Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 21.11.2008, Az.: 7 A 1606/08
Betreibensaufforderung; Klagebegründung, Ausbleiben der; Approbation, vorläufige; Verwaltungsakt, vorläufiger
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 21.11.2008
- Aktenzeichen
- 7 A 1606/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 46012
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2008:1121.7A1606.08.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OVG Niedersachsen - 29.06.2009 - AZ: 8 LC 1/09
- BVerwG - 10.11.2009 - AZ: BVerwG 3 B 66.09
Rechtsgrundlagen
- 92 II VwGO
- 48 VwVfG
- 52 VwVfG
- 3 I 1 PsychThG
Amtlicher Leitsatz
- 1.
In nicht asylrechtlichen Streitigkeiten rechtfertigt die Nichtvorlage einer vom Kläger angekündigten Klagebegründung nur in Ausnahmefällen den Erlass einer Betreibensaufforderung.
- 2.
Eine während des Widerspruchsverfahrens "vorläufig" erteilte Approbation wird automatisch durch Erledigung unwirksam, wenn die Ablehnung des Antrags auf Erteilung der "endgültigen" Approbation bestandskräftig wird.
- 3.
Nimmt die Behörde die erledigte vorläufige Approbation zurück, ohne Ermessen dahingehend auszuüben, ob es einer solchen Rücknahme angesichts der Erledigung überhaupt noch bedarf, so ist der Rücknahmebescheid rechtswidrig und verletzt den Betroffenen in seinen Rechten.
Tatbestand
Die 1953 geborene Klägerin besitzt einen Studienabschluss für das Lehramt an Gymnasien. Am 21. Dezember 1998 beantragte sie die Erteilung der Approbation als psychologische Psychotherapeutin. Sie wies ca. 6600 Stunden Praxis in der psychotherapeutischen Krankenbehandlung seit 1982, 493 Stunden theoretische Ausbildung in Psychotherapie seit 1989 sowie eine 3 Fälle umfassende Supervision im Jahre 1995 nach.
Der Antrag wurde mit Bescheid vom 19. April 1999 abgelehnt, da die Klägerin kein abgeschlossenes Studium der Psychologie nachgewiesen habe. Sie erfülle damit die gesetzlichen Voraussetzungen des PsychThG nicht. Hiergegen erhob die Klägerin am 28. April 1999 Widerspruch.
Am 11. August 1999 wurde der Klägerin eine " vorläufige Approbationsurkunde als Psychologische Psychotherapeutin" übersandt.
Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8. März 2000 als unbegründet zurückgewiesen. Das Bundesverfassungsgericht habe mit Beschluss vom 28. Juli 1999 - 1 BvR 1006/99 - die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Rechtsauffassung bestätigt. Da mit dieser Entscheidung die Grundlage für die Erteilung der vorläufigen Approbation entfallen sei, wurde die Klägerin gebeten, die Approbationsurkunde zurückzusenden.
Am 23. März 2000 erhob die Klägerin beim Verwaltungsgericht Oldenburg Klage auf Erteilung der Approbation als psychologische Psychotherapeutin (12 A 1192/00; 7 A 1721/04). Die Klage wurde mit Urteil vom 15. Juli 2004 abgewiesen. Nach der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts habe die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Approbation. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde vom Nds. Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 20. April 2005 - 8 LA 207/04 - abgelehnt.
Mit Schreiben vom 19. Dezember 2005 forderte das Nds. Landesamt für Soziales, Jugend und Familie die Klägerin unter Hinweis auf den rechtskräftigen Abschluss des gerichtlichen Verfahrens auf, die vorläufige Approbationsurkunde bis zum 30. Januar 2006 zurückzusenden. Dem trat die Klägerin unter dem 30. Dezember 2005 entgegen und erhob vorsorglich Widerspruch.
