhaltung der Immissionsrichtwerte zu belegen, weil es an einer gemeinsamen Beurteilung aller Windenergieanlagen als Zusatzbelastung fehle und es nicht erkennbar sei, dass die Immissionssituation unter Berücksichtigung des Oktavschallpegels einschließlich aller Zuschläge für den oberen Vertrauensbereich ermittelt worden sei. Bei einer Berücksichtigung aller Zuschläge für den oberen Vertrauensbereich sei mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte zu konstatieren. Der Sache nach rügt er damit, soweit ersichtlich, bezüglich der Lärmimmissionen nur eine (wahrscheinliche) Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte.

Die jeweils maßgeblichen Immissionsrichtwerte sind in der TA Lärm bestimmt. Zwar liegt dem Bundesimmissionsschutzgesetz kein rein anthropozentrisches Schutzziel zugrunde (vgl. § 1 Abs. 1 BImSchG). Die Richtwerte der TA Lärm sind aber ausschließlich nach dem Schutzanspruch der jeweils betroffenen – menschlichen – Nachbarschaft ausgerichtet. Sie differenzieren danach, ob der maßgebliche Immissionswert in einem Wohn-, Gewerbe- oder Dorfgebiet usw. liegt und damit ausschließlich danach, inwiefern die dort ausgeübte Nutzung durch Menschen schutzbedürftig ist. Soweit also konkret eine Verletzung eines Immissionsrichtwertes gerügt wird, steht der menschliche Anspruch auf Schutz vor unzumutbaren Umwelteinwirkungen in Form von Lärm in Rede.

Auch der Antragsteller rügt mit seinem Einwand, die Immissionsrichtwerte würden insbesondere an den Immissionsorten IO 6 und 7 (voraussichtlich) nicht eingehalten, nur eine Verletzung menschlicher Schutzansprüche. Mit der Bezugnahme auf Immissionsrichtwerte rügt er insbesondere nicht zugleich oder auch nur reflexhaft einen Verstoß gegen Lärmschutz zugunsten von Flora und Fauna. Für die von dem Antragsteller besonders in den Blick genommenen Immissionsorte IO 6 und 7 wurde der für Allgemeine Wohngebiete geltende Immissionsrichtwert festgelegt. Darauf gründet sich ihr relativ hohes Schutzniveau. Befänden sich die Immissionsorte im Außenbereich, wovon auszugehen wäre, wenn dort keine Menschen in Gebäuden lebten, wäre das Schutzniveau geringer, so dass auch eine Überschreitung der Richtwerte nicht ersichtlich wäre.

Der Schutz von Menschen vor schädlichen Lärmeinwirkungen ist indes nicht ein von dem Antragsteller satzungsmäßig verfolgtes Ziel. Die Satzung des Antragstellers formuliert seine Ziele wie folgt:

„Zweck des Vereins ist der überparteiliche und wirtschaftlich unabhängige Naturschutz sowie die Landschaftspflege, insbesondere der Schutz bedrohter Tierarten, die Erhaltung und Entwicklung von Lebensräumen für Tiere und Menschen samt einem tragfähigen Lebensraumverbund, die Förderung von Eigendynamik in der Natur und von sich neu entwickelnder Wildnis sowie der Schutz unserer Landschaften, des Landschaftsbildes sowie deren Ästhetik und Kulturgüter. Dazu werden neue Naturschutzkonzepte und Verbindungen der unterschiedlichen Disziplinen besonders gefördert.

Vornehmlich bezweckt der Verein den Schutz der Wälder und der in diesem Lebensraum lebenden Tiere, Vögel und Fledermäuse, den Schutz der Artenvielfalt in der Landwirtschaft und der Lebensräume für Wildtiere, Wildpflanzen und Wildpilze sowie der Schutz sonstiger Wildtiere im Wald, Offenland und Gewässern samt ihrer natürlichen Eigendynamik in allen Lebensbereichen. Er zielt darauf ab, das Verständnis für Naturvorgänge und notwendige Schutzmaßnahmen in allen Kreisen der Bevölkerung, in der Jugend- und Erwachsenenbildung und insbesondere bei den verantwortlichen Persönlichkeiten in Politik, Verwaltung und Wirtschaft zu fördern.

Aus der Satzung wird deutlich, dass der Antragsteller als satzungsmäßiges Ziel keinen umfassenden Umweltschutz verfolgt. Vielmehr fördert er ausweislich des ersten oben zitierten Satzes Naturschutz und Landschaftspflege. Hierbei handelt es sich um zwei Teilbereiche des Umweltschutzes, die zwar ihrerseits wiederum Oberbegriffe, aber gleichwohl enger als der Begriff des Umweltschutzes zu verstehen sind (vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, UmwRG, 93. EL, § 3 Rn. 16). Soweit in der Satzung, eingeleitet durch „insbesondere“, beispielhaft Anwendungsbereiche seiner Tätigkeit genannt werden, beziehen sich diese ebenfalls nur auf die Teilbereiche Naturschutz und Landschaftspflege. Ausgehend davon schützt der Antragsteller ausweislich seiner Satzung Tiere als Ausschnitt des Bereichs „Naturschutz“, aber nicht den menschlichen Organismus vor Einwirkungen vor Lärm. Der Verstoß gegen die zum Schutz von Menschen festgelegten Immissionsrichtwerte berührt somit keinen Belang, der zu den Zielen gehören würde, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Der Antragsteller kann darum die Aufhebung der angegriffenen Genehmigungen nicht wegen eines Verstoßes gegen die Lärmimmissionsrichtwerte verlangen.

(2) Ungeachtet des Vorstehenden führen die Einwendungen des Antragstellers jedenfalls nicht dazu, dass die aufschiebende Wirkung seiner Widersprüche gegen die Genehmigungsbescheide wiederherzustellen wäre. Denn auch wenn seine Einwände gegen die der Genehmigung zugrundeliegenden Schallgutachten durchgreifen würden und die dort berechnete Immissionsprognose unrichtig wäre, ist durch die Auflagen in der Genehmigung sichergestellt, dass die Immissionsrichtwerte im Betrieb nicht dauerhaft überschritten werden. Insofern sind die Ausführungen des Antragstellers von vornherein nicht geeignet, sein überwiegendes Interesse an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Genehmigungen zu begründen.

Sämtliche Genehmigungen enthalten einen selbständigen Abschnitt zum Immissionsschutz mit Hinweisen und Nebenbestimmungen zum Thema Lärmschutz (WEA 2-5: Ziff. 39 ff.; WEA 1: Ziff. 38 ff.; WEA 6: Ziff. 38 ff.). In allen Genehmigungen ist in Nebenbestimmungen geregelt, dass die an den jeweiligen Immissionsorten festgesetzten Immissionsrichtwerte nicht überschritten werden dürfen. Diese Regelung wird flankiert durch Bestimmungen zur Überwachung des Betriebs der Anlagen. So ist der genehmigungskonforme Betrieb innerhalb eines Jahres nach Inbetriebnahme durch eine Abnahmemessung nach § 28 BImSchG nachzuweisen. Sollte sich hierbei erweisen, dass eine Überschreitung der Immissionswerte zu gewärtigen ist, kann der Antragsgegner die durch Auflagen vorgeschriebene Einhaltung der Immissionswerte durch entsprechende Maßnahmen sicherstellen. Insofern rechtfertigen die von dem Antragsteller vorgetragenen Lärmschutzbelange die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht, weil dem Lärmschutz auch bei einer fortdauernden Vollziehbarkeit der Genehmigungen hinreichend Rechnung getragen werden kann. Hingegen ist – auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Antragstellers, der sich letztlich nur gegen die Plausibilität der Lärmprognose richtet – nicht davon auszugehen, dass es durch die Inbetriebnahme der Windenergieanlagen zwangsläufig oder nur überwiegend wahrscheinlich zu unzumutbaren Umwelteinwirkungen kommen wird, die durch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgewendet werden müssten.

Im Übrigen hält die Kammer entgegen der Auffassung des Antragstellers die Aufspaltung der Zulassung in drei Genehmigungsverfahren nicht für bedenklich. In jedem Genehmigungsverfahren sind die konkret zur Genehmigung gestellten Anlagen zu prüfen; etwaig bereits genehmigte bzw. genehmigungsrechtlich verfestigte Anlagen sind als Vorbelastung zu berücksichtigen. Der Antragsgegner ist entsprechend vorgegangen. In den Schallgutachten wird jeweils unter dem Punkt „Ausgangslage“ die Bestandssituation einschließlich der in den früheren Bauabschnitten zu errichtenden Windenergieanlagen beschrieben. So berücksichtigt das Schallgutachten für die WEA 6, die im 4. Bauabschnitt geplant ist, die im 1. und 2. Bauabschnitten geplanten WEA 1-5 der Beigeladenen sowie die von einem anderen Betreiber im 3. Bauabschnitt geplante Windenergieanlage. Mit diesem Vorgehen schichtet der Betreiber das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren in zulässiger Weise ab. Er verhindert damit, dass die Genehmigung für alle Windenergieanlagen versagt werden muss, bloß weil der zusätzliche Lärm einer einzigen (der letzten) Windenergieanlage zu unzumutbaren Umwelteinwirkungen führen würde.

bb) Die Genehmigungen verstoßen entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht gegen andere nach § 6 BImSchG zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften. Dazu zählen entsprechend der in § 13 BImSchG angeordneten Konzentrationswirkung namentlich die Vorschriften des Bauplanungs- (dazu (1)) und des Naturschutz- bzw. Artenschutzrechts, dazu (2)).

