Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 16.10.2000, Az.: 1 A 98/00

Auswahl; Beamter; Bekenntnis; Bekenntnispflicht; Bekleidung; Eignung; Eignungsmangel; Ernennung; Islam; Kleidung; Kopftuch; Lehrer; Neutralitätspflicht; Religion; Schuldienst; Schule; Schulfriede; Toleranz; Weltanschauung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
16.10.2000
Aktenzeichen
1 A 98/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 41934
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG - 13.03.2002 - AZ: 2 LB 2171/01

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Das religiöse Bekenntnis einer Bewerberin um das Lehramt darf bei der Bewerberauswahl nicht berücksichtigt werden (Art. 33 Abs. 3, 3 Abs. 3 GG, § 3 Abs. 1 NSchG).

2. Es stellt eine unzulässige, gegen Art. 33 Abs. 2 und 3 GG vestoßende Ausgrenzung der Bewerberin dar, ihren Eignungsmangel allein aus dem Tragen eines Kopftuches herzuleiten.

3. Das Neutralitätsgebot (im Sinne eines humanistischen Toleranz- und Abwägungsprinzips, § 2 Abs. 1 NSchG) ist in einer Nds. Schule erst dann verletzt, wenn jede Toleranzgrenze ganz eindeutig überschritten und der Schulfriede durch Kleidungsstücke (hier ein Kopftuch) nachhaltig gestört wird.

4. Solange Anhaltspunkte für ein "indoktrinierendes" Verhalten und eine entsprechende Grundeinstellung der Bewerberin fehlen, eine Störung des Schulfriedens nicht zu besorgen ist, kann einer Bewerberin nach der Wertung des Grundgesetzes die Eignung für das Lehramt nicht abgesprochen werden.

Tatbestand:

1

Die Klägerin begehrt ihre Einstellung als Beamtin auf Probe in den staatlichen Schuldienst. Sie ist gebürtige Deutsche, wurde im evangelisch-lutherischen Glauben erzogen und ist auch konfirmiert worden. Sie trat 1990 zum Islam über, heiratete 1992 den Syrer B. und änderte 1993 ihren Vornamen von C. in D..

2

Die Klägerin bewarb sich zum 2. September 1999 für die Einstellung in den Niedersächsischen Schuldienst für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen in Niedersachsen, und zwar für alle geeigneten Stellen in den Landkreisen/kreisfreien Städten Osterholz, Hannover, Landkreis Hannover, Braunschweig und Lüneburg. Sie nannte außerdem in dem Bewerbungsbogen konkret eine Reihe von ausgeschriebenen geeigneten Stellen, u. a. an der Wilhelm-Busch-Grundschule in Soltau. Ihre Fächerkombination ist Deutsch/Kunst.

3

Am 18. August 1999 kam es zu einem Vorstellungsgespräch bei der Beklagten, in dem auch das Kopftuch zur Sprache kam, das die Klägerin während der Dienstzeit, innerhalb und außerhalb des Unterrichtes in jedem Fall tragen will. Laut einer Stellungnahme des Regierungsschuldirektors B. über die Einstellung von Lehrkräften an Allgemeinbildenden Schulen im Regierungsbezirk Lüneburg zum 1. September 1999 vom 23. August 1999 ist die Stelle in Soltau mit der Klägerin zu besetzen. In der Stellungnahme wird ausgeführt: „Trägt Kopftuch; gefragt, wie im Konfliktfalle (denkbare Elternproteste) gehandelt würde, äußert sie, dass die ihr anvertrauten Schulkinder keinesfalls unter diesem Sachverhalt leiden dürften.“

4

Nachdem das amtsärztliche Gesundheitszeugnis eingegangen war, verweigerte der Schulbezirkspersonalrat seine Zustimmung zu der Einstellung der Klägerin, und zwar mit der Begründung, dass die Beklagte der Bewerberin nur eine ¾-Teilzeitbeamtenstelle anbiete.

5

Mit Schreiben vom 1. September 1999 übersandte die Beklagte der Klägerin eine Einstellungs-Absichtserklärung. Sie solle als Beamtin auf Probe teilzeitbeschäftigt als Lehrerin an der voraussichtlichen Beschäftigungsstelle Grundschule E. in F. eingestellt werden, sofern sich aus der abschließenden Prüfung aller Einstellungsvoraussetzungen sowie der Zustimmung des Schulbezirkspersonalrats keine Hinderungsgründe ergäben. Mit dieser Absichtserklärung wurden noch weitere Unterlagen angefordert. In den Schreiben ist zudem enthalten: „Nach Prüfung der Unterlagen erhalten Sie abschließenden Bescheid. Ein Rechtsanspruch auf Einstellung kann aus diesem Bescheid nicht hergeleitet werden.“ Aufgrund der Absichtserklärung teilte die Klägerin ihrer bisherigen Arbeitgeberin, der G. Schule in H., mit, dass sie für das Schuljahr 1999/2000 nicht mehr zur Verfügung stehe. Des Weiteren mietete sie eine Wohnung in F. an, nahm Kontakt mit dem künftigen Kollegium in F. auf und nahm dort auch an einer Lehrerfortbildung teil; zudem wurde ihr der Stundenplan ausgehändigt. Ihre Arbeit konnte die Klägerin jedoch nicht aufnehmen, weil die förmliche Einstellung noch nicht erfolgt war. In einem Vermerk über ein Telefongespräch mit der Klägerin findet sich in den Verwaltungsvorgängen ein Vermerk von Herrn I. vom 2. September 1999 des Inhalts, dass die Klägerin dargelegt habe, bislang habe es weder bei Eltern noch bei Schulkindern Probleme gegeben, weil sie ein Kopftuch trage. Sie werde sich auch durch einzelne Elternproteste nicht davon abbringen lassen. Etwas anders sei es zu sehen, wenn die Kinder darunter zu leiden hätten. Diese telefonische Auskunft ließen nur den Schluss zu -so Herr J. -, „dass sie beabsichtige, im Dienst Kopftuch zu tragen.“

6

Mit Schreiben vom 6. September 1999 wurde die Klägerin zur beabsichtigten Rücknahme des Einstellungsangebotes angehört. Zur Begründung dafür gab die Beklagte an, die verfassungsrechtlich geforderte Neutralität der Schule und das Erziehungsrecht der Eltern nach Art. 6 Abs. 2 GG verlange, dass die Lehrkräfte sich in einer Weise kleideten, dass die Schüler und Schülerinnen in der Schule, besonders aber im Unterricht, nicht einem ihrer Überzeugung widersprechenden religiösen oder weltanschaulichen Einfluss ausgesetzt seien. In einem Vermerk vom 6. September 1999 von Herrn K. findet sich, dass sich die Eltern der Schule in Soltau für die Einstellung der Klägerin einsetzen würden. Das Ministerium wolle wohl bei seiner Linie der Ablehnung bleiben. In einem Vermerk vom 7. September 1999 ist dargelegt, dass die Stelle nunmehr an einen anderen Beamten vergeben werden solle. Solle die Klägerin Recht bekommen, werde für sie eine Stelle zur Verfügung gestellt.

