Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 01.04.1998, Az.: 17 L 3267/96
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 01.04.1998
- Aktenzeichen
- 17 L 3267/96
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1998, 34903
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1998:0401.17L3267.96.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Osnabrück - 22.11.1995 - AZ: 7 A 7/94
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 7. Kammer - vom 22. November 1995 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
I.
Der Antragsteller ficht die Wahlen zu den Personalräten der Logistikbrigade ... (LogBrig ...) und der Stabskompanie (StKp) LogBrig ... an.
Im Rahmen von Organisationsmaßnahmen für die Einnahme der Heeresstruktur 5 löste der Bundesminister der Verteidigung (BMVg) das Versorgungskommando ... (VersKdo ...) zum 1. Oktober 1993 auf, dessen Aufgaben der neu aufgestellten LogBrig ... zufielen. Stab und StKp des VersKdo ... (Stab/StKp VerKdo ... bildeten eine einheitliche Dienststelle mit einem Personalrat aus 7 Zivilbeschäftigten und 3 Soldatenvertretern. Mit Organisationsbefehlen Nr. 1077/93 (H) und Nr. 1078/93 (H) vom 20. Januar 1993 ordnete der BMVg die Aufstellung der StKp LogBrig ... bzw. des Stabs LogBrig ... an. Im Vollzug dieser Befehle wurden von den Soldaten des Stabs und denen der StKp jeweils eine Vertrauensperson gewählt.
Am 16. Februar 1994 wählten die Beamten, Arbeiter und Angestellten des Stabs LogBrig ... einen Personalrat mit 5 Mitgliedern. Wahlberechtigt waren nach dem Wählerverzeichnis 134 Beschäftigte. Dazu gehörten auch Beschäftigte des 2. NschBtl ... in Lingen und der InstAusbKp ... in ... sowie folgender nicht aktiver Truppenteile - früher: Geräteeinheiten -: StKp NschTrspRgt ... und TrspBtl ... in ..., NschBtl ... in ..., NschKp ... und ... in ..., die gem. § 12 Abs. 2 BPersVG dem Stab LogBrig ... zugeteilt wurden. Das Wahlergebnis wurde am 16. Februar 1994 bekanntgemacht.
Am 17. Januar 1994 wurde bei der StKp LogBrig ... ein Personalrat gewählt. Das Wahlergebnis wurde am 17. Januar 1994 bekanntgemacht.
Mit Antrag vom 7. März 1994 hat der Antragsteller die Wahlen zu den Personalräten der LogBrig ... und StKp Logbrig ... angefochten und vorgetragen: Stab LogBrig ... und StKp LogBrig ... stellten gemeinsam eine Dienststelle dar. Diese Dienststelle sei, von unbedeutenden Änderungen abgesehen, mit der einheitlichen Dienststelle Stab/StKp VersKdo ... identisch. Deshalb habe die Auflösung des VersKdo ... und die Aufstellung der LogBrig ... nicht zur Auflösung des Personalrats des VersKdo ... geführt. Stab und StKp bildeten wegen des engen Organisations- und Aufgabenverbundes sowie wegen der Unselbständigkeit der StKp in den personalvertretungsrechtlich bedeutsamen Angelegenheiten weiterhin eine einheitliche Dienststelle. Die LogBrig habe das Personal, das Material, die Aufgaben und die nachgeordneten Dienststellen des VersKdo übernommen. Es seien lediglich einige weitere Dienststellen hinzugekommen, die jedoch nur einen geringen Teil des Personalkörpers der Brigade ausmachten. Die enge Verflechtung von Stab und StKp, die sich darin ausdrücke, daß die nach dem Organsiationsplan der StKp zugewiesenen Arbeitnehmer ihre Arbeit tatsächlich im Stab verrichteten, habe zur Folge, daß nicht der Kp-Chef, sondern der Brigadekommandeur die Arbeitsbedingungen maßgeblich bestimme.
Der Antragsteller hat beantragt,
die Wahlen zum Personalrat Stab LogBrig ... und Personalrat StKp LogBrig ... vom Januar bzw. Februar 1994 für ungültig zu erklären und festzustellen, daß, Stab und StKp LogBrig ... einen einheitlichen Personalrat unter Einschluß von Soldatenvertretern nach § 5 SBG zu wählen hätten.
