Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 16.10.2000, Az.: 1 A 58/98

Amtsarzt; amtsärztliche Stellungnahme; Beamter; Dienstunfähigkeit; Fürsorge; Krankheitsverlauf; Lehrerin; pädagogische Kompetenz; rückwirkende Zurruhesetzung; Schulleiter; Unterrichtsbesuch; Unterrichtstätigkeit; Untersuchungsführerin; Versetzung in den Ruhestand; Zurruhesetzung; Zwangspensionierung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
16.10.2000
Aktenzeichen
1 A 58/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 42055
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Eine rückwirkende Zurruhesetzung ist nicht möglich und rechtswidrig.
2. Die Versetzung in den Ruhestand setzt die tragfähige Feststellung dauernder Dienstunfähigkeit voraus.
3. Eine amtsärztliche Stellungnahme muss nachvollziehbar und schlüssig Krankheitsbild und -verlauf darstellen und eine medizinisch feststellbare Dienstunfähigkeit belegen. Das Absprechen pädagogischer Fähigkeiten reicht nicht aus.
4. Die Delegation amtsärztlicher Tätigkeit an einen Schulleiter ist unzulässig und rechtswidrig.
5. Eine Untersuchungsführerin vermag die dauernde Dienstunfähigkeit beim Fehlen eines eindeutigen Krankheitsbildes nicht eigenständig - ohne Zuziehung von Gutachtern - festzustellen - schon gar nicht anhand nur eines pädagogischen Maßstabes ("Kompetenz").

Tatbestand:

1

Die Klägerin setzt sich gegen ihre vorzeitige Versetzung in den Ruhestand zur Wehr.

2

Die am 12.7.1941 geborene Klägerin besuchte nach der Grundschule in G und der Oberschule in S für 1 Jahr das Pädagogium in B, absolvierte von 1958-1961 eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann, arbeitete dann bei einer Firma in H als Buchhalterin. Zeitgleich besuchte sie bis 1964 die Staatl. Abend-, Handels- und Fremdsprachenschule in H. Anschließend arbeitete sie als 2-sprachige Sekretärin, von 1966 bis 1967 an der deutsch-französ. Handelskammer in P. Nach ihrer Heirat 1967 und Geburt ihres ersten Kindes arbeitete sie wieder in H als Buchhalterin und Sekretärin. 1971 bestand sie die Zulassungsprüfung an der Päd. Hochschule L, wo sie bis 1974 Pädagogik für das Lehramt an Volksschulen studierte. An dieses Studium schloss sich ein 3-jähriges Diplomstudium an, das sie im Juni 1977 als Diplompädagogin abschloss. 1978 wurde ihr 2. und 1980 ihr 3. Kind geboren. Nach 2-jähriger Zeit als Lehreranwärterin bestand sie 1980 die Prüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. 1981 wurde die Klägerin zur Lehrerin (a. Probe) ernannt, 1984 zur Beamtin auf Lebenszeit.

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Von 1981 bis 1989 war sie (zunächst mit voller, dann mit verkürzter Stundenzahl) an der Grundschule H eingesetzt, von 1989 bis 1991 aus familiären Gründen beurlaubt. Im Schuljahr 1991/92 unterrichtete sie an der Hauptschule mit Orientierungsstufe in L.

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Im September 1991 wurden Zweifel an der psychischen Gesundheit der Klägerin laut, die im Dezember zur Feststellung der Dienstunfähigkeit durch das Gesundheitsamt führten (vgl. Stellgn. von Dr. E v. 3.12.1991). Anschließend wurde ein Zwangspensionierungsverfahren betrieben, die Klägerin sodann im Oktober 1992 in den (vorzeitigen) Ruhestand versetzt. Dagegen erhob diese Widerspruch, der Anlass für ärztliche Atteste und Gutachten war, u.a. der Dres. B v. 16.6.1994, die Hinweise für eine „organische Erkrankung“ nicht gewinnen konnten, „da der neurologische Befund wie auch EEG und Echolot regelrecht“ seien, so dass lediglich eine - nach Beruhigung - nicht sonderlich ausgeprägte „Affektstörung“ ohne Aufhebung des Leistungsvermögens feststellbar sei. Hierauf wurde der Widerspruch in einen Antrag auf Wiederverwendung gem. § 59 NBG umgedeutet, dem nach Befürwortung nun auch des zuständigen Amtsarztes stattgegeben wurde: Die Klägerin wurde mit Wirkung vom 1. August 1995 erneut in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen.