Unter dem 30. März 2007 teilte der nunmehr zuständige Beklagte der Klägerin mit, dass er beabsichtige, die "vorläufige" Approbation gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 PsychThG rückwirkend zurückzunehmen. Nach Bestandskraft der Rücknahme sei ferner beabsichtigt, die vorläufige Approbationsurkunde gemäß § 52 S. 1 VwVfG zurückzufordern. Die Klägerin erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Klägerin nahm am 30. April 2007 durch ihren Verfahrensbevollmächtigten Stellung. Sie erklärte, sie habe nie eine vorläufige Approbation beantragt. Diese sei ihr ohne Antrag aus Gründen des Bestands- und Vertrauensschutzes erteilt worden.
Mit Bescheid vom 10. Juli 2007 nahm der Beklagte die vorläufige Approbation mit Wirkung zum 20. April 2005 zurück. Zur Begründung führt er aus, dass eine "vorläufige" Approbation im PsychThG nicht vorgesehen sei und schon aus diesem Grund rechtswidrig sein dürfte. Jedenfalls aber seien die Rücknahmevoraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 PsychThG erfüllt. Diese Norm sei auch auf die "vorläufige Approbation" anwendbar, da ihr Inhaber ansonsten besser stünde als der Inhaber einer "endgültigen" Approbation, auf die § 3 PsychThG unzweifelhaft anwendbar ist. Die Klägerin habe schon 1998, als sie eine "endgültige" Approbation beantragte, nicht über den gesetzlich geforderten Studienabschluss in Psychologie verfügt. Da damals aber noch unklar war, ob dieses Tatbestandsmerkmal verfassungsgemäß ist, sei ihr eine "vorläufige" Approbation erteilt worden. Inzwischen sei die Rechtslage durch das Bundesverfassungsgericht, das Bundesverwaltungsgericht und - im Fall der Klägerin - durch das VG Oldenburg zu Ungunsten der Klägerin geklärt worden. Für den Fall, dass bei Erteilung der Approbation kein abgeschlossenes Psychologiestudium vorlag, schreibe § 3 Abs. 1 Satz 1 PsychThG zwingend die Rücknahme vor. Ein Ermessensspielraum bestehe hinsichtlich der Frage, ob die Approbation zurückgenommen wird, nicht. Eine Rücknahmefrist gebe es ebenfalls nicht. Die Rücknahme sei verhältnismäßig und auch nicht durch Zeitablauf verwirkt. Der Zeitpunkt, zu dem die Rücknahme wirksam werden soll, stehe im Ermessen des Beklagten. Man habe sich hier für den Zeitpunkt entschieden, in dem die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Approbationserteilung bestandkräftig wurde. Es wurde eine Gebühr von 280,00 EUR festgesetzt.
Die Klägerin hat am 26. Juli 2007 Klage erhoben. Sie kündigte in der Klageschrift an, eine Begründung nachzureichen. Ihr wurde vom Vorsitzenden hierfür eine Frist bis zum 23. August 2007 gesetzt. Am 30. August 2007 bat ihr Prozessbevollmächtigter um Übersendung der Verwaltungsvorgänge. Diese wurden am 11. September 2007 mit der Aufforderung übersandt, die Klage bis zum 9. Oktober 2007 zu begründen. Am 25. September, 31. Oktober, 3. Dezember und 20. Dezember 2007 bat der Prozessbevollmächtigte jeweils erneut um Fristverlängerung. Die Fristverlängerung vom 3. Dezember 2007 begründete er damit, dass ein Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen ergangen sei, das er noch mit der Klägerin besprechen müsse.
Am 14. Januar 2008 forderte die damalige Berichterstatterin die Klägerin auf, das Verfahren durch Begründung der Klage und Benennung bzw. Vorlage der erwähnten sozialgerichtlichen Entscheidung zu betreiben. Die Klägerin wurde auf § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO hingewiesen. Die Betreibensaufforderung wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 16. Januar 2008 zugestellt. Nachdem zunächst keine Reaktion erfolgte, wurde das Verfahren am 18. März 2008 eingestellt.
