Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 11.12.2008, Az.: 5 U 99/08

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
11.12.2008
Aktenzeichen
5 U 99/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 42437
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2008:1211.5U99.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 04.07.2008 - AZ: 13 O 346/07

In dem Rechtsstreit

...

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K., den Richter am Oberlandesgericht B. und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. S. für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 4. Juli 2008 wird zurückgewiesen.

  2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Die Parteien streiten um Schmerzensgeld und Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich am 27. Juli 2007 gegen 15:00 Uhr in der Straße "I.M." in G. ereignet hat und bei dem der Kläger mit seinem Motorrad gestürzt ist.

2

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, die dahin zu ergänzen sind, dass der Kläger wegen beschädigter Gegenstände einen Betrag von  654 € beansprucht (Neupreis abzüglich 20 %). Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung des Ausspruches wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

3

Gegen diese landgerichtliche Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Er rügt, dass das Landgericht die Anhörung der Beklagten unrichtig gewürdigt habe. Die Beklagte habe selbst eingeräumt, dass sie ihren Kopf hinter dem Kastenwagen vorgestreckt habe, um zu sehen, ob die Straße frei sei. Sie habe weiter eingeräumt, möglicherweise einen Fuß auf die Straße gestellt zu haben. Mit dem Setzen des Fußes auf die Straße habe die Beklagte aber objektiv unmittelbar vor dem Motorrad des Klägers zur Fahrbahnüberquerung angesetzt. Der Kläger habe davon ausgehen müssen, dass die Beklagte die Fahrbahn kurz vor dem Motorrad habe überqueren wollen. Die Beklagte habe damit gegen § 1 Abs. 2 StVO verstoßen. Die Beklagte hätte die Straße an der in der Nähe befindlichen Lichtzeichenanlage überqueren müssen. Sie habe somit auch gegen § 25 Abs. 3 StVO verstoßen.

4

Der Kläger beantragt,

  1. auf die Berufung das Urteil des Landgerichts Hannover vom 4. Juli 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3 594,25 € und ein angemessenes Schmerzensgeld jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Oktober 2007 sowie weitere 558,69 € zu zahlen.

5

Die Beklagte beantragt,

  1. die Berufung zurückzuweisen.

6

Sie verteidigt die Entscheidung und meint, der Kläger habe falsch, völlig überzogen und panikartig reagiert.

7

Die Akten 3543 Js 75178/07 StA Hannover lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der bis zur mündlichen Verhandlung am 26. November 2008 gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

9

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist nicht begründet.

10

Der Kläger hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB noch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 2 StVO auf Schadensersatz. Der Kläger muss beweisen, dass die Beklagte unmittelbar vor ihm die Straße überquert bzw. zumindest dazu angesetzt hat. Dieser Beweis ist dem Kläger jedoch nicht gelungen.

11

Da andere Beweismittel, insbesondere Zeugen für das Zustandekommen des Unfalls nicht vorhanden sind, hat der Senat die Parteien persönlich angehört und mit ihnen die Bilder (Bl. 5 der BA) erörtert, die von den Polizeibeamten gemacht worden sind, die zufällig kurz nach dem Unfall im Rahmen einer Streifenfahrt zur Unfallstelle kamen, und aus denen sich neben der Örtlichkeit auch die Stellung des weißen Lieferwagens ergibt.

12

Die Beklagte hat nachvollziehbar geschildert, dass sie aus Fahrtrichtung des Klägers gesehen hinter dem Lieferwagen gestanden habe. Sie habe ihren Kopf vorgestreckt, um zu schauen, ob die Straße frei sei. Sie könne auch nicht ausschließen, dass sie beim Vorbeischauen am Lieferwagen ihr Gewicht verlagert und dabei einen Fuß auf die Straße gestellt habe. Zum Überqueren der Straße habe sie aber nicht angesetzt. Sie habe sich noch gewundert, dass der Kläger eine Notbremsung gemacht habe.

13

Der Kläger hat bei seiner Anhörung angegeben, dass er rechts plötzlich einen Kopf und einen Fuß gesehen habe. Daraufhin habe er sofort eine Notbremsung eingeleitet, weil er davon ausgegangen sei, dass ein Kind auf die Straße laufen wolle.

14

Aus der Aussage des Klägers lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass er - der Kläger - entweder unaufmerksam gefahren ist und sich erschreckt hat, als er den Kopf und den Fuß der Beklagten wahrgenommen hat oder dass er die Lage verkehrt eingeschätzt hat.

15

Die Aussagen der Parteien reichen nicht aus, um mit der erforderlichen Gewissheit feststellen zu können, dass die Beklagte begonnen hat, vor dem Kläger die Straße zu überqueren. Ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten kann aus den Aussagen nicht hergeleitet werden.

16

Vorliegend kann dahinstehen, ob § 25 Abs. 3 StVO ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des die Straße befahrenden Autoverkehrs ist, denn Voraussetzung ist auch hier, dass die Beklagte zumindest zu einem Überqueren der Fahrbahn angesetzt hätte. Dies lässt sich aber, wie bereits ausgeführt, nicht feststellen.

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

18

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO in Verbindung mit § 713 ZPO.

19

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO liegen nicht vor.