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Die Klägerin unterrichtete sodann - nachdem am 5. August 1995 die Einschulung stattgefunden hatte - mit 20 Wochenstunden in der 1. Klasse der Grundschule D, wo es sofort zu Beginn des Schuljahres 1995/96 zu Elternbeschwerden wegen „mangelnder Führungskompetenz, Disziplinlosigkeiten von Schülern im Unterricht“ und „Verletzung von Aufsichtspflichten“ kam. Die Kinder - so die Eltern - fänden die Klägerin zwar sympathisch, könnten aber viel „Blödsinn“ machen, so dass es an leistungsorientierter Arbeit in der Klasse fehle. Die Klägerin habe im Unterricht keinen Überblick und sie zeige kein Zeitgefühl. Die Eltern beantragten in Form einer „Petition“ vom 5.9.95 beim Schulleiter, die Klägerin, die nach ihrer „Berufspause“ für die Kinder keine „Bezugsperson“ darstelle, vom Unterricht in der Klasse zu entbinden. Diese wurde nach einem Unterrichtsbesuch des zuständigen Schulrates vom 7. September 1995, der von der Schule allerdings mangelhaft vorbereitet war (Bl. 321 d. PersA Bd. 3), von ihrer Funktion als Klassenlehrerin entbunden und in ihrer weiteren Tätigkeit - im Fachunterricht in verschiedenen Klassen - unterstützt und beraten. Den Unterricht in der 1. Klasse übernahm der Schulleiter.

6

Im November 1995 wurde eine erneute amtsärztliche Untersuchung der Klägerin angeordnet, die 1996 stattfand. Die Klägerin beantragte zeitgleich ihre Versetzung wegen des Wechsels der Pfarrstelle ihres Ehemannes, die - mit Blick auf die Überprüfung der Dienstfähigkeit - zurückgestellt wurde. Der Amtsarzt hielt eine Zusatzbegutachtung durch einen Psychiater bzw. Neurologen für erforderlich, die sowohl durch die Fachärztin für Psychiatrie u. Neurologie M vorgenommen wurde (vgl. Stellungn. v. 6.3.1996) als auch durch den Arzt für Neurologie u. Psychiatrie H (vgl. Stellungn. der Klinik H v. 3.4.1996). Beide Fachärzte kamen zu dem Ergebnis, dass sich psychotische Symptome „nicht fanden“ (H) bzw. „nicht eruieren“ (M) ließen, so dass eine „klare und wertende Äußerung“ derzeit „nicht möglich“ sei (H) bzw. allenfalls sogen. „Minussymptome“ feststellbar seien (M). Der Amtsarzt teilte dem Schulaufsichtsamt des Landkreises daraufhin im April 1996 u.a. mit:

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Der Schuldirektor bzw. das Kollegium müßte mir eine klare Stellungnahme abgeben, ob sie Frau X für dienstfähig ansehen - wenn nicht, aufgrund welcher konkreten Verhaltensmerkmale und Auffälligkeiten im Unterricht.

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Ebenfalls wäre es wünschenswert, Beurteilungen von Seiten des Schulrates dem Gesundheitsamt zur Kenntnis zu bringen.

9

M.E. müßten in der Schule mit Frau X Beurteilungsgespräche stattfinden, in deren Verlauf Frau X mitgeteilt werden sollte, welche ihrer Verhaltensweisen sie zu ändern habe bzw. an welchen Punkten es Kritik gibt.