7

Am 8. September 1999 erweiterte der Schulbezirkspersonalrat seine Ablehnungsbegründung, wonach die Einstellung einer Bewerberin als überzeugter „Kopftuchträgerin“ dem Neutralitätsgebot der Schule, dem Mäßigungsgebot für Beamte und dem Recht auf die sogenannte negative Religionsfreiheit für Schüler und Schülerinnen widerspreche. Eine Grundschullehrerin mit Kopftuch konterkariere, besonders für die muslimischen Schülerinnen, die durch das Grundgesetz festgeschriebenen Bildungsziele der Gleichberechtigung der Geschlechter. Das Tragen des Kopftuches stelle in diesem Zusammenhang kein Bekenntnis zu einer religiösen Gemeinschaft dar, sondern das Symbol für eine fundamentalistische, religiös verbrämte politische Grundeinstellung.

8

Mit Schreiben vom 8. September 1999 nahm die Klägerin persönlich Stellung zu der beabsichtigten Rücknahme des Einstellungsangebotes. Gegen die Besetzung der Stelle in Soltau mit einem anderen Bewerber am 15. September 1999 legte sie am 27. September 1999 Widerspruch ein. Der Klägerin war mitgeteilt worden, im Falle eines gerichtlichen Obsiegens stehe eine weitere Stelle an der Grund- und Hauptschule L. zur Verfügung. Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 1999 bewarb sich die Klägerin auch um diese Stelle.

9

Mit Schreiben vom 20. September 1999 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihre Einstellungs-Absichtserklärung vom 1. September 1999 sei als gegenstandslos zu betrachten. Hinderungsgrund sei zum einen die bereits vormalig vertretende Auffassung. Zudem habe der Schulbezirkspersonalrat diese Maßnahme abgelehnt. Am 2. Oktober 1999 erhielt die Klägerin darüber hinaus noch ein maschinell erstelltes Schreiben ohne Unterschrift und Rechtsmittelbelehrung, des Inhalts, dass es nach eingehender Auswertung aller vorliegenden Bewerbungen nicht möglich gewesen sei, ihre Bewerbung um Einstellung als Lehrkraft auf eine Stelle bzw. einen Arbeitsplatz zum 1. September 1999 zu berücksichtigen. Dagegen legte die Klägerin ebenfalls mit Schriftsatz vom 17. November 1999 Widerspruch ein. Zur Begründung ihrer Widersprüche, die die Beklagte laut Schreiben vom 9. Dezember 1999 als einheitlichen Widerspruch gegen die Versagung der Einstellung auf einer Stelle, für die sich die Klägerin zum 1. September beworben hatte, angesehen hat, gab die Klägerin an, ihr gehe es bei dem Tragen des Kopftuches allein und einzig um ihre persönliche religiöse Glaubenshaltung sowie um die Wahrung ihrer Persönlichkeit und ihrer Würde als Frau, und zwar auf der Grundlage ihres persönlichen religiösen Verständnisses, wie sie es in ihrer Beschreibung vom 8. Oktober 1999 dargelegt habe. Sie dürfe wegen ihrer Religionszugehörigkeit allein nicht benachteiligt werden. Es verstoße gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 GG, Art. 33 Abs. 3 GG, sofern ihr allein und pauschal unter Hinweis auf ihren Glauben und das daraus resultierende Tragen des Kopftuchs der Zugang zum beamteten Lehrerinndienst verwehrt werden würde. Insbesondere sei bislang überhaupt nicht berücksichtigt worden, auf welchen Glaubensvorstellungen bei ihr das Tragen des Kopftuches beruhe. Weder die Neutralitätspflicht des Staates noch das Mäßigungsgebot für Beamte seien hier verletzt. Eine Lehrerin an einer staatlichen Schule sei zwar im staatlichen Auftrag als Amtswalterin tätig, sie sei und bleibe jedoch zugleich auch eine natürliche Person und Grundrechtsträgerin, die ihren Glauben als Grundlage ihrer Persönlichkeit und ihrer Wertvorstellungen nicht einfach am Schuleingang zurücklassen könne. Demzufolge sei es nicht zulässig, lediglich unter Berufung auf das Neutralitätsgebot des Staates von vornherein und ohne Einschränkungen die Religionsausübung einer Lehrerin zu verbieten bzw. ihr die Eignung abzusprechen. Die Schule dürfe ihrer Aufgabe im religiös-weltanschaulichen Bereich nur nicht missionarisch auffassen und keine Verbindlichkeit für Glaubensinhalte beanspruchen. Soweit gefordert werde, dass die religiöse Symbolik im öffentlichen Raum der Schule generell zurückzunehmen sei, postuliere diese einen einseitigen Vorrang des Neutralitätsgebotes. Anders als in den Bhagwanfällen würde sie gezwungen, ihre eigenen religiösen Vorstellungen vollständig aufzugeben bzw. sich im Widerspruch zu diesen zu verhalten. Das Kopftuch diene nicht dazu, religiöse Handlungen zu unterstützen, sondern es solle ihre Blöße bedecken und verhindern, dass sie als nach ihrem religiösen Verständnis schamlose Frau in Erscheinung trete. Letztendlich bestehe ein unvermeidliches Spannungsverhältnis nicht nur zwischen negativer und positiver Religionsfreiheit der einzelnen Schüler und Schülerinnen untereinander, sondern auch zwischen den Schülerinnen und Schülern einerseits und der kopftuchtragenden Lehrerin andererseits. Dies bedeute, dass sie als Lehrerin äußerste Zurückhaltung üben müsse und alles zu unterlassen habe, was als konkrete Glaubensäußerung, als werdende oder gar missionierende oder indoktrinierende Handlung verstanden werden könne. Andererseits hätten die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern zu akzeptieren, dass sie als natürliche Person einer Religion angehöre und sehr gläubig sei, und dass sie deshalb aufgrund ihres individuellen Verständnisses ein Kopftuch trage, um ihren religiösen, moralischen und sittlichen Wertvorstellungen entsprechen zu können.

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Am 11. Oktober 1999 hat die Klägerin einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt, der mit Beschluss der Kammer vom 11. Januar 2000 (1 B 100/99) abgelehnt worden ist. Im Rahmen dieses Verfahrens hat die Beklagte dem Begehren der Klägerin entsprochen, eine für sie geeignete Stelle für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen freizuhalten bzw. nicht mit einem anderen Bewerber zu besetzen, bis über die Ablehnung ihrer Bewerbung in Hauptsacheverfahren bestands- oder rechtskräftig entschieden ist. Der Rechtsstreit ist insoweit für erledigt erklärt worden.

