Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 30.08.1985, Az.: 3 Sa 28/85
Urlaubsabgeltungsansprüche eines Arbeitnehmers; Ablauf eines Urlaubsanspruches; Urlaubsanspruch bei fortdauernden Arbeitsunfähigkeit ; Abgeltungspflicht des Arbeitgebers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ; Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit im rentenversicherungsrechtlichen Sinne
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 30.08.1985
- Aktenzeichen
- 3 Sa 28/85
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1985, 10468
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1985:0830.3SA28.85.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Göttingen - 11.01.1985 - AZ: 3 Ca 1882/84
Rechtsgrundlagen
- § 7 BUrlG
- § 13 BUrlG
- § 323 BGB
Prozessführer
...
Prozessgegner
...
In dem Rechtsstreit hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 30. August 1985
durch
ihre Mitglieder Frohner, Schömburg und Mußmann
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 11. Januar 1985 - 3 Ca 1882/84 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltungsansprüche des Klägers für die Jahre 1983 und 1984.
Der Kläger war bei der Beklagten als Kraftfahrer vom 1. März 1966 bis zum 30. September 1984 beschäftigt. Er arbeitete zuletzt am 31. Mai 1983. Am 1. Juni 1983 erlitt der Kläger ohne Bezug zum Arbeitsverhältnis einen Unfall, in dessen Folge er arbeitsunfähig krank wurde. Aufgrund des Bescheides der Landesversicherungsanstalt ... vom 10. September 1984 bezieht der Kläger mit Wirkung ab 12. Januar 1984 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit, die zunächst bis zum 31. Dezember 1986 befristet ist. Nachdem der Kläger am 14.09.1984 seinen Rentenbescheid erhalten hatte, beendete er das noch bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.09.1984.
Nach § 7 des Manteltarifvertrages für das Kraftfahrzeughandwerk, -Handel und -Gewerbe Niedersachsen vom 11. Juli 1979, der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden ist, ergibt sich für die Kalenderjahre 1983 und 1984 ein Urlaubsanspruch in Höhe von je 30 Arbeitstagen. Für das Jahr 1984 ist von 6 weiteren Urlaubstagen auszugehen, nachdem dem Kläger am 11.12.1983 ein Schwerbehindertenausweis bei einer MdE von 50 % ausgestellt worden ist.
Tatsächlich gewährt wurden dem Kläger im Jahre 1983 nach seinen Angaben 10 Urlaubstage, nach dem Vorbringen der Beklagten 11 Urlaubstage.
Nachdem der Kläger am 17.09.1984 mündlich erfolglos einen Urlaubsabgeltungsanspruch bei der Beklagten geltend gemacht hat, hat er mit der am 12. Oktober 1984 bei dem Arbeitsgericht Göttingen eingegangenen, am 16. Oktober 1984 zugestellten Klage auf der Basis eines monatlichen Bruttoentgelts von 2.040,80 DM in 1983 sowie eines Stundenlohnes in Höhe von 12,37 DM brutto in 1984 für das Jahr 1983 eine Resturlaubsabgeltung in Höhe von 1.883,81 DM, für das Jahr 1984 eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 3.555,70 DM begehrt.
Der Kläger hat demgemäß beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.439,51 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat hierzu behauptet, der Stundenlohn des Klägers habe 1983 11,60 DM brutto betragen, was einer Monatsvergütung von 2.006,80 DM entspreche. Für 1984 habe der Stundenlohn 11,98 DM betragen, was zu einer Monatsvergütung von 2.072,54 DM führe. Sie hat im übrigen die Rechtsauffassung vertreten, daß dem Kläger weder für das Jahr 1983 noch für das Jahr 1984 ... ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung zustehe.
Die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Göttingen hat durch Urteil vom 11. Januar 1985 die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt sowie schließlich den Streitwert auf 5.439,51 DM festgesetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Zahlungsbegehren in vollem Umfange nach näherer Maßgabe seines Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 25. April 1985 sowie des weiteren Schriftsatzes vom 19. August 1985 weiter.
Der Kläger beantragt nunmehr,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.439,51 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 21. Mai sowie vom 22. August 1985.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet.
Dem Kläger steht ein Urlaubsabgeltungsanspruch weder für das Jahr 1983 noch für das Jahr 1984 zu. Zwar bestanden im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Abgeltung geeignete Ansprüche. Doch steht den Abgeltungsansprüchen die Einwendung der mangelnden Erfüllbarkeit entgegen.
I.
Urlaubsabgeltungsanspruch 1983
1.
Zwar stand dem Kläger bei seinem Ausscheiden noch ein Resturlaubsanspruch für 1983 zu.
a)
Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Urlaubsrecht (Urteil vom 13.05.1982 EzA § 7 BUrlG Nr. 25 gleich AP Nr. 4 zu § 7 BurlG Übertragung; vgl. hierzu neuerdings: Leinemann NZA 1985 S. 137; Wiesner Betriebsberater 1985 S. 1135; Bachmann BlStSozArbR 1985 S. 209 und ... Bengelsdorf NZA 1985 S. 613), der sich das Berufungsgericht anschließt, ist davon auszugehen, daß der Urlaubsanspruch von vornherein lediglich zeitlich befristet besteht, und zwar nur jeweils bis zum Ende des Urlaubsjahres bzw. bei Vorliegen der Übertragungsvoraussetzungen auch noch bis zum Ende des Übertragungszeitraumes am 31. März des folgenden Jahres (§ 7 Abs. 3 BurlG). Das Bundesurlaubsgesetz nimmt insbesondere in seinen §§ 1 und 7 eine relativ strikte Bindung des Urlaubsanspruches an das jeweilige Kalenderjahr als Urlaubsjahr vor. Es begründet damit einen Urlaubsanspruch von vornherein nur zeitlich beschränkt auf eine bei Entstehung des Anspruchs bereits bestimmte Dauer und läßt somit nach Ablauf dieser Zeit den Urlaubsanspruch unter ihm, ohne daß es da zu einer besonderen Erlöschensvorschrift bedürfen würde. Damit erlischt mit Ablauf des Kalenderjahres bzw. des Übertragungszeitraumes der Urlaubsanspruch prinzipiell auch in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer wegen lang andauernder Arbeitsunfähigkeit gehindert gewesen ist, den Urlaub vor Ablauf des entsprechenden Zeitraumes zu nehmen.
b)
Hieraus folgt indes für den vorliegenden Fall allerdings kein Erlöschen des Urlaubs - und damit des Urlaubsabgeltungsanspruches 1983 zum 31. März 1984. Dies ergibt sich aus § 7 Nr. 10 des Manteltarifvertrages für das Kfz-Handwerk, -Handel und -Gewerbe Niedersachsen vom 11. Juli 1979, in dem es u.a. heißt: "Im Falle der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden ... Der Urlaubsanspruch erlischt nach Ablauf dieser Zeit, es sei denn, daß er erfolglos geltend gemacht worden ist, oder wegen Kurmaßnahmen bzw. Krankheit nicht genommen werden konnte." Im Hinblick auf § 13 BUrlG kann nämlich insoweit von den Bestimmungen dieses Gesetzes durch Tarifvertrag abgewichen werden (vgl. BAG EzA § 7 BurlG Nrn. 27 und 32; Leinemann a.a.O. S. 144). Da der Kläger wegen fortdauernder Arbeitsunfähigkeit den Urlaub vor dem 31. März 1984 nicht hat nehmen können, ist dieser jedenfalls zum 31. März 1984 aufgrund der genannten tarifvertraglichen Vorschrift nicht erloschen. Damit ist davon auszugehen, daß dem Kläger im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.09.1984 grundsätzlich noch ein zur Abgeltung gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG (der genannte MTV enthält insoweit keine abweichenden Bestimmungen) geeigneter Urlaubsanspruch 1983 zugestanden hat.
2.