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Mit Schreiben vom 31. Mai 1996 wandte sich der Amtsarzt dann wie folgt an den Schulleiter der Grundschule Dannenberg:

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...“um die Akte X abschließen zu können und ich als Mediziner nicht die pädagogischen Qualitäten von Frau X einschätzen kann, bitte ich Sie mir mitzuteilen, ob aus Ihrer Sicht (Kollegen) Frau X noch als Lehrerin tätig sein kann.“

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Hierauf setzte sich auch der zuständige Schulamtsdirektor mit dem Amtsarzt am 9. Juni 1996 telefonisch in Verbindung, der daraufhin schließlich unter dem 17. Juni 1996 folgende Stellungnahme abgab:

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Auf der Basis aller fachärztlicher Gutachten (psychiatrisch / neurologisch), meiner Exploration sowie pädagogischen Einschätzungen ist Frau X nicht mehr in der Lage, als Lehrerin eigenverantwortlich tätig zu sein.

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Daraufhin stellte der Regierungsvizepräsident durch Vermerk vom 3. Juli 1996 (Bl. 380 d. PersA. Bd. 3 die Dienstunfähigkeit der Klägerin fest. Durch Bescheid vom 4. Juli 1996 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass sie nach der amtsärztlichen Stellungnahme vom 17.6. 1996 als dienstunfähig iSv § 54 NBG betrachtet werde, das vom Dienstherrn so festgestellt und „wegen der festgestellten Beeinträchtigung (des) Gesundheitszustandes“ beabsichtigt sei, sie mit Ablauf des Monats November 1996 in den Ruhestand zu versetzen. Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch unter Vorlage von Attesten, denen zufolge keinerlei Hinweise auf tiefergreifende neurotische bzw. gar psychotische Störungen vorlägen (Nervenarzt E v. 22.6.96).

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Die von der Beklagten beim Nds. Finanzministerium beantragte Zustimmung zur Versetzung in den Ruhestand wg. Dienstunfähigkeit wurde mit Erlass vom 8. Oktober 1996 versagt, weil die vorgelegten Unterlagen nicht geeignet seien, das Krankheitsbild zweifelsfrei aufzuklären. Das amtsärztliche Zeugnis vom 17.6.96 reiche nicht aus. Es wurde angeregt, das Krankheitsbild präzisieren zu lassen.

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Hierauf wurde das Gesundheitsamt des gen. Landkreises mit Schreiben vom 23. Oktober 1996 um Präzisierung des Krankheitsbildes gebeten. Der Amtsarzt kam dem mit Schreiben vom 26. November 1996 nach, bezog sich dabei auf Erkenntnisse des vorangegangenen Verfahrens der Zurruhesetzung und führte aus, nach der erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis hätten „die gleichen Probleme wie gehabt“ begonnen; zwar habe sich die Klägerin bei der Exploration zu Beginn des Jahres 1996 30-35 Minuten sehr konzentriert verhalten können, sei danach aber „abgestürzt“ und habe z.T. „konvabuliert“. Sie sei dann noch dem Facharzt H von der Psych. Klinik H vorgestellt worden, der eine Begutachtung durch das Schulkollegium empfohlen habe, um genauere Angaben für eine Diagnose zu erhalten. Ihm selbst sei bei der Klägerin eine psycho-pathologische Steigerung des Sprachantriebes aufgefallen und eine „verschrobene“ Mimik und Psychomotorik. Es liege deshalb insgesamt eine latente schizoaffektive Psychose vor, die jederzeit ausbrechen könne, so dass die Klägerin dienstunfähig sei (Bl. 408 f d. PersA Bd. 3).

17

Nachdem der Schulleiter den Amtsarzt von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden hatte (Schr. v. 18.11.1996, Bl. 411 v. Bd. 3), wurden dem Nds. Finanzminister im Dezember 1996 sämtliche Personalakten und ärztl. Unterlagen mit der Bitte übersandt, nunmehr seine Zustimmung zur Versetzung in den Ruhestand zu erteilen.