Am 2. April 2008 beantragte die Klägerin die Fortführung des Verfahrens. In Anlage legte sie eine auf den 23. Januar 2008 datierte Klagebegründung vor, in der Folgendes ausgeführt wird: Die Rücknahme der vorläufigen Approbation sei getrennt von ihrem bereits bestandskräftig abgewiesenen Antrag auf Erteilung einer endgültigen Approbation zu beurteilen. Die vorläufige Approbation sei ihr ohne Antrag erteilt worden, wobei die Vorläufigkeit lediglich handschriftlich vermerkt wurde. Für die Rücknahme fehle es an einer Rechtsgrundlage. Im Übrigen könne sie sich auf Bestandsschutz berufen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 10. Juli 2007 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf den angefochtenen Bescheid sowie einen Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 27. September 2007 - L 3 KA 56/07 -.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage gilt nicht gemäß § 92 Abs. 2 VwGO als zurückgenommen. Nur die fehlende Reaktion des Klägers auf eine rechtmäßige Betreibensaufforderung kann die Rücknahmefiktion herbeiführen (vgl. Clausing, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 92 Rn. 46 m.w.N.). Die Betreibensaufforderung vom 14. Januar 2008 war aber rechtswidrig.
Der Erlass einer Betreibensaufforderung setzt voraus, dass sachlich begründete Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers bestehen ( BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2000 - 8 B 119/00 -, NVwZ 2000, 1297 f. [BVerwG 05.07.2000 - 8 B 119/00]; Beschluss vom 12. April 2001 - 8 B 2/01 -, NVwZ 2001, 918 [BVerwG 12.04.2001 - 8 B 2/01]). Es muss sich aus dem Verhalten des Klägers, zum Beispiel aus der Verletzung prozessualer Mitwirkungspflichten, der Schluss auf ein Desinteresse an der weiteren Verfolgung seines Begehrens ableiten lassen ( BVerwG, Beschluss vom 12. April 2001 - 8 B 2/01 -, NVwZ 2001, 918 [BVerwG 12.04.2001 - 8 B 2/01]). Dieser Schluss war vorliegend nicht gerechtfertigt.
Anders als in asylverfahrensrechtlichen Streitigkeiten (vgl. § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG), trifft den Kläger im normalen verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine gesetzliche Pflicht zur Begründung der Klage (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2000 - 8 B 119/00 -, NVwZ 2000, 1297 f. [BVerwG 05.07.2000 - 8 B 119/00]; ähnl. Beschluss vom 25. Januar 2007 - 8 B 7/07 -, juris Rn. 7). Daher lässt das Fehlen einer Klagebegründung außerhalb des AsylVfG nur ausnahmsweise den Schluss auf einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses zu ( BVerwG, Beschluss vom 12. April 2001 - 8 B 2/01 -, NVwZ 2001, 918 [BVerwG 12.04.2001 - 8 B 2/01]; ähnl. Beschluss vom 25. Januar 2007 - 8 B 7/07 -, juris Rn. 7; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2000 - 8 B 119/00 -, NVwZ 2000, 1297 f. [BVerwG 05.07.2000 - 8 B 119/00]; Beschluss vom 12. April 2001 - 8 B 2/01 -, NVwZ 2001, 918 [BVerwG 12.04.2001 - 8 B 2/01]). Gerade bei hohen Streitwerten sowie dann, wenn der Klageschrift ein umfangreich begründeter Bescheid beigefügt ist, dem sich der wesentliche Streitstoff entnehmen lässt, ist besondere Zurückhaltung geboten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. April 2001 - 8 B 2/01 -, NVwZ 2001, 918 [BVerwG 12.04.2001 - 8 B 2/01]; ähnl. Beschluss vom 5. Juli 2000 - 8 B 119/00 -, NVwZ 2000, 1297 f. [BVerwG 05.07.2000 - 8 B 119/00]). Eine Betreibensaufforderung kann dann nur ergehen, weil der Kläger sich zu bestimmten Tatsachen nicht äußert oder bestimmte Unterlagen nicht vorlegt, nicht aber, weil er zu Rechtsfragen nicht Stellung nimmt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. April 2001 - 8 B 2/01 -, NVwZ 2001, 918 [BVerwG 12.04.2001 - 8 B 2/01]). Insbesondere dann, wenn der Kläger mehrfach um die Verlängerung der Klagebegründungsfrist bittet, ist kein Raum für eine Betreibensaufforderung (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 6. Februar 2001 - 4 O 4442/00 -, juris).