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Mit Bescheid vom 14. Februar 2000 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 27. September 1999, ergänzt am 27. November 1999 zurück. Zur Begründung gab sie an, der Widerspruch sei als Fortsetzungsfeststellungswiderspruch zulässig. Der Widerspruch habe sich durch die Besetzung der Stelle in F. mit einer anderen Bewerberin erledigt. Ein Anspruch auf Einstellung in den Landesdienst ergebe sich nicht aus einer Zusage. In dem Schreiben vom 1. September 1999 sei lediglich die Absicht der Einstellung mitgeteilt worden, wobei die Absicht unter dem Vorbehalt gestanden habe, dass alle Einstellungsvoraussetzungen erfüllt wären. Hier fehle es allein an der Eignung i.S.v. § 8 NBG aufgrund dessen, dass die Klägerin beabsichtige, im Unterricht ein Kopftuch zu tragen. Es sei nicht gewährleistet, dass die Klägerin die aus Art. 33 Abs. 5 GG abgeleitete dienstliche Verpflichtung zur religiös und weltanschaulich neutralen Amtsführung, die in § 61 Abs. 1 S. 2 NBG wiederholt werde, erfüllen werde. Der grundgesetzliche Bildungs- und Erziehungsauftrag des Staates schließe eine Neutralitätspflicht in Fragen der Religion und des Glaubens ein. Sofern Lehrkräfte ihre religiöse oder weltanschauliche Überzeugung mittels entsprechender Kleidung oder religiöser Symbole in die Schule brächten, trete die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des Einzelnen in ein Spannungsverhältnis zu dem Grundsatz religiöser und weltanschaulicher Neutralität, wobei der Neutralitätspflicht im Rahmen der Güterabwägung eine Vorrangstellung gegenüber dem damit kollidierenden Grundrecht der Klägerin auf Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG zukomme. Das Tragen des Kopftuches aus den von der Klägerin geschilderten Gründen falle zwar in den Schutzbereich der Religionsfreiheit. Das Grundrecht verleihe der Klägerin jedoch keinen Anspruch darauf, ihrer Glaubensüberzeugung mit staatlicher Unterstützung Ausdruck zu verleihen. Vielmehr folge im Gegenteil aus der Glaubensfreiheit der Grundsatz staatlicher Neutralität gegenüber unterschiedlichen Religionen und Bekenntnissen. Jede Lehrkraft trete im Schulunterricht den Schülerinnen und Schülern als Vertreter des Staates gegenüber. Ihr Verhalten, auch soweit es sich als Ausdruck ihrer religiösen Überzeugung darstelle, werde darum auch dem Staat zugerechnet; es müsse sich daher an dem Gebot weltanschaulicher Neutralität ausrichten. Durch das Tragen des Kopftuches während des Unterrichts bringe eine Lehrerin jederzeit, ohne dass sich die Schülerinnen und Schüler dem entziehen könnten, ihre Zugehörigkeit zum Islam zum Ausdruck. Daraus könne sich eine religiöse Beeinflussung der Kinder ergeben, da ihnen ständig vor Augen geführt werde, dass ihre Lehrkraft eine bestimmte religiöse Überzeugung habe. Dabei liege es nahe, dass religiöse Vorstellungen von den gerade im Grund- und Hauptschulbereich überwiegend religionsunmündigen Schülerinnen und Schülern, die sich auch oft noch unbewusst an den Lehrkräften als Vorbildern ausrichteten, unüberlegt aufgegriffen würden. Als Konsequenz ergebe sich , dass dem Tragen des Kopftuches durch eine Lehrerin während des Schulunterrichts eindeutig bekennender Charakter zukomme, wobei es ohne Belang sei, ob dieser Eindruck beabsichtigt sei oder nicht. Ein solches Verhalten sei als Verstoß gegen die Verpflichtung zu einer religiös und weltanschaulich neutralen Amtsführung zu sehen und mit den Dienstpflichten nicht vereinbar. Dies ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das ausgeführt habe, dass bereits die visuelle Konfrontation mit einem nicht bejahten religiösen Symbol die verfassungsrechtlichen Grenzen überschreite. Hinzu komme hier , dass die Wirkung des Kopftuches durch die Autorität und Vorbildfunktion der Lehrerin noch verstärkt werde. Darüber hinaus ergebe sich das Verbot des Kopftuchtragens während des Unterrichts aus Art. 3 Abs. 2 GG. Das Gebot, die Gleichberechtigung der Geschlechter durchzusetzen, sei für den Schulbereich nach § 2 NSchG verbindlich. Dabei komme den Lehrkräften eine wichtige Vorbildfunktion zu. Es würde gegen Art. 3 Abs. 2 GG verstoßen werden, wenn Mädchen in ein Frauenbild gedrängt würden, das der grundgesetzlichen Wertung zuwiderliefe. Dies könne nicht nur für muslimische Mädchen durch eine kopftuchtragende Lehrerin aktuell werden. Komme in solchen religiösen Vorstellungen ein Frauenbild zum Ausdruck wie auch ein Verhältnis zwischen den Geschlechtern, das den Wertvorstellungen des Grundgesetzes widerspreche, dürfe der Staat dem im Bereich der Schule nicht nachgeben.

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Am 23. März 2000 hat die Klägerin Klage erhoben.

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Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr Vorbringen im Vorverfahren und trägt ergänzend vor: Eltern, die ihre Kinder nicht von einer kopftuchtragenden Lehrerin unterrichtet wissen wollten, könnten ggf. ihre Kinder in eine andere Klasse umsetzen lassen; bei größeren Konflikten komme auch eine Umsetzung der Klägerin selbst in eine andere Klasse in Betracht, ggf. sogar eine andere Schule.

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Die Klägerin beantragt,

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1. die Ablehnungsentscheidung der Beklagten vom 2. September 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 14. Februar 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie gemäß ihrem ursprünglichen Antrag zum nächstmöglichen Zeitpunkt als beamtete Lehrerin einzustellen,

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2. die Beklagte zu verpflichten, sie in besoldungs-, beihilfe- und versorgungsrechtlicher Hinsicht so zu stellen, als wäre sie bereits zum Schuljahr 1999/2000 in den beamteten Schuldienst aufgenommen worden,

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3. hilfsweise festzustellen, dass die genannten Entscheidungen der Beklagten rechtswidrig sind und dass ihr Begehren, im beamteten staatlichen Schuldienst und Schulunterricht ein Kopftuch zu tragen, kein Einstellungs- bzw. Eignungshindernis darstellt,