Jedoch steht dem Urlaubsabgeltungsanspruch 1983 die Einwendung der mangelnden Erfüllbarkeit entgegen, weil auch bei einem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses über den 30.09.1984 hinaus bis zum 31.12.1984 ein Urlaubsanspruch wegen der fortdauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht hätte verwirklicht werden können (vgl. hierzu BAG Urteil vom 23.06.1983 EzA § 7 BUrlG Nr. 28 gleich DB 1983 S. 2523; Urteil vom 28.06.1984 EzA § 7 BUrlG Nr. 34 gleich DB 1984 S. 2716 (teilweise) gleich NZA 1985 S. 156; Urteil vom 17.01.1985 EzA § 7 BurlG Nr. 37; Urteil vom 07.03.1985 Der Betrieb 1985 S. 1598; wohl anders jetzt LAG Frankfurt a. M. DB 1985 S. 2107 [LAG Köln 05.12.1984 - 5 Sa 884/84]).
a)
Die Abgeltungspflicht des Arbeitgebers nach § 7 Abs. 4 BUrlG knüpft an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses an. Von diesem Zeitpunkt an können nicht mehr die während des Arbeitsverhättnisses bestehenden Arbeitspflichten unter Durchbrechung des Satzes "ohne Arbeit kein Lohn" (§ 323 BGB) durch den Urlaubsanspruch suspendiert werden. Dennoch soll nach § 7 Abs. 4 BurlG der Arbeitnehmer so gestellt werden, als würde die Arbeitspflicht durch Gewährung von Freizeit bei Weiterzahlung des Entgeltes suspendiert werden können. Die Abgeltung stellt daher nichts anderes dar als das bisher zu zahlende Entgelt für eine weitere fiktive Arbeitszeit, die der dem Arbeitnehmer als Urlaub zu gewährenden Freizeit entspricht. Der Abgeltungsanspruch besteht demnach nur in der Bindung an die als fortbestehend behandelte Arbeitspflicht (so BAG Urteil vom 07.03.1985 a.a.O.; Leinemann a.a.O. S. 143). Demzufolge ist gegenüber einem Arbeitnehmer, der nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vor Beendigung des Kalenderjahres bzw. des in § 7 Abs. 3 BUrlG erwähnten übertragungszeitraumes rechtzeitig wieder arbeitsfähig wird, der Abgeltungsanspruch noch zu erfüllen, wie eben auch ein Urlaubsanspruch bei fortdauerndem Arbeitsverhältnis zu erfüllen gewesen wäre, wäre allerdings bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit ein Urlaubsanspruch in den genannten Zeiträumen nicht zu verwirklichen gewesen, so entfällt auch ein Abgeltungsanspruch.
b)
Dabei kommt es allerdings auf eine auf die bisherige arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung bezogene Arbeitsunfähigkeit an. Es kann daher nicht entscheidend darauf abgestellt werden, ob eine Erwerbsunfähigkeitsrente (auf Dauer oder auf Zeit) gezahlt wird. Zwar hat das Bundesarbeit gericht ... in der genannten Entscheidung vom 17.01.1985 "erwerbsunfähig" und "arbeitsunfähig krank" offenbar gleichgesetzt. Auch im Urteil vom 07.03.1985 a.a.O. wird von "Arbeitsunfähigkeit (etwa bei dauernder Erwerbsunfähigkeit)" gesprochen. Dem vermag das Berufungsgericht nicht zu folgen. Arbeitsunfähigkeit ist begrifflich von Erwerbsunfähigkeit zu unterscheiden. Arbeitsunfähigkeit liegt bei einem Arbeitnehmer dann vor, wenn ihn eine Krankheit im medizinischen Sinne außerstande setzt, die ihm nach dem Arbeitsvertrag obliegende Arbeit zu verrichten, oder wenn er diese Arbeit nur unter unzumutbaren Bedingungen oder nur unter der Gefahr fortsetzen könnte, in absehbarer Zeit seinen Zustand zu verschlimmern (vgl. neuerdings BAG Urteil vom 09.01.1985 - 5 AZR 415/82; vgl. zum sozialversicherungsrechtlichen Begriff der Arbeitsunfähigkeit: §§ 182, 183 RVO). Demgegenüber wird in einer Reihe von