Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 11.07.2023, Az.: 9 U 7/23
Kündigung; stille Beteiligung; haftendes Eigenkapital; Phase-Out
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 11.07.2023
- Aktenzeichen
- 9 U 7/23
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2023, 34890
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2023:0711.9U7.23.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 14.12.2022 - AZ: 1 O 73/22
Rechtsgrundlagen
- BGB § 314 Abs. 3
- KWG § 10 Abs. 4 und 5
- SolvV § 31
Fundstellen
- EWiR 2023, 675
- ZIP 2024, 1458-1461
Amtlicher Leitsatz
Zur Kündbarkeit eines Vertrags über eine stille Beteiligung, der der Aufbringung haftenden Eigenkapitals einer Bank nach § 10 Abs. 4 KWG zu dienen bestimmt war.
Ein stiller Gesellschaftsvertrag, der zum Zweck der Aufbringung permanent haftenden Eigenkapitals eines Kreditinstituts abgeschlossen ist, kann von der Geschäftsherrin (bei Vorliegen der vertraglichen Voraussetzungen im Übrigen) gekündigt werden, wenn aufgrund der Umsetzung unionsrechtlicher Verschärfungen die rechtliche Qualifikation der Einlage als hartes Kernkapital (sukzessive) wegfällt. Eine derartige Kündigung ist auch zum Ende der gesetzlichen Übergangsphase (sog. Phase-Out) noch zulässig.
Tenor:
- 1.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 14. Dezember 2022 verkündete und mit Beschluss vom 17. Januar 2023 gemäß § 320 ZPO berichtigte Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Hannover durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu binnen drei Wochen seit Zugang dieses Beschlusses.
- 2.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf die Wertstufe bis 4.300.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt Feststellung, dass eine von der Beklagten am 25. November 2020 (Anl. K 10 im gesonderten Band) ausgesprochene Kündigung des zwischen den Parteien im Dezember 2010 abgeschlossenen Vertrags über die Errichtung einer stillen Gesellschaft (Anl. K 2 ebda.) unwirksam ist. Hilfsweise beansprucht die Klägerin Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen dem Nominalbetrag ihrer stillen Beteiligung und deren ihr mittlerweile ausgezahltem Buchwert zum 31. Dezember 2021.
Das Landgericht, auf dessen Urteil (Bd. I, Bl. 133 ff. d. A.) wegen der näheren Einzelheiten der tatbestandlichen Feststellungen, der im ersten Rechtszug gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat die Klage abgewiesen. Es hat im Kern gemeint, die streitgegenständliche Kündigungserklärung der Beklagten sei nicht unwirksam, sondern nach § 7 (4) des Gesellschaftsvertrags rechtmäßig. Dass die von der Klägerin erbrachte Einlage infolge der seit 2014 wirksamen Änderung aufsichtsrechtlicher Vorschriften bereits über Jahre hinweg sukzessive ihre mit dem Vertrag gerade beabsichtigte Qualität als Kernkapital der Beklagten verloren habe und auch noch weiter verliere, stelle eine die außerordentliche Kündigung rechtfertigende nachteilige Veränderung aufsichtsrechtlicher Vorschriften im Sinne der genannten Vertragsbestimmung dar. Dass diese Veränderung bereits seit 2014 Wirkungen entfaltet habe und sogar noch früher bekannt gewesen sei, sei unerheblich, weil die Vertragsbestimmung der Beklagten insoweit das Recht einräume, "jederzeit" zu kündigen. Die in § 12 des Gesellschaftsvertrags für den Fall einer wesentlichen Veränderung in der aufsichtsrechtlichen Behandlung der Einlagen vorgesehene Aufnahme von Verhandlungen stelle keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung dar. Die Beklagte habe ihr Kündigungsrecht nicht verwirkt. Der Klägerin stehe auch kein Schadensersatzanspruch zu; insbesondere sei die Kündigung weder zur Unzeit erfolgt noch sei ersichtlich, dass der nach Auffassung der Klägerin eingetretene Schaden bei entsprechend § 12 des Vertrags aufgenommenen Verhandlungen nicht entstanden wäre.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihr erstinstanzliches Prozessziel weiterverfolgt. Sie macht geltend, die Auffassung der Kammer, wonach das in § 7 (4) des Gesellschaftsvertrags vorgesehene Recht zur außerordentlichen Kündigung zeitlich unbegrenzt ausgeübt werden könne, verkenne dessen weitere Voraussetzungen und gehe über das Verständnis selbst der Beklagten hinaus. Der Kündigung stehe vielmehr entgegen, dass zum Zeitpunkt ihres Ausspruchs keine wesentlichen Veränderungen im Sinne der aufsichtsrechtlichen Behandlung der Einlage mehr zu verzeichnen gewesen seien. Die Beklagte hätte bereits zum Ende des Jahres 2016 (zu diesem Zeitpunkt durfte eine auf die fragliche Bestimmung gestützte außerordentliche Kündigung vertragsgemäß frühestens erklärt werden) kündigen können und - mit Blick auf die Interessen der Klägerin als ihrer Vertragspartnerin - müssen. Entgegen der Annahme des Landgerichts sei angesichts einer entsprechenden Verknüpfung in § 7 (4) des Gesellschaftsvertrags die Aufnahme einvernehmlicher Verhandlungen im Sinne von § 12 des Vertrags zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung einer außerordentlichen Kündigung. Dadurch, dass es die Beklagte unterlassen habe, eine außerordentliche Kündigung zeitnah zu den Veränderungen aufsichtsrechtlicher Vorschriften auszusprechen, habe sie ihr Kündigungsrecht verwirkt; das Unterlassen begründe insbesondere das für eine Verwirkung erforderliche Umstandsmoment. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch stehe der Klägerin nicht nur wegen der zur Unzeit ausgesprochenen Kündigung zu, sondern auch deswegen, weil die Beklagte dadurch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht sowie die aus § 12 des Gesellschaftsvertrags resultierende, dem Rechtsgedanken aus § 313 BGB entsprechende Pflicht verletzt habe.
II.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich, eine mündliche Verhandlung nicht geboten. Die Berufung hat nach einstimmiger vorläufiger Beurteilung auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Das Landgericht, auf dessen auch gegenüber dem (neue und weiterführende Gesichtspunkte angesichts des im Wesentlichen unstreitigen entscheidungserheblichen Sachverhalts nicht aufzeigenden) Berufungsvorbringen zutreffende Erwägungen, denen sich der Senat in vollem Umfang anschließt, zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, hat die Klage zu Recht abgewiesen. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist Folgendes anzumerken:
1. Unstreitig ist im Streitfall eine "nachteilige Veränderung aufsichtsrechtlicher Vorschriften" i. S. v. § 7 (4) des Gesellschaftsvertrags als Voraussetzung des in dieser Vorschrift normierten außerordentlichen Kündigungsrechts der Beklagten eingetreten, und zwar durch die ab dem 1. Januar 2014 geltende Änderung von § 10 Abs. 4 KWG unter Bezugnahme auf die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (CRR-Verordnung). Der nach der Präambel des Gesellschaftsvertrags mit der stillen Beteiligung verfolgte Zweck, das von der Klägerin im Wege einer Einlage eingebrachte Kapital "auf Dauer als haftendes Eigenkapital (Kernkapital)" dienen zu lassen, ist durch diese Gesetzesänderung jährlich ab 2014 zu immer größeren Teilen unmöglich geworden, weil die Einlage der Klägerin diesem Ziel ab 2014 teilweise und ab 2022 gar nicht mehr gerecht werden konnte (sog. Phase-Out-Regelung).
a) Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, wonach die Beklagte angesichts dieser, die dauerhafte Verwirklichung des mit dem Gesellschaftsvertrag Gewollten mittelfristig unmöglich machenden Änderung aufsichtsrechtlicher Vorschriften berechtigt war, die stille Beteiligung der Klägerin durch die Erklärung vom 25. November 2020 außerordentlich zu kündigen.
Dem steht, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung die in der Gesetzesänderung angelegte Aberkennung der Qualität des von der Klägerin per Einlage eingebrachten Kapitals als haftendes Eigenkapital der Beklagten überwiegend bereits eingetreten war und dass die Beklagte von ihrem außerordentlichen Kündigungsrecht bereits zum 31. Dezember 2016 hätte Gebrauch machen dürfen (§ 7 (4) Abs. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags). Vielmehr zeigt gerade der Umstand, dass die letztgenannte Vertragsvorschrift einen (vom Eintritt der Kündigungsvoraussetzungen losgelösten) Zeitpunkt bestimmt, zu welchem eine außerordentliche Kündigung frühestens erfolgen durfte, dass die Beklagte nicht gehalten war, die außerordentliche Kündigung bereits zeitnah zum Inkrafttreten oder Bekanntwerden geänderter gesetzlicher Regelungen auszusprechen.
Dafür spricht auch, wie die Kammer zutreffend ausgeführt hat, dass die Beklagte ausweislich des Gesellschaftsvertrags berechtigt war, ihr außerordentliches Kündigungsrecht "jederzeit" auszuüben. Die Parteien haben in dieser Hinsicht ausdrücklich und zulässigerweise vereinbart, dass die Beklagte als Kündigungsberechtigte nicht nur innerhalb einer angemessenen Frist, nachdem sie (wie die Klägerin auch) vom in einer Gesetzesänderung liegenden Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hatte, kündigen durfte. Sie haben also eine Regelung, wie sie § 314 Abs. 3 BGB (in der heute geltenden Fassung von § 10 Abs. 5 KWG ist sogar explizit geregelt, dass die Bestimmung nicht anwendbar ist) enthält, nicht nur nicht vereinbart, sondern gerade abbedungen.
b) Die Auffassung der Klägerin, ein derartiges Verständnis der Regelung des § 7 (4) des Gesellschaftsvertrags werde den Voraussetzungen der dort geregelten außerordentlichen Kündigung nicht gerecht, vermag der Senat nicht zu teilen. Insbesondere stehen vertraglich geregelte Ansprüche der Klägerin nicht entgegen, denn diese konnte als stille Gesellschafterin den Beteiligungsvertrag ohnehin nicht kündigen (§ 7 (2) des Gesellschaftsvertrags).
Vielmehr würde die von der Klägerin vertretene Auffassung, wonach die Beklagte so bald wie möglich nach dem Wirksamwerden der gesetzlichen Regelungen, zufolge derer die Einlage der Klägerin jährlich fortschreitend ihre Qualifikation als haftendes Kernkapital der Beklagten verlor, die stille Gesellschaft hätte kündigen müssen, den Zweck der vom europäischen Verordnungsgeber und vom Bundesgesetzgeber vorgesehenen graduellen Auslaufphase (Phase-Out) gerade konterkarieren. Das Phase-Out sollte es schließlich den von der CRR-Verordnung betroffenen Banken ermöglichen, die nach der neuen Rechtslage aus den Berechnungen wegfallenden Mittel zur Kapitalausstattung in zumutbarer Weise, namentlich unter Inanspruchnahme entsprechender Fristen, zu ersetzen. Konsequenz der Auffassung der Klägerin wäre es aber, dass die Beklagte ihre nicht mehr zweckerfüllenden stillen Einlagen sogleich hätte kündigen und entsprechend ersetzen müssen.
c) Ob die Beklagte, wie sie geltend macht, mangels Vorliegens einer gemäß § 7 (6) des Gesellschaftsvertrags (und § 10 Abs. 4 Nr. 3 KWG a. F.) einzuholenden Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde ohnehin nicht früher hätte kündigen können oder ob, wie die Klägerin unter Hinweis auf eine im Jahr 2015 erfolgte Kündigung einer erheblich größeren Beteiligung einer anderen stillen Gesellschafterin einwendet, eine solche Zustimmung bereits für eine Kündigung zum 31. Dezember 2016 hätte erlangt werden können, erscheint demzufolge unerheblich.
d) Darüber hinaus durfte die Beklagte das stille Gesellschaftsverhältnis mit der Klägerin auch deswegen wie geschehen kündigen, weil die Auswirkungen der oben geschilderten Änderung aufsichtsrechtlicher Vorschriften auch zum Zeitpunkt der (gegen Ende des Phase-Out, also der stufenweisen Außerkraftsetzung der früheren Regelungen erfolgten) Kündigungserklärung noch eintraten. Die Beteiligung der Klägerin verlor seit dem Jahr 2014 und zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung fortschreitend ihre Qualität als haftendes Eigenkapital der Beklagten (vgl. § 31 Solvabilitätsverordnung - SolvV). Davon waren in 2014 20 % und danach jeweils 10 % der Einlage pro Jahr betroffen. Dieser jährliche "Schwund" stellt jeweils eine wesentliche Änderung in der aufsichtsrechtlichen Behandlung der Einlage dar. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist für die Frage der Wesentlichkeit der Änderung auf den Gegenstand des konkreten, die Parteien verbindenden Beteiligungsvertrags abzustellen und nicht auf die Höhe des gesamten Eigenkapitals der Beklagten.
2. Der Senat teilt auch die Auffassung des Landgerichts, wonach der in § 12 des Gesellschaftsvertrags vorgesehene "Eintritt in einvernehmliche Verhandlungen im Falle wesentlicher Änderungen in der aufsichtsrechtlichen Behandlung der Einlagen" keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kündigungserklärung nach § 7 (4) des Vertrags darstellt.
Abgesehen davon, dass § 12 angesichts seiner Formulierung ("die Parteien werden ... eintreten") lediglich als beiderseitige Absichtserklärung, nicht als bindende Verpflichtung zu verstehen ist, mangelt es der Regelung an jeglicher Bestimmtheit, um als in irgendeiner Weise subsummierbare Voraussetzung einer Kündigungserklärung dienen zu können. Schon der Begriff "einvernehmliche Verhandlungen" ist unverständlich, denn es bedarf keiner Verhandlungen, wenn zwischen zwei Parteien Einvernehmen besteht. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass mit der Wendung die Erzielung eines bestimmten Ergebnisses gemeint sein sollte, denn es waren lediglich Verhandlungen beabsichtigt.
Schließlich ist nichts dafür ersichtlich, warum die Klägerin, hätte sie im Lichte der ihr nicht unbekannt gebliebenen (siehe dazu noch nachstehend) Gesetzesänderungen im KWG i. V. m. mit der unmittelbar geltenden EU-Verordnung Nr. 575/2013 Verhandlungen gewünscht, diese nicht ihrerseits angestoßen hat.
Zudem wird § 12 des Gesellschaftsvertrags in § 7 (4) lediglich zur Begriffsbestimmung u. a. der "nachteiligen Veränderung steuerlicher oder aufsichtsrechtlicher Vorschriften" herangezogen, nicht aber zu einer Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung erklärt.
Schließlich ist, wie die Beklagte mit Recht einwendet und erläutert (S. 10 f. der Klagerwiderung vom 12. August 2022, Bl. 42 Rs., 43 d. A.), nicht ersichtlich, welche wie gestaltete Anpassung "dieses Beteiligungsvertrages an die veränderte Rechtslage" durch Gespräche überhaupt hätte erreicht werden können.
3. Angesichts dessen, dass die Kündigungserklärung vom 25. November 2020 - auch im Hinblick auf den Zeitpunkt ihres Ausspruchs - vertragsgemäß gewesen ist, hat die Beklagte ihr Kündigungsrecht (schon mangels Vorliegens des dafür erforderlichen Zeitmoments) auch nicht verwirkt.
Im Übrigen ist im Streitfall nicht ersichtlich, worin angesichts des jegliche Handlungsoption der Klägerin im Hinblick auf den Bestand ihrer Beteiligung ausschließenden § 7 (2) des Gesellschaftsvertrags ein (für die Bejahung einer Verwirkung ebenfalls erforderliches) Umstandsmoment zu erblicken sein soll. Die Klägerin trägt weder vor noch ist sonst ersichtlich, dass, wann und wodurch sie sich tatsächlich und für die Beklagte erkennbar darauf eingerichtet haben will, die Beklagte werde von ihrem Kündigungsrecht auch in Zukunft nicht mehr Gebrauch machen. Dass die Klägerin, wie sie mit der Berufung ausführt, sich vermeintlich darauf einrichten "konnte", eine Kündigung der Beteiligung werde nicht erfolgen, ersetzt derartigen Vortrag nicht.