18

Die Klägerin bat nun mit Schreiben vom 11. Dezember 1996 um eine Vorladung beim Gesundheitsamt des gen. Landkreises, was mit Schreiben vom 18. Dezember 1996 jedoch unter Hinweis auf das Vorliegen eines amtsärztlichen Attestes und das Zustimmungsverfahren beim Nds. Finanzministerium mangels Veranlassung abgelehnt wurde.

19

Nachdem der Nds. Finanzminister mit Erlass vom 16. Dezember 1996 der Zurruhesetzung der Klägerin nun doch zugestimmt hatte, legte die Klägerin im Januar 1997 das Attest der Ärzte f. Neurologie u. Psychiatrie T aus U v. 10.1.1997 vor, demgemäß bei der Klägerin kein „krankheitswertiger Befund nachweisbar“ sei.

20

Durch Bescheid des Regierungsvizepräsidenten vom 10. Jan. 1997 wurde unter Bezug auf die amtsärztliche Stellungnahme vom 17.6.1996 die Fortsetzung des Verfahrens angeordnet und mit der Ermittlung des Sachverhalts eine Untersuchungsführerin beauftragt. Zugleich wurde ab 3 Monate nach Bekanntgabe des Bescheides die Einbehaltung jenes Teils der Dienstbezüge angeordnet, der das Ruhegehalt übersteigt. Die Untersuchungsführerin hörte zunächst die Klägerin an und vernahm dann die Zeuginnen und Zeugen B, D, S und F. Nach abschließender Anhörung der Klägerin legte die Untersuchungsführerin ihren zusammenfassenden Bericht vom 18. Dezember 1997 vor, in dem sie u.a. feststellte, bei der Klägerin sei früher einmal eine endogene schizoaffektive Psychose festgestellt worden, die zur Ruhe gekommen, aber „auch jederzeit wieder ausbrechen“ könne. Es blieben jedoch die „dargestellten Auffälligkeiten“: „Mit einer Lehrerin wie Frau X kann die Schule ihren Bildungsauftrag nicht erfüllen“. Jede einzelne Begebenheit sei für sich gesehen nicht so gravierend, aber die Gesamtheit aller Vorkommnisse führe zu einer negativen Prognose. Die Anforderungen, die an eine Lehrerin zu stellen seien, erfülle die Klägerin nicht. Deshalb sei die Klägerin insgesamt gesehen „dauernd dienstunfähig“.

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Durch den angefochtenen Bescheid vom 26. Januar 1998 wurde daraufhin die Dienstunfähigkeit der Klägerin festgestellt und sie durch Urkunde vom 27. Januar 1998 rückwirkend mit Ablauf des Monats April 1997 in den Ruhestand versetzt.

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Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 16. Februar 1998, den sie durch Schreiben vom 25. März 1998 damit näher begründete, dass das unangepasste Verhalten einzelner Schüler in Vorführstunden ihre Lehrtätigkeit insgesamt nicht in Frage stellen könne. Verhaltensauffälligkeiten in der Schulanfangsphase seien normal und könn-ten überall auftreten. Die ihr unterstellte psychische Erkrankung sei nicht zu diagnostizieren. Die nur behaupteten Wahrnehmungsdefizite und Realitätsverluste aber seien ein fragwürdiger Grund für die getroffene Maßnahme. Durch Widerspruchsbescheid vom 24. April 1998 - zugestellt am 28. April 1998 - wurde dieser Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, zu den Pflichten einer Lehrerin bzw. eines Lehrers gehörten „fachliche Kompetenz in Methodik, Didaktik und Sozialkontakten, die Fähigkeit zur Erziehung, das Spüren und die glaubwürdige Vermittlung pädagogischer Verantwortung“. Daran fehle es. Im übrigen gehe aus dem amtsärztlichen Gutachten v. 26.11.1996 hervor, dass die Dienstfähigkeit auf Grund einer latenten schizoaffektiven Psychose nicht gegeben sei. Auf Atteste anderer Ärzte komme es nicht an, da jenes des Amtsarztes Vorrang habe.