Sozial leistungsgesetzen (vgl. §§ 4, 22, 23, 24 SGB I. 183, 556, 581, 1236, 1246, 1247 RVO; 7, 11 RehaG; 30 BVG; 1 SchwbG; 24 AVG) wiederholt von Erwerbsfähigkeit, vor allem im Zusammenhang mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. des Herabsinkens der Erwerbsfähigkeit, sowie von "Erwerbsunfähigkeit" gesprochen. Dabei hat gerade der Begriff der Erwerbsunfähigkeit schon eine unterschiedliche Bedeutung im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung, des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechtes einerseits und der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits. In der gesetzlichen Rentenversicherung ist erwerbsunfähig ein Versicherter, der infolge Krankheit. Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann. Erwerbsunfähigkeit liegt dabei nicht nur vor, wenn der Versicherte wirklich völlig außerstande ist, einer irgendwie gearteten lohnbringenden Erwerbstätigkeit nachzugehen, sondern auch schon dann, wenn noch eine Resterwerbsfähigkeit vorhanden ist, die zwar bei abstrakter Betrachtung noch eine gewisse Erwerbstätigkeit ermöglichen würde, wenn dem Versicherten aber bei konkreter Betrachtung infolge seiner Behinderung der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen ist, weil es Arbeitsplätze, auf denen er seine Resterwerbsfähigkeit lohnbringend verwerten könnte, nicht oder doch nicht in nennenswerter Zahl gibt (vgl. BSG Großer Senat SozR RVO § 1246 Nr. 79 und § 1247 Nr. 20; SozR 2200 § 1246 Nr. 13). Die Erwerbsunfähigkeit im rentenversicherungsrechtlichen Sinne ist daher nach der Fähigkeit des Versicherten zu beurteilen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Erwerbseinkommen zu erzielen. Für die Arbeitsunfähigkeit im dargestellten arbeitsrechtlichen Sinne kommt es hingegen entscheidend auf die jeweilige nach dem Arbeitsvertrag dem Arbeitnehmer obliegende Arbeit an, mit der Folge, daß bei 2 Arbeitnehmern das gleiche Krankheitsgeschehen bei dem einen im Hinblick auf die von diesem zu erbringende Arbeitsleistung zu einer Arbeitsunfähigkeit führen kann, bei dem anderen aber nicht, weil dieser trotz Vorliegens einer Krankheit im medizinischen Sinne gleichwohl in der Lage ist, die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung ordnungsgemäß zu erbringen, wenn es aber, wie der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts in den erwähnten Urteilen vom 23.06.1983, 28.06.1984 und 07.03.1985 ausgeführt hat, für den Urlaubsabgeltungsanspruch entscheidend darauf ankommt, ob ein Urlaubsanspruch bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis hätte verwirklicht werden können, der Abgeltungsanspruch nur in der Bindung an die als fortbestehend behandelte Arbeitspflicht besteht, so kann es auch nur darauf ankommen, ob der aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedene Arbeitnehmer weiterhin im arbeitsrechtlichen Sinne dauernd arbeitsunfähig krank geblieben ist, nicht aber darauf, ob er in irgendeinem sozialversicherungsrechtlichen Sinne als erwerbsunfähig angesehen werden kann. Demgemäß kommt es aber auch nicht darauf an, inwieweit dem Kläger noch eine "Resterwerbsfähigkeit" verblieben ist. Es steht jedenfalls fest, daß er auf Dauer nicht mehr in der Lage ist, vollschichtig als Kraftfahrer zu arbeiten. Damit ist er nicht mehr in der Lage, die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeit zu verrichten und damit auf Dauer arbeitsunfähig.