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4. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Insbesondere Grundschüler seien kaum in der Lage, die religiöse Motivation für das Kopftuchtragen der Klägerin intellektuell zu verarbeiten und sich bewusst für Toleranz oder Kritik zu entscheiden. Selbst wenn diese nicht die Absicht habe, für ihren Glauben zu werben, ergebe sich die Gefahr einer, wenn auch ungewollten Beeinflussung durch die als Respektsperson empfundene Lehrerin. Denn die Schüler seien allein durch den Sichtkontakt ständig gezwungen, sich mit dem äußeren Erscheinungsbild ihrer Lehrerin als Ausdruck deren Religionszugehörigkeit zu beschäftigen. Dass ihre bisherige Unterrichts- und sonstige schulische Tätigkeit kein Anlass zu Beanstandungen gegeben haben möge, sei unerheblich. Bislang sei in Niedersachsen eine dem Islam beigetretene Lehrerin beschäftigt. Diese sei 1991 als Angestellte eingetreten und 1993 verbeamtet worden. Aufgrund einer langfristigen Krankheit sei diese zum 1. April 2000 in den Ruhestand versetzt worden. Es habe sich dabei um einen problematischen Einzelfall gehandelt, der auch wegen der religiösen Überzeugung der Lehrkraft und deren schulische Auswirkungen, insbesondere im Fach Sport, zu kontroversen Diskussionen mit der Elternschaft geführt habe. Aus diesem Fall lasse sich nicht einer generelle Einstellungspraxis betreffend dem Islam beigetretene kopftuchtragende Lehrerinnen herleiten.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze, die Verwaltungsvorgänge und die Gerichtsakte des Verfahrens 1 B 100/99 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet.

24

1. Die Klägerin hat Anspruch auf Einstellung als Lehrerin in das Beamtenverhältnis auf Probe. Die dem entgegenstehenden Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Denn das Tragen eines Kopftuches auf Grund der religiösen Zugehörigkeit zum Islam steht der Eignung der Klägerin für das Probebeamtenverhältnis nicht entgegen.

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Zwar hat die Klägerin keinen materiell-rechtlich ausgeformten Anspruch auf Ernennung schon auf der Grundlage einfachen Rechts (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. 8. 1962 - II C 16.60 - BVerwGE 15, 3), aber es steht ihr verfassungsrechtlich ein subjektives Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG zu. Dieses hat nicht nur ein Recht auf Bewerbung zum Inhalt, sondern ein solches auf pflichtgemäße und vor allem sachgerechte Beurteilung und Entscheidung des gestellten Antrages. Das Recht kann sich „zum Recht auf den Erhalt des (in Rede stehenden) Amtes verdichten“ (v. Münch/ Kunig, GG-Kommentar, Band 2, 3. Aufl. , Art. 33 Rdnr. 32 m.w.N. -Kunig). Kommt nach den einschlägigen Vorschriften nur ein Erfolg der Bewerbung in Betracht, so besteht ein grundrechtlicher Anspruch auf Amtsvergabe (OVG Bautzen, SächsVBl. 1993, 278/279; BAGE 53, 137/152). Ein solche Fallgestaltung liegt hier vor.

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Nach Art. 33 Abs. 2 und Abs. 3 GG, §§ 7 BRRG, 8 NBG sind Auswahl und Ernennung von Beamtenbewerbern nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Die vom Gesetzgeber im Übrigen zusammengestellte „Negativliste“ zeigt, dass daneben niemand wegen seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf (Art. 3 Abs. 3 GG, §§ 7 BRRG, 8 NBG), insbesondere die Zulassung zu öffentlichen Ämtern unabhängig von einem religiösen Bekenntnis zu erfolgen hat (Art. 33 Abs. 3 Satz 1 GG). Dem Bewerber dürfen insoweit keinerlei Nachteile irgendwelcher Art entstehen (Art. 33 Abs. 3 Satz 2 GG).

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Hinsichtlich des Begriffes der „Eignung“ steht der Beklagten allerdings ein Beurteilungsspielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist, und zwar im Hinblick darauf, ob die Beklagte die anzuwendenden Begriffe verkannt, ihrer Beurteilung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder Verfahrensfehler begangen hat. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte allgemeine - grundrechtliche - Wertmaßstäbe nicht beachtet, indem sie bei der Klägerin einen Eignungsmangel allein deshalb angenommen hat, weil sie im Dienst aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen möchte. Da andere Eignungsmängel oder -hindernisse unstreitig nicht vorliegen, das Fehlen der Eignung der Klägerin aber nicht allein aus diesem Grunde schon angenommen werden kann, ist hier auch unter Berücksichtigung eines Beurteilungsspielraums der Beklagten das ihr eingeräumte Ermessen dergestalt reduziert, dass nur noch eine Entscheidung für eine Einstellung der Klägerin als Beamtin auf Probe rechtmäßig ist (vgl. Urteil der Kammer v. 3.6.1999 - 1 A 141/97).

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Keiner weiteren Ausführungen bedarf es zunächst dazu, dass der Klägerin nicht als ein Eignungsmangel i.S.v. Art. 33 Abs. 2 GG vorgehalten werden darf, dass sie sich zum Islam (und nicht zum Christentum oder einer anderen Religion) bekennt. Das ist von der Beklagten auch nicht geltend gemacht worden. Denn Art. 33 Abs. 3 GG nennt ergänzend zur „Positivliste“ der zulässigen Eignungskriterien - wie auch Art. 3 Abs. 3 GG und Art. 140 GG i.V.m. Art. 135 Abs. 2 WRV - „ausdrücklich das religiöse Bekenntnis als ein Kriterium, das bei der Auswahl der Bewerber nicht berücksichtigt werden darf“ (BVerwG, Urteil vom 24. 11. 1988 - 2 C 10.86 - BVerwGE 81, 22), und zwar besonders dann nicht, wenn es sich bei der Schule, für welche die Bewerberin in Betracht kommt, um eine solche „für Schüler aller Bekenntnisse und Weltanschauungen (vgl. § 3 Abs. 1 NSchG) handelt“ (BVerwGE 81, 25), so wie das in Niedersachsen jedoch der Fall ist.