(1) Bauplanungsrechtlich richtet sich die Zulässigkeit der Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB, denn die Anlagen sollen im unbeplanten Außenbereich errichtet werden. Als nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im Außenbereich privilegierte Anlagen sind die Windenergieanlagen zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen (§ 35 Abs. 1 BauGB). Die einem Vorhaben potentiell entgegenstehenden öffentlichen Belange sind in nicht abschließender Weise in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB aufgezählt. Da es sich bei den hier insgesamt zur Genehmigung gestellten sechs Windenergieanlagen ohne weiteres um raumbedeutsame Vorhaben handelt, sind zusätzlich die Raumordnungsklauseln des § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB zu beachten.

(a) Soweit der Antragsteller rügt, die Windenergieanlagen Nr. 1, 3 und 6 lägen außerhalb des durch das RROP 2019 festgelegten Vorranggebiets Nr. 43, macht er damit in der Sache einen Verstoß gegen § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB geltend. Danach stehen öffentliche Belange einem nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB privilegierten Vorhaben auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Hingegen steht insoweit nicht bereits ein Verstoß gegen § 35 Abs. 3 Satz 2 Hs. 1 BauGB in Rede, wonach raumbedeutsame Vorhaben den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen dürfen. Ein solcher Zielwiderspruch kommt nämlich nur hinsichtlich positiver Zielfestlegungen in Betracht; hingegen ist die – isolierte Festlegung – einer Ausschlusswirkung ohne ein schlüssiges Gesamtkonzept, wie es § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB voraussetzt, unzulässig. Insofern ist § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB als lex specialis zu § 35 Abs. 3 Satz 2 Hs. 1 BauGB anzusehen (vgl. hierzu Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 3. Aufl., S. 398 ff.), so dass hier allein § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu prüfen ist.

§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB setzt seinem Wortlaut nach allein voraus, dass ein Ziel der Raumordnung eine Ausweisung von nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB privilegierten Vorhaben an einer bestimmten Stelle vorsieht, das Vorhaben also positiv einer bestimmten Fläche zuweist. Der Plangeber muss darüber hinaus aber auch die in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB angeordnete Ausschlusswirkung in seinen planerischen Willen aufgenommen haben. Die entsprechenden Festlegungen müssen dabei den Charakter von Zielen der Raumordnung i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG haben, d. h. es muss sich um verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren textlichen oder zeichnerischen Festlegungen handeln. Von den in § 7 Abs. 3 Satz 2 ROG normierten raumordnerischen Gebietstypen sind insbesondere Eignungs- und Vorranggebiete, sofern ihnen gemäß § 7 Abs. 3 Satz 3 ROG zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten beigelegt werden, geeignet, die in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorgesehene außergebietliche Ausschlusswirkung herbeizuführen (vgl. Haselmann, ZfBR 2014, 529, 533).

Der hier maßgebliche RROP 2019 enthält derartige Festlegungen. So werden in Ziff. 4.2.02 Satz 1 des RROPs „Vorranggebiete Windenergienutzung“ festgelegt, die gemäß § 7 Abs. 3 Satz 3 ROG mit der Wirkung von Eignungsgebieten ausgestattet werden. In Ziff. 4.2.02 Satz 2 wird angeordnet, dass die Errichtung raumbedeutsamer Windenergieanlagen, einschließlich des Repowerings bestehender Windenergieanlagen, außerhalb dieser Vorranggebiete unzulässig ist. Diesen Festlegungen soll dabei die Wirkung von Zielen der Raumordnung zukommen, wie der Plangeber durch Fettdruck zum Ausdruck bringt. Diese Festlegungen dürften zudem Ergebnis einer umfassenden, auf den gesamten Planungsraum betroffenen Abwägung sein, die der Plangeber der Begründung des Raumordnungsplans sowie in einzelnen Gebietsblättern dokumentiert hat, so dass sie grundsätzlich geeignet sein dürften, die in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB angeordnete Ausschlusswirkung herbeizuführen.

Ob der RROP 2019 den nach der Rechtsprechung ausdifferenzierten Anforderungen an die für eine solche Konzentrationsflächenplanung erforderliche Abwägung entspricht und durch seine Konzentrationsflächenplanung tatsächlich eine außergebietliche Ausschlusswirkung bewirkt, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen. Denn auch wenn § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hier greift, liegt ein Verstoß gegen diese Vorschrift nicht vor. Die genehmigten Windenergieanlagen liegen mit ihren relevanten Teilen innerhalb des Vorranggebiets Nr. 43 des RROP 2019. Dies gilt ohne weiteres hinsichtlich der Windenergieanlagen Nr. 2, 4 und 5, die mit allen ihren Bestandteilen innerhalb des Vorranggebiets liegen. Aber auch die Windenergieanlagen Nr. 1, 3 und 6 verstoßen nicht gegen die im Raumordnungsplan angeordnete und über § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auch für die hier streitgegenständliche Vorhabenzulassung verbindliche Ausschlusswirkung. Dies gilt zum einen grundsätzlich deshalb, weil § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur „in der Regel“ und nur dann zur Unzulässigkeit einer Anlage führt, soweit hierfür durch Ziele der Raumordnung eine Ausweisung „an anderer Stelle“ erfolgt ist. Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschrift sowie ihrem Sinn und Zweck, bestimmte Anlagen in einem bestimmten Gebiet im Planungsraum zu konzentrieren, greift die Ausschlusswirkung nicht schon bei jeder geringfügigen Überschreitung der ausgewiesenen Konzentrationsfläche, zumal bei raumordnerischen Festlegungen, die aufgrund ihrer Maßstäblichkeit mit größeren Unschärfen verbunden sind (vgl. VG Augsburg, Urt. v. 31.7.2015 - Au 14. K 14.1797, Au 4 K 14.1800, Au K 14.1801 -, juris Rn. 67). Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auf raumordnerischen Festlegungen oder Darstellungen in einem Flächennutzungsplan beruht. Diese Darstellungen bzw. Festlegungen sind deshalb auch für die Reichweite der Ausschlusswirkung maßgeblich. Die gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB greifende Ausschlusswirkung, die entsprechende Festlegungen mit Zielwirkung voraussetzt, kann deshalb nicht weiterreichen, als der Plangeber tatsächlich ein Ziel der Raumordnung festgelegt hat und die Ausschlusswirkung nach seinem planerischen Willen herbeiführen wollte. Hier ergibt sich aus der Begründung des RROP 2019 aber hinreichend deutlich, dass sich die Ausschlusswirkung nur auf den Mastfuß der Windenergieanlage beziehen soll. So heißt es auf Seite 110 der Begründung zum RROP 2019.

„Nach Auffassung des Landkreises muss sich jedoch lediglich der Turm der Windenergieanlage innerhalb der ausgewiesenen Flächen befinden, die vom Flügel überstrichene Fläche darf sich im Rahmen der Maßstäblichkeit des RROP mindestens teilweise auch außerhalb dieser Fläche befinden … Daher sind auch schmale oder spitz zulaufende Potenzialflächen für das Errichten von Windenergieanlagen aus regionalplanerischer Sicht geeignet. Die mit Ziffer 4.2. 02 Satz 2 des RROP bezweckte Ausschlusswirkung tritt somit nur ein, wenn der Mastfuß einer WEA bzw. über die maßstäbliche Konkretisierung hinausgehende Teile der Rotoren außerhalb eines Vorranggebietes Windenergienutzung liegen.“

Abschließend abgewogen hat der Plangeber die Ausschlusswirkung danach nur im Hinblick auf die Mastfüße. Soweit der Plangeber in etwas widersprüchlicher Weise ausgeführt hat, die Ausschlusswirkung solle überdies eintreten, wenn „über die maßstäbliche Konkretisierung hinausgehende Teile der Rotoren“ außerhalb eines Vorranggebietes liegen, ist diese Aussage nicht geeignet, die Ausschlusswirkung auch auf diese Bereiche zu erstrecken, weil es insoweit an einer letztverbindlichen raumordnerischen Zielaussage, wie sie Voraussetzung für den Eintritt der Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ist, fehlt. Denn durch diese Aussage ist im Hinblick auf die Rotoren nicht hinreichend bestimmt und auch nicht hinreichend bestimmbar i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG, ab wann die Ausschlusswirkung greifen soll. Insoweit fehlt es deshalb auch an der für das Eingreifen der Ausschlusswirkung erforderlichen abschließenden Abwägung. Die raumordnerisch begründete Ausschlusswirkung greift hier deshalb auch nicht für die Teile der Rotoren der Windenergieanlagen, insbesondere der Windenergieanlage Nr. 6 mit einem Rotordurchmesser von 158 m, die über die Maße der dem RROP 2019 zugrundegelegten Musterwindenergieanlage mit einem Rotordurchmesser von „nur“ 100 m hinausgehen. Vielmehr ist diesbezüglich auf Ebene der Zulassung zu berücksichtigen, dass insoweit noch keine abschließende Abwägung auf Ebene der Raumordnung stattgefunden hat, und deshalb ggfs. eine weitergehende Feinsteuerung auf der Zulassungsebene erforderlich ist. Soweit der Antragsteller ausführt, die tatsächlichen Auswirkungen einer Windenergieanlage würden durch das Betrachten allein des Mastfußes nicht hinreichend erfasst, ist dies ein Einwand, der allein die Schlüssigkeit des dem RROP 2019 zugrundeliegenden Planungskonzepts betrifft. Wäre aber die Konzentrationsflächenplanung des RROP 2019 unwirksam, gäbe es auch die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht. In diesem Fall könnte der Zulässigkeit der Anlagen von vornherein nicht entgegengehalten werden, sie lägen außerhalb des festgelegten Vorranggebiets, sondern sie wäre dann im gesamten Gebiet gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiert.

