Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 23.12.2008, Az.: 2 W 277/08
Kostenentscheidung bei Abhilfe durch den Rechtspfleger
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 23.12.2008
- Aktenzeichen
- 2 W 277/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 51578
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2008:1223.2W277.08.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover, 11 O 380/04 vom 23.09.2008
Rechtsgrundlagen
- § 91 ZPO
- § 93 ZPO
- § 104 ZPO
Fundstellen
- AGS 2009, 138-139 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- OLGReport Gerichtsort 2009, 406
- RVGreport 2009, 273
Amtlicher Leitsatz
1. Wird einer sofortigen Beschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren in vollem Umfang durch den Rechtspfleger abgeholfen, hat dieser auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Maßgabe der §§ 91 und 92 ZPO zu entscheiden.
2. § 93 ZPO findet keine entsprechende Anwendung zu Gunsten des Erstattungsberechtigten, wenn dieser die im Beschwerdeverfahren gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss erhobenen Einwendungen des Erstattungspflichtigen für berechtigt erachtet.
Beschluss
In der Beschwerdesache
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. L. als Einzelrichter am 23. Dezember 2008 beschlossen:
Tenor:
Die am 14. Oktober 2008 beim Landgericht Hannover eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers vom selben Tage gegen den Beschluss der Rechtspflegerin der 11. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 23. September 2008 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 300 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Beschwerde ist zulässig.
Zwar bestehen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des am 14. Oktober 2008 unterschriebenen Empfangsbekenntnisses. Denn der Beschluss des Landgerichts ist bereits am 23. September 2008 zum Zwecke der Zustellung abverfügt worden und dem Beklagtenvertreter aus H. am 1. Oktober 2008 und dem Streitverkündetenvertreter mit Sitz in W. am 8. August 2008 zugegangen. Es ist daher schlechterdings nicht nachvollziehbar, warum dieser Beschluss dem ebenfalls in H. ansässigen Antragsteller erst am 14. August 2008 erreicht haben soll. Insoweit ist auch auffallend, dass das Empfangsbekenntnis zwei unterschiedliche Unterschriften trägt, nämlich einerseits die Unterschrift des Antragstellers persönlich und zum anderen die des ihn vertretenen Rechtsanwalts L., der in derselben Kanzlei tätig ist, wobei das Datum des Empfangsbekenntnisses - ausweislich der Handschrift i. V. m. der verwendeten Kugelschreiberfarbe - vom Antragsteller persönlich stammt. Mangels weiterer sicherer Anhaltspunkte geht der Senat aber zu Gunsten des Antragstellers davon aus, dass die Angaben im Empfangsbekenntnis richtig sind, so dass die Beschwerdefrist des § 569 ZPO eingehalten ist.
II.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Rechtspflegerin hat im Ergebnis zu Recht dem Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.
Wird einer sofortigen Beschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren in vollem Umfang durch den Rechtspfleger abgeholfen, hat dieser auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 572 Rdz. 15), wobei die Kostenentscheidung den §§ 91 f. ZPO zu folgen hat (vgl. Zöller/Heßler, a. a. O., § 567 Rdz. 51). Dem gemäß hat bei einer erfolgreichen Beschwerde eine Kostenentscheidung auf der Grundlage von § 91 ZPO zu erfolgen (vgl. Zöller/Heßler, a. a. O.). Denn § 91 ZPO knüpft ohne Rücksicht auf ein etwaiges Verschulden der Partei ausschließlich an das Unterliegen der Partei an (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 91 Rdz. 19. Zöller/Herget, a. a. O., § 91 Rdz. 3).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren auch nicht in entsprechender Anwendung von § 93 ZPO der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Es ist bereits umstritten, ob § 93 ZPO im Kostenfestsetzungsverfahren überhaupt anwendbar ist (verneinend Musielak/Wolst, ZPO, 6. Aufl., § 93 Rdz. 1. bejahend Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a. a. O., § 104 Rdz. 20). Insoweit bedarf es jedoch keiner abschließenden Entscheidung, weil § 93 ZPO allenfalls zu Gunsten des Schuldners eines prozessualen Kostenerstattungsanspruches, also des Erstattungspflichtigen, Anwendung finden kann (vgl. KG Berlin, KGR 2004, 69 f. zitiert nach JURIS Rdz. 4, das die analoge Anwendung zu Gunsten des Erstattungspflichtigen prüft).
Gem. § 93 ZPO fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. § 93 ZPO gilt mithin nur zu Gunsten des Schuldners eines prozessualen Anspruches. An einer rechtlich vergleichbaren Konstellation fehlt es vorliegend aber. Der Antragsteller ist nicht Schuldner eines prozessualen Anspruchs, sondern Erstattungsberechtigter, der lediglich einräumt, dass die seitens der Beklagten (Erstattungspflichtige) erhobene sofortige Beschwerde begründet sei. Darin liegt indes kein Anerkenntnis eines (prozessualen) Anspruchs des Antragstellers im Rechtssinne.
Eine reziproke Anwendung des § 93 ZPO auf den Antragsteller kommt hingegen nicht in Betracht. Der Senat teilt die herrschende Auffassung, wonach § 93 ZPO nicht auf einen Kläger entsprechend anwendbar ist (vgl. MüKo/Giebel, ZPO, 3. Auflage, § 93 Rdz. 4. Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Auflage, § 93 Rdz. 3. Stein-Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 93 Rdz. 1). Denn § 93 ZPO ist eine Vorschrift, die sich eindeutig auf das Anerkenntnisverfahren bezieht und der Ausnahmecharakter zukommt (vgl. BGH JZ 1994, 1009, 1010 [BGH 05.05.1994 - III ZR 98/93]. Musielak/Wolst, a. a. O., § 93 Rdz. 21). Auf Fälle des Klageverzichts oder der Klagerücknahme ist diese Vorschrift daher nicht anwendbar (vgl. BGH, a. a. O.). Für den vorliegenden Fall kann nichts anderes gelten.
Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller durch seine Bitte im Kostenfestsetzungsantrag, vom Kläger verauslagte oder zu tragende Gerichtskosten hinzuzusetzen eine unzutreffende Entscheidung der Rechtspflegerin veranlasst hat oder nicht.
Zwar kommt ein Absehen von einer Kostenentscheidung nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt darüber hinaus auch dann in Betracht, wenn ausschließlich ein Rechenfehler des Gerichts vorliegt, nicht aber die Berechtigung einer Erstattungsposition im Streit steht (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2000, 362). Da aber auch dieser Sonderfall vorliegend nicht gegeben ist, erübrigt sich eine abschließende Entscheidung, ob dieser Rechtsprechung tatsächlich zu folgen ist (bejahend MüKo/Giebel, a. a. O., § 104 Rdz. 106).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.