An diesen Maßstäben gemessen war die Betreibensaufforderung vom 14. Januar 2008 rechtswidrig.
Es geht vorliegend um eine Streitigkeit mit hoher Bedeutung für die Klägerin, da mit der vorläufigen Approbation die rechtliche Grundlage ihrer Berufsausübung in Frage steht. Ferner hatte die Klägerin schon mit der Klageschrift den angefochtenen Bescheid eingereicht, dessen umfangreicher Begründung der Streitstoff im Wesentlichen entnommen werden konnte. Ihr Begehren - Aufhebung des Rücknahmebescheides - war ebenfalls nicht zweifelhaft. Es fehlte nur eine Stellungnahme der Klägerin zu der im angefochtenen Bescheid geäußerten Rechtsauffassung des Beklagten. Eine solche Stellungnahme sollte die Klägerin laut der Betreibensaufforderung vom 14. Januar 2008 als Klagebegründung einreichen und durch Vorlage bzw. Benennung einer sozialgerichtlichen Entscheidung, auf die sie sich berufen hatte, substantiieren. Allein das Unterbleiben einer rechtlichen Stellungnahme vermag aber - wie ausgeführt - bei allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten mit hohem Streitwert keine Betreibensaufforderung zu rechtfertigen, wenn sich der Streitstoff im Wesentlichen bereits aus dem angefochtenen Bescheid ergibt und dieser dem Gericht vorgelegt wurde. Dies gilt insbesondere, wenn die Klägerseite - wie hier - mehrmals um Fristverlängerung gebeten hat.
Die zulässige Anfechtungsklage ist auch begründet. Der angefochtene Rücknahmebescheid vom 10. Juli 2007 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Erteilung einer "vorläufigen Approbation" ist - anders als die befristete Erlaubnis durch § 4 PsychThG - im PsychThG nicht geregelt. Zur Bestimmung ihres Rechtscharakters und ihres Inhalts ist daher auf die allgemeinen Grundsätze für vorläufige Verwaltungsakte abzustellen.
Ein vorläufiger Verwaltungsakt ist ein Verwaltungsakt, dessen Regelung nur vorläufigen Charakter hat und unter dem Vorbehalt der abschließenden Entscheidung in der Sache steht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 9 Rn. 19, § 35 Rn. 24b; Stelkens, in: ders./Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 243). Er ist dadurch gekennzeichnet, das die umfassende Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des beantragten Verwaltungsaktes auf später verschoben und stattdessen schnell eine einstweilige Regelung getroffen wird (vgl. Kopp/Ramsauer, aaO., § 36 Rn. 9). Ziel eines solchen Vorgehens ist es, der Verwaltung trotz einer Ungewissheit über den Sachverhalt oder die Rechtslage ein schnelles Handeln zu ermöglichen und die erforderliche endgültige Prüfung später nachholen zu können (vgl. Stelkens, in: ders./Bonk/Sachs, aaO., § 35 Rn. 243; ähnl. Kopp/Schenke, aaO., § 35 Rn. 24a). Ein "echter" vorläufiger Verwaltungsakt in diesem Sinne - und nicht schon ein "endgültiger" Verwaltungsakt, der lediglich mit einem Widerrufsvorbehalt versehen ist - liegt dann vor, wenn es nicht nur möglich, sondern fest beabsichtigt ist, die getroffenen Regelung später noch einmal eingehend zu überprüfen (vgl. Stelkens, in: ders./Bonk/Sachs, aaO., § 35 Rn. 244 f.; Kopp/ Ramsauer, aaO., § 36 Rn. 9a). Liegt ein solcher "echter" vorläufiger Verwaltungsakt vor, ist die spätere endgültige Entscheidung auch dann, wenn sie ablehnend ausfällt, keine Aufhebung der vorläufigen Entscheidung.