Die Kammer geht davon aus, dass auch die WEA 6 nach dieser Maßgabe im Wesentlichen innerhalb des Vorranggebiets geplant ist. In den Antragsunterlagen ist der für sie vorgesehene Standort innerhalb des Vorranggebiets eingezeichnet; lediglich die Rotorüberstreichfläche liegt teilweise außerhalb des Vorranggebiets (vgl. BA, 4. Bauabschnitt, Ordner 1, Abschnitt 2.2.0). Soweit der Antragsgegner ausweislich der Genehmigungsbegründung offenbar selbst annimmt bzw. annahm, dass die WEA 6 außerhalb der Grenzen des Vorranggebiets geplant ist, kann dies hier bei summarischer Prüfung aufgrund des vorliegenden Kartenmaterials nicht nachvollzogen werden. In der Antragserwiderung im vorliegenden Verfahren spricht der Antragsgegner nunmehr auch nur noch davon, dass die Rotoren der WEA 6 „teilweise“ außerhalb des Vorranggebiets lägen. Angesichts der bei der Anwendung der raumordnungsrechtlichen Vorgaben offenbar entstehenden Unschärfen ist deshalb jedenfalls davon auszugehen, dass auch der Standort der WEA 6 zumindest von keiner raumordnerisch angeordneten Ausschlusswirkung erfasst ist, so dass § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden kann.

(b) Die Windenergieanlagen beeinträchtigen nicht die natürliche Eigenschaft der Landschaft bzw. Belange der Landschaftspflege i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Dies dürfte weitgehend bereits deshalb gelten, weil der öffentliche Belang des Landschaftsbilds der Zulassung der Windenergieanlagen im Vorranggebiet für Windenergienutzung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 BauGB nicht mehr entgegengehalten werden kann. Nach dieser Vorschrift stehen öffentliche Belange raumbedeutsamen Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB u. a. dann nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Diese Norm bewirkt eine Abwägungsabschichtung zwischen der Planungs- und der Zulassungsebene: Einmal auf Planungsebene abgewogene Belange müssen bzw. dürfen auf Ebene der Zulassung nicht noch einmal aktiviert werden (vgl. Hoppe, DVBl 1993, 1109, 1113).

Es ist davon auszugehen, dass hier der Belang des Landschaftsbildes bereits umfassend auf Ebene der Regionalplanung abgewogen worden ist.

Die streitgegenständlichen Windenergieanlagen, die ohne weiteres raumbedeutsam und nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiert sind, sollen in einem durch den RROP 2019 festgelegten Vorranggebiet für Windenergienutzung errichtet werden. Der Festlegung der Vorranggebiete für Windenergienutzung kommt nach dem RROP 2019 gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB Ausschlusswirkung für die Windenergienutzung außerhalb der Vorranggebiete zu (Ziff. 4.2.02 Satz 1 und 2 RROP 2019). Ein Raumordnungsplan, der wie der RROP 2019 durch die Festlegung eines Vorranggebiets die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeiführen will, muss den von der Rechtsprechung zur Konzentrationsflächenplanung aufgestellten Anforderungen an ein gesamträumliches Planungskonzept genügen. Als Ergebnis der Abwägung muss der Windenergie im Planungsraum durch Positivausweisungen substantiell Raum geschaffen werden. Das setzt voraus, dass sich die von der Konzentrationsflächenplanung betroffenen Vorhaben innerhalb der Vorranggebiete gegenüber konkurrierenden Nutzungen auch tatsächlich durchsetzen können. Der Träger der Raumordnung hat darum auch die öffentlichen Belange, die nach § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB erheblich sind und nicht zugleich zwingende, im Wege der Ausnahme oder Befreiung nicht überwindbare Verbotstatbestände nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfüllen, bei der Planung abzuwägen. Der Planer muss sich gewissermaßen in die Situation der Sachbearbeiterin in der Behörde versetzen, die für die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zuständig ist (vgl. OVG LSA, Urt. v. 5.12.2018 - 2 L 47/16 -, juris Rn. 116). Die hinsichtlich dieser Belange durchzuführende Abwägung muss dabei, weil es um Ziele der Raumordnung geht, gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG abschließend sein. Begrenzt wird das Abwägungserfordernis allein dadurch, dass sich das raumordnerische Abwägungsgebot gemäß § 7 Abs. 2 ROG nur auf solche Belange bezieht, die schon auf der Ebene der Raumordnung erkennbar und von Bedeutung sind.

Aus diesen Vorgaben folgt, dass bei der raumordnerischen Festlegung von Konzentrationszonen für Windenergienutzung grundsätzlich sämtliche, mit der Windenergienutzung konkurrierenden und auf Ebene der Raumordnung erkennbaren Belange abschließend mit abgewogen werden müssen. Soweit eine solche Abwägung stattgefunden hat, dürfen die auf Ebene der Raumordnung abgewogenen Belange auf Zulassungsebene nicht wieder als Zulassungshindernis aktiviert werden (vgl. Nds. Windenergieerlass, Ziff. 3.4.2.2).

Auch der Festlegung des Vorranggebiets Nr. 43 des RROP 2019 liegt, soweit dies in diesem vorläufigen Rechtsschutzverfahren überprüft werden kann, eine solche abschließende Abwägung im Hinblick auf das Landschaftsbild zugrunde. So hat der Träger der Regionalplanung ein Fachgutachten zum Landschaftsbild erstellen lassen, auf dessen Grundlage er die Potenzialflächen im Hinblick auf ihre Bedeutung für das Landschaftsbild bewertet hat (vgl. RROP 2019, Begründung, S. 97 f.). Dem vorliegenden Vorranggebiet Nr. 43 hat er eine allgemeine Bedeutung für die Landschaft beigemessen (s. RROP 2019, Anhang zur Begründung, Gebietsblatt Potenzialfläche Nr. 43). Bei seiner Entscheidung, die Potenzialfläche als Vorranggebiet festzulegen, hat er berücksichtigt, dass die bislang weitgehend unvorbelastete Landschaft durch die Errichtung von WEA weiter überformt und technisiert werde. Mit der Festlegung der Fläche als Vorranggebiet hat er der Windenergienutzung gegenüber diesen Belangen jedoch ein größeres Gewicht beigemessen und sie raumordnerisch mit einer größeren Durchsetzungskraft ausgestattet, was gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 BauGB mit der Folge auf die Zulassungsebene durchschlägt, dass das Landschaftsbild der Zulassung der Windenergieanlagen, insoweit dieser Belang danach abgewogen worden ist, nicht mehr entgegengehalten werden kann.

Der Belang des Landschaftsbildes könnte im Zulassungsverfahren somit nur insoweit noch eine Rolle spielen, wie dieser Belang auf Ebene der Regionalplanung noch nicht abgewogen worden wäre. Das könnte etwa der Fall sein, wenn erst auf Ebene der Vorhabenzulassung, beispielsweise aufgrund der Wahl der konkreten Standorte oder der konkreten Ausgestaltung der Anlagen Friktionen mit dem Belang des Landschaftsschutzes sichtbar würden, die auf Ebene der Raumordnungsplanung noch nicht erkennbar waren und deshalb auch nicht abgewogen werden konnten. Hierfür ist aber im Hinblick auf die streitgegenständlichen Anlagen auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Antragstellers nichts ersichtlich. Im Übrigen hat der Antragsgegner die Auswirkungen der konkret zur Genehmigung gestellten Windenergieanlagen auf die Landschaft auch auf Ebene der Zulassung untersuchen und bewerten lassen (vgl. UVP-Bericht vom 14.8.2019), und dabei entgegen der Auffassung des Antragstellers alle sechs beantragten Windenergieanlagen gemeinsam betrachtet.

Soweit der Antragsteller im Übrigen rügt, in dem im „Parallelverfahren“ vorgelegten Landschaftspflegerischen Begleitplan WEP G. (I) seien nur vier Windenergieanlagen der Beigeladenen berücksichtigt worden, betrifft dies nicht die Rechtmäßigkeit der hier streitgegenständlichen Genehmigungen, sondern die Zulassung des WEP G. (I).

