Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.04.1998, Az.: 12 L 1076/98

Abschiebung; Asyl; Abschiebungsschutz

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
06.04.1998
Aktenzeichen
12 L 1076/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 14176
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1998:0406.12L1076.98.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg 28.01.1998 - 4 A 1457/95

Fundstellen

  • AUAS 1998, 203-204
  • AuAS 1998, 203
  • DÖV 1998, 608-609 (amtl. Leitsatz)
  • NVwZ (Beilage) 1998, 65-70 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

1. Die durch Art 9 EMRK (MRK) geschützten Rechtsgüter (Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit) sind bei der Prüfung, ob ein über § 53 Abs 4 AuslG (AuslG 1990) anerkannter konventionsrechtlicher Abschiebungsschutz in Betracht kommt, nicht schlechthin unbeachtlich.

2. Ein über § 53 Abs 4 AuslG (AuslG 1990) anerkannter konventionsrechtlicher Abschiebungsschutz kommt allenfalls bei einer nachhaltigen Unterschreitung des Schutzstandards des Art 9 EMRK (MRK) unter Eingriffen in Betracht, die nach Art und Gewicht mit den zum Abschiebungsschutz nach Art 3 EMRK (MRK) führenden Eingriffen des Abschiebungszielstaates deswegen vergleichbar sind, weil sie das geistig-soziale "religiöse" Existenzminimum nicht gewährleisten. Es reicht für einen konventionsrechtlichen Abschiebungsschutz nicht schon hin, daß Einschränkungen des Rechts zur Ausübung von Religion und Weltanschauung im Abschiebungszielstaat nicht von Art 9 Abs 2 EMRK (MRK) gedeckt sind.

3. Die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zu Reichweite des Asylgrundrechts und Voraussetzungen der Asylgewährung bei an den Glauben und seine Betätigung anknüpfenden Maßnahmen bei der Anwendung und Auslegung nationalen Rechts entwickelten Kriterien und Grundsätze (Schutz des "religiösen Existenzminimums") sind der Sache nach geeignet, den für einen aus Art 9 EMRK (MRK) herzuleitenden Abschiebungsschutz beachtlichen Kernbereich der Garantien des Art 9 EMRK (MRK) zu bestimmen.