Denn die Regelung des vorläufigen Verwaltungsaktes ist ihrem Inhalt nach nur vorläufig und kann deswegen einer endgültigen Regelung denknotwendig nicht entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 1983 - 3 C 8/82 -, BVerwGE 67, 99 ff. [BVerwG 14.04.1983 - BVerwG 3 C 8.82]; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juli 2005 - 9 S 2278/03 -, NVwZ-RR 2006, 154, 155 f.). Mit der endgültigen Entscheidung erschöpft sich die Regelung des vorläufigen Verwaltungsaktes; dieser erledigt sich und entfaltet keine Wirkung mehr (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1997 - 8 B 244/97 -, NVwZ-RR 1998, 577, 578; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. September 1990,- 15 A 708/88 -, NVwZ 1991, 588, 589 [OVG Nordrhein-Westfalen 28.09.1990 - 15 A 708/88]; Stelkens, in: ders./Bonk/Sachs, aaO., § 35 Rn. 244, 249, § 43 Rn. 39, 50, 213; Kopp/Ramsauer, aaO., § 9 Rn. 19, § 35 Rn. 24b, § 36 Rn. 9, § 48 Rn. 17; Axer, DÖV 2003, 271, 273). Eine Rücknahme i.S.d. § 48 VwVfG findet in diesem Fall nicht statt (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, aaO., § 48 Rn. 38; Kopp/Ramsauer, aaO., § 36 Rn. 9, § 48 Rn. 17, 19; BVerwG, Urteil vom 14. April 1983 - 3 C 8/82 -, BVerwGE 67, 99 ff. [BVerwG 14.04.1983 - BVerwG 3 C 8.82]; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juli 2005 - 9 S 2278/03 -, NVwZ-RR 2006, 154, 155 f.). Dies hat zur Folge, dass eine Berufung auf Vertrauensschutz nicht möglich und auch die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG nicht anwendbar ist (vgl. Stelkens, in: ders./Bonk/Sachs, aaO., § 35 Rn. 244, 249, § 43 Rn. 39, 50, 213; Axer, DÖV 2003, 271, 273; BVerwG, Urteil vom 14. April 1983 - 3 C 8/82 -, BVerwGE 67, 99 ff. [BVerwG 14.04.1983 - BVerwG 3 C 8.82] ).
Eine Rücknahme der vorläufigen Approbation war nicht möglich, weil die vorläufige Approbation ein echter "vorläufiger Verwaltungsakt" ist und daher schon seit der rechtskräftigen Ablehnung des Approbationsantrags der Klägerin am 20. April 2005 keine Wirkung mehr entfaltete.
Ein Verwaltungsakt, der einen nur vorläufigen Inhalt haben soll, muss ausdrücklich oder in sonst eindeutiger Weise als nur vorläufige Regelung gekennzeichnet sein. Dies ergibt sich aus § 37 Abs. 1 VwVfG und ist auch im Blick auf den Vertrauensschutz des Adressaten unverzichtbar ( OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. September 1990,- 15 A 708/88 -, NVwZ 1991, 588, 589 [OVG Nordrhein-Westfalen 28.09.1990 - 15 A 708/88]; ähnl. Stelkens, in: ders./Bonk/Sachs, aaO., § 35 Rn. 247).
Die der Klägerin am 11. August 1999 erteilte Approbation wird auf der Approbationsurkunde durch zwei handschriftliche Zusätze ausdrücklich als "vorläufig" bezeichnet. Worauf sich diese Vorläufigkeit bezieht, wird in der Approbationsurkunde und dem sie begleitenden Anschreiben allerdings nicht ausdrücklich ausgeführt. Es ergibt sich aber unschwer aus dem Gesamtzusammenhang des damaligen Geschehens: Die Klägerin hatte eine Approbation beantragt. Dieser Antrag war abgelehnt worden. Hiergegen hatte die Klägerin Widerspruch erhoben, über den noch nicht entschieden war. Wenn nun eine als "vorläufig" bezeichnete Approbation erteilt wird, ist unschwer erkennbar, dass sich die "Vorläufigkeit" auf die noch ausstehende endgültige Entscheidung über den Approbationsantrag bezieht. Es liegt hier eine klassische Situation für einen vorläufigen Verwaltungsakt vor: Angesichts rechtlicher Ungewissheit darüber, ob die Voraussetzungen für einen beantragten begünstigenden Verwaltungsakt - hier: Approbation als Psychologische Psychotherapeutin - gegeben sind, will die Behörde dem Bürger die Vergünstigung bis zu einer endgültigen Entscheidung über den Antrag vorläufig gewähren. Mit der endgültigen Entscheidung über den Approbationsantrag ist aber die Grundlage der vorläufigen Approbation entfallen und sie wurde unwirksam. Dies wurde schon im Widerspruchsbescheid vom 8. März 2000 ausdrücklich festgestellt. Zwar wurde diese Rechtsfolge zunächst durch die Erhebung der Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Approbation nochmals hinausgeschoben; sie trat aber ein, als diese Klage vom Nds. Oberverwaltungsgericht endgültig am 20. April 2005 abgewiesen wurde. Im selben Moment wurden auch der Widerspruchsbescheid vom 8. März 2000 und die in ihm ausdrücklich enthaltene, förmliche Feststellung der Erledigung der vorläufigen Approbation wirksam.