(c) Ob die öffentlichen Belange des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB (Immissionsschutz) oder der Belang des Artenschutzes (§35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB) dem Vorhaben entgegenstehen, oder ob bzw. inwieweit diese dem Vorhaben schon deshalb nicht weiter entgegengehalten werden können, weil auch insoweit eine abschließende Abwägung i. S. d § 35 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 BauGB durch die Festlegungen im RROP 2019 stattgefunden hat, kann dahinstehen. Denn die genannten Belange sind in anderen Vorschriften (insbesondere § 5 BImSchG; § 44 BNatSchG) eigenständigen Regelungen zugeführt, die gemäß § 29 Abs. 2 BauGB als eigenständige Zulassungsschranken wirken. Sie sind deshalb (auch) unabhängig von § 35 Abs. 3 BauGB zu prüfen, so dass insoweit die in § 35 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 BauGB vorgesehene „Abwägungsabschichtung“ irrelevant ist (vgl. Gatz, Recht der Windenergieanlagen, 3. Aufl., Rn. 205; BVerwG, Urt. v. 12.4.2001 - 4 C 5.00 -, juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 27.6.2013 - 4 C 1.12 -, juris Rn. 6).

(2) Die angegriffenen Genehmigungen verstoßen nicht gegen die Vorgaben des Artenschutzes. Namentlich liegt ein Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Verbote des § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BNatSchG nicht vor.

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Zu den nach § 44 Abs.1 Nr. 1 BNatSchG besonders geschützten Arten gehören gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 a) BNatSchG insbesondere die Tier- und Pflanzenarten, die in Anhang A oder Anhang B der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rats über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handelns (ABl. L 61 vom 3.3.1997, S. 1) aufgeführt sind. Die hier nach dem Vortrag des Antragstellers relevanten Tierarten sind allesamt in Anhang A und/oder B der Verordnung (EG) Nr. 338/97 aufgeführt, sodass es sich um besonders geschützte Arten i. S. dieser Vorschriften handelt.

Das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts individuenbezogen zu verstehen (BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 -, juris Rn. 219; Urt. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 -, juris Rn. 91). Es ist schon dann erfüllt, wenn die Tötung eines Exemplars der besonders geschützten Art nicht im engeren Sinne absichtlich erfolgt, sondern sich als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist. Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windenergieanlagen zu Schaden kommen können, lässt sich bei lebensnaher Betrachtung allerdings nie völlig ausschließen. Solche kollisionsbedingten Einzelverluste müssen aber – wenn sie trotz aller Vermeidungsmaßnahmen doch vorkommen – als unvermeidlich ebenso hingenommen werden wie Verluste im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens. Vor diesem Hintergrund ordnet § 44 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG in Umsetzung der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an, dass bei solcherart unvermeidbaren, behördlich zugelassenen Eingriffen ein Verstoß gegen das Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG nicht vorliegt, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann.

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ist es zudem verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mause-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören. Eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Davon ist auszugehen, wenn sich die Störung dergestalt auf die Überlebenschancen, die Reproduktionsfähigkeit oder den Fortpflanzungserfolg der lokalen Population auswirkt, dass sich Größe oder Fortpflanzungserfolg nachhaltig verringern (vgl. Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 92. EL Februar 2020, § 44 BNatSchG Rn. 12). Störung ist jede unmittelbare Einwirkung auf ein Tier, die eine Verhaltensänderung des Tieres bewirkt. Sie kann durch Vergrämung (z.B. durch Schall, Licht, Wärme oder sonstige Beunruhigung und Scheuchwirkungen), aber auch durch vorhabenbedingte Zerschneidungs- und Trennwirkungen ausgelöst werden (vgl. Nr. 4.4.2 Artenschutzleitfaden).

Bei der Prognose, ob die Errichtung von Windenergieanlagen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände verletzt, sind Behörden und Gerichte mangels weitergehender normativer Konkretisierungen weitgehend unmittelbar auf naturschutzfachliche Erkenntnisse angewiesen. Im Bereich des Artenschutzes fehlt es jedoch vielfach an allgemein anerkannten Maßstäben und Methoden für die fachliche Beurteilung. Die gerichtliche Kontrolle des behördlichen Entscheidungsergebnisses stößt deshalb mangels besserer Erkenntnisse der Gerichte an objektive Grenzen. Denn sofern eine außerrechtliche Frage durch Fachkreise und Wissenschaft bislang nicht eindeutig beantwortet ist, lässt sich objektiv nicht abschließend feststellen, ob die behördliche Antwort auf diese Fachfrage richtig oder falsch ist. Soweit dies der Fall ist, ist die gerichtliche Kontrolle zwangsläufig eingeschränkt. Denn dem Gericht ist durch die Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht auferlegt, außerrechtliche tatsächliche Erkenntnisdefizite aufzulösen. Bei der somit begrenzten gerichtlichen Überprüfungskompetenz handelt es sich nicht um eine gewillkürte Verschiebung der Entscheidungszuständigkeit vom Gericht auf die Behörde im Sinne einer Einschätzungsprärogative, sondern um eine nach Dauer und Umfang vom jeweiligen ökologischen Erkenntnisstand abhängige faktische Grenze verwaltungsgerichtlicher Kontrolle. Das Gericht hat die gerichtliche Kontrolle aber jedenfalls weitestmöglich durchzuführen. So ist eine Begrenzung der gerichtlichen Kontrolle hinsichtlich des in § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG geregelten Tötungsverbots nicht mehr zulässig, soweit sich für die Bestandserfassung von betroffenen Arten oder für die Ermittlung des Risikos bestimmte Maßstäbe und Methoden durchgesetzt haben und andere Vorgehensweisen nicht mehr als vertretbar angesehen werden können. Ob dem so ist, unterliegt vollständiger gerichtlicher Überprüfung. Im Übrigen muss sich das Gericht von der Plausibilität der behördlichen Entscheidung überzeugen (BVerfG, Beschl. v. 23.10.2018 - 1 BvR 2523/13 -, juris Rn. 17 ff.). Zudem hat das Gericht zu berücksichtigen, ob und inwieweit sich eine Genehmigungsbehörde aufgrund einer bestimmten Genehmigungspraxis selbst gebunden hat. Eine solche Selbstbindung kommt nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht nicht nur bei der Ausübung von Ermessen sowie im Rahmen von Beurteilungsermächtigungen in Betracht, sondern dürfte zudem im hiesigen Kontext der Anwendung des Natur- und Artenschutzrechtes eingreifen. Denn soweit es an untergesetzlichen außenwirksamen Normen oder normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften (noch) fehlt, besteht ein anzuerkennendes Bedürfnis nach außergerichtlicher Vereinheitlichung der Rechtsanwendung der Exekutive (Nds. OVG, Beschl. v. 28.6.2019 - 12 ME 57/19 -, juris Rn. 28). Eine solche Selbstbindung wird in Niedersachsen durch den Leitfaden „Umsetzung des Artenschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Niedersachsen“ (Artenschutzleitfaden) bewirkt; die Selbstbindung wird dann relevant, sofern es zur Beantwortung einer sich nach außerrechtlichen naturschutzfachlichen Kriterien richtenden Rechtsfrage an normativen Konkretisierungen fehlt und in Fachkreisen und der Wissenschaft bislang keine allgemeine Meinung über die fachlichen Zusammenhänge und die im Einzelfall anzuwendenden Ermittlungsmethoden besteht. Von dieser Selbstbindung dürfte sich eine einzelne Genehmigungsbehörde rechtmäßig nur lösen können, wenn das sachlich gerechtfertigt ist (Nds. OVG, Beschl. v. 28.6.2019 - 12 ME 57/19 -, juris Rn. 28 - 29).

Hiervon ausgehend ist die Einschätzung des Antragsgegners, eine Verletzung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände sei durch das Vorhaben der Beigeladenen nicht zu erwarten, nicht zu beanstanden.

(a) Dies gilt zunächst im Hinblick auf die durch die genehmigten Windenergieanlagen betroffenen Vogelarten.

(aa) Die Prüfung, ob einem Vorhaben naturschutzrechtliche Verbote, insbesondere solche nach § 44 BNatSchG entgegenstehen, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme im Vorhabenbereich vorhandener Tierarten und ihrer Lebensräume voraus. Das verpflichtet die Behörde jedoch nicht, ein lückenloses Arteninventar zu erstellen. Methodik und Untersuchungstiefe unterliegen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und hängen maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Hinweise von fachkundigen Dritten sind nur beachtlich, wenn sie hinreichend substantiiert sind. Sind von Untersuchungen keine weiterführenden Erkenntnisse zu erwarten, müssen sie auch nicht durchgeführt werden. Untersuchungen quasi „ins Blaue hinein“ sind nicht veranlasst. Der individuenbezogene Ansatz der artenschutzrechtlichen Vorschriften verlangt jedoch Ermittlungen, deren Ergebnisse die Behörde in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen. Hierfür benötigt sie Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, juris Rn. 54).

Nach dem insoweit maßgeblichen Artenschutzleitfaden sind Untersuchungen je nach betroffener Art in einem Umkreis von 500 m bis 3000 m um die geplante Windenergieanlage durchzuführen; bei relevanten Hinweisen auf regelmäßig genutzte, essentielle Nahrungshabitate und Flugkorridore ist ggf. ein erweiterter Untersuchungsradius zugrunde zu legen (vgl. Abb. 3 im Artenschutzleitfaden; zu der Bedeutung dieser unterschiedlichen Radien vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 28.5.2018 - 12 ME 25/18 -, juris Rn. 34).