Die Beteiligten zu 3. und 4. haben beantragt,
die Anträge abzulehnen.
Mit Beschluß vom 22. November 1995 hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers abgelehnt, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Der Antragsteller habe die Wahl nicht fristgerecht angefochten. Gemäß § 25 PBersVG könne die Wahl eines Personalrats nur binnen einer Frist von 12 Arbeitstagen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, angefochten werden. Das Ergebnis der Wahl des Personalrats der StKp sei am 17. Januar 1994 bekanntgegeben worden und habe daher bis zum 2. Februar 1994 angefochten werden können. Das Ergebnis der Wahl des Personalrats beim Stab LogBrig ... sei am 16. Februar 1994 und nicht, wie vom Antragsteller mit der Antragsschrift vorgetragen, am 17. Februar 1994 bekannt gemacht worden. Dies habe der Antragsteller im Rahmen der Anhörung vor der Kammer ausdrücklich eingeräumt. Gegen die Ordnungsgemäßheit der Bekanntmachung ergäben sich keine Bedenken. Der für den Fristablauf danach maßgebliche 12. Arbeitstag sei auf den 4. März 1994 gefallen. Die Anfechtungserklärung des Antragstellers sei jedoch erst am 7. März 1994 beim Verwaltungsgericht eingegangen. Die Anfechtungsfrist sei nicht etwa deshalb unbeachtlich, weil weder der Stab noch die Stabskompanie der LogBrig ... den Antragsteller am Wahl verfahren beteiligt hätten. Nur eine fehlerhafte Bekanntmachung des Wahlergebnisses setze die Anfechtungsfrist nicht in Gang. Andere Verfahrens fehl er könnten dagegen die Wirkungen der Anfechtungsfrist für das Wahlanfechtungsverfahren nicht aufheben. Der Gesetzgeber habe den Beginn der Anfechtungsfrist allein von der ordnungsgemäßen Bekanntgabe des Wahlergebnisses abhängig gemacht und nicht davon, in welchem Umfange bei der Wahl gegen Bestimmungen des Wahlrechts verstoßen worden sei. Deshalb könne sich nicht, wie der Antragsteller meine, aus der "Summe der Verfahrensfehler" für ihn ein zeitlich unbefristetes Anfechtungsrecht ergeben. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Wahlanfechtungs-Antrag einen Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Wahl zum Inhalt habe. Zwar könnte der Antragsteller ohne zeitliche Befristung die Feststellung beantragen, daß die hier angefochtenen Wahlen nichtig seien. Ein solcher Antrag hätte aber jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Denn von einer Nichtigkeit einer Wahl könne erst dann die Rede sein, wenn gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden sei, daß auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr bestehe. Davon könne hier keine Rede sein. Die gerügte Verletzung von Mitwirkungsrechten des Antragstellers an der Wahl sei für einen die einzelnen Schritte des Wahl Verfahrens nicht unmittelbar überblickenden Außenstehenden nicht erkennbar und könne deshalb jedenfalls den Anschein einer ordnungsgemäßen Wahl nicht in Frage stellen. Der eigentliche Grund der Wahlanfechtung, nämlich die Wahl je eines Personalrats bei Stab und StKp der LogBrig ... an Stelle eines einheitlichen Personalrats für beide Bereiche, könne eine Nichtigkeit der Wahl schon deshalb nicht begründen, weil keineswegs offenkundig sei; daß es sich bei Stab und StKp der LogBrig ... um eine einheitliche Dienststelle handele.
Gegen den ihm am 9. Mai 1996 zugestellten Beschluß richtet sich die am 6. Juni 1996 eingelegte und gleichzeitig begründete Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft und insbesondere geltend macht: Eine Verfristung liege schon deshalb nicht vor, weil die Wahlen aufgrund seiner fehlenden Beteiligung nichtig seien. Inhaltlich sei die Entscheidung des Verwaltungsgerichts unrichtig, weil in der Bundeswehr militärische Dienststellen grundsätzlich nur bis zur Bataillonsebene Dienststellenqualität nach § 6 Abs. 2 BPersVG besäßen. Bei Stabskompanien komme hinzu, daß sie nicht nur organisatorisch von dem Stab in vollem Umfang abhängig seien, den sie unterstützten, sondern auch keinen eigenständigen Aufgabenbereich hätten. Die Wahl sei vor allem deshalb offensichtlich nichtig, weil personalvertretungsrechtlich lediglich eine Umgliederung vom früheren VersKdo ... zur LogBrig ... erfolgt sei und damit die Voraussetzungen für eine Wahl gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG gar nicht vorgelegen hätten.