Ergänzend ist hinzuzufügen, dass auch das Nds. Landesamt für Soziales, Jugend und Familie in seinem Schreiben vom 19. Dezember 2005 und das Landessozialgericht Bremen-Niedersachsen in seinem Beschluss vom 27. September 2007 - L 3 KA 56/07 -, die Auffassung vertreten haben, eine vorläufige Approbation erlösche mit rechtskräftiger Beendigung des Approbationserteilungsverfahrens automatisch. Die Rechtsauffassung der Klägerin, die vorläufige Approbation sei getrennt vom Verfahren um die Erteilung der endgültigen Approbation zu betrachten, überzeugt dagegen nicht: Ein vorläufiger Verwaltungsakt - und als solcher wurde die Approbation vom 11. August 1999 ausdrücklich bezeichnet - steht schon begrifflich immer in Zusammenhang mit einer noch ausstehenden Entscheidung über den Erlass eines "endgültigen" Verwaltungsaktes. Insoweit kann auf die oben zitierten Ausführungen zum Wesen des vorläufigen Verwaltungsaktes verwiesen werden.
Gegen das Erlöschen der Wirkungen der vorläufigen Approbation kann die Klägerin weder Vertrauensschutz noch Fristversäumung einwenden. Diese Rechtsfiguren kommen - wie oben dargelegt - im Falle der Erledigung eines vorläufigen Verwaltungsaktes durch die endgültige Entscheidung nicht in Betracht.
Auch auf Verwirkung kann sich die Klägerin nicht berufen. Zwar spricht das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 14. April 1983 - 3 C 8/82 -, BVerwGE 67, 99 ff. [BVerwG 14.04.1983 - BVerwG 3 C 8.82] davon, dass in Ausnahmefällen das Recht der Behörde auf eine die vorläufige Regelung ersetzende endgültige Entscheidung verwirkt sein könne. Die endgültige Entscheidung, die die vorläufige Approbation ersetzt hat, ist hier aber von Seiten der Verwaltung bereits mit dem Widerspruchsbescheid vom 8. März 2000 getroffen worden. Ihre Wirksamkeit wurde dann durch das anschließende Klageverfahren bis zum 20. April 2005, dem Datum der Entscheidung des Nds. OVG, hinausgezögert. Bei Erlass des Widerspruchsbescheides war das Recht der Behörde auf endgültige Ablehnung des Approbationsantrags aber offensichtlich nicht verwirkt.
Eine "Verwirkung" in dem Sinne, dass die am 20. April 2005 erloschene vorläufige Approbation wieder auflebt, weil die Behörden längere Zeit keine Konsequenzen aus dem Erlöschen gezogen haben, kann es nicht geben. Verwirkt werden können Rechte, Ansprüche und Befugnisse, mit der Folge, dass sie nicht mehr ausgeübt oder geltend gemacht werden können (vgl. Kopp/Ramsauer, aaO., § 53 Rn. 41 f.). Verwirkung wirkt also rechtsvernichtend, nicht rechtsgestaltend oder rechtsbegründend. Daher kann sie die erloschene Regelung eines erledigten vorläufigen Verwaltungsaktes nicht wiederaufleben lassen.