29

Ein Fehlen der Eignung der Klägerin allein aus dem Tragen des Kopftuches herzuleiten, stellt eine nach Art. 33 Abs. 2 und 3 GG, §§ 7 BRRG, 8 NBG unzulässige Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Glaubens und ihres nach außen gewendeten Bekenntnisses dar. Ihre Eignung als Lehrerin ist insbesondere nicht deshalb zu verneinen, weil sie mit dem Tragen des Tuches innerhalb des Schuldienstes - in Ausübung eines Grundrechtes (Art. 4 Abs. 1 GG) - gegen das Neutralitätsgebot und gegen Dienstpflichten nach den §§ 61, 62 NBG verstoßen könnte. Hiernach ist der Beamte u.a. verpflichtet, seine Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und sein Amt zum Wohle der Allgemeinheit zu führen. Ob jedoch durch das Verhalten eines Beamten dienstliche Interessen im aufgezeigten Sinne berührt und geschädigt werden, ist im Rahmen einer Güterabwägung unter Einbeziehung grundrechtlicher Wertmaßstäbe danach zu beurteilen, welche Grundpflichten dem Beamten nach dem Inhalt des ihm konkret zu übertragenden Amtes obliegen. Als zukünftige Lehrerin auf Probe hat die Klägerin die unmittelbare pädagogische Verantwortung für den Unterricht und die Erziehung der ihr anvertrauten Schülerinnen und Schüler, wobei sie den Bildungs- und Erziehungsauftrag des Staates (Art. 7 GG) und das Erziehungsrecht der Eltern (Art. 6 Abs. 2 GG) zu beachten hat. Dieser Bildungs- und Erziehungsauftrag des Staates schließt eine Neutralitätspflicht in Fragen der Religion und des Glaubens lediglich in dem Sinne ein, dass von der Klägerin im „Spannungsverhältnis zwischen der durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gewährleisteten positiven Bekenntnisfreiheit und der ebenfalls durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gewährleisteten negativen Bekenntnisfreiheit im Schulbereich“ (BVerwG, Beschluss vom 8. 3. 1988 - 2 B 92.87 -, DVBl. 1988, 698) das Toleranzgebot (BVerfG, Beschluss vom 16. 10. 1979 - 1 BvR 647/70 und 7/74 -, BVerfGE 52, 223, 246 f.) zu beachten und zu befolgen ist. Dieses Toleranzprinzip stellt ein „tragendes Prinzip freiheitlicher Demokratie“ dar (BVerfG , Beschluss v. 11.4.1972 - 2 BvR 75/71 -, BVerfGE 33, 23, 32). Die Schule als ein Lebensbereich, in dem sich staatlich-pädagogisches Handeln, verschiedenartigste Standpunkte, Anschauungen, Überzeugungen und Werthaltungen sowie bürgerliche Freiheiten - auch solche einer Lehrerin - unmittelbar begegnen, ist in ganz besonderer Weise auf einen offenen Austausch unterschiedlicher Denkansätze angewiesen, wobei es immer ein unvermeidliches Spannungsverhältnis zwischen verschiedenen Anschauungen und ihrer Dokumentation geben wird. Letztlich ist ein - wie auch immer verstandenes - „Neutralitätsgebot“ deshalb nicht von vorneherein dazu da, Glaubenseinstellungen und religiöse Äußerungen von Lehrern im Schulleben gänzlich zu verhindern. Vielmehr ist der Ausgleich der beteiligten Einstellungen und Grundwerte von der Lehrkraft im Wege der gegenseitigen Akzeptanz und Toleranz zu suchen - ein Weg, der auch Eltern und Schüler einbindet, so dass sie nicht im Widerstreit zum Toleranzprinzip bestimmte Grundpositionen - etwa christliche oder aber (im Sinne „negativer“ Bekenntnisfreiheit) bekenntnislose Positionen - für ihre Kinder und die pädagogische Arbeit in der Schule einfordern können. Dies hat das Bundesverfassungsgericht auch im sogenannten „Kruzifix-Beschluss“ (BVerfG, Beschluss vom 16. 5. 1995 - 1 BvR 1087/91 -, BVerfGE 93, 1, 22) nochmals betont. Überall dort, wo Spannungen zwischen negativer und positiver Bekenntnisfreiheit auftreten, besonders im Schulbereich, muss unter Berücksichtigung des Toleranzgebotes ein Ausgleich gesucht werden. Das Bundesverfassungsgericht hat im „Kruzifix-Beschluss“ zudem ausgeführt, dass grundsätzlich niemand ein Recht darauf habe, von fremden Glaubensbekundungen, kultischen Handlungen und religiösen Symbolen verschont zu bleiben. Hiervon zu unterscheiden sei aber eine vom Staat geschaffene Lage, in der der Einzelne ohne Ausweichmöglichkeiten dem Einfluss eines bestimmten Glaubens, den Handlungen, in denen dieser sich manifestiere und den Symbolen, in denen er sich darstelle, ausgesetzt sei. Zudem ergebe sich für die Eltern das Recht, die Kinder von Glaubensüberzeugungen fern zu halten, die den Eltern als falsch oder schädlich erschienen (BVerfGE 93, 16 f.). Die letzteren Ausführungen sind im vorliegenden Fall jedoch nur bedingt heranziehbar: Denn hier geht es nicht (nur) um ein religiöses Symbol - das Kruzifix - an einer Klassenwand, dessen Anbringung nur der staatlichen Einrichtung Schule zurechenbar ist und von dieser Wand auch problemlos entfernt werden kann, sondern hier geht es darum, dass die Klägerin als Grundrechtsträgerin ihr subjektives Recht auf Glaubensfreiheit ausüben möchte. Im Kruzifix-Fall waren allein die positive und negative Bekenntnisfreiheit der Schüler untereinander bzw. von deren Eltern abzuwägen, während es hier um ein künftig denkbares Spannungsverhältnis individueller Grundrechtsbetätigung der Klägerin und positiver wie negativer Bekenntnisfreiheit im Lichte des Toleranzgebotes geht, wobei die ausdrücklichen Verbote des Art. 33 Abs. 3 GG zu beachten sind.

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Der einzelne Lehrer ist ebenso wie der Staat nicht einer „absoluten Neutralität“ in dem Sinne verpflichtet, dass er sich in allen wertungsabhängigen Fragen und Problemstellungen zurückzuhalten hätte und hierbei keinen eigenen Standpunkt einnehmen dürfte - eine Neutralität, die es angesichts der bindenden Wertentscheidungen des Grundgesetzes nicht gibt und auch nicht geben darf (Oppermann, RdJB 1977, 44; Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Bd. 1 Schulrecht, 3. Aufl. 2000 Rdn. 532). Vielmehr hat er in Anlehnung an das Grundgesetz Orientierung zu bieten und dabei zugleich ganz allgemein dem Toleranzgebot aus den Rechtsgrundsätzen der Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3 und Art. 33 Abs. 3 S. 2 GG Rechnung zu tragen. Das verlangt von ihm eine angemessene Rücksichtnahme auf heute in einer pluralistischen Gesellschaft sehr unterschiedliche Kindes- und Elternstandpunkte in weltanschaulichen, philosophischen, religiösen und gesellschaftspolitischen Fragen.