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Zur Begründung ihrer am 27. Mai 1998 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, sämtliche Untersuchungsbefunde in der Zeit 1995 bis 1998 belegten, dass sich Anhaltspunkte für eine neurologische oder psychiatrische Störung mit Krankheitswert nicht finden ließen. Aber auch Gebrechen oder Geistesschwäche seien nicht zu konstatieren. Mangels Krankheit könne sich die Klägerin nicht in eine Behandlung begeben. Der behauptete Vorrang der amtsärztlichen Stellungnahme vor den privatärztlichen Attesten könne nur dann anerkannt werden, wenn es keinerlei begründete Zweifel an der Richtigkeit des amtsärztlichen Gutachtens gebe. Hier aber lägen derartige Zweifel ohne weiteres vor. Im Rahmen der Ermittlungen seien nur die Aussagen der Zeugen S und F überhaupt verwertbar, die der anderen Zeugen, die ungenau und ausschweifend, z.T. widersprüchlich und sogar falsch ausgesagt hätten, jedoch nicht. Die Zeugin F aber habe „kompetente Äußerungen“ der Klägerin bei religionspädagogischen Arbeitsgemeinschaften hervorgehoben. Der Schulleiter, der von der Wiedereinstellung der Klägerin und ihren Hintergründen doch wohl gewusst habe, habe ungeschickterweise gerade der Klägerin eine 1. Klasse anvertraut, obgleich ihm davon abgeraten worden sei und auch die Zeugin F das „absolut unglücklich“ gefunden habe. Hier habe der Schulleiter eine Fehlentscheidung getroffen, welche die Klägerin - in einer Anfangsphase - in unnötige Schwierigkeiten gebracht habe. Auf die Beobachtung nur von 2 Unterrichtsstunden, die der Zeuge S miterlebt habe, könne die Zurruhesetzung nicht gestützt werden, zumal diese Stunden sehr kurzfristig nach Beginn der Wiederverwendung zu halten gewesen seien. Das Angebot der Klägerin, eine weitere Stunde vorführen zu dürfen, sei dann leider nicht aufgegriffen worden. Die Untersuchungsführerin habe es zudem nicht vermocht, die Beantwortung der von ihr gestellten Fragen von der behaupteten, ihr vor Augen stehenden angeblichen Krankheit der Klägerin abzulösen. Korrigierende Eingriffe des Prozessbevollmächtigten seien offenbar als „unbequem“ empfunden worden und als Ausdruck einer Unbeholfenheit der Klägerin.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 26. Jan. 1998 und den Widerspruchsbescheid vom 24. April 1998 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie meint unter Bezug auf die angefochtenen Bescheide und die ihr zugrunde liegenden Gutachten und Stellungnahmen, die Klägerin sei dienstunfähig und deshalb zu Recht in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden.

29

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vortrags der Parteien wird auf die Verwaltungsvorgänge, die Personalakten der Klägerin (4 Bände) und die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 VwGO.

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1. Rechtswidrig ist die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand, so wie sie hier vorgenommen worden ist, zunächst einmal schon deshalb, weil die Klägerin im Januar 1998 rückwirkend zum Ablauf des Monats April 1997 in den Ruhestand versetzt worden ist. Eine solche Statusveränderung für einen Zeitpunkt in der Vergangenheit ist dem Beamtenrecht fremd. Das folgt aus dem Grundsatz, dass die Begründung, Veränderung und Beendigung eines Beamtenverhältnisses stets nur zeitgleich mit dem beamtenrechtlichen Akt erfolgen kann (§§ 10 Abs. 2 S. 2, 6 Abs. 3 u. 4 BBG) oder aber für einen Zeitpunkt in der Zukunft. § 48 NBG (ähnlich § 47 Abs. 2 BBG) spricht das in Anknüpfung an die Bekanntgabe deutlich aus, so dass die hier rückwirkend verfügte Zurruhesetzung für den Monat April 1997 eindeutig rechtswidrig ist (vgl. dazu Plog/Wiedow u.a., aaO., § 44 Rdn. 21 unter „Niedersachsen“ und § 47 Rdn. 10 a.E.).