Da die vorläufige Approbation sich schon am 20. April 2005 erledigt hatte und damit gemäß § 43 Abs. 2 a.E. VwVfG "in anderer Weise" unwirksam geworden war, konnte sie am 10. Juli 2007 nicht mehr durch Rücknahme aufgehoben werden. Dies hat zur Folge, dass der Rücknahmebescheid rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt.
Zwar lässt die h.M. grundsätzlich sogar die vorsorgliche Rücknahme nichtiger Verwaltungsakte zu, obwohl diese ebenfalls keine Wirkung entfalten (vgl. Kopp/Ramsauer, aaO., § 48 Rn. 18). Daran anknüpfend wird teilweise vertreten, dass auch erledigte Verwaltungsakte vorsorglich zurückgenommen werden können (vgl. Kopp/Ramsauer, aaO., § 48 Rn. 19). Damit soll der Behörde die Möglichkeit gegeben werden, Rechtsklarheit herbeizuführen, wenn zweifelhaft ist, ob ein Verwaltungsakt nichtig ist bzw. ob er sich erledigt hat. Sie soll den Rechtsschein eines wirksamen Verwaltungsaktes beseitigen können (vgl. Kopp/Ramsauer, aaO., § 48 Rn. 18 f.). Der Sache nach handelt es sich bei dieser Art "Rücknahme" eher um eine Feststellung der Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes (Kopp/Ramsauer, aaO., § 48 Rn. 19). Deshalb wird auch vertreten, einer Befugnis zur "vorsorglichen" Rücknahme erledigter Verwaltungsakte bedürfe es nicht. Die Behörde können in Zweifelsfällen einen feststellenden Verwaltungsakt dahingehend erlassen, dass Erledigung eingetreten ist (Kopp/Ramsauer, aaO., § 48 Rn. 19; § 35 Rn. 12).
Unabhängig von dem Streit, ob die "vorsorgliche Rücknahme" oder die deklaratorische Unwirksamkeitsfeststellung das richtige Instrument zur Herbeiführung von Rechtssicherheit ist, gilt aber: Ob die Behörde den Anschein der Wirksamkeit, den ein nichtiger oder erledigter Verwaltungsakt verbreitet, überhaupt durch einen neuen Verwaltungsakt förmlich beseitigen will oder nicht, ist eine Ermessensentscheidung. Für die Nichtigkeitsfeststellung ist dies in § 44 Abs. 5 1. Halbsatz VwVfG ausdrücklich geregelt (vom hier nicht einschlägigen Sonderfall der Feststellung auf Antrag des Betroffenen abgesehen). Für die Erledigungsfeststellung bzw. die "vorsorgliche Rücknahme" erledigter Verwaltungsakte muss dasselbe gelten: Die Behörde wird einen solchen Verwaltungsakt nur erlassen, wenn es ihr im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheint - etwa weil der Betroffene die Erledigung bestreitet (dies liegt der Kommentierung bei Kopp/Ramsauer, aaO., § 48 Rn. 18 f. und § 35 Rn. 12 unausgesprochen zugrunde).
§ 3 Abs. 1 Satz 1 PsychThG, auf den der angefochtene Rücknahmebescheid gestützt wurde, regelt dagegen eine gebundene Rücknahme in Fällen, in denen eine Person, die kein abgeschlossenes Psychologiestudium besitzt, über eine wirksame Approbation verfügt. Vorläufige Approbationen als psychologischer Psychotherapeut wurden in Niedersachsen im Jahre 1999 in einer Vielzahl von Fällen gezielt solchen Bewerber erteilt, die über keinen Studienabschluss in Psychologie verfügten. § 3 Abs. 1 Satz 1 PsychThG auf diese vorläufigen Approbationen anzuwenden würde bedeuten, dass diese inzwischen ohnehin schon unwirksamen Verwaltungsakte in allen Fällen noch einmal zwingend förmlich zurückgenommen werden müssten, - selbst wenn es dafür im konkreten Einzelfall gar keine Notwendigkeit gibt (etwa weil der Betroffene die Erledigung gar nicht bezweifelt). Dies wäre ein widersinniger und - gerade im Hinblick auf die für den Betroffenen anfallenden Gebühren - nicht zu rechtfertigender Verwaltungsaufwand.