Gemessen daran liegt den Genehmigungen eine hinreichende Erfassung des avifaunistischen Bestands zugrunde. Das Gebiet wurde von verschiedenen Gutachtern seit 2014 untersucht (vgl. die Auflistung der Gutachten in der Antragserwiderung des Antragsgegners, GA Bl. 281). Schon bei der Ausweisung der Vorranggebiete des RROP 2019 sind avifaunistische Belange untersucht und berücksichtigt worden. So hat der Träger der Regionalplanung die in zwei ersten Arbeitsschritten ermittelten Potenzialflächen auf ihre avifaunistische Wertigkeit untersucht und sodann in vier Kategorien (unkritisch; grundsätzlich geeignet; kritisch; Tabu) eingeteilt. Zu diesem Zweck wurde ein avifaunistisches Fachgutachten erstellt, das zeigt, dass die als Vorranggebiete ausgewiesenen Flächen auch im Hinblick auf den Schutz der Avifauna und die insoweit geltenden artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände unbedenklich seien (RROP 2019, Begründung, S. 95 f.). Die als Vorranggebiet übernommene Potenzialfläche 43 wurde laut avifaunistischem Fachbeitrag als grundsätzlich geeignet bewertet (vgl. Gebietsblatt zur Potenzialfläche 43, Anhang zur Begründung des RROP 2019). Im Zulassungsverfahren legte die Beigeladene mit den Antragsunterlagen zudem insbesondere ein Gutachten zur Artenschutzprüfung der Planungsgemeinschaft K. (pgm-Gutachten) vor. Ausweislich des pgm-Gutachtens wurde die gesamte Vorrangfläche 43 zuzüglich eines Radius von 1.000 m untersucht; darüber hinaus wurde betreffend Flugvögel sowie bezüglich planungsrelevanter Großvogelarten der Prüfungsradius auf 3,5 km erweitert (s. pgm-Gutachten, S. 5). Zudem hat die L. -GmbH im Auftrag eines weiteren Windenergieanlagenbetreibers im Jahr 2020 das Vorranggebiet zuzüglich eines Radius von bis zu 1,5 km untersucht (im Folgenden: L. -Gutachten). Da sich die hier streitgegenständlichen Windenergieanlagen innerhalb des Vorranggebiets bzw. jedenfalls auf seinen Grenzen befinden, um das der Untersuchungsradius gezogen wurde, sind die Auswirkungen jeder einzelnen genehmigten Windenergieanlage für die Avifauna durch den so abgesteckten Prüfungsradius grundsätzlich abgedeckt.

Es ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner bei seinen Genehmigungsentscheidungen unter Rückgriff auf die genannten Gutachten die tatsächlich in diesem relevanten Umkreis der Windenergieanlagen vorkommenden Vogelarten zutreffend ermittelt hat. Ausweislich des pgm-Gutachtens wurden 77 Brutvogelarten erfasst (pgm-Gutachten, S. 12). Das von dem Antragsteller eingeholte Gutachten der H. I. spricht – insoweit unbestimmter – von „mindestens 62 Brutvogelarten; daraus lässt sich nicht schließen, dass der Antragsgegner bei seiner Risikobeurteilung zu wenige vorkommende Arten berücksichtigt hätte.

Auch soweit das von der Beigeladenen beauftragte pgm-Gutachten die Wiesenweihe zunächst nicht berücksichtigte, hat der Antragsgegner aufgrund weiterer, namentlich durch den Antragsteller angestoßener Ermittlungen das Vorkommen dieser Art seiner avifaunistischen Bewertung zugrunde gelegt (vgl. Stellungnahme der BioConsultSH v. 29.05.2020 zum Papier von M., S. 2; Abschnitt 4.1.2 in den Genehmigungen sowie Zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen).

(bb) Die auf Grundlage dieser Bestandserfassung getroffene Bewertung und die daraus resultierende Einschätzung, dass artenschutzrechtliche Verbote unter Beachtung zahlreicher zum Schutz der Avifauna verfügter Auflagen nicht verletzt werden, ist weitgehend nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat sich mit den von dem Antragsteller schon im Genehmigungsverfahren vorgebrachten Einwendungen auseinandergesetzt und diese in seine Einschätzung einbezogen. Soweit er teilweise von der Einschätzung des von dem Antragsteller eingeholten Gutachtens von M. (H. I.) abweicht, ist seine abweichende Einschätzung auf der Grundlage weiterer von dem Antragsgegner eingeholter naturschutzfachlicher Stellungnahmen weitgehend nachvollziehbar und mit den Vorgaben des Artenschutzleitfadens vereinbar.

Das gilt zunächst im Hinblick auf das durch die Windenergieanlagen entstehende Risiko für die Wiesenweihe. Ein Risiko besteht für diese Art insbesondere aufgrund möglicher Kollisionen mit den Rotoren der Windenergieanlagen, weshalb insoweit das Tötungs- und Verletzungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zu prüfen ist (vgl. Artenschutzleitfaden, Abb. 3, Spalte 6). Eine risikoträchtige Flughöhe erreichen Wiesenweihen nach den vorliegenden, auch vom Gutachter der Antragsteller M. (H. I.) nicht in Zweifel gezogenen naturschutzfachlichen Erkenntnissen vornehmlich im näheren Umkreis ihrer Brutplätze (M., Zum Kollisionsrisiko für Wiesenweihen im geplanten C. im Landkreis N., Kommentare zur Stellungnahme von O. (2020), im Folgenden: M., Kommentare, S. 7).

Von einem signifikant erhöhten Risiko für die Wiesenweihe könnte deshalb nur dann ausgegangen werden, wenn die Windenergieanlagen in der Nähe von Brutplätzen errichtet würden bzw. es sehr wahrscheinlich wäre, dass sich Exemplare der Wiesenweihe in Zukunft einen Brutplatz in der Nähe der Windenergieanlagen suchen würden. Dies ist indes aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse zum Vorkommen der Wiesenweihe nicht zu erwarten.

Im Jahr 2019 wurde ein Brutplatz der Wiesenweihe in der Vorrangfläche 43 festgestellt (M., H. I., Avifaunistische Untersuchung 2019, S. 14, im Folgenden: Gavia-Gutachten 2019). In den Jahren 2014 bis 2018 gab es hingegen keine Hinweise auf Brutvorkommen (M., Kommentare, S. 3). Im Jahr 2020 konnte ein Brutplatz nicht ermittelt werden. Ausweislich der per Email vom 12. Juni 2020 (s. Anlage Ast. 23, GA Bl. 229) mitgeteilten Ergebnisse P. wurden Tiere der Art aber südlich bzw. westlich in einem Abstand von 200-800 m Abstand zur Potenzialfläche bei der Nahrungssuche beobachtet.

Auf dieser Grundlage ist die Einschätzung des Gutachters O. und dem folgend die des Antragsgegners, wonach es in dem relevanten Areal allenfalls zu vereinzelten, räumlich wechselnden Einzelbruten, nicht aber zu einer Etablierung von konstanten Brutvorkommen kommen werde, nachvollziehbar (O., Q., Stellungnahme zur Bewertung des Konfliktpotenzials der Windenergieplanung hinsichtlich des Brutvorkommens der Wiesenweihe, Januar 2020; sowie O., Stellungnahme zum vorgelegten Papier von M., 29.5.2020). Die von dem Gutachter des Antragstellers M. geäußerte gegenläufige Einschätzung, wonach es sich bei der Vorrangfläche 43 insgesamt um einen attraktiven Raum für Greifvögel handele, erschüttern diese Einschätzung nicht, zumal auch M. ausführt, die in die Zukunft gerichtete Prognose könne „weder belegt noch widerlegt“ werden (M., Kommentare, S. 3). Auch seine weiteren Beobachtungen im Laufe des Jahres 2020 (vgl. E-Mail vom 12. Juni 2020, Anlage Ast. 23, GA Bl. 229) stellen die Annahme des Antragsgegners, dass Exemplare der Wiesenweihe das Vorhabengebiet lediglich sporadisch nutzen, nicht in Frage. Derartige sporadische Nutzungen lösen aber nach dem Artenschutzleitfaden keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände aus (Artenschutzleitfaden, Ziff. 5.3.1).

Ein etwaiges Tötungsrisiko wird zudem durch die konkrete Ausgestaltung der Genehmigungen weiter reduziert: So sind Windenergieanlagetypen mit vergleichsweise hohen Masten bei gleichem Rotorradius gewählt worden. Die Höhe des unteren Rotordurchlaufs beträgt etwa 82 m bzw. 96 m. Lediglich 6-7% der Flugaktivität finden überhaupt in einer solchen, potentiell konfliktträchtigen Höhe statt. Überdies sehen die Genehmigungen als Nebenbestimmungen temporäre Betriebszeitbeschränkungen vor (WEA 2-5: Ziff. 59; WEA 1: Ziff. 58; WEA 6: Ziff. 56). Dass diese Maßnahmen ungeeignet wären, ein etwaig bestehendes Tötungsrisiko unter die Signifikanzschwelle zu reduzieren, ist nicht ersichtlich. Die diesbezügliche Einschätzung des Antragsgegners ist plausibel.

Die Einschätzung des Antragsgegners, derzufolge artenschutzrechtliche Verbote auch im Hinblick auf die Rohrweihe nicht verletzt würden, ist jedenfalls nicht so offensichtlich fehlerbehaftet, dass dies Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung erfordern würde. Denn jedenfalls steht das Vorkommen der Rohrweihe der Errichtung und dem Betrieb der genehmigten Windenergieanlagen nicht grundsätzlich entgegen. Auch für diese Art ist insbesondere das in § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG niedergelegte Tötungsverbot relevant (vgl. Artenschutzleitfaden, Abb. 3).