c)
Soweit nun allerdings das Bundesarbeitsgericht in dem bereits mehrfach erwähnten Urteil vom 28.06.1984 a.a.O. sub 3 der Gründe (insoweit nicht abgedruckt in Der Betrieb 1984 S. 2716 [BAG 28.06.1984 - 6 AZR 521/81]) ausgeführt hat, der Urlaubsabgeltungsanspruch entfalle nicht etwa deshalb, weil wegen einer Krankheit eine weiterbeschäftigung des dortigen Klägers als Kraftfahrer im Betrieb der Beklagten nicht in Betracht gekommen sei und die Parteien aus diesem Grunde die Auflösung des Arbeitsverhältnisses vereinbart hätten, damit verkenne die Beklagte, daß der Kläger zwar unfähig sei, seine bisherige Tätigkeit weiter auszuüben, nicht aber erwerbsunfähig, werden auch damit nach Auffassung des Berufungsgerichts Gesichtspunkte der (sozialrechtlichen) Erwerbsunfähigkeit und der (arbeitsrechtlichen) Arbeitsunfähigkeit in mißverständlicher Weise miteinander vermengt, wenn dann weiter ausgeführt wird, daß bei einem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses der Kläger der Beklagten im übrigen weiterhin als Arbeitnehmer arbeitsfähig, zwar nicht für seine bisherige, wohl aber für andere Tätigkeiten zur Verfügung gestanden, die Beklagte dann hätte prüfen müssen, "ob sie ihm gegebenenfalls eine andere Tätigkeit zuweisen konnte, an deren Erfüllung er nicht durch seine Erkrankung gehindert war (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 b KSchG)", so führt diese Auffassung, die im übrigen jedenfalls nicht der Klarheit im Urlaubsrecht dienlich ist, dazu, daß im Prozeß über eine Urlaubsabgeltung inzedenter ein hypothetischer Kündigungsschutzprozeß von den Parteien mit zahlreichen offenen Fragen auch im Bereich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast geführt werden müßte. Der Arbeitgeber kann jedenfalls aufgrund des ihm zustehenden Direktionsrechts dem Arbeitnehmer nicht schlechthin irgendwelche Tätigkeiten zuweisen, die der Arbeitnehmer möglicherweise noch ausführen könnte. Das Direktionsrecht wird begrenzt durch den Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer kann daher nicht durch die Ausübung dieses Gestaltungsrechts einfach auf eine ähnliche, qualitativ gleichwertige, körperlich leichtere Tätigkeit verwiesen werden, wie dies beispielsweise nach dem sozialversicherungsrechtlichen Begriff der Arbeitsunfähigkeit denkbar ist. Man müßte folglich, wenn hypothetisch keine einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrages sollte angenommen werden können (unter welchen Voraussetzungen eigentlich?), hypothetisch prüfen, ob und wann innerhalb eines unter Umständen sehr langen Zeitraumes, nämlich des gesamten restlichen Kalenderjahres zuzüglich des Übertragungszeitraumes, eine Änderungskündigung hätte ausgesprochen werden können, konsequenterweise ja wohl auch, ob diese vom Arbeitnehmer unter Vorbehalt gemäß § 2 KSchG angenommen worden wäre, ob sie sozial gerechtfertigt gewesen wäre etc. Solche hypothetischen Überlegungen vertragen sich nach Auffassung der Kammer freilich nicht damit, daß nach dem Bundesurlaubsgesetz der Urlaubsabgeltungsanspruch mit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers ... aus dem Arbeitsverhältnis deshalb entsteht, weil der eigentliche Urlaubsanspruch wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann, seine Erfüllbarkeit freilich davon abhängt, ob bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis der Urlaub noch hätte verwirklicht werden können. Die Bindung des Abgeltungsanspruches an die als fortbestehend behandelte Arbeitspflicht ist daher zu beziehen auf die Arbeitspflicht im Zeitpunkt des Entstehens des Urlaubsabgeltungsanspruches und damit auf den Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Theoretisch mögliche Veränderungen des Inhalts der Arbeitsverpflichtung, bei denen der hypothetische Geschehensablauf ohnehin nie einigermaßen sicher feststellbar sein wird, haben dabei außer Betracht zu bleiben (anders wohl auch Bachmann a.a.O. S. 21 r. Sp. unten).