Damit bleibt festzuhalten: Eine vorsorgliche Rücknahme erledigter Verwaltungsakte ist gestützt auf die Ermessensvorschrift des § 48 VwVfG möglich, wenn sie im Einzelfall aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit erforderlich ist. Sie setzt aber eine entsprechende Ermessensentscheidung der Behörde voraus. Hier hat der Beklagte ausdrücklich hervorgehoben, dass er bezüglich des "Ob" der Rücknahme kein Ermessen ausgeübt hat (vgl.S. 4, 4. Absatz des angefochten Bescheides). Zwar hat der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, man habe bei der Abfassung des angefochtenen Rücknahmebescheides durchaus in Erwägung gezogen, dass die vorläufigen Approbationen bereits erledigt sein könnten, und habe sich lediglich "zur Sicherheit" für eine förmliche Rücknahme entschieden. In dem angefochtenen Bescheid selbst kommt diese Erwägung aber nicht zum Ausdruck. Dort ist vielmehr eindeutig und ausdrücklich davon die Rede, dass man glaube, eine gesetzlich zwingend gebotene Rücknahme auszusprechen. Wegen dieses Ermessensausfalls ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig. Er kann auch nicht in einen die Erledigung der vorläufigen Approbation feststellenden Verwaltungsakt umgedeutet oder als solcher ausgelegt werden. Denn auch ein solcher feststellender Verwaltungsakt wäre eine Ermessensentscheidung.
Es ist überdies auch nicht eindeutig, dass der Beklagte bei zutreffender Würdigung der Sach- und Rechtslage sein Ermessen dahin gehend ausgeübt hätte, die erledigte vorläufige Approbation vorsorglich zurückzunehmen bzw. ihre Erledigung förmlich festzustellen. Aus dem Anhörungsschreiben vom 30. März 2007, Ziff. IV. wird deutlich, dass die Rücknahme der vorläufigen Approbation für den Beklagten vor allem ein Zwischenschritt auf dem Weg zur Rückforderung der vorläufigen Approbationsurkunde nach § 52 Satz 1 2 Alt. VwVfG war. Bei zutreffender rechtlicher Würdigung hätte der Beklagte wahrscheinlich die vorläufige Approbationsurkunde sofort nach § 52 S. 1 3. Alt. VwVfG zurückgefordert oder die Vollstreckung der Rückforderungen, die im Widerspruchsbescheid vom 8. März 2000 bzw. dem Schreiben des Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie vom 19. Dezember 2005 bestandskräftig enthalten sind, eingeleitet. Eine förmliche Feststellung der Erledigung oder vorsorgliche Rücknahme der vorläufigen Approbation war hier ferner auch deswegen nicht angezeigt, weil eine solche förmliche Feststellung bereits im letzten Absatz des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2000 enthalten und mit Abweisung der Klage gegen diesen Widerspruchsbescheid bestandskräftig geworden ist.
Die Klägerin wird durch die ermessensfehlerhafte und daher rechtswidrige Rücknahme der erledigten vorläufigen Approbation auch belastet. Dies ist zum einen im Hinblick auf die mit der Rücknahme verbundene Kostenforderung in Höhe von 280,00 EUR der Fall, an der rein kostenrechtlich nichts auszusetzen ist und die daher nur über den Umweg einer gleichzeitigen Aufhebung der zugrunde liegenden Sachentscheidung beseitigt werden kann. Aber auch der Rücknahmebescheid als solcher belastet die Klägerin. Es liegt hier ein ähnlicher Sachverhalt vor wie in Fällen, in denen ein Widerspruchsbescheid ins Leere geht, weil der mit dem Widerspruch angefochtene Verwaltungsakt sich bereits erledigt hat. Für diese Konstellation ist aber anerkannt, dass der Widerspruchsbescheid rechtswidrig und auf die Anfechtungsklage des Adressaten hin aufzuheben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. April 2001 - 2 C 10/00 -, NVwZ 2001, 1288; BVerwG, Urteil vom 20. Januar 1989 - 8 C 30/87 -, BVerwGE 81, 226 ff. [BVerwG 20.01.1989 - 8 C 30/87] ).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen.