Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 01.07.2014, Az.: L 2/12 R 382/11

Rente; Rückforderung; Rücküberweisung; Tod des Berechtigten; Zahlungsmittler

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
01.07.2014
Aktenzeichen
L 2/12 R 382/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 42415
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG - 04.04.2011 - AZ: S 5 R 132/10

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Eine Verpflichtung der Bank zur Rücküberweisung der für Zeiträume nach dem Tode des Berechtigten noch überwiesenen Rentenbezüge besteht bei Fehlen eines Guthabens nach den klaren Vorgaben des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt worden war. Da sich ein davon abweichender Regelungswille des Gesetzgebers nicht feststellen lässt, wird eine Rücküberweisungsverpflichtung nicht schon durch eine bereits vor Eingang der Rückforderung auf Seiten der Bank vorhandene Kenntnis vom Tod des Rentenempfängers begründet.

Tenor:

Das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 4. April 2011 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens aus beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die beklagte Bank wendet sich gegen ihre erstinstanzlich ausgesprochene Verurteilung zur Zahlung von 727,08 € an den klagenden Rentenversicherungsträger.

Die klagende Rentenversicherungsträgerin nimmt die Beklagte in Höhe dieses Betrages in Anspruch, nachdem sie nach dem Tode der Versicherten H. am 19. November 2009 auf deren bei der Beklagten geführtes Girokonto noch Witwenrentenzahlungen für die Monate Dezember 2009 und Januar 2010 überwiesen hatte.

Die Versicherte hatte am 5. August 1993 eine auch über ihren Tod hinaus geltende Bankvollmacht zugunsten von I. erteilt. Die Beklagte erhielt von dem Tod ihrer Kundin am 24. November 2009 Kenntnis. Es lässt sich heute nicht mehr feststellen, ob diese Kenntniserlangung durch eine Todesanzeige in der Lokalzeitung oder durch eine mündliche Vorsprache eines Angehörigen bedingt war.

Im Todeszeitpunkt wies das Girokonto der Versicherten ein Guthaben von 1.190,21 € auf. Am 25. November 2009 zog die J. eine Lastschrift über 193,50 € aufgrund einer Überzahlung ein. Am 30. November 2009 erfolgten - vom vorliegenden Rechtsstreit nicht betroffene - Rentengutschriften über 214,33 € sowie die Gutschrift der von der Beklagten gewährten Witwenrente für den Monat Dezember 2009 in Höhe von 363,54 €.

Am 1. Dezember 2009 wurde eine Lastschrift zugunsten eines Stromversorgers über 49 € abgebucht und eine Gutschrift aufgrund einer Leibrentenzahlung in Höhe von 250 € verbucht. Am Folgetag wurden 9,50 € zugunsten des K. abgebucht. Am 3. Dezember 2012 nahm der Bevollmächtigte I. eine Barabhebung in Höhe von 1.000 € vor; es folgte eine Gutschrift aufgrund des Stornos einer Lastschrift über 30 €. Die Leibrente wurde am 7. Dezember 2009 zurücküberwiesen. Am 21. Dezember 2009 buchte die L. 20,77 € ab. Am 30. Dezember 2009 erfolgten Gutschriften über 211,28 € (vom vorliegenden Rechtsstreit nicht betroffene Rentenzahlung) sowie über 363,54 € (Zahlung der von der Beklagten gewährten Witwenrente für Januar 2010).

In den folgenden Tagen buchten der Stromversorger 49 € und die M. 76,88 € ab; die Beklagte stellte Abschlusskosten in Höhe von 25,85 € und 5,10 € ins Soll. Nachdem noch eine Gutschrift über 195,22 € im Zuge der Löschung eines Sparkontos vorgenommen wurde, erfolgte am 27. Januar 2010 die Löschung des Kontos; das Restguthaben in Höhe von 1.138,52 € wurde an die Erbinnen N. und O., d.h. an die beiden Töchter der Versicherten, ausgezahlt.

Aufgrund der zwischenzeitlichen Löschung des Kontos wurden Rentengutschriften für die Monate Februar und März 2010 jeweils zurückgebucht.

Am 26. März 2010 ging bei der Beklagten ein Rückforderungsverlangen des Rentenservices bezüglich der nach dem Tod der Versicherten noch im Auftrag der Klägerin erbrachten Witwenrentenzahlungen ein. Die Beklagte berief sich auf die bereits erfolgte Auflösung des Kontos und teilte die Anschriften der Erbinnen mit.

Mit der am 30. Juni 2010 erhobenen Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Erstattung der für die Monate Dezember 2009 und Januar 2010 erbrachten Witwenrentenzahlungen in einer Gesamthöhe von 727,08 €. Nach Auffassung der Klägerin ist die Beklagte aufgrund des Umstandes zur Erstattung dieses Betrages nach § 118 Abs. 3 SGB VI verpflichtet, dass sie bereits am 24. November 2009 Kenntnis vom Tod der Versicherten erlangt habe. Bei dieser Ausgangslage stehe dem Anspruch auch nicht entgegen, dass ein Rückforderungsbegehren erst Ende März 2010 der Beklagten zugegangen sei.

Mit Urteil vom 4. April 2011, der Beklagten zugestellt am 11. April 2011, hat das Sozialgericht Oldenburg die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 727,08 € verurteilt. Die Beklagte müsse sich angesichts ihrer bereits damals bestehenden Kenntnis vom Ableben der Versicherten die Rechtswidrigkeit der nachfolgenden Verfügungen über die Witwenrentengutschriften entgegenhalten lassen.

Auf die von der Beklagten am 9. Mai 2011 eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung in diesem Urteil hat der seinerzeit zuständige 10. Senat des Landessozialgerichts mit Beschluss 10. Juni 2011 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Im Berufungsverfahren macht die Beklagte unter Heranziehung der für ihre Rechtsauffassung sprechenden gerichtlichen Entscheidungen geltend, dass dem Rückforderungsverlangen der Klägerin die vor dessen Eingang bereits vorgenommene Kontoauflösung entgegenstehe. Der Gesetzgeber habe in § 118 Abs. 3 Satz 3 diesbezüglich ausdrücklich auf den „Eingang der Rückforderung“ abgestellt; diese habe sie jedoch erst Ende März 2010 erhalten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 4. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin vertritt unter eingehender Darlegung der aus ihrer Sicht für ihre Auffassung sprechenden Rechtsprechung die Einschätzung, dass ein Rückforderungsanspruch nach § 118 Abs. 3 SGB VI abweichend vom Gesetzeswortlaut auch dann bestehe, wenn im Zeitpunkt der Verfügung über das sich aus der Rentenüberzahlung ergebende Guthaben das Geldinstitut zwar noch kein Rückforderungsverlangen erhalten, jedoch anderweitig vom Tod des Rentenbeziehers Kenntnis erlangt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die aufgrund ihrer Zulassung mit Beschluss vom 10. Juni 2011 zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin dringt mit ihrer Leistungsklage (vgl. dazu BSG, Urteil vom 05. Februar 2009 – B 13/4 R 91/06 R –, juris) nicht durch. Sie hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 727,08 €, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 118 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB VI fehlen.

Einer Verpflichtung der Beklagten zur Rücküberweisung der (materiell-rechtlich zu Unrecht) auf das Girokonto der verstorbenen Versicherten für die Monate Dezember 2009 und Januar 2010 noch überwiesenen und hier streitigen 727,08 € steht der Umstand entgegen, dass zwischen der rechtsgrundlosen Gutschrift der Rentenleistung und dem Eingang des Rücküberweisungsverlangens der Klägerin in darüber hinausgehender Höhe anderweitig über das Konto der verstorbenen Rentenberechtigten verfügt wurde.

