Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 29.01.1985, Az.: 2 Ta 1/85

Gebührenhöhe einer als unzulässig verworfenen Nichtzulassungsbeschwerde

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
29.01.1985
Aktenzeichen
2 Ta 1/85
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1985, 10466
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:1985:0129.2TA1.85.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Hannover - 27.11.1984 - AZ: 7 AZN 368/84

Prozessführer

...

Prozessgegner

den ...

Tenor:

Auf die Beschwerde des beklagten Landes wird der Kostenfestsetzungsbeschluß der Rechtspflegerin beim Arbeitsgericht Hannover vom 27.11.1984 zu 7 AZN 368/84 teilweise unter Zurückweisung der Beschwerde im übrigen abgeändert und insgesamt wie folgt gefaßt:

Die nach dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts in Kassel vom 09. Oktober 1984 - 7 AZN 368/84 - vom Kläger an das beklagte Land zu erstattenden Kosten werden auf DM 458,05 nebst 4 % p. a. Zinsen hierauf seit dem 24.10.1984 festgesetzt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

Gründe

1

Durch seinen im Tenor bezeichneten Beschluß hat das Bundesarbeitsgericht eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers im Sinne von § 72 a ArbGG auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen. Das beklagte Land hat beantragt, die ihm zu erstattenden Kosten auf DM 867,08 festzusetzen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Kostenfestsetzungsantrag vom 23.10.1984 Bezug genommen. Der Kläger hat dagegen geltend gemacht, für die Nichtzulassungsbeschwerde sei eine Gebühr in Höhe von 13/20 (DM 358,80) gemäß den §§ 11, 31 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 114 Abs. 3, 62 BRAGO entstanden.

2

Die Rechtspflegerin beim Arbeitsgericht Hannover hat durch ihren angefochtenen Beschluß die zu erstattenden Kosten auf DM 363,66 nebst Zinsen festgesetzt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es sei für die Nichtzulassungsbeschwerde lediglich eine 5/10-Gebühr gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO entstanden. § 62 Abs. 2 BRAGO beträfe das Beschlußverfahren, eine Erhöhung der Gebühr auf 13/20 gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 BRAGO komme nicht in Betracht, weil jene Vorschrift lediglich das Berufungs- und Revisionsverfahren beträfe, § 114 BRAGO beziehe sich ausschließlich auf Verfahren vor den Verwaltungs- und Finanzgerichten. Eine analoge Anwendung sei ausgeschlossen, wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß (Bl. 117/117 R d. A.) Bezug genommen.

3

Gegen diesen ihm am 14.12.1984 zugestellten Beschluß richtet sich die am 28.12.1984 eingelegte Erinnerung des beklagten Landes, der weder die Rechtspflegerin noch der Vorsitzende der 6. Kammer des Arbeitsgerichts Hannover abgeholfen haben.

4

Nachdem das beklagte Land zunächst begehrt hatte, die zu erstattenden Kosten auf DM 867,08, hilfsweise auf DM 459,19 nebst Zinsen festzusetzen, hat es nach richterlichem Hinweis seine Beschwerde teilweise zurückgenommen. Wegen der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz des beklagten Landes vom 27.12.1984 (Bl. 120/121 d. A.) Bezug genommen.

5

Das beklagte Land beantragt nunmehr,

unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 27.11.1984 - 6 Ca 329/83 - die vom Kläger zu erstattenden Kosten auf DM 459,19 festzusetzen nebst Zinsen.

6

Die als Beschwerde zu behandelnde Durchgriffserinnerung ist zulässig und im wesentlichen begründet. Unbegründet ist sie lediglich in Höhe von DM 1,14, einer offensichtlichen Additionsdifferenz in Hohe von DM 1,- zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer.

7

Als Rechtsanwaltsgebühr für die Vertretung des beklagten Landes im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 ArbGG ist eine 13/20-Gebühr gemäß den §§ 2, 62 Abs. 1, 11 Abs. 1 Satz 2 1. -V. m. § 114 Abs. 3 BRAGO in Höhe von DM 358,80 entstanden.

8

§ 2 BRAGO bestimmt, daß die Gebühren in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften dieses Gesetzes zu bemessen sind, wenn in diesem Gesetz über die Gebühren für eine Berufstätigkeit des Rechtsanwalts nichts bestimmt ist. Dieser Fall liegt hier vor. Entgegen der Auffassung von Wlotzke/Schwedes/Lorenz "Das neue Arbeitsgerichtsgesetz 1979" (Rdnr. 12 zu § 72 a), die sich auch die Rechtspflegerin beim Arbeitsgericht Hannover zu eigen gemacht hat, entsteht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG nicht etwa nur eine 5/10-Gebühr gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO. Jene Vorschrift ist auf das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG nicht anzuwenden. Denn die dann genannten "Beschwerden" können mit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG von ihrer Bedeutung wie auch von ihrem notwendigen Arbeitsumfang her nicht gleichgestellt werden. Bei einfachen Beschwerdeverfahren besteht regelmäßig kein Begründungszwang. Dagegen besteht für die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG ein Begründungszwang (vgl. § 72 a Abs. 3 ArbGG), wobei die Nichtzulassungsbeschwerde ihrerseits nur auf einen abschließenden Katalog von Tatbestandsgruppen gestutzt werden kann (vgl. § 72 a Abs. 1 ArbGG). Grundsätzlich erfordert die Nichtzulassungsbeschwerde einen Arbeitsaufwand, der dem der Erstellung einer Revisionsschrift oder Revisionsbeantwortung zumindest nahekommt.

9

Sonstige Vorschriften, die für das arbeitsgerichtliche Verfahren die Entstehung von Gebühren im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde der Hohe nach regeln, sind in der BRAGO nicht vorhanden. Insbesondere greift § 62 Abs. 2 BRAGO - wie im angefochtenen Beschluß zu Recht erkannt worden ist - nicht ein.

10

Die derart vorhandene Lücke ist gemäß § 2 BRAGO in der weise auszufüllen, daß die Gebühren "in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften dieses Gesetzes" zu bemessen sind.

11

Die Hohe der Gebühren ist jedoch für Nichtzulassungsbeschwerden in anderen gerichtlichen Verfahren geregelt, nämlich in § 114 Abs. 3 BRAGO für das Verfahren vor den Finanzgerichten und vor den Verwaltungsgerichten. Jene Vorschrift ist in entsprechender Anwendung heranzuziehen.

12

Denn von der gesamten Verfahrensgestaltung her entspricht die arbeitsgerichtliche Nichtzulassungsbeschwerde demselben Rechtsinstitut wie vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit oder der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der Ansicht von Wlotzke/Schwedes/Lorenz (a. a. O.) kann nicht gefolgt werden. Sie übersieht die grundsätzliche Regelung zur Ausfüllung von Regelungslücken in § 2 BRAGO. Die im arbeitsgerichtlichen Verfahren zu beurteilenden kostenrechtlichen Besonderheiten sind zwar beachtlich. Indessen kennt auch das arbeitsgerichtliche Verfahren hinsichtlich der Entstehung der Rechtsanwaltsgebühren im Urteilsverfahren keinerlei Besonderheiten gegenüber etwa dem Verfahren vor den ordentlichen Gerichten. Die entsprechende Anwendung des § 114 Abs. 3 BRAGO ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Gesetzgeber bei der Einführung des Instituts der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG etwa bewußt unterlassen habe, konsequenterweise auch entweder § 114 Abs. 3 BRAGO zu ändern oder an anderer Stelle der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung, z. B. in § 62, klarzustellen, daß im Verfahren der arbeitsgerichtlichen Nichtzulassungsbeschwerde lediglich eine 5/10-Gebuhr entstehen solle. Der Gesetzgeber hat dieses Problem - soweit aus den Motiven erkennbar - überhaupt nicht bedacht. Vielmehr handelt es sich um eine Regelungslücke (vgl. Grunsky, ArbGG, 3. Aufl., Anm. 31 zu § 72 a; LAG Hamm - 8 Ta 92/80 - vom 23.12.1980 in MDR 1981, 347 f.), die durch sinngemäße Anwendung des § 114 Abs. 3 BRAGO zu schließen ist (vgl. im Ergebnis LAG Hamm a. a. O., LAG Baden-Württemberg, Beschluß vom 29.12.1981 - 1 Ta 165/81 -, Leitsatz in AnwBl. 1982 (dort mit unrichtigem Aktenzeichen), Gerold-Schmidt, 8. Auflage 1984, § 62 BRAGO Anm. 4 a).

13

Die zu erstattenden Kosten setzen sich insgesamt wie folgt zusammen:

14

13/20 Gebühr gem. §§ 2, 62 Abs. 1, 11 Abs. 1 S. 2 BRAGO i. V. m. § 114 Abs. 3 BRAGO analog

DM 358,80
Schreibauslagen gem. § 27 BRAGODM 3,-
Postgebührenpauschale gem. § 26 BRAGODM 40,-
14 % UmsatzsteuerDM 56,25
DM 458,05