Zunächst ist der Antragsgegner zutreffend davon ausgegangen, dass auch bei der Rohrweihe die potentiell konfliktträchtige Flughöhe vornehmlich im Nahbereich des Horstes erreicht wird. Allgemein wird darum empfohlen, dass Windenergieanlagen einen Mindestabstand von 500 m (so der Antragsgegner) bzw. 1000 m (so die Empfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten) einhalten. Im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung ist davon auszugehen, dass die genannten Mindestabstände gewahrt werden. Da insbesondere der ermittelte dauerhafte Brutplatz östlich von E. einen Abstand von 1250 m zum Vorranggebiet einhält, wird insoweit auch den weitergehenden Abstandsempfehlungen entsprochen. Die näher gelegenen Brutverdachte haben sich hingegen nicht bestätigt bzw. wurden abgebrochen (H. -Gutachten 2019, S. 43). Jedenfalls aktuell ist deshalb nicht ersichtlich, dass potentiell konfliktträchtige Bruten im Nahbereich der Windenergieanlagen vorhanden sind.

Indes sieht sich der Ansatz des Antragsgegners, auch im Hinblick auf künftige Brutvorkommen sei das Tötungsverbot nicht verletzt, gewissen Bedenken ausgesetzt. Zum einen ist die diesbezügliche Einschätzung des Antragsgegners in tatsächlicher Hinsicht nur bedingt nachvollziehbar. Zwar sprechen für seine Auffassung die Erkenntnisse im L. -Gutachten, wonach das Vorhabengebiet aufgrund schlechter Strukturausprägung, Kleinräumigkeit und Störungen durch Nutzvieh, Wild, den Modellflugplatz sowie die Landwirtschaft als dauerhaftes Brutrevier der Rohrweihe nicht geeignet sei (s. OECOS-Gutachten vom 19.11.2018, S. 16). Jedoch steht diese Aussage in einem gewissen Widerspruch zu den Erkenntnissen auf Ebene der Regionalplanung. Dort heißt es in dem Gebietsblatt zur Potenzialfläche 43:

„Es ist weiterhin davon auszugehen, dass dieser Raum insgesamt von hoher Bedeutung für die Rohrweihe ist und eine unregelmäßige Nutzung der Potenzialfläche in einzelnen Jahren nicht auszuschließen ist. Gemäß Artenschutzleitfaden (NMUEK 2016b) sind dann Abschaltzeiten in der Brutzeit der Rohrweihe einzuhalten, um den Eintritt artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände gemäß § 44 Abs. 1 BNatSchG zu vermeiden.“

Es ist nicht ersichtlich, dass sich der Antragsgegner mit diesem Widerspruch auseinandergesetzt hätte.

Zum anderen begegnet die Rechtsauffassung des Antragsgegners, Nebenbestimmungen zum Schutz der Rohrweihe kämen für eventuell in der Zukunft auftretende Konflikte nicht in Betracht, in ihrer Pauschalität gewissen Bedenken. Der Antragsgegner bezieht sich mit dieser Aussage auf eine Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts. Dieses hatte ausgeführt, das anerkannte Prüfprogramm gemäß § 44 BNatSchG beruhe auf einer Feststellung der gegenwärtig – potenziell vorhabenbetroffenen – vorhandenen besonders geschützten Arten; die Vorschrift könne hingegen nicht darauf zielen, erst in ferner Zukunft mögliche artenschutzrechtliche Konflikte zu verhindern (Nds. OVG, Beschl. v. 11.5.2020 - 12 LA 150/19 -, juris Rn. 74). Die Kammer teilt diese Auffassung. Soweit vorliegend aber das Vorhabengebiet ausweislich naturschutzfachlicher Erkenntnisse bereits jetzt eine große Bedeutung für die Rohrweihe besitzt und deshalb Nutzungskonflikte zwischen Rohrweihe und Windenergie wahrscheinlich wären, was ggf. weiter aufzuklären wäre, könnte es sich nach Auffassung der Kammer auch dann, wenn im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung Brutplätze (zufälligerweise) nicht besetzt gewesen wären, um gegenwärtige Nutzungskonflikte handeln, die ggf. schon in den Genehmigungen durch Nebenbestimmungen abzuarbeiten gewesen wären.

Dass die Genehmigungen in ihrer aktuellen Ausgestaltung aufgrund der skizzierten offenen Fragen offensichtlich rechtswidrig wären, ist indes nicht ersichtlich. Es ist möglich, dass die Erkenntnisse der Raumordnungsplanung durch die detailgenaueren Betrachtungen auf der Zulassungsebene überholt sind und dem Vorhabengebiet tatsächlich keine besondere Bedeutung (mehr) für die Rohrweihe zukommt. Auch wäre zu klären, ob der ggf. bestehende artenschutzrechtliche Konflikt es tatsächlich rechtfertigt, schon in den Genehmigungsbescheiden entsprechende Nebenbestimmungen zum Schutz der Rohrweihe aufzunehmen oder ob etwaige drohende Konflikte auch durch nachträgliche Anordnungen zu bewältigen sind (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 11.5.2020 - 12 LA 150/19 -, juris Rn. 74). Zudem ist zu berücksichtigen, dass die geäußerten Bedenken jedenfalls nicht geeignet sind, die grundsätzliche Zulässigkeit der Errichtung und des Betriebs der Windenergieanlagen in Frage zu stellen, sondern allein die Frage betreffen, ob und inwieweit der Betrieb der Windenergieanlagen unter bestimmten Voraussetzungen, die keineswegs zeitnah sicher eintreten müssen (Brutplätze der Rohrweihe im Nahbereich), zeitlich begrenzt werden muss. Vor diesem Hintergrund überwiegt das Interesse insbesondere der Beigeladenen, das Vorhaben fortzuführen zu können (vgl. dazu auch (c)).

Im Hinblick auf den Kranich ist die Einschätzung, dass artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nicht verletzt werden, ebenfalls nicht zu beanstanden.

Zutreffend ist der Antragsgegner davon ausgegangen, dass im Zeitpunkt der Genehmigungen kein Brutplatz vorhanden war, der eine vertiefende Prüfung nach dem Artenschutzleitfaden ausgelöst hätte. Nach Abb. 3, Lfd. Nr. 11, Spalte 3 des Artenschutzleitfadens ist bezüglich des Kranichs eine vertiefende Prüfung durchzuführen, sofern sich ein Brutplatz in einem Umkreis von 500 m um die geplante Windenergieanlage befindet. Der Antragsgegner ist bei seiner Entscheidung zutreffend davon ausgegangen, dass ein Rastplatz des Kranichs in diesem Radius um die Windenergieanlagen nicht gegeben ist. Insbesondere hat er nachvollziehbar dargelegt, dass der von M. im H. -Gutachten 2019 kartierte Brutplatz an der nordwestlichen Grenze des Vorranggebiets in unmittelbarer Nähe zum Standort der WEA 1 nicht mehr genutzt wird. Der Antragsgegner hat dieser Einschätzung die aktuellsten Untersuchungen und namentlich auch die Berichte von M. zugrunde gelegt. Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat M. im Jahr 2020 den im Jahr 2019 noch genutzten Brutplatz nicht bestätigt. Ausweislich seines Ergänzungsberichts vom Juni 2020 (Ast. Anl. 24) seien Kraniche zwar in dem Gebiet weiter anwesend gewesen; ein Brutstandort habe aber nicht festgestellt werden können. Den Erkenntnissen des L. -Gutachten zufolge ist der vorjährig genutzte Brutplatz trockengefallen; er sei zudem auf Grund der schlechten Strukturausprägung, Kleinräumigkeit und der Störungen durch Nutzvieh, Wild und Landwirtschaft als dauerhaftes Brutrevier ungeeignet. Insofern erscheint es nachvollziehbar, wenn der Antragsgegner davon ausgeht, das Gebiet werde lediglich zur Nahrungssuche genutzt, und deshalb auf eine vertiefende Prüfung verzichtet hat.

Im Hinblick auf die im Gebiet (ohne Brutplatz) anwesenden Kraniche hat der Antragsgegner ebenfalls plausibel einen Verstoß gegen das Tötungsverbot verneint. Die Einschätzung des Antragsgegners, wonach Kraniche nicht als besonders kollisionsgefährdet anzusehen sind, dürfte dem derzeitigen Stand der Wissenschaft entsprechen (vgl. OVG RP, Urt. v. 31.10.2019 - 1 A 11643/17 -, juris Rn. 40). Mit dieser Einschätzung weicht der Antragsgegner nicht in unzulässiger Weise von dem im Artenschutzleitfaden festgelegten Standpunkt ab (vgl. dazu Nds. OVG, Beschl. v. 28.6.2019 - 12 ME 57/19 -, juris Rn. 31). Zwar wird dort der Kranich in Abb. 3 ebenfalls als WEA-empfindliche Art bezeichnet. Die WEA-Empfindlichkeit des Kranichs beruht aber jedenfalls, sofern keine Brutplätze im Umkreis von 500 m betroffen sind, nicht auf der Gefahr letaler Kollisionen, die unter § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zu fassen wären, sondern sie bezieht sich erhebliche Störwirkungen in Bezug auf Rastplätze des Kranichs, sofern sich der Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtern kann (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG). Dies folgt aus Abb. 3, lfd. Nr. 11a, Spalte 6 des Artenschutzleitfadens. Dafür, dass Rastplätze des Kranichs im Umkreis von 1.200 m vorhanden wären, ist aber nichts ersichtlich. Im Übrigen wird durch die in den Genehmigungen vorgesehenen Nebenbestimmungen sichergestellt, dass namentlich baubedingte erhebliche Störungen vermieden werden, indem die Arbeiten zur Baufeldräumung sowie zur Verbreiterung und Anlage der Zufahrtswege nach Möglichkeit nicht in der Zeit vom 1. März bis 30. September und ansonsten nur durch eine ökologische Baubegleitung durchgeführt werden (vgl. Nebenbestimmungen Ziff. 62 und 63 der Genehmigungen zu WEA 2-5 und WEA 1 bzw. Ziff. 60 und 61 der Genehmigung zu WEA 6).

Auch hinsichtlich des Rotmilans ist mit dem Antragsgegner nicht von der Verletzung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände auszugehen. Gegen die diesbezügliche Einschätzung des Antragsgegners ist nichts zu erinnern.

Nach dem Artenschutzleitfaden beträgt der Untersuchungsradius zur Prüfung eines etwaigen Vorkommens des Rotmilans 1.500 m. Diesen Untersuchungsradius hat der Antragsgegner eingehalten. Auf der Grundlage der von ihm herangezogenen Untersuchungen durfte der Antragsgegner davon ausgehen, im Umkreis von 1.500 m befinde sich kein Rotmilanhorst. Der Antragsteller hat das nicht in Frage gestellt; die im H. -Gutachten 2019 festgestellten zwei Brutstandorte befinden sich außerhalb des Radius von 1.500 m.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist auch die Einschätzung des Antragsgegners bezüglich der Nutzung des Vorhabengebiets durch den Rotmilan nicht zu beanstanden. Soweit der Antragsteller rügt, der Antragsgegner gehe von deutlich zu wenigen Flugbewegungen des Rotmilans über dem Vorhabengebiet aus, hat der Antragsgegner die Differenz zwischen den Gutachten schlüssig damit erklärt, dass der vom Antragsteller herangezogene Gutachter M. (H. -Gutachten 2019) bei seiner Raumnutzungsanalyse nur das Vorranggebiet betrachtet habe, während die von ihm berücksichtigten Untersuchungen einen deutlich größeren Raum berücksichtigt hätten.

Vor dem Hintergrund des von dem Antragsgegner festgestellten Nutzungsverhaltens des Rotmilans ist auch die Einschätzung des Antragsgegners nachvollziehbar, dass die vorgesehenen Nebenbestimmungen zur Steuerung des Nutzungsverhaltens (insbesondere greifvogelfreundliche Bewirtschaftung) einen weiteren Beitrag zur Reduzierung des Tötungsrisikos leisten können und damit sichergestellt ist, dass die Signifikanzschwelle nicht überschritten wird.

Soweit der Antragsgegner bezüglich des Mäusebussards davon ausgeht, eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos könne angesichts der Nähe eines Brutplatzes von 150 m zur WEA 3 nicht ausgeschlossen werden, dieses Risiko werde aber durch die vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen auf ein nicht signifikantes Maß reduziert, legt der Antragsteller einen höheren Schutzmaßstab an, als ihn der Artenschutzleitfaden vorsieht. Denn im Artenschutzleitfaden ist der Mäusebussard nicht als WEA-empfindliche Art aufgeführt. Zwar ist die Aufzählung der windenergieanlagenempfindlichen Arten nicht als abschließend zu verstehen; vielmehr heißt es dort, zukünftige könnten Anpassungen notwendig werden. Dass die Einschätzung des Artenschutzleitfadens bezüglich des Mäusebussards von fachlich allgemein anerkannten neuen Erkenntnissen überholt wäre, ist aber nicht ersichtlich (vgl. auch VG Hannover, Urt. v. 15.9.2020 - 12 A 6994/17 -, juris Rn. 151). Die Beigeladene hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der am 11. Dezember 2020 beschlossene „Standardisierte Bewertungsrahmen zur Ermittlung einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Hinblick auf Brutvogelarten an Windenergieanlagen“ dem Mäusebussard ebenfalls weiterhin keine WEA-Empfindlichkeit attestiert.

Insofern bleibt es bei der Geltung des Artenschutzleitfadens, dem nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht über die Grundsätze der Selbstbindung der Verwaltung vermittelt Verbindlichkeit im Rahmen der behördlichen Genehmigungsentscheidung zukommt. Diese Selbstbindung dürfte dabei nicht nur greifen, um ein bestimmtes gleichmäßiges Schutzniveau für den Artenschutz zu gewährleisten, sondern auch „in die andere Richtung“, also zu Gunsten des Vorhabenträgers, dessen Genehmigungsanspruch nicht durch fachlich nicht allgemein anerkannte artenschutzrechtliche Vorgaben eingeschränkt werden darf, wenn diese über die Vorgaben des Artenschutzleitfadens hinausgehen. Die Genehmigungsbehörde dürfte sich von ihrer Selbstbindung rechtmäßig nur dann lösen können, wenn das sachlich gerechtfertigt ist. Hierfür genügt nicht, dass die Genehmigungsbehörde einen fachlich wohl vertretbaren Standpunkt einnimmt, der aber nicht maßgeblich an die Besonderheiten des Einzelfalls anknüpft, sondern in seiner Konsequenz für eine bestimmte Vogelart auf die generelle Abweichung von den landesweit einheitlichen Standards hinauslaufen würde (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 28.6.2019 - 12 ME 57/19 -, juris Rn. 28 - 29). Insofern dürfte dem Antragsgegner hier sogar versagt gewesen sein, mit dem Antragssteller generell davon auszugehen, dass es sich bei dem Mäusebussard um eine windenergiesensible Art handele. Dass hier bezogen auf den Einzelfall von einer Gefährdung für den Mäusebussard auszugehen wäre, ist hingegen auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Antragstellers nicht ersichtlich.

Entsprechende Erwägungen gelten im Hinblick auf die Feldlerche, die im Artenschutzleitfaden ebenfalls nicht als windenergiesensible Art eingestuft ist.

Hinsichtlich der weiteren von dem Antragsteller aufgeführten sonstigen Vogelarten, hinsichtlich derer die Erhöhung eines signifikanten Tötungsrisikos bzw. eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustandes nicht auszuschließen sei, ist die Einschätzung des Antragsgegners, der sich ausweislich der herangezogenen Gutachten auch mit diesen Arten auseinandergesetzt hat, jedenfalls im Rahmen der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur durchzuführenden summarischen Prüfung nicht zu beanstanden. Zudem stellen seine diesbezüglichen Einwendungen die Windenergieanlagen am Vorhabenstandort jedenfalls nicht grundsätzlich in Frage, weshalb insoweit jedenfalls die Interessen der Beigeladenen an der sofortigen Ausnutzung der Genehmigung überwiegen. Denn sollte sich im Hauptsacheverfahren, ggfs. nach weiterer Sachverhaltsermittlung und Beweiserhebung erweisen, dass insoweit artenschutzrechtliche Verstöße in Betracht kommen, könnte diesen ggf. durch weitere Nebenbestimmungen (Abschaltzeiten etc.) Rechnung getragen werden (vgl. dazu (c)).

(b) Die Einschätzung des Antragsgegners, dass hinsichtlich der Fledermäuse die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nicht verletzt werden, ist ebenfalls nachvollziehbar.

Soweit der Antragsteller insbesondere die mangelhafte Durchführung der Bestandserfassung durch die Gutachter der Firma R. rügt, hat sich der Antragsgegner mit diesen Bedenken auseinandergesetzt und versucht, diese weitestgehend zu klären. Zu verweisen ist hier insbesondere auf der Stellungnahme der Firma R. zu den Kritikpunkten der von dem Antragsteller beauftragten Stiftung Fledermaus. Vor diesem Hintergrund ist auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Antragstellers nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner die durch die Anlagen entstehenden Gefahren für die Fledermaus in erheblicher Weise unterschätzt hätte.

Auch sofern die Untersuchung der Firma R. hinter den Vorgaben des Artenschutzleitfadens zurückbleiben bleiben sollte, führt dies nicht zur nach summarischer Prüfung anzunehmenden offensichtlichen Rechtswidrigkeit der Genehmigungen.

Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Rüge des Antragstellers, dass die R. -Gutachter die Dauererfassung nur mit einem System durchgeführt hätten. Insoweit ist allerdings eine Abweichung vom Artenschutzleitfaden gegeben. Dieser sieht grundsätzlich vor, dass bei fünf bis neun geplanten Anlagen zwei Dauererfassungssysteme einzusetzen sind, so dass angesichts der hier insgesamt sechs zur Genehmigung gestellten Windenergieanlagen zwei Systeme einzusetzen gewesen wären. Diese Vorgabe gilt ausweislich des Artenschutzleitfadens jedoch nur als Regel, so dass Abweichungen zulässig sind. Insofern erscheint es nicht von vornherein unplausibel bzw. offensichtlich rechtsfehlerhaft, wenn das R. -Gutachten zur Begründung seines Vorgehens ausführt, angesichts der kreisförmigen Anordnung der Windenergieanlagen im Vorhabengebiet hätte ein zweites Dauererfassungssystem keinen relevanten zusätzlichen Erkenntnisgewinn erbracht.