Nach § 118 Abs. 3 SGB VI in der seit 1. März 2004 (bis 8. April 2013) geltenden und hier maßgeblichen Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des SGB VI und anderer Gesetze vom 27.12.2003 (BGBl I 3019) gelten Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht (Satz 1) . Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurück zu überweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern (Satz 2). Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann (Satz 3). Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden (Satz 4).

Die in § 118 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 SGB VI genannten Voraussetzungen liegen hier vor: Mit der Hinterbliebenenrente für die Monate Dezember 2009 und Januar 2010 ist für die Zeit nach dem Tode der Versicherten eine Geldleistung auf deren Girokonto bei der Beklagten als einem inländischen Geldinstitut überwiesen worden. Die Rentenzahlungen der Klägerin für diese Monate sind zu Unrecht erbracht worden, weil nach § 102 Abs. 5 SGB VI ein Anspruch auf Zahlung der Rente nur bis zum Ende des Kalendermonats bestanden hat, in dem die Versicherte gestorben war, vorliegend also bis zum 30. November 2009. Dem steht die Bindungswirkung der Rentenbewilligung nicht entgegen, weil sich der diesbezügliche Verwaltungsakt mit dem Tode der Versicherten als Rentenberechtigte auch ohne Aufhebungsbescheid nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) "auf andere Weise" erledigt hat (vgl das o.g. BSG-Urteil vom 05. Februar 2009 mwN). Schließlich liegt auch ein ordnungsgemäßes Rücküberweisungsverlangen (s hierzu ebenfalls BSG, aaO) vor: Die Klägerin hat die Beklagte am 26. März 2010 zur Rücküberweisung aufgefordert.

Dem Begehren der Klägerin auf Rücküberweisung dieses Betrags kann die Beklagte jedoch den Einwand des § 118 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VI entgegenhalten, weil bei Eingang des Rücküberweisungsverlangens am 26. März 2010 über den der fehlüberwiesenen Rentenleistung "entsprechenden Betrag" bereits "anderweitig verfügt" worden war. Die Barabhebungen ab 3. Dezember 2009 über 1000 € sowie bei der Kontoauflösung am 27. Januar 2010 über 1.138,52 € stellen ebenso wie auch die weiteren Abbuchungen und Überweisungen anspruchsvernichtend zu berücksichtigende anderweitige Verfügungen dar, da diese jeweils bereits vor Eingang der Rückforderung vorgenommen worden waren.

Nach der Rechtsprechung des BSG ist unter "anderweitige Verfügung" jedes abgeschlossene bankübliche Zahlungsgeschäft zu Lasten des Rentenüberweisungskontos anzusehen, durch das sich eine kontoverfügungsberechtigte Person des Kontos zur Bewirkung einer Zahlung oder Auszahlung bedient; kontoverfügungsberechtigt sind in der Regel der verstorbene Rentenberechtigte und Kontoinhaber selbst, sein (gesetzlicher oder bevollmächtigter) Vertreter (auch für die Zeit nach dem Tode) oder seine Erben (vgl. wiederum das o.g. BSG-Urteil vom 05. Februar 2009). Im vorliegenden Fall bestehen keine Zweifel, dass die aufgeführten Verfügungen zu den banküblichen Zahlungsgeschäften zählen.

