Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 23.12.2008, Az.: 2 W 281/08
Erstattungs- und Festsetzungsfähigkeit der Kosten für die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 23.12.2008
- Aktenzeichen
- 2 W 281/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 51579
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2008:1223.2W281.08.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover, 16 O 73/07 vom 22.08.2008
Rechtsgrundlagen
- § 91 ZPO
- § 104 ZPO
- § 788 ZPO
- § 802 ZPO
- § 928 ZPO
Fundstellen
- NJW 2009, VIII Heft 12 (amtl. Leitsatz)
- NJW-RR 2009, 575-576 (Volltext mit amtl. LS)
- OLGReport Gerichtsort 2009, 404-405
Amtlicher Leitsatz
1. Die Kosten der im Parteibetrieb erfolgten Zustellung einer einstweiligen Verfügung, die auf die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch gerichtet ist, gehören zu den Vollstreckungskosten gem. § 788 Abs. 1 Satz 2 ZPO und können daher nur durch das Vollstreckungsgericht festgesetzt werden.
2. Die Kosten für die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch gehören nicht zu den Kosten des Rechtsstreits i. S. von § 91 ZPO und können nicht durch das Prozessgericht festgesetzt werden.
In der Beschwerdesache
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch Richter am Oberlandesgericht Dr. L. als Einzelrichter am 23. Dezember 2008 beschlossen:
Tenor:
Auf die am 22. August 2008 beim Landgericht Hannover eingegangene sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten vom 19. August 2008 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 16. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 18. Juli 2008 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Die aufgrund des vollstreckbaren Beschlusses des Landgerichts Hannover vom 12. März 2008 von der Verfügungsbeklagten an den Verfügungskläger zu erstattenden Kosten werden auf 1.085,04 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 16. Juli 2008 festgesetzt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Verfügungsbeklagte zu tragen.
Der Beschwerdewert beträgt bis zu 1.200 EUR.
Gründe
I.
Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig. Der streitgegenständliche Kostenfestsetzungsbeschluss ist der Verfügungsbeklagten am 12. August 2008 zugestellt worden. Die sofortige Beschwerde ist daher binnen der Frist des § 569 ZPO eingelegt worden.
II.
Die Beschwerde ist lediglich hinsichtlich eines geringfügigen Teilbetrages begründet.
1. Soweit die Verfügungsbeklagte geltend macht, dass ihr kein Gerichtsurteil vom 12. März 2008 zugestellt worden sei, verhilft dies der sofortigen Beschwerde nicht zum Erfolg. Ausweislich der dem Senat vorliegenden Zustellungsurkunde vom 14. März 2007 ist der Beschluss des Landgerichts vom 12. März 2007 am 14. März 2007 durch einen Gerichtsvollzieher unter der Anschrift "E." in S. D. zugestellt worden. Eine von der Rechtspflegerin durchgeführte Anfrage bei der Stadtverwaltung S. hat ergeben, dass die Verfügungsbeklagte unter dieser Anschrift bis zum 17. November 2007 amtlich gemeldet war. Die Verfügungsbeklagte hat auch keinerlei Umstände vorgetragen bzw. nachgewiesen, aufgrund derer festgestellt werden könnte, dass die Verfügungsbeklagte zum Zustellungszeitpunkt nicht unter der damaligen Adresse eine Wohnung i. S. v. § 178 ZPO hatte. Es ist daher von einer wirksamen Zustellung der einstweiligen Verfügung auszugehen.
2. Die sofortige Beschwerde hat jedoch teilweise Erfolg, soweit die Verfügungsbeklagte die Höhe der festgesetzten Kosten beanstandet.
Die Rechtspflegerin der 16. Zivilkammer des Landgerichts Hannover hat zu Unrecht Kosten eines Gerichtsvollziehers für die Zustellung der einstweiligen Verfügung und die Kosten für die Eintragung des Widerspruchs im Grundbuch festgesetzt.
a) Soweit es die Kosten der Zustellung der einstweiligen Verfügung betrifft, hat die Rechtspflegerin der 16. Zivilkammer übersehen, dass diese Kosten mangels Zuständigkeit des Prozessgerichts nicht festgesetzt werden konnten. Denn gem. § 788 Abs. 1 Satz 2 ZPO gelten als Kosten der Zwangsvollstreckung auch die Kosten der Ausfertigung und der Zustellung eines Urteils. Diese Vorschrift findet gem. § 936 i. V. m. § 928 ZPO auch auf das einstweilige Verfügungsverfahren Anwendung und gilt für jeden Vollstreckungstitel (vgl. LG Berlin JurBüro 2000, 317). Zu den Vollstreckungskosten gehören daher auch Gebühren und Auslagen eines Gerichtsvollziehers, wenn dieser im Auftrage einer Partei die Zustellung bewirkt (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Auflage, § 788 Rdz. 26 i. V. m. Rdz. 48, 50. Musielak/Wolst, ZPO, 6. Auflage, § 788 Rdz. 22). Die Kosten der Zwangsvollstreckung werden aber gem. § 788 Abs. 2 Satz 1 ZPO grundsätzlich durch das Vollstreckungsgericht festgesetzt, wobei es sich um eine ausschließliche Zuständigkeit handelt, § 802 ZPO (vgl. Musielak/Wolst, a. a. O., § 103 Rdz. 6. LG Berlin a. a. O.). Etwas anderes gilt gem. § 788 Abs. 2 Satz 3 ZPO nur für den Fall einer Vollstreckung nach den Vorschriften der §§ 887, 888 und 890 ZPO, in dem das Prozessgericht des ersten Rechtszuges über die Kostenfestsetzung entscheidet. Da es vorliegend aber nicht um einen Titel geht, der nach den §§ 887, 888 oder 890 ZPO zu vollstrecken ist, scheidet eine Festsetzung der Zustellungskosten durch das Landgericht als Prozessgericht aus.
Zwar wird die Auffassung vertreten, dass die Kosten der Zustellung eines Urteils auch zu den Kosten des Rechtsstreits i.S. von § 91 ZPO gehören (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 27. Auflage, § 91 Rdz. 9), wobei zur Begründung ausgeführt wird, dass der Rechtsstreit erst mit Zustellungsende (vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Auflage, § 788 Rdz. 9 Fn. 28) bzw. diese Kosten bei ausbleibender Vollstreckung ansonsten nicht festsetzbar wären (MüKo/Giebel, ZPO, 3. Auflage, § 91 Rdz. 18 unter Hinweis auf OLG Stuttgart JW 1930, 3352).
Diese Auffassung kann auf den vorliegenden Fall der Zustellung einer auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichteten einstweiligen Verfügung an den Gegner im Parteibetrieb jedoch keine Anwendung finden (so auch Stein-Jonas/Münzberg, a. a. O.). Das einstweilige Verfügungsverfahren ist nämlich mit Zustellung des Beschlusses an den Antragsteller beendet. Die Zustellung des Beschlusses an den Antragsgegner obliegt allein dem Gläubiger - sog. Zustellung im Parteibetrieb - und ist Bestandteil der Vollziehung der einstweiligen Verfügung (vgl. Zöller/ Vollkommer, a. a. O., § 922 Rdz. 11 i. V. m. 929 Rdz. 12) und somit gem. § 928 ZPO Bestandteil der Vollstreckung. Dies folgt bei Titeln, die auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet sind, auch aus § 894 ZPO. Bei der Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung tritt die Zwangsvollstreckungswirkung erst mit Rechtskraft des Urteils ein. Dieser Eintritt der Wirkung ist Akt der Zwangsvollstreckung (vgl. Zöller/Stöber, a. a. O., § 894 Rdz. 5). Die Zustellung ist unerlässliche Voraussetzung für den Eintritt der Rechtskraft dient somit unmittelbar der Zwangsvollstreckung, so dass die dadurch bedingten Kosten zumindest unter dem Aspekt der Vorbereitungskosten der Zwangsvollstreckung (vgl. Zöller/Stöber, a. a. O., § 788 Rdz. 4) als Vollstreckungskosten zu behandeln und daher vom Vollstreckungsgericht festzusetzen sind.
Soweit in der Kommentarliteratur insbesondere auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart aus dem Jahre 1909 (JW 1930, 3352) abgestellt wird (so beispielsweise MüKo/Giebel, a. a. O.) kommt eine andere Entscheidung ebenfalls nicht in Betracht. Zum einen hat sich das Oberlandesgericht Stuttgart nicht mit der hier streitgegenständlichen Problematik der Zustellung einer einstweiligen Verfügung im Parteibetrieb, sondern ganz allgemein mit der Zustellung von Urteilen beschäftigt. Zum anderen begegnet die vom Oberlandesgericht Stuttgart vertretene Auffassung, die sich auf die Motive des durch die Zivilprozessnovelle vom 1. Juni 1909 eingefügten § 788 Abs. 1 Satz 2 ZPO beruft, Bedenken, weil die vom Gesetz vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit des Vollstreckungsgericht jederzeit unterlaufen werden könnte, als im Gesetzeswortlaut jedoch keinen Niederschlag gefunden hat.
b) Die Rechtspflegerin hat ferner übersehen, dass die vom Verfügungskläger in Ansatz gebrachten Kosten für die Eintragung eines Widerspruches im Grundbuch ebenfalls nicht festsetzungsfähig waren. Insoweit kann die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob es sich bei den Gerichtskosten für die Eintragung eines Widerspruches im Grundbuch überhaupt um Vollstreckungskosten i. S. v. § 788 ZPO handelt, dahingestellt bleiben (bejahend: OLG Düsseldorf, MDR 1985, 770 [OLG Düsseldorf 24.04.1985 - 12 W 19/85]. Kammergericht Berlin, JurBüro 1991, 1412 f.. verneinend: OLG München JurBüro 1974, 1036 f.. OLG Köln, JurBüro 1987, 763 f.). Soweit diese Kosten zu den Vollstreckungskosten gemäß § 788 ZPO gezählt werden, besteht - wie bereits ausgeführt - eine ausschließliche Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts für die Kostenfestsetzung (s. § 788 Abs. 2 ZPO). Auch nach der gegenteiligen Auffassung scheidet eine Kostenfestsetzung im vorliegenden Verfahren aber aus. Denn die Kosten für die Eintragung des Widerspruches im Grundbuch sind keine Kosten des Verfügungsverfahrens (vgl. München, a. a. O.). Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss war daher teilweise abzuändern.
III.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1 analog, 97 Abs. 1 ZPO.