In dieser Hinsicht ist vielmehr anzumerken, dass der Klägerin, die ebenfalls ein Kreditinstitut ist, die ihre stille Beteiligung an der Beklagten fundamental betreffende Änderung des KWG im Hinblick auf die genannte europarechtliche Verordnung bekannt sein musste. Angesichts dessen, dass die stille Beteiligung dadurch ihren zentralen, in der Präambel des Vertrags genannten Zweck verlieren musste, hätte die Klägerin, bevor sie sich auf einen Fortbestand ihrer Beteiligung einrichtete, ihrerseits - siehe schon oben - das von ihr vermisste Gespräch mit der Beklagten suchen müssen.
4. Weil die streitgegenständliche Kündigung vertragsgemäß und die Beklagte nicht zu einer früheren Kündigung (namentlich einer solchen zu einem Zeitpunkt, zu dem die Beteiligung der Klägerin noch nicht durch Verluste der Beklagten angegriffen war) verpflichtet gewesen ist, steht der Klägerin, wie das Landgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, kein Anspruch auf Schadensersatz zu.
Ein solcher ergibt sich auch nicht aus der vermeintlichen Verletzung einer Treuepflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin als ihrer stillen Gesellschafterin. Die Klägerin macht die Differenz zwischen dem ihr mittlerweile ausgezahlten Buchwert der durch die Kündigung beendeten Beteiligung zum 6. Dezember 2021 und dem bei der Eingehung der Beteiligung aufgebrachten Nominalbetrag als Schaden geltend. An den im Laufe des Bestehens der stillen Gesellschaft entstandenen Verlusten nahm die Klägerin jedoch (dem Wesen einer stillen Beteiligung entsprechend) gemäß dem Verhältnis ihrer Einlage zum Gesamtbuchwert aller am Verlust teilnehmenden Haftkapitale der Beklagten teil, § 6 des Gesellschaftsvertrags. Warum die Beklagte, nachdem sie die stille Beteiligung der Klägerin vertragsgemäß gekündigt hat, die Klägerin nunmehr im Wege eines Schadensausgleichs von dieser Verlustbeteiligung im Nachhinein freizustellen verpflichtet sein sollte, erschließt sich nicht.
Gleiches gilt, soweit die Klägerin ihre Schadensersatzbegehren auf eine Verletzung der sich ihrer Auffassung nach aus § 12 des Gesellschaftsvertrags ergebenden Verhandlungspflicht (§ 313 BGB findet schon wegen § 10 Abs. 5 KWG in seiner aktuellen Fassung ausdrücklich keine Anwendung) stützt. Abgesehen davon, dass diese Vorschrift nach dem oben unter Nr. II.2 Gesagten keine sanktionsbewehrte Verpflichtung der Beklagten enthält, sondern lediglich eine beiderseitige Absichtserklärung, ist nicht zu erkennen, dass der Klägerin, wären die Parteien vor dem Ausspruch der Kündigung durch die Beklagte "in einvernehmliche Verhandlungen zum Zweck einer Anpassung dieses Beteiligungsvertrages an die veränderte Rechtslage eingetreten", als Ergebnis solcher Verhandlungen eine Auffüllung ihrer zu Beginn des Jahres 2011 aufgebrachten, in der folgenden Dekade durch entsprechende Verlustbeteiligungen indes geminderten Beteiligung hätte erreichen können. Rückzahlbare Einlagen, die nicht am Verlust teilnehmen, hätten nämlich zu keinem Zeitpunkt dem Kernkapital zugerechnet werden dürfen und hätten mithin die in der Präambel festgelegte Geschäftsgrundlage des Vertrages stets verfehlt, vgl. § 10 Abs. 4 KWG i. d. bei Abschluss der stillen Gesellschaft 2010 geltenden Fassung.
5. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass bei einer Rücknahme der (aussichtslosen) Berufung eine erhebliche Reduzierung der Gerichtskosten einträte.