Zudem hat der Antragsgegner etwaig verbleibenden Bedenken an der hinreichenden Erfassung des Bestands nachvollziehbar dadurch Rechnung getragen, dass er seinen Genehmigungsentscheidungen ein worst-case-Szenario zugrunde gelegt hat: Soweit (in geringem Umfang) Unsicherheiten über den tatsächlichen Bestand bestehen, hat der Antragsgegner dies entsprechend dem Vorsorgeprinzip zugunsten eines weitergehenden Schutzes der Fledermaus in Ansatz gebracht. So hat der Antragsgegner weitgehende Abschaltzeiten vorgesehen, die nach Ziff. 7.3 des Artenschutzleitfadens die einzige wirksame Minimierungsmaßnahme bei Fledermäusen darstellen. Die WEA 1, 3 und 6 sind im Zeitraum vom 1. April bis 31. Oktober 2020 bei Windgeschwindigkeiten von unter 7,5 m² und Temperaturen über 10° C abzuschalten; die WEA 2,4 und 5 immerhin noch in der Zeit vom 1.7. bis 31. Oktober 2020. Damit geht der Antragsgegner, was die Windstärke betrifft, ab der die Abschaltung greift, sogar über den durch den Artenschutzleitzfaden gesetzten Mindeststandard hinaus, der in der Regel eine Abschaltung erst ab Windstärken von weniger als 6 m/s vorsieht. Soweit der Antragsteller meint, es sei fachlich nicht vertretbar, die für die Abschaltung maßgebliche Windstärke auf Gondelhöhe zu messen, steht seine Auffassung im Widerspruch zu den Vorgaben des Artenschutzleitfadens, der genau dies vorsieht (s. Ziff. 7.3). Das Vorgehen des Antragsgegners dürfte deshalb nicht nur nicht zu beanstanden, sondern sogar geboten sein.

Bezüglich der WEA 1, 3 und 6 hat der Antragsgegner mit den vorgesehenen Abschaltzeiten zudem sämtliche nach dem Artenschutzleitfaden kritischen Zeiträume abgedeckt, nämlich den Frühjahrszug (1. April bis 30. April), die Wochenstubenzeit (1. Mai bis 31. Juli) und den Herbstzug (15. Juli bis 31. Oktober). Soweit der Antragsgegner für die WEA 2,4 und 5 eine Abschaltung nur vom 1. Juli bis zum 31. Oktober vorsieht, hat er dies nachvollziehbar mit den besonderen landschaftlichen Gegebenheiten im Umfeld der WEA 1 und 3 begründet, die das Umfeld der WEA 1 und 3 anders als das der WEA 2, 4, 5 und 6 ganzjährig zu einem attraktiven Jagdgebiet machten. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass er bezüglich der WEA 2, 4 und 5 einen kürzeren Abschaltzeitraum vorsieht, zumal er auch damit immer noch vollständig den Zeitraum abdeckt, in dem nach den aktuellen fachlichen Erkenntnissen des Antragsgegners (vgl. Antragserwiderung, GA Bl. 299) der überwiegende Teil der Fledermaus-Kollisionen stattfindet. Soweit der Antragsgegner für die WEA 6 offenbar nur versehentlich Abschaltzeiten für den weitergehenden Zeitraum vom 1. April bis 31. Oktober (vgl. Ziff. 52) angeordnet hat, kann dies der Antragsteller nicht rügen, weil insoweit kein Verstoß gegen Artenschutzrecht in Rede steht, sondern allenfalls eine nicht gerechtfertigte Einschränkung des Zulassungsanspruchs der Beigeladenen.

Soweit der Antragsteller schließlich rügt, die Vorgaben zum Monitoring seien nicht ausreichend bestimmt, hat der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung zutreffend darauf hingewiesen, dass die Durchführung eines Gondelmonitorings für den Betreiber freiwillig ist. Dieser kann ein solches Monitoring durchführen, um den für eine „betriebsfreundlichere“ Ausgestaltung der Abschaltzeiten erforderlichen Nachweis zu erbringen, dass kürzere Abschaltzeiten artenschutzrechtlich nicht zu einem Verstoß gegen das Tötungsverbot führen würde. Hingegen handelt es sich bei dem Gondelmonitoring nicht um eine Maßnahme zum unmittelbaren Schutz der Fledermäuse. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, inwiefern durch die behauptete mangelnde Bestimmung der Vorgaben zum Monitoring rügefähige Belange des Antragstellers berührt sein sollen. Erst wenn es infolge des Monitorings tatsächlich zu einer Verkürzung der in den Genehmigungen angeordneten Abschaltzeiten kommen sollte, könnte der Antragsteller die Wirksamkeit des Gondelmonitorings gerichtlich überprüfen lassen (vgl. VG Hannover, Urt. v. 15.9.2020 - 12 A 6994/17 -, juris Rn. 161).

c) Soweit die Erfolgsaussichten der Widersprüche des Antragstellers nach den vorstehenden Ausführungen offen bzw. hier nicht abschließend zu klären sind, was insbesondere einzelne Punkte der artenschutzfachlichen Einschätzung des Antragsgegners betrifft, ergibt die insoweit durchzuführende Interessenabwägung, dass die aufschiebende Wirkung der Widersprüche des Antragstellers nicht wiederherzustellen ist. Denn sein Interesse an der vorläufigen Aussetzung der Genehmigungen überwiegt das Vollzugsinteresse der Beigeladenen sowie der Öffentlichkeit nicht, weil es als vergleichsweise niedrig einzustufen ist. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die im vorliegenden Verfahren nicht abschließend geklärten offenen Fragen, auch dann, wenn sie im Sinne des Antragstellers zu beantworten wären, nicht geeignet sind, die grundsätzliche Zulässigkeit der Errichtung und des Betriebs der Windenergieanlagen in Zweifel zu ziehen. Sie könnten vielmehr – sollten sie sich nach eventuell vertiefender Sachverhaltsermittlung als teilweise begründet erweisen – auch nach Errichtung und Inbetriebnahme der Anlagen durch ggf. erforderliche weitere Nebenbestimmungen (insbesondere weitere Abschaltzeiten) berücksichtigt werden. Insofern kann diesen Belangen auch noch im Hauptsacheverfahren hinreichend Rechnung getragen werden. Die vorläufige Zulassung der Windenergieanlagen führt insofern nicht dazu, dass die vom Antragsteller vertretenen Interessen insoweit dauerhaft unberücksichtigt bleiben müssten. Demgegenüber sind die privaten und öffentlichen Interessen an der sofortigen Vollziehung als hoch einzustufen. Das folgt in übergeordneter Hinsicht schon daraus, dass der Gesetzgeber gemäß § 63 BImSchG n. F. die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die Zulassung einer Windenergieanlage an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern entfallen lässt. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist Ziel der Neuregelung eine Beschleunigung der Verfahren, um die Ausbauziele für Windkraft an Land zu erreichen, was von zentraler Bedeutung für die Energiewende sei (BT Drucks. 19/22139, S. 25). Diese Erwägung gilt gleichermaßen im vorliegenden Verfahren, unbeschadet des Umstands, dass der gerichtliche Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zwei Tage vor Inkrafttreten der Neuregelung gestellt wurde. Auch die konkret betroffenen Interessen der Beigeladenen, die bereits erhebliche Investitionen getätigt hat und befürchten muss, einen von ihr erwarteten Zuschlag von der Bundesnetzagentur sowie den damit verbundenen Vergütungsanspruch zu verlieren, sofern die Anlagen nicht innerhalb von 30 Monaten errichtet und in Betrieb genommen werden, sind als gewichtig zu bewerten. Insofern wird der Beigeladenen ein nicht wiedergutzumachender Schaden entstehen, sollte die aufschiebende Wirkung zu Unrecht wiederhergestellt werden. Hingegen ist ein solcher Schaden bei Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung für die von dem Antragsteller vertretenen Interessen nicht zu befürchten; ihnen kann auch noch im laufenden Betrieb der Windenergieanlagen Rechnung getragen werden kann, ohne dass der Eintritt nicht wiedergutzumachender Schäden zwischenzeitlich sicher zu erwarten wäre. Das gilt insbesondere auch für die von dem Antragsteller vorgebrachten artenschutzrechtlichen Einwendungen, die nicht erkennen lassen, dass bei Errichtung und Inbetriebnahme der Windenergieanlagen zeitnah und konkret mit einem Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände zu rechnen wäre.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, dem erfolglos gebliebenen Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Denn die – anwaltlich vertretene – Beigeladene hat einen eigenen Antrag gestellt und die ihr erteilten Genehmigungen schriftsätzlich verteidigt. Insofern kann dahinstehen, ob allein die Stellung der Beigeladenen als nach § 65 Abs. 2 VwGO notwendig Beigeladener die Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO begründet (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 20.10.2014 - 1 LA 103/14 -, juris Rn. 11 sowie Nds. OVG, Beschl. v. 29.4.2020 - 1 ME 99/19 -, juris Rn. 23).Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG i. V. m. Ziff. 1.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit.