Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 20.07.2023, Az.: 24 U 347/22

Rechte des Käufers eines vom sog. Diesel-Abgasskandal betroffenen Pkw; Beginn der Verjährung von Schadensersatzansprüchen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
20.07.2023
Aktenzeichen
24 U 347/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 33071
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Stade - 26.08.2022 - AZ: 6 O 75/22

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1

    Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen aufgrund des Erwerbs eines vom sog. Diesel-Abgasskandal betroffenen Pkw beginnt spätestens zu dem Zeitpunkt, in dem der Erwerber, etwa aufgrund von Pressemitteilungen und der in der Öffentlichkeit bekannt gemachten Möglichkeit der Online-Ermittlung der individuellen Schadensbetroffenheit, entsprechenden Veröffentlichungen sämtliche für eine erfolgversprechende Klageerhebung erforderlichen Informationen entnehmen konnte.

  2. 2

    Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen aufgrund des Erwerbs eines vom sog. Diesel-Abgasskandal betroffenen Pkw beginnt spätestens zu dem Zeitpunkt, in dem der Erwerber, etwa aufgrund von Pressemitteilungen und der in der Öffentlichkeit bekannt gemachten Möglichkeit der Online-Ermittlung der individuellen Schadensbetroffenheit, entsprechenden Veröffentlichungen sämtliche für eine erfolgversprechende Klageerhebung erforderlichen Informationen entnehmen konnte.

  3. 3

    Der Erhebung der Verjährungseinrede steht auch nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen, etwa weil die Herstellerin des Fahrzeugs und des Motors ihr Verhalten "bagatellisiert" hätten oder den Geschädigten durch Aufspielen eines Software-Updates und eine damit vermeintlich einhergehende Vortäuschung der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes an einer durchsetzen rechtzeitigen Durchsetzung seiner Ansprüche gehindert hätten.

  4. 4

    Auf den sogenannten Restschadensersatzanspruch gemäß § 852 BGB muss sich der Käufer nach inzwischen erfolgter Veräußerung des Fahrzeugs nicht nur den Verkaufserlös und die gezogenen Nutzungen, sondern im Falle der Vorsteuerabzugsberechtigung auch die angefallene Umsatzsteuer anrechnen lassen.

In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2023 durch die Richterin am Oberlandesgericht ... als Einzelrichterin für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 26. August 2022 abgeändert und die Klage abgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  4. 4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

  5. 5.

    Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 16.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger beansprucht von der beklagten Motorenherstellerin Schadensersatz im Zusammenhang mit dem sog. "Diesel-Abgasskandal".

Der - grundsätzlich vorsteuerabzugsberechtigte (vgl. GA 495) - Kläger erwarb am 28. Juni 2016 den streitgegenständlichen Neuwagen Audi Avant 3.0 TDI mit der FIN: .... zum Kaufpreis von 76.821,88 € brutto bzw. netto 64.547,63 €. Hierbei entstanden ihm Finanzierungskosten in Höhe von 4.986,93 €. Am 27. Januar 2020 veräußerte der Kläger das Fahrzeug zu einem Preis vom 43.129 €.

In dem streitgegenständlichen Fahrzeug ist ein Dieselmotor vom Typ V-TDI (V 6, Euro 6) verbaut; es unterliegt einem Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes (fortan: KBA) wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen (sog. "Aufheizstrategie").

Der Kläger hat mit seiner der Beklagten am 1. März 2022 zugestellten Klage die Zahlung von großem Schadensersatz begehrt. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie die vollumfängliche Klageabweisung begehrt und sich hierbei insbesondere auf die bereits in erster Instanz erhobene Einrede der Verjährung beruft.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung

die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung und die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.

1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist davon auszugehen, dass die dem Kläger aus dem streitgegenständlichen Fahrzeugerwerb zustehenden Schadensersatzansprüche für dem Grunde nach berechtigte Forderungspositionen verjährt und damit nicht mehr durchsetzbar sind, § 214 BGB. Der klägerische Anspruch auf Zahlung von sog. Restschadensersatz nach § 852 BGB wird durch die gezogenen Nutzungen und den Verkaufserlös vollumfänglich aufgezehrt.

a) Die Verjährung des Anspruchs aus § 826 ZPO richtet sich nach §§ 195, 199 BGB. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangte oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.

Vorliegend erlangte der Kläger die für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen spätestens im Jahr 2018, so dass die Verjährung mit Ablauf des 31. Dezember 2018 zu laufen begann.

aa) Die Beklagte hat ausführlich und nachvollziehbar unter Bezugnahme auf ihre Pressemitteilung vom 21. Juli 2017, den erstmals am 8. Dezember 2017 per Pressemitteilung bekannt gemachten Rückruf des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps durch das KBA, die in der nachfolgenden Zeit in Funk, Fernsehen und den Print- und Onlinemedien erfolgten Veröffentlichungen sowie die in der Öffentlichkeit bekannt gemachte Möglichkeit der Online-Ermittlung der individuellen Schadensbetroffenheit dargelegt, dass die betroffenen Geschädigten sämtliche für eine erfolgversprechende Klageerhebung erforderlichen Informationen bereits seit dem Jahr 2017, spätestens jedoch seit Beginn des Jahres 2018, diesen Veröffentlichungen entnehmen konnten (GA 292 ff).

Zwar lässt sich der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht darauf stützen, dass ein Geschädigter einen wenigstens gelegentlichen Medienkonsum unterlassen hat und dementsprechend die Informationen aus der Medienberichterstattung nicht mitbekommen hat; denn niemand ist verpflichtet, im Verjährungsinteresse des deliktischen Schuldners generell die Medien zu verfolgen (vgl. BGH, Urteil v. 29. Juli 2021 - VI ZR 1118/20, juris-Rn. 18). Umgekehrt ist angesichts der sich an die Pressemitteilung anschließenden, die Medien über Monate hinweg beherrschenden Berichterstattung eine Kenntniserlangung vom auch den streitgegenständlichen Fahrzeug- und Motorentyp betreffenden sog. "Dieselskandal" in Anbetracht des Ausmaßes der seinerzeitigen Medienpräsenz des Themas aber so naheliegend, dass nur unter besonderen Umständen wie beispielsweise langer Krankenhaus- oder Auslandsaufenthalte nachvollziehbar wäre, dass jemand von diesem Ereignis nichts mitbekommen haben will, und dies selbst auch nur dann, wenn von einem - orts- oder gesundheitsbedingten - "Abgeschnittensein des Betroffenen von der Außenwelt" vernünftigerweise ausgegangen werden kann. Dass in seinem Fall derartige besondere Umstände vorgelegen hätten und er deswegen von der massiven, die Medien beherrschenden Berichterstattung nichts mitbekommen hätte oder außer Stande gewesen sei, eine konkrete Prüfung der Schadensbetroffenheit für das von ihm erworbene Fahrzeug durchzuführen, hat der Kläger im Rahmen des gesamten Rechtsstreits nicht dargetan. Seine diesbezüglichen Ausführungen erschöpfen sich vielmehr in der pauschalen Aussage, wonach "von einer allgemeinen Kenntnis, dass auch die Beklagte illegale Abschalteinrichtungen verwendet habe, im Jahr 2018 nicht auszugehen" sei (GA 427). Wann konkret der Kläger welche Informationen über den die Beklagte betreffenden sog. Abgasskandal und die Schadensbetroffenheit des eigenen Fahrzeugs erhalten hat, ergibt sich aus dem klägerischen Vortrag nicht, weshalb dieser als unerheblich zu bewerten ist. Aus diesem Grund ist der Vortrag der Beklagten, wonach dem Kläger bekannt gewesen sei, dass von der Beklagten hergestellte Fahrzeuge vom sog. "Dieselskandal" betroffen waren, als unstreitig zu behandeln. Es bestand mithin die Veranlassung und auch die Möglichkeit, sich über die in der Presse veröffentlichten und auch im Internet leicht zu recherchierenden Online-Plattformen oder eine Nachfrage beim Händler vor Ort bis spätestens Ende 2018 über die Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu informieren. Diese auf der Hand liegenden Erkenntnismöglichkeiten, die weder besondere Kosten noch nennenswerte Mühe verursacht hätten, hat der Kläger indes nicht ausgenutzt (vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Juli 2022, VII ZR 422/21, NJW 2022, 3284 Rn. 19 mwN).

Unter diesen Voraussetzungen steht daher im Streitfall zur Überzeugung des Senats mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit fest, dass der Kläger spätestens seit dem Jahr 2018 entsprechende Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis vom sog. "Dieselabgasskandal" und der individuellen Betroffenheit des eigenen Fahrzeugs hatte. Denn selbst nach dem strengen Maßstab des § 286 ZPO bedarf es keines naturwissenschaftlichen Kausalitätsnachweises und keiner an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, vielmehr genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der verbleibenden Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, a. a. O, juris-Rn. 19).