d)
Hinsichtlich der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Arbeitsunfähigkeit fortbestanden haben muß, um endgültig von einer Unmöglichkeit der Erfüllung des Urlaubsanspruch und damit auch der Einwendung der Nichterfüllbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruches auszugehen, nachdem, wie unter 1 b) ausgeführt, aufgrund der Bestimmung in § 7 Ziffer 10 MTV nicht von einem Verfall zum 31. März 1984 ausgegangen werden kann, gelangt die Kammer zu der Auffassung, daß insoweit allenfalls der 31. Dezember 1984 angenommen werden kann. Auch unter Berücksichtigung der genannten tariflichen Vorschrift wäre ein Urlaubsanspruch nicht über diesen Zeitpunkt weiter übertragbar gewesen. Die tarifliche Vorschrift kann nicht dahin verstanden werden, daß sie für den Fall, daß ein Urlaubsanspruch wegen Krankheit nicht genommen werden kann, auf Jahre hinaus mehrfach in das jeweils nächste Urlaubsjahr übertragen werden kann. Die Vorschrift bedeutet lediglich, daß als Übertragungszeitraum in einem solchen Falle nicht nur die ersten drei Monate des folgenden Kalenderjahres in Betracht kommen, läuft also nur darauf hinaus, daß ein Anspruch in einem solchen Falle nicht bereits mit dem 31. März des nächsten Kalenderjahres verfällt. Dies ändert aber nichts an der prinzipiellen Bindung, auch nach dem genannten Manteltarifvertrag des Anspruchs auf bezahlten Urlaub an das jeweilige Kalenderjahr. Hieraus folgt, daß, wenn überhaupt eine Übertragung vorgenommen werden kann, diese stets nur in das folgende Urlaubsjahr zulässig ist, eine weitere Übertragung eines bereits einmal übertragenen Urlaubs in das übernächste Urlaubsjahr ausnahmslos ausgeschlossen ist. Das Bundesurlaubsgesetz wie auch der hier anzuwendende Manteltarifvertrag kennen allenfalls die Möglichkeit, beispielsweise im Zusammenhang mit Teilurlaubsansprüchen, der Übertragung auf das gesamte folgende Urlaubsjahr. Weitere Übertragungsmöglichkeiten sind nicht vorgesehen.
II.
Urlaubsabgeltungsanspruch 1984
Da nach der neuen Urlaubsrechtsprechung des Sechsten Senat; des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 28.01.1982 EzA § 3 BUrlG Nr. 13 gleich AP Nr. 11 zu § 3 BUrlG Rechtsmißbrauch), der sich die Kammer in dieser Frage wiederum anschließt, dem Urlaubsanspruch nicht entgegensteht, daß im Urlaubsjahr eine nur geringe oder gar keine Arbeitsleistung erbracht worden ist, stand dem Kläger im Zeitpunkt der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses für das Jahr 1984 ebenfalls ein zunächst prinzipiell zur Urlaubsabgeltung geeigneter Urlaubsanspruch zu. Im Hinblick auf die bereits angesprochene Regelung in § 7 Ziffer 10 MTV kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß dieser Urlaubsanspruch mit dem 31. März 1985 verfallen sein würde. Vielmehr ist nach den Ausführungen unter I. 5. davon auszugehen, daß der Urlaubsanspruch 1984 wegen der fortdauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers in das gesamte Kalenderjahr 1985 übertragen worden ist. Da jedoch feststeht, wie bereits erwähnt worden ist, daß der Kläger auf Dauer nicht mehr in der Lage ist, vollschichtig als Kraftfahrer zu arbeiten und damit seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeit zu verrichten, auch nicht davon ausgegangen werden kann, daß noch eine Möglichkeit der Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit in diesem Umfange bis zum Jahresende 1985 besteht, steht auch dem Urlaubsabgeltungsanspruch 1984 die Einwendung seiner mangelnden Erfüllbarkeit entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Der Kostenstreitwert des Berufungsverfahrens ist der des angefochtenen Urteils. § 69 Abs. 2 ArbGG.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 ArbGG.