Der Antragsteller hat zunächst beantragt,
den angefochtenen Beschluß zu ändern und nach seinem erst instanzlichen Antrag zu entscheiden.
Die Beteiligten zu 3. und 4. beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen,
und machen geltend:
Die Beschwerden könnten schon deshalb keinen Erfolg haben, weil ein Rechtsschutzbedürfnis nicht mehr gegeben sei. Da im Zuge der allgemeinen Personalratswahlen am 9. und 10. Mai 1996 eine Neuwahl stattgefunden habe, sei die Amtszeit der alten Personalräte ohnehin beendet. Von einer Anfechtung dieser Wahl sei nichts bekannt. Es sei deshalb davon auszugehen, daß die jetzt - wiederum getrennt für Stab und Stkp - gewählten Personalräte bis zum Jahre 2000 im Amt bleiben.
Aufgrund dieses verfahrensrechtlichen Einwandes beantragt der Antragsteller nunmehr festzustellen, daß
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die Auflösung einer Dienststelle im Sinne des § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG und im Sinne der wahlrechtlichen Bestimmungen des Gesetzes nur bei einer Stillegung der Dienststelle mit gleichzeitiger Aufgabe des Zwecks und der Aufgaben vorliegt, daß der Wegfall einzelner Aufgaben oder einzelner Organisationseinheiten hierfür nicht genügt und daß die Auflösung vollständig sein muß, während die bloße Änderung von Dienststellenbezeichnungen, Dienststellennummer oder STAN (Stärke- und Ausrüstungsnachweisungen) aus sich heraus allenfalls eine Umgliederung, nicht notwendig die Auflösung einer militärischen Dienststelle bewirken,
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in einer Dienststelle mit gewähltem Personalrat, bei der lediglich unter Änderung der Dienststellenbezeichnung (hier: Versorungskommando ... zu Logistigbrigade), der Dienststellennummer und der STAN die bisher einheitliche STAN der Dienststelle auf formal zwei gesonderte STAN für Stabs- und Stabskompanie aufgeteilt wird, die dienstlicherseits nach § 21 BPersVG betriebene Einleitung von Neuwahlen des Personalrates ebenfalls dann anfechtbar und nichtig ist, wenn dies abweichend von Verlautbarungen der obersten Dienstbehörde ohne deren Kenntnis erfolgt,
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eine derartige, formal organisatorisch als "Auslösung" der Dienststelle mit gleichzeitiger "Ausstellung" von Stab- und Stabskompanie und vollständiger Übernahme des Personals, des Materials, der Liegenschaften und der Aufgaben der bisherigen Dienststelle nicht zu einem Wechsel der Zuordnung dieser militärischen Dienststelle im Sinne der §§ 2 Abs. 1 und 5 Satz 1 des Soldatenbeteiligungsgesetzes führt.
Der Beteiligte zu 1. unterstützt die Auffassung des Antragstellers, stellt jedoch keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Vorgänge, die Gegenstand der mündlichen Anhörung waren, Bezug genommen.
Gründe
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Auch mit dem geänderten Antrag muß sie erfolglos bleiben.
1. Läuft während eines Wahlanfechtungsverfahrens wie im vorliegenden Fall die Amtszeit des Personalrats ab, so kann eine gestaltende Entscheidung, wie sie die Ungültigkeitserklärung der Wahl ist, nicht mehr ergehen (Fischer/Goeres, GKÖD, Bd. V, § 25 BPersVG Rn. 40). Das Wahlanfechtungsverfahren kann nach der Rechtsprechung des BVerwG und der einhelligen Ansicht im Schrifttum aber dann, wenn mit einem wiederholten Auftreten der Streitfrage zu rechnen ist, mit einem Antrag auf Feststellung fortgesetzt werden, daß ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften vorgelegen hat (BVerwG, Beschl. v. 6.6.1991 - 6 P 8.89 -, PersR 1991, 337, 339 m. N.; Fischer/Goeres, a.a.O.; Lorenzen u. a., Art. 25 Rn. 30 m.w.N.; a.A. jedoch BAG, Beschl. v. 13.3.1991 - 7 A BR 5/90 -, BAGE 67, 316 = DB 1991, 2495 zum BetrVG).
Inwieweit eine solche Wiederholungsgefahr hier besteht, kann indessen offen bleiben. Denn ein zulässiger Übergang vom Wahlanfechtungs- zum Feststellungsantrag nach der zitierten Rechtsprechung und Literatur setzt jedenfalls voraus, daß die Wahl in formeller Hinsicht ordnungsgemäß, insbesondere fristgerecht gemäß § 25 BPersVG angefochten worden war. Denn nur dann ist es nicht zumutbar, später wieder erneut eine mit dem gleichen Fehler behaftete Wahl anzufechten, um die Streitfrage zu klären. Diese Voraussetzung ist hier aber unstreitig nicht erfüllt. Denn der Antragsteller hat, wie er in der mündlichen Anhörung vor dem Verwaltungsgericht eingeräumt hat, die Anfechtungsfrist von 12 Arbeitstagen ab Bekanntgabe des Wahlergebnisses versäumt.
2. Entgegen der Ansicht des Antragstellers war diese Frist hier nicht deshalb unbeachtlich, weil von einer Nichtigkeit der Personalratswahlen vom 17. Januar/16. Januar 1994 auszugehen wäre. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat, ist eine Personalratswahl nur in den Ausnahme fällen nichtig, in denen sie an einem derart schweren und offenkundigen Fehler leidet, daß auch der Anschein einer Wahl nicht mehr vorliegt (Fischer/Goeres a.a.O., R. 43 m. N.; Lorenzen u. a., a.a.O. Rn. 33 m.N.; Ballerstedt u. a., a.a.O. Rn. 39 a m. N.). Insbesondere führen schlichte Verstöße gegen das Wahlrecht einschließlich der Abgrenzung der Dienststellen nicht zu einer Nichtigkeit der Wahl; eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Wahl auf einer offensichtlichen Verkennung der Personalratsfähigkeit einer Dienststelle beruht (BVerwG, Beschluß vom 18.1.1990 - 6 P 8.88 -, PersR 1990, 108; Beschl. v. 13.5.1987 - 6 P 20.85 -, PersV 1988, 401; Lorenzen u. a., a.a.O. Rn. 33 m. N.). Davon kann hier keine Rede sein. Daß Stab und Stabskompanie der LogBrig ... wie der Antragsteller geltend macht - eine einheitliche Dienststelle bildeten, war jedenfalls nicht so offenkundig, daß die durchgeführten getrennten Wahlen schlechthin nichtig gewesen wären.
3. Davon abgesehen müßte die vom Antragsteller jetzt erstrebte Feststellung im übrigen daran scheitern, daß sie sich nicht mehr in dem Rahmen hält, der einer Weiterverfolgung der erledigten Wahlanfechtung gezogen ist. Denn ein solcher geänderter Antrag hat sich, sofern das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen ist, auf die Feststellung zu richten, daß der - ursprünglich als Anfechtungsgrund geltend gemachte - Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften vorgelegen hat. Diese Grenze wird mit den 3 neuen, im Beschwerdeverfahren jetzt gestellten Feststellungsanträgen des Antragstellers eindeutig überschritten. Denn diese Anträge haben abstrakte Rechtsfragen zur Auflösung von Dienststellen i. S. des § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG, zur Einleitung von Neuwahlen gemäß § 21 BPersVG sowie zum Wechsel der Zuordnung von militärischen Dienststellen i. S. der §§ 2 Abs. 1, 5 Satz 1 SBG zum Gegenstand. Es ist nicht die Aufgabe der Gerichte, solche Fragen in der Art. eines Rechtsgutachtens zu beantworten, nachdem sich die ursprüngliche Wahlanfechtung erledigt hat, die aufgrund der geänderten Organisationsstruktur im Mai 1996 durchgeführten Neuwahlen der Personalvertretungen nicht angefochten wurden, die dabei gewählten Personalräte also bis zum Jahr 2000 im Amt bleiben werden und die Frage, wie und aufgrund welcher ggf. neuen Struktur danach neu zu wählen sein wird, sich heute noch nicht beantworten läßt.
Die Beschwerde war danach zurückzuweisen.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.