Nach § 118 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VI hängt die Minderung des Rücküberweisungsanspruchs allein davon ab, dass bei Eingang des Rücküberweisungsverlangens (des Rentenversicherungsträgers oder der überweisenden Stelle) über den der überzahlten Rente entsprechenden Betrag bereits "anderweitig verfügt" wurde (so ausdrücklich das o.g. BSG-Urteil vom 05. Februar 2009). Die durch diese Bestimmung getroffene Regelung gewährt dem Geldinstitut, soweit zwischen den beiden maßgeblichen Zeitpunkten (Gutschrift der Sozialleistung und Eingang der Rückforderung) Verfügungen Berechtigter vorgenommen worden sind, - bei Fehlen eines Guthabens, wie im vorliegenden Fall - stets eine Verschonung von der Rücküberweisung der überzahlten Geldleistung in Höhe des verfügten Betrages (BSG, Urteil vom 09. Dezember 1998 – B 9 V 48/97 R –, BSGE 83, 176; auf den Eingang des Rücküberweisungsbegehrens stellen beispielsweise auch ab: BSG, Urt. v. 26. April 2007 – B 4 R 89/06 R – SozR 4-2600 § 118 Nr. 5; Urt. v. 22. April 2008 – B 5a/4 R 79/06 R –, SozR 4-2600 § 118 Nr. 6).

Das Vorbringen der Beklagten gibt dem Senat ebenso wenig wie abweichende Auffassungen in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil. v. 24. Januar 2014 – L 14 R 1000/12 –, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 05. September 2013 – L 4 R 496/08 –, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil. v. 02. Juli 2013 – L 13 R 2202/12 –, juris; Hessisches LSG, Urteil vom 19. Februar 2013 – L 2 R 262/12 –, juris) einen Anlass, diesbezüglich von den klaren Vorgaben des Gesetzes und der erläuterten höchstrichterlichen Rechtsprechung abzuweichen. Der Wortlaut des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI stellt ausdrücklich auf den „Eingang der Rückforderung“ ab und nicht etwa auf einen (im Bankalltag nicht selten zeitlich vorausgehenden) Zeitpunkt, zu dem das Geldinstitut anderweitig - mitunter auch nur mehr oder weniger verlässlich - Kenntnis von dem Tod eines Kontoinhabers erlangt haben mag.

Es lässt sich insbesondere nichts dafür objektivieren, dass der Gesetzgeber mit der ihrem Wortlaut nach eindeutigen Formulierung „Eingang der Rückforderung“ etwas anderes gemeint haben könnte als dem allgemeinen Sprachverständnis entsprechen würde. Damit fehlt schon der erforderliche Anknüpfungspunkt, um auch unter Beachtung der verfassungsrechtlich vorgegebenen Bindung der Rechtsprechung an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) einen Ausnahmetatbestand etwa in Form einer sog. planwidrigen Regelungslücke annehmen zu können, aufgrund dessen eine vom Wortlaut abweichende Gesetzesinterpretation in Betracht kommen könnte.

Vielmehr entspricht gerade die wortlautgetreue Gesetzesanwendung der gesetzgeberischen Zielrichtung. Die Auffassung der Klägerin würde im Ergebnis dazu führen, dass Kreditinstitute in allen Fällen, in denen sie Kenntnis vom Tod eines Kontoinhabers erlangen, aus eigenem Entschluss alle Eingänge auf den Konten daraufhin überprüfen müssten, ob diese nach materiellem Rentenrecht zurückzufordern sein könnten, sie müssten dann in solchen Fällen von sich aus im Hinblick auf ein zu diesem Zeitpunkt lediglich mögliches Rückforderungsbegehren des Rententrägers Verfügungen über diese Beträge unterbinden. Eine solche Belastung hat der Gesetzgeber den Kreditinstituten nicht zumuten wollen; insbesondere ist auch nicht ersichtlich, dass die vom Gesetzgeber letztlich fortgeschriebene (vgl. auch BT-Drucks 11/4124 S 179 zu § 119 in der Zählung des Entwurfes) zwischen den Spitzenverbänden der Kreditinstitute und den Spitzenverbänden der Rentenversicherungs- und Unfallversicherungsträger zum 1. Januar 1982 getroffene Vereinbarung (sog. "Vereinbarung 1982", vgl. dazu ebenfalls BSG, Urteil vom 09. Dezember 1998, aaO) nach dem Willen der Vertragspartner eine solche Belastung der Kreditinstitute beinhalten sollte.