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2. Die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand setzt im übrigen ein förmliches und rechtsstaatlich korrektes Verfahren gem. den §§ 54 ff, 56 NBG voraus, das seinem Ziel und Zweck nach darauf gerichtet ist, „dass nur solche Beamte im aktiven Dienst eingesetzt werden, die gesundheitlich in der Lage sind, die ihnen obliegenden Aufgaben und Dienstpflichten zu erfüllen“ (Kümmel, Beamtenrecht Niedersachsens und des Bundes, Loseblattsammlung, § 56 Rdn. 2: Zweck). Dienstunfähigkeit liegt gem. § 54 Abs. 1 S. 1 NBG dann vor, wenn der Beamte u.a. wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte nach Einschätzung des Dienstherrn zur Erfüllung seiner Dienstpflichten insgesamt dauernd unfähig ist. Ob das bei der Klägerin der Fall ist, ist hier nicht hinreichend aufgeklärt worden.

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a) Ausgangspunkt jeder Zwangspensionierung hat ein amtsärztliches Gutachten zu sein, weil ein Amtsarzt besser als ein Privatarzt die Auswirkungen gesundheitlicher Beeinträchtigungen auf den Dienstbetrieb beurteilen kann. Sinn und Zweck dieses Ausgangspunktes ist es aber zugleich auch, ein Zurruhesetzungsverfahren lediglich aufgrund „eigener Wertung“ eines daran - aus welchen Gründen auch immer - möglicherweise stark interessierten Dienstherrn zu verhindern, da dieser „in aller Regel nicht über die erforderlichen medizinischen Kenntnisse verfügt“ (Plog/Wiedow u.a., aaO., § 44 Rdn. 4).

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Die recht knappe amtsärztliche Stellungnahme vom 17.6.1996 enthält zunächst nicht die Feststellung, die Klägerin sei dienstunfähig, sondern nur die, sie könne nicht „eigenverantwortlich“ tätig sein. Dabei ist unklar, worauf diese Behauptung gestützt wird, zumal die Stellungnahme sehr kurz gehalten ist und mehr dezisionistischen Charakter hat. Der Versuch des Amtsarztes, diese sehr knapp gefasste Feststellung vom 17.6.1996 dann durch das ergänzende Schreiben vom 25.11.1996 medizinisch abzusichern und dadurch zu untermauern, dass er aufgrund einer „psycho-pathologischen Steigerung des Sprachantriebes“ und aufgrund von „Mimik“ und „Psychomotorik“ eine angeblich „ latente schizoaffektive Psychose“ glaubt feststellen zu müssen, die „jederzeit exazerbieren“ könne, ist auf dem Hintergrund der sonstigen fachärztlichen Stellungnahmen (M, H u.a.) für die Kammer nicht hinreichend nachvollziehbar. Vor allem ist unklar, weshalb der Amtsarzt der Klägerin zunächst nur die Fähigkeit zu einer „eigenverantwortlichen“ Tätigkeit als Lehrerin abspricht, wie in seiner Stellungnahme v. 17.6.96, dann aber in seiner Ergänzung vom 26.11.1996 - nach Aufforderung seitens des Finanzministeriums - bei unverändertem Sachstand und Befund zu dem Schluss kommt, die Klägerin sei nunmehr „dienstunfähig“. Eine derartige Änderung der amtsärztlichen Aussage bedarf hinreichender Erläuterungen, an denen es jedoch fehlt.