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Dabei ist für den deutschen Kulturkreis von tragender Bedeutung, dass es in Deutschland, anders als in der Türkei (vgl. das Anayasa Mahkemesi Ankara v. 7.3.98 - 1989/121 - unter Bezug auf den kemalistischen Grundsatz des Laizismus in der Türkei) oder aber in Frankreich, gerade keinen Laizismus gibt, so dass kirchlich-christliche oder religiöse Inhalte und Symbole in Deutschland durchaus dem staatlichen Handeln stets zugehörig oder gar immanent sind. Solche Öffnung gegenüber religiösen Werthaltungen schlägt sich vor allem auch im Schulbereich nieder, wo jungen Menschen wertgebundene Einsichten und Einstellungen vermittelt werden. Hierbei kommt hinzu, dass die Klägerin als künftige Lehrerin in Niedersachsen speziell dem niedersächsischen Bildungsauftrag (§ 2 NSchG) Rechnung zu tragen hat, der u.a. auch darauf abzielt, Schülerinnen und Schüler in ihren Beziehungen zu anderen Menschen selbst zur Toleranz sowie dazu zu befähigen,

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„den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere die Idee einer gemeinsamen Zukunft der europäischen Völker, zu erfassen und zu unterstützen und mit Menschen anderer Nationen und Kulturkreise zusammenzuleben“ (§ 2 Abs. 1 Auftrag 4 NSchG),

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Die Klägerin soll die ihr anvertrauten und pädagogisch heranzubildenden Schülerinnen und Schüler ausdrücklich auf der historischen Grundlage nicht nur des Christentums, sondern auch des europäischen Humanismus und der Freiheitsbewegungen mit ihrer Betonung eines freien Individuums in der Tradition von Renaissance und Aufklärung erziehen ( so Woltering/ Bräth, NSchG, 4. Aufl. 1998, § 2 Anm. 7 ff.), was u.a. die Achtung vor z.B. dem jüdischen Glauben oder eben auch dem Islam einschließt (Woltering/Bräth, aaO., § 3 Anm. 2). An den niedersächsischen Schulen ist demzufolge ein breiter Pluralismus an Bekenntnissen und Weltanschauungen zugelassen, erwünscht und als Umfeld erzieherischer Tätigkeit gesetzlich gefordert. Dieser lässt es trotz des Christentums als einer wesentlichen Grundlage europäischer Kultur und europäischer Lebensanschauungen nicht mehr zu, die Schulen des Landes Niedersachsen - im Unterschied zu den Schulen des Landes Baden-Württemberg (dort Art. 15 der Landesverfassung) - als christliche Gemeinschaftsschulen aufzufassen. Niedersächsische Schulen sind nach dem NSchG vielmehr „bekenntnisneutrale“ Schulen (Woltering/Bräth, a.a.O., § 3 Anm. 4 m.w.N.) - mit der Folge, dass in der Tradition u.a. der freiheitlichen Aufklärung und des Humanismus auch „die Freiheit zum Bekennen religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen geschützt werden“ muss (sog. „positive Bekenntnisfreiheit“)(Woltering/ Bräth, a.a.O., § 3 Anm. 5). Diese Breite pluralistischer Werthaltungen und deren gesetzlich geforderte Akzeptanz gilt für Schüler wie für Lehrer, was von der Klägerin als Angehöriger einer Weltreligion und der zweitgrößten Religionsgemeinschaft nach den christlichen Kirchen in Deutschland mit der gebotenen Toleranz grundsätzlich glaubwürdig verkörpert werden kann.

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Kern einer durch das Toleranz- und Abwägungsgebot geprägten Neutralität bzw. Zurückhaltung des Staates ist naturgemäß zunächst und vor allem der Unterricht mit seinen Inhalten, wie er durch Rahmenrichtlinien festgelegt und vom Lehrer in seiner pädagogischer Freiheit (Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Bd. 1 Schulrecht, 3. Aufl. 2000, Rdn. 510/517 m.w.N.) selbstverantwortlich auszufüllen ist. Der Staat hat sich dabei jeder aufdringlichen Indoktrination zu enthalten. Die Darstellung und Vermittlung von Werten und Werthaltungen an Schülerinnen und Schüler hat zurückhaltend unter Achtung Andersdenkender zu erfolgen und auf die verschiedenen Werthaltungen Rücksicht zu nehmen. Hier liegt der Schwerpunkt pädagogischer Arbeit mit Schülerinnen und Schüler. Im Hinblick auf diesen Schwerpunkt einer künftigen pädagogischen Tätigkeit wird die Eignung der Klägerin von der Beklagten jedoch unstreitig nicht in Frage gestellt. Es wird ihr als einer in Deutschland aufgewachsenen und in evangelisch-lutherischer Tradition erzogenen Frau zugetraut, dass sie die in den Rahmenrichtlinien benannten Themen mit der erforderlichen Sensibilität anspricht und vermittelt.

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Von dieser pädagogischen, vom Toleranzgebot geprägten Arbeit abgesehen hat die Klägerin jedoch zugleich einen aus Art. 1 Abs. 1 GG ableitbaren grundrechtlich verbürgten Anspruch (Art. 4 Abs. 1 GG) auf ihre „positive Bekenntnisfreiheit“, der seinerseits im Lichte anderer Wertprinzipien wie dem Recht der Eltern auf Kindererziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht (Art. 6 Abs. 2 und 7 GG) zu betrachten ist. Die in der heutigen Schule unvermeidbar auftretenden Spannungen und Wertkonflikte sind unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten durch Güterabwägung im Sinne praktischer Konkordanz zu lösen (BVerfGE 52, 223; BVerwG, Urteil vom 30. 11. 1973 - VII C 59.72 -, BVerwGE 44, 196; BSG, Urteil vom 10. 12. 1980 - 7 RAr 93/79 -, NJW 1981, 1526 f.). So, wie Eltern einerseits nicht die Ausschaltung jeglicher weltanschaulich-religiösen Bezüge in Gemeinschaftsschulen verlangen können (v. Münch/Kunig, a.a.O., Band 1, 4. Aufl., Art. 7 Rdn. 14 -Hemmrich), vielmehr in einer Schule, die - im Unterschied zu Baden-Württemberg - nicht mehr Bekenntnisschule ist, sondern sich der pluralistischen Gesellschaft weltoffen und tolerant geöffnet hat (s.o.), ein „Mittelweg“ zu suchen ist, so kann eine Lehrkraft andererseits auch nicht ungehindert und ohne Rücksicht auf die ihr anvertrauten Schülerinnen und Schüler ihre „positive Bekenntnisfreiheit“ - hier die des Islam - schrankenlos verwirklichen. Jedoch darf ihr mit Blick auf den o.a. Bildungsauftrag der Befähigung des Zusammenlebens mit Menschen aus anderen Nationen und Kulturkreisen (auch dem des Islam) nicht pauschal das Verheimlichen der Existenz und des Inhalts ihrer Religion, der sie sich zugehörig fühlt, abverlangt werden. Das stünde nicht mit Art. 4 GG, Art. 9 EMRK im Einklang (vgl. auch Art. 10 des Entwurfs der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 28.9.00, in dem das Bekennen einer Religion u.a. auch durch „Bräuche und Riten“ grundrechtlich zugestanden wird).