Vielmehr war bereits im Rahmen der damaligen Vereinbarung wie auch heute mit der Regelung in § 118 Abs. 3 SGB VI eine Risikoverteilung im Rahmen eines typisierten Interessenausgleichs zwischen Rentenversicherungsträger und Geldinstitut erkennbar. Das Geldinstitut sollte einen eventuellen (im vorliegenden Fall aber gerade nicht realisierten) wirtschaftlichen Vorteil, den es sich auf Grund der rechtsgrundlosen Rentenüberweisung gutgläubig zu verschaffen vermochte, wieder herausgeben. Es sollte aber andererseits durch den beschleunigten Rückruf der Rentenleistung auch keinen wirtschaftlichen Nachteil befürchten müssen, sondern lediglich als wirtschaftlich unbeteiligter Zahlungsmittler fungieren (BSG, Urt. v. 22. April 2008 – B 5a/4 R 79/06 R –, SozR 4-2600 § 118 Nr 6 mwN). Diese vom Gesetzgeber angestrebte Risikoverteilung darf im Wege der Gesetzesinterpretation nicht einseitig zu Lasten der Banken verschoben werden.

Ein darauf abzielender gesetzgeberischer Wille lässt sich umso weniger erkennen, als damit nicht selten auch schwer wiegende sachlich nicht gerechtfertigte Notlagen auf Seiten der Versicherten verbunden sein würden. Unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beklagten müssten die Banken mangels weitergehender rentenrechtlicher Prüfungskompetenzen eine Verfügung der Hinterbliebenen über die fortgezahlten Rentenbezüge auch in Fallgestaltungen unterbinden, in denen der Rentenversicherungsträger nie ein Rückforderungsbegehren aussprechen wird, weil die Hinterbliebenen in gleicher Höhe Hinterbliebenenrentenansprüche geltend machen können. Betroffen sind insbesondere die in der Praxis bedeutsamen Fallgestaltungen, in denen dem überlebenden Ehegatten des verstorbenen Rentenbeziehers Witwen- bzw. Witwerrentenansprüche zustehen. Nach § 67 Nrn. 5 und 6 SGB VI beträgt der Rentenartfaktor bei Witwen- bzw. Witwerrenten in den ersten drei Monaten nach Ablauf des Todesmonats des Ehegatten 1,0; § 7 RentSV sieht dabei sogar grundsätzlich die Gewährung eines Vorschusses für die ersten drei Kalendermonate nach dem Tod des Berechtigten (des sog. Sterbequartalsvorschusses) vor. Damit soll gerade ein nahtloser Übergang von der Versicherten- zur Witwen- bzw Witwerrente gewährleistet und der Unterhalt des Hinterbliebenen auch im Fall erhöhter Aufwendungen infolge des Todesfalls sichergestellt werden (BSG, Urteil vom 24. Oktober 2013 – B 13 R 35/12 R –, SozR 4-2600 § 118 Nr. 12). Diesen gesetzgeberischen Zielvorstellungen würde es widersprechen, wenn entsprechend der Rechtsauffassung der Beklagten die Banken eine Verfügung des hinterbliebenen Ehegatten über eine eingehende Rentenzahlung verhindern würden. Damit würde gerade ein nahtloser Übergang von der Versicherten- zur Witwen- bzw Witwerrente unterbunden.

Es ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass die Inanspruchnahme der Bank nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI für den Leistungsträger zwar die einfachste, aber nicht die einzige Möglichkeit ist, den zu Unrecht überwiesenen Betrag zurückzuerlangen (BSG, Urteil vom 09. Dezember 1998, aaO). Bezeichnenderweise hat die Beklagte ausweislich des verwaltungsinternen Aktenvermerks auch bereits am 5. Mai 2010 erwogen, die überzahlten Rentenbeträge von den Erbinnen zurückzufordern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.