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Das amtsärztliche Gutachten genügt auch insgesamt nicht den Anforderungen an amtsärztliche Stellungnahmen, die im Gem. Runderlass v. 25.2.1998 (Nds MBl. S. 605) -wenn auch in Bezug auf den vorliegenden Fall nachträglich - festgelegt worden sind. Dabei ist gerichtlich davon auszugehen, dass solche Anforderungen der Sache nach auch schon zeitlich vor dem gen. Erlass an amtsärztliche Gutachten zu stellen waren, der Erlass also nur deklaratorische Bedeutung hat. Denn von einem Amtsarzt ist naturgemäß ganz allgemein nicht nur ein bloßes „Votum zur Dienstfähigkeit“ abzugeben (3.1 des Erlasses), das schlüssig und nachvollziehbar sein muß, sondern es ist auch zu Rehabilitationsmaßnahmen Stellung zu nehmen. Vor allem aber sind Krankheitsbild und Krankheitsverlauf mit ihren Auswirkungen auf die dienstliche Tätigkeit iSe positiven oder negativen Leistungsbildes im einzelnen darzustellen. Die „tragenden Feststellungen und Gründe des Untersuchungsergebnisses“ (3.3 d. Erlasses) sind für Dritte nachvollziehbar darzulegen. An alledem fehlt es hier, u.zw. nicht nur - was sich von selbst versteht - im Hinblick auf die ärztliche Stellungnahme vom 17.6.1996, sondern auch im Hinblick auf deren Ergänzung durch das Schreiben vom 25.11.1996. Antworten auf die aufgelisteten „Zielfragen“ (3.5 des Erlasses), die fachärztlich nachvollziehbar zu beantworten sind, fehlen im gen. Gutachten, u.zw. auch unter Berücksichtigung der Ergänzung vom 25.11.1996. Damit reicht die amtsärztliche Stellungnahme insgesamt nicht aus, die angebliche Dienstunfähigkeit der Klägerin nachvollziehbar zu belegen.

36

Das Schreiben des Amtsarztes v. 31.5.1996 vermittelt zudem den Eindruck, der Arzt habe seine Aufgabe gar nicht selbst wahrgenommen, sondern an den Schulleiter delegiert und in dessen Entscheidung gestellt. Der Amtsarzt war offenbar bemüht, den „Fall“ abzuschließen und dafür eine tragfähige Begründung zu erhalten, die er dann noch medizinisch abzusichern hatte. Ein derartiges Verfahren jedoch ist nicht zulässig, da so letztlich die Einschätzung und Beurteilung der (gesundheitlichen) Dienstfähigkeit vom Amtsarzt verlagert wird auf medizinisch Fachfremde, die ihre eigenen und anders gearteten Maßstäbe anlegen und die mit einer Feststellung der Dienstunfähigkeit möglicherweise auch ganz andere Ziele und Interessen verknüpfen können als ein solchen Interessen fern stehender Amtsarzt.

37

Die lediglich auf die gen. Stellungnahmen des Amtsarztes gestützte Feststellung und Einschätzung des Beklagten vom 4.7.1996, die Klägerin sei (dauernd) dienstunfähig, ist angesichts der ansonsten vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und Gutachten in entsprechender Weise wie die des Amtsarztes insgesamt nicht mehr nachvollziehbar und verständlich.

38

b) Die von der Untersuchungsführerin am Ende ihres Ermittlungsberichts eigenständig und ohne Bezug zu amtsärztlichen Stellungnahmen sodann getroffene Feststellung, die Klägerin sei dauernd dienstunfähig, ist einerseits nicht hinreichend auf ärztlich nachvollziehbare Befunde zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin gestützt und andererseits mit Blick auf die angeblichen Defizite im pädagogischen Bereich nicht plausibel. Denn die entsprechenden ärztlichen Stellungnahmen - u.a. der Fachärzte H und M, T und , aber auch des Amtsarztes - enthalten gerade keine klaren Feststellungen zu einem diagnostizierten Krankheitsbild, sondern nur vorsichtig wertende Vermutungen, und die angeblichen pädagogischen Defizite basieren auf einer zu schmalem, zu sehr in jeder Hinsicht interpretationsfähigem Grundlage (dazu unten c).