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Hinsichtlich der Bekleidung einer Lehrerin mit einem Kopftuch, selbst dann, wenn dies als Bekenntnis zu einer bestimmten religiösen oder weltanschaulichen Richtung zu verstehen und damit pädagogisch nicht mehr irrelevant ist, wirkt sich die Neutralitätspflicht im Sinne des Toleranzgebotes mit der Pflicht zur Herstellung praktischer Konkordanz so aus, dass je nach den Umständen des Einzelfalles unter Beachtung des Gebotes der Zurückhaltung in weltanschaulich-religiösen Fragen eine Kleidung nur und erst dann beanstandet werden kann, wenn sie jede Toleranzgrenze ganz eindeutig überschreitet und durch sie der Schulfriede nachhaltig gestört wird (so auch ausdrücklich Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Bd. 1 Schulrecht, 3. Aufl. 2000, Rdn. 512 m.w.N.). Bloße Auffälligkeit oder Extravaganz der Kleidung reicht hierfür nicht aus, auch nicht die Tatsache, dass sich die Kleidung vom europäischen Kulturkreis abhebt und Ausdruck einer fremden Kultur, Religiösität oder Geisteshaltung ist.

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Soweit das hier zur Rede stehende Kopftuch als Symbol einer „fundamentalistischen Grundeinstellung“ verstanden wird bzw. werden kann, was bei der Klägerin als Deutscher mit evangelisch-lutherischer Erziehung fern liegen dürfte, ist zu betonen, dass es auf das Selbstverständnis des betroffenen Grundrechtsträgers ankommt (vgl. Bader, VBlBW 1998, 361). Dieses geht bei der Klägerin dahin, dass sie ein Auftreten in der Öffentlichkeit ohne jede Kopfbedeckung als Entwürdigung empfindet und sie für sich in der Kopfbedeckung Halt und Kraft findet. Demgemäß haben sich bei der Klägerin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2000 keinerlei Anhaltspunkte für eine fundamentalistische oder indoktrinierende „Grundeinstellung“ gefunden. Solche können ihr auch nicht unterstellt werden. Hierbei erhält zudem Bedeutung, dass das Verhalten einer Lehrkraft prinzipiell in deren unmittelbarer pädagogischer Verantwortung steht und insoweit „übertriebener Reglementierungen der Schulverwaltung“ (Niehues, a.a.O., Rdn. 512) entzogen ist. Damit hat eine Lehrkraft zunächst einmal die Auswirkungen ihrer Kleidung auf die ihr anvertrauten Schülerinnen und Schüler selbstverantwortlich einzuschätzen und zu bestimmen, ggf. - bei übermäßigem Einfluss - auch wieder zurückzunehmen. Solange es an übermäßigen, die Schülerinnen und Schüler tangierenden Auswirkungen jedoch überhaupt fehlt, der Schulfriede nicht einmal in Frage steht, geschweige denn nachhaltig gestört wird, ist für Maßnahmen der Schulverwaltung (noch) kein Raum.

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Das Tragen des Kopftuches wird hier folglich von Art. 4 Abs. 1 GG geschützt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Tragen des Tuches für eine muslimische Frau generell eine religiöse Pflicht ist. Denn dies kann nur die islamische Glaubensgemeinschaft feststellen. Dem Staat ist eine Bewertung der sich in Bekleidungsvorschriften widerspiegelnden Glaubenshaltung sowie eine Prüfung ihrer theologischen Richtigkeit, insbesondere der Interpretation der dafür angeführten Belegstellen verwehrt (vgl. BVerfGE 33,30 [BVerfG 11.04.1972 - 2 BvR 75/71]). Die Klägerin selbst sieht das Kopftuch aus religiösen Gründen für ihre Person als verbindlich an. Es dient ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2000 und ihren schriftlichen Stellungnahmen zufolge als Unterstützung bei der Einhaltung ihrer religiösen Pflichten. Es wird von ihr aus eigenem Antrieb und ohne jeden Druck von außen, also völlig freiwillig getragen.

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Die Kammer ist der Ansicht, dass im vorliegenden Fall dem Neutralitätsgebot der Schule und der negativen Bekenntnisfreiheit der Schüler und deren Erziehungsberechtigten nicht in der Weise der Vorrang einzuräumen ist, dass von der Klägerin von vornherein das Ablegen des Kopftuches im Unterricht abverlangt werden kann. Denn durch das Tragen des Kopftuches entstehen den Kindern und Eltern keine unzumutbaren Belastungen, insbesondere ist eine psychische Beeinflussung der Schülerinnen und Schüler in Bezug auf die religiöse Anschauung der Klägerin nicht konkret zu befürchten. Hierfür fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten.

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Entscheidend ist zunächst, welche Wirkung der Anblick des Kopftuches bei den Schülerinnen und Schüler hervorruft (BVerfGE 93, 32, abweichende Meinung der Richter Seidl, Söllner und Haas). Zwar ist das Tragen des Kopftuches für die Klägerin zweifellos religiös motiviert, die Kinder und Eltern werden jedoch dadurch in ihrer eigenen Glaubensfreiheit nicht unzumutbar eingeschränkt. Die Schülerinnen und Schüler werden nicht zu besonderen Verhaltensweisen verpflichtet, nur weil die Klägerin als Lehrerin ein Kopftuch trägt. Auch einen unmittelbaren Einfluss auf irgendwelche Lehrinhalte wird dadurch nicht ausgelöst. Die psychische Beeinträchtigung der Schüler und Schülerinnen hat hier nur ein geringes Gewicht (vgl. BVerfGE 93, 1 (33) [BVerfG 16.05.1995 - 1 BvR 1087/91] - abweichende Meinung der Richter Seidl, Söllner und Haas). Insbesondere ist die Kammer der Ansicht, dass eine möglicherweise bestehende Suggestivkraft des Kopftuches in religiöser Hinsicht gering zu werten ist. Zwar müssen die Schüler die Lehrerin nahezu während des gesamten Unterrichts ansehen, wohingegen das Kreuz an der Klassenwand nicht ständig im Blickpunkt ist. Im Gegensatz zu dem Kruzifix an der Wand, das eindeutig dem christlichen Glauben zugeordnet werden kann und dessen Wirkung sich für Andersgläubige möglicherweise darin erschöpft, kann das Kopftuch nicht losgelöst von seiner Trägerin gesehen werden. Die Klägerin wirkt im Unterricht mit ihrer gesamten Persönlichkeit, ihre Wirkung ist gerade nicht allein auf das Tragen des Kopftuches reduziert. Ist davon auszugehen, dass die Gesamtpersönlichkeit der Lehrerin gewährleistet, dass die Kinder in religiöser Hinsicht nicht missioniert werden, ist eine mögliche Suggestivwirkung, die ggf. von dem Kopftuch ausgeht, demgegenüber zu vernachlässigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Kinder sowohl im täglichen Leben als auch in der Schule - bei Mitschülerinnen - an den Anblick von muslimischen Frauen und Mädchen, die Kopftücher tragen, gewöhnt sind. Die Kammer ist aufgrund der schriftlichen Äußerungen der Klägerin im Vorverfahren und nach dem Eindruck, den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung machte, auch überzeugt davon, dass die Klägerin sich in Bezug auf Glaubensäußerungen, sei es ohne, sei es im Zusammenhang mit dem Kopftuch äußerste Zurückhaltung auferlegen und keinesfalls für ihren Glauben werben wird. Die Klägerin hat deutlich gemacht, dass sie ihren Glauben allein als ihre Privatsache auffasst.