Damit wusste der Kläger, dass sein Fahrzeug als eines von mehreren Millionen mit dem streitgegenständlichen Dieselmotor V-TDI (EU 6) ausgestatteten Fahrzeugen mit einer Motorsteuerungssoftware versehen war, die so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten wurden, und dass das KBA der Beklagten deshalb eine Nachbesserung der betroffenen Fahrzeuge aufgab. Ebenfalls wusste er naturgemäß, ob er beim Kauf des Fahrzeugs die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben als selbstverständlich vorausgesetzt hatte und ob er das Fahrzeug auch gekauft hätte, wenn er von dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung und den damit möglicherweise verbundenen Konsequenzen gewusst hätte.

bb) Bei dieser Sachlage reichten die dem Kläger bekannten Umstände aus, um den Schluss nahezulegen, dass der Einbau der Motorsteuerungssoftware, die nach ihrer Funktionsweise ersichtlich auf Täuschung der zuständigen Genehmigungsbehörde abzielte, auf einer am Kosten- und Gewinninteresse ausgerichteten Strategieentscheidung beruhte. Denn die Entscheidung über den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung betraf die grundlegende strategische Frage, mit Hilfe welcher technischen Lösung die Beklagte die Einhaltung der - im Verhältnis zu dem zuvor geltenden Recht strengeren - Stickoxidgrenzwerte der Euro-6-Norm sicherstellen wollte. Sie wirkte sich auf die Produktion von mehreren Millionen Fahrzeugen aus und war mit weitreichenden Konsequenzen, nicht zuletzt enormen Risiken, verbunden. Aus denselben Gründen war es weiter naheliegend, dass eine solche Strategieentscheidung nicht etwa von einem untergeordneten Mitarbeiter im Alleingang, sondern von einem Vorstand oder einem sonstigen verfassungsmäßig berufenen Vertreter, dessen Verhalten der Beklagten zu 1 gemäß § 31 BGB zuzurechnen ist, getroffen oder jedenfalls gebilligt worden war (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - VI ZR 739/20, VersR 2021, 324 Rn. 22). Dagegen bedurfte es für die Zumutbarkeit der Klageerhebung und damit den Beginn der Verjährungsfrist nicht näherer Kenntnis von den "internen Verantwortlichkeiten" im Hause der Beklagten. Insbesondere war es nicht erforderlich, das die Haftung auslösende Verhalten zuverlässig einer namentlich benannten Person im Hause der Beklagten zuzuordnen (BGH aaO Rn. 23).

Darauf, ob der Kläger im Zeitpunkt der Kenntniserlangung darüber hinaus in der Lage war, aus den ihm bekannt gewordenen Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zu ziehen, kommt es dagegen nicht an. Denn es handelt sich nicht um einen eng begrenzten Ausnahmefall, in dem die Erhebung einer (Feststellungs-) Klage wegen unsicherer und zweifelhafter Rechtslage unzumutbar war und der Verjährungsbeginn daher hinausgeschoben wurde. Vielmehr war unter Berücksichtigung der schon bestehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 826 BGB (insbesondere zu Sittenwidrigkeit und Schaden) sowie zur sekundären Darlegungslast bereits im Zeitpunkt der Kenntniserlangung erkennbar, dass sich diese Rechtsprechung auf die hier vorliegende Fallkonstellation übertragen lassen würde (BGH aaO Rn. 26).

b) Dementsprechend konnte die im Jahre 2022 erhobene Klage keine Hemmung der Verjährungsfrist mehr bewirken, so dass die Beklagte nach § 214 Abs. 1 BGB berechtigt ist, die Leistung zu verweigern.

2. Die Beklagte ist auch nicht an der Erhebung der Verjährungseinrede unter dem Gesichtspunkt der Treuwidrigkeit gehindert, weil sie den Kläger durch eine "Bagatellisierung" ihres Verhaltens sowie das Aufspielen des Software-Updates und eine damit vermeintlich einhergehende Vortäuschung der Beseitigung des rechtswidrigen Zustands an einer rechtzeitigen Durchsetzung seiner Ansprüche gehindert hätte.

a) Der Erhebung der Verjährungseinrede kann der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengesetzt werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die die Einrede als groben Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Dabei kann es genügen, wenn der Schuldner den Gläubiger nur unabsichtlich von der Wahrung der Verjährungsfrist abgehalten hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2019 - IV ZR 317/17, BGHZ 224, 40 Rn. 37 mwN). Insoweit ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2013 - IX ZR 215/12, juris-Rn. 15).

b) Dass die Beklagte den Kläger durch ihr Verhalten von der rechtzeitigen Erhebung der Klage abgehalten habe, lässt sich nicht feststellen. Der Umstand, dass die Beklagte den Vorwurf der Sittenwidrigkeit zurückgewiesen haben, genügt hierfür offensichtlich nicht. Denn der Beklagten kann jedenfalls ab Beginn des Jahres 2018 nicht mehr der Vorwurf der Sittenwidrigkeit entgegengehalten werden, da diese ihre strategische unternehmerische Entscheidung, im eigenen Kosten- und Gewinninteresse das KBA und letztlich die Fahrzeugkäufer zu täuschen, ersetzt hat durch die Strategie, an die Öffentlichkeit zu treten, Unregelmäßigkeiten einzuräumen und in Zusammenarbeit mit dem KBA Maßnahmen zur Beseitigung des gesetzwidrigen Zustandes zu erarbeiten, um die Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung zu bannen (vgl. auch BGH, Urteil v. 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20, juris-Rn. 37).

3. Auch das Aufspielen des Software-Updates als solches ändert an dieser Betrachtung nichts. Insofern fehlt es jedenfalls an einer Kausalität des Software-Updates für den vom Kläger behaupteten Schaden. Denn da der Kläger den Wagen im Jahr 2016, mithin deutlich vor dem Aufspielen des Updates erworben hatte, wäre eine etwaige Täuschung durch die Beklagte im Zusammenhang mit dem Software-Update nicht ursächlich für die von ihm behauptete Belastung mit einem ungewollten Vertrag.

4. Schließlich ergeben sich auch keine Ansprüche des Klägers unter dem Gesichtspunkt des sog. Restschadensersatzanspruchs gem. § 852 BGB. Dieser - dem Kläger als Käufer eines Neuwagens grundsätzlich zustehende (vgl. grundlegend: BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 57/21, NJW-RR 2022, 850) - Anspruch wird durch die im Rahmen der Vorteilsausgleichung vorzunehmende Anrechnung der gezogenen Nutzungsvorteile vollständig aufgezehrt.

a) Grundsätzlich ist die Beklagte gegenüber Käufern von Fahrzeugen zur Leistung von Schadensersatz aus § 852 Satz 1 BGB verpflichtet, weil sie als Fahrzeugherstellerin den Händlereinkaufspreis auf Kosten des Geschädigten vereinnahmt hat. Insoweit beruhen der schadensauslösende Vertragsschluss zwischen Händler und Geschädigten einerseits und der Erwerb des Händlereinkaufspreises durch die Fahrzeugherstellerin auf derselben (mittelbaren) Vermögensverschiebung (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2022, aaO).

Nach dem unstreitigen Parteivortrag ist von dem Kaufpreis von 76.821,88 € brutto eine sog. Händlermarge in Höhe von 15 %, mithin 11.523,15 €, abzuziehen, so dass die Berechnung des Restschadensersatzanspruchs ein Händlereinkaufspreis von 65.298,73 € zugrunde zu legen ist.

b) Allerdings gelten für den Anspruch aus §§ 826, 852 S. 1, §§ 818?ff. BGB mit Rücksicht auf seine Rechtsnatur als Restschadensersatzanspruch dieselben Grundsätze wie für den Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB; insbesondere unterliegt auch der Restschadensersatzanspruch aus §§ 826, 852 S. 1 BGB nach den allgemeinen Grundsätzen der Vorteilsausgleichung (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2022, aaO). Dies bedeutet, dass sich der Kläger nicht nur den Verkaufserlös in Höhe von 43.129 und die gezogenen Nutzungsvorteile in Höhe von 23.735,20 €, sondern auch den in der hier unstreitig gegebenen Abzugsmöglichkeit der angefallenen Umsatzsteuer zu sehenden Vorteil in Höhe von 14.596 € anrechnen lassen muss (vgl. zu Letzterem BGH, Beschluss vom 25. Juli 2022 - VIa ZR 622/21, VRS 143, 12 Rn. 9 mwN). Auf einen etwaigen Abzug der sog. "AfA", welche die Beklagte unwidersprochen auf 17.436,12 € geschätzt hat und welche selbst einen aus § 826 BGB folgenden Schadensersatzanspruch in vollem Umfang aufzehrten, kommt es mithin nicht mehr an.

5. Im Ergebnis ist damit die Beklagten aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zum Schadensersatz verpflichtet.

Insbesondere ist ein möglicher Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV und den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ebenfalls verjährt. Insoweit wäre die Verjährung für einen solchen Anspruch nicht anders zu beurteilen als für Ansprüche aus § 826 BGB (vgl. nur BGH, Urteil v. 13. Juni 2022 - VIa ZR 680/21, juris Rn. 25 ff.).

Hieran ändert auch die am 21. März 2023 verkündete Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C-100/21 nichts. Denn die Verjährung des aus § 823 Abs. 2 BGB resultierenden Anspruchs tritt insoweit unabhängig von der Frage des aus Art. 18 Abs. 1, 26 Abs. 1 und Art. 46 der Richtlinie 2007/46 abzuleitenden Drittschutzes ein.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711, 713, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht aus Sicht des Senats nicht.