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Angesichts dessen, dass ein Kopftuch als solches kein religiöses Symbol darstellt - so werden auch Kopftücher von Frauen getragen, die dies allein aufgrund ihrer kulturellen Tradition oder aus modischen Gründen tun - und von der Gesamtpersönlichkeit der Klägerin her nicht zu befürchten ist, dass die Kinder durch das Tragen des Tuches religiös missioniert oder indoktriniert werden, bleibt das Tragen des Tuches bei der Klägerin im Rahmen des Üblichen. Es ist vergleichbar dem Tragen eines Kreuzes an einer Halskette als Schmuck und zugleich als Ausdruck des Bekenntnisses zum christlichen Glauben oder dem Tragen einer jüdischen Kippa. Hinzu kommt, dass die Klägerin sich bewusst modisch kleidet und Kopftücher nicht etwa in schwarz sondern in verschiedenen Farben, abgestimmt auf ihre Kleidung, trägt. Sie vermittelt weder von ihrem Äußeren noch ihrer Kleidung her den Eindruck einer fundamentalistisch eingestellten Muslimin. Es ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin unwidersprochen dargelegt hat, dass sie während ihrer gesamten Unterrichts- und sonstigen Tätigkeiten an privaten oder kirchlichen Einrichtungen niemals irgendwelche Schwierigkeiten mit Schülern oder Eltern wegen des Kopftuches gehabt habe. Da bislang nicht konkret abzusehen ist, ob überhaupt Probleme mit Schülern und Eltern im Unterricht entstehen werden, wäre es für die Klägerin im jetzigen Zeitpunkt unzumutbar, aufgrund von Prognosen, die jeglicher Tatsachengrundlage entbehren, bereits jetzt auf das Tragen des Tuches als eine für sie bestehende religiöse Verpflichtung und damit auf die Ausübung ihres Grundrechts verzichten zu müssen, um eingestellt zu werden. Sofern in der Probezeit wegen des Kopftuchtragens tatsächlich Konflikte mit Schülern und Schülerinnen oder Eltern entstehen sollten, so ist nicht auszuschließen, dass diese Konflikte durch Gespräche und Aufklärung oder organisatorische Maßnahmen der Beklagten gelöst werden können. Sollten diese Bemühungen fehlschlagen, kann dies möglicherweise auch dazu führen, dass die Klägerin durch Verfügung der Beklagten aufgefordert werden, das Kopftuch - ggf. auch nur während des Unterrichts im Klassenraum - zu entfernen. Letztendlich kann die Beklagte während der Probezeit ggf. entstehende Probleme auch im Rahmen der Ernennung der Klägerin zu Beamtin auf Lebenszeit berücksichtigen.

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Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin aufgrund des Tragens des Tuches nicht den staatlichen Auftrag, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männer zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken, erfüllen kann (Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG). Dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Die Einstellung der Klägerin zur Gleichberechtigung ist aufgrund ihrer eigenen Persönlichkeit zu beurteilen. Es ist nicht auf den Glauben einer Person als solchen unter globaler Betrachtung, sondern auf den Glauben in seiner individuellen Ausprägung bei dem einzustellenden Beamten abzustellen. Anderenfalls würde pauschal eine positive bzw. negative Wertung von Glaubensrichtungen erfolgen, die gerade nicht zulässig ist. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin glaubhaft ausgeführt, sie sei in diesem demokratischen Staat aufgewachsen und sei auch für die Gleichberechtigung in dieser Demokratie. Zudem ist die Klägerin auch bisher über Jahre berufstätig gewesen. Dass es sich bei ihr um eine selbständige und selbstbewusste Frau handelt, ergibt sich schon aus ihrem Lebensweg. Somit ist auch zu erwarten, dass sie gerade muslimischen Mädchen Mut machen kann, sich i.S.v. Art. 3 GG zu emanzipieren. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin gemäß verschiedenen Suren im Koran ein Tuch trägt, um als schamhafte Frau zu gelten. Aus den Erläuterungen der Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 8. Oktober 1999 ergibt sich, dass sie das Tuch nicht deshalb trägt, weil sie den Männern untergeordnet zu sein glaubt, sondern um in der Einhaltung religiöser Gebote unterstützt zu werden. Anderenfalls käme eine Einstellung von gläubigen muslimischen Lehrerinnen - auch ohne Kopftuch - und auch von Lehrern von vornherein nicht in Betracht, da bei ihnen dann immer verneint werden müsste, dass sie dem Grundrechtsauftrag nachkommen könnten. Daraus, dass in den islamischen Ländern die Frauen den Männern zumeist untergeordnet sind, ergibt sich nichts anderes. Es kann schon wegen des Fehlens einer in Glaubensfragen für den Islam maßgebenden Institution nicht beurteilt werden, inwieweit diese Unterordnung vom Koran bindend gefordert wird bzw. inwieweit politisch-kulturelle Grundeinstellungen dafür ursächlich sind. Sollte die Klägerin wider Erwarten dem staatlichen Auftrag nicht entsprechen, so wären immer noch dienstaufsichtsrechtlich Mittel anwendbar.

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2. Die Klage ist im Hinblick auf den Antrag zu 2) unbegründet. Es kann offen bleiben, ob dafür der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist oder ob es sich bei den geltend gemachten Ansprüchen nicht um einen Amtshaftungsanspruch geht, für den die ordentlichen Gerichte zuständig wären. Ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen der Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht, für den das Verwaltungsgericht zuständig wäre, scheidet schon deshalb aus, weil ein dafür erforderliches Verschulden der Beklagten angesichts der anzustellenden umfänglichen Abwägungen im Grundrechtsbereich nicht zu bejahen ist (Urteil des VG Stuttgart 24. 3. 2000 - 15 K 532/99, in dem ein Anspruch auf Einstellung einer dortigen Bewerberin, die im Dienst ein Kopftuch zu tragen beabsichtigte, verneint worden ist).

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3. Da die Klage bereits aus dem Antrag zu 1), dem Hauptantrag begründet ist, erübrigt sich eine Entscheidung über den Hilfsantrag zu 3).

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Die Kostentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der rechtsunkundigen Klägerin im Vorverfahren wird wegen der Schwierigkeiten der Rechtssache für notwendig erklärt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.