39

Angesichts der unzureichenden Stellungnahmen des Amtsarztes (s.o.) legt die Untersuchungsführerin denn auch maßgeblich einen pädagogischen Maßstab (vgl. S. 12 ff. des Berichtes) zugrunde, der mit dem der Klägerin verkündeten Ausgangspunkt - mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen - wenig bzw. nichts mehr zu tun hat. Es war jedoch originäre Aufgabe der Untersuchungsführerin, die für die Klägerin günstigen und ungünstigen Umstände für die in Rede stehende Zwangspensionierung in jeder Hinsicht im einzelnen aufzuklären. Dabei lag der Anlass - wie mitgeteilt - vor allem in angeblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin, nicht aber in pädagogischen Defiziten der Methodik und Didaktik. Es bestand nach Lage der Akten hinreichender Anlass, die gesundheitlichen Be-einträchtigungen der Klägerin, so sie denn vorliegen sollten, im einzelnen abzuklären und dafür fachkompetente Ärzte heranzuziehen, nachdem die Mehrzahl der Ärzte, denen die Klägerin vorgestellt worden war, keine deutlichen Befunde erheben und eine Krankheit nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen konnten. Dieser Aufgabe hat sich die Untersuchungsführerin jedoch nicht gestellt. Sie hat vielmehr ein angebliches Versagen der Klägerin im pädagogischen Bereich in den Mittelpunkt gerückt. Hierauf hat die Untersuchungsführerin letztlich die Untersuchung erstreckt und so den Ausgangspunkt, so wie er der Klägerin mitgeteilt worden war, verlassen. Die Ausführungen des Schulleiters und des zuständigen Schulrates zu den pädagogischen Unzulänglichkeiten und Mängeln der Unterrichtstätigkeit der Klägerin, die auf Vorkommnisse während eines Zeitraums von nur rd. 4 Wochen (v. 5.8.95 bis zum 7..9.95) zurückgehen sollen, tragen allerdings für sich nicht die angegriffene Zwangspensionierung der Klägerin, bei der einmal von Gesundheitsbeeinträchtigungen ausgegangen worden war (so Bescheid v. 4.7.1996). Der Untersuchungsführerin hätte es frei gestanden, „die beteiligten Ärzte anzuhören und weitere ärztliche Gutachten oder Obergutachten fertigen zu lassen“ (so Kümmel, aaO, Rdn 17), um die - nach den Einwendungen der Klägerin - streitige Frage ihrer gesundheitlichen Eignung abzuklären. Das jedoch ist nicht geschehen. Die Untersuchung ist mittels Zeugenvernehmungen nahezu ausschließlich auf die Frage der pädagogischen „Kompetenz“ der Klägerin erstreckt worden - eine Frage, die unter Beachtung des pädagogischen Freiraums der Klägerin schon im Ansatz vielfältigen Antworten zugänglich ist und die für eine Zwangspensionierung auf eine breitere Basis als nur die stets problematische 4-wöchige Anfangsphase in einer 1. Klasse hätte gestützt werden müssen (siehe dazu unten c). Mit Blick auf die Einwendungen der Klägerin und die vorgelegten ärztlichen Atteste verschiedener Nervenfachärzte hätte es zumindest im Stadium der Ermittlungen jedenfalls weiterer Aufklärung in medizinischer Hinsicht bedurft, die jedoch nicht unternommen worden ist. Die Untersuchungsführerin hat sich stattdessen auf schulische „Vorfälle“ aus einem sehr kurzen Zeitraum von 4 Wochen, die während einer unter Pädagogen bekannten Ausnahmesituation - der Einschulungsphase - vorgekommen sein sollen, und sodann ein abstraktes pädagogisches „Anforderungsprofil“ eingelassen und dabei die maßgeblichen ge-sundheitlichen Beeinträchtigungen und ihren medizinischen Nachweis vernachlässigt.

40

Zu Recht hat deshalb der Nds. Finanzminister seine Zustimmung zur Zwangspensionierung zunächst versagt, u.zw. mit der zutreffenden Begründung,

41

„die vorgelegten Unterlagen sind nicht geeignet, das Krankheitsbild zweifelsfrei aufzuklären. Die allgemein gehaltenen Formulierungen in dem Zeugnis des Gesundheitsamtes des Landkreises L vom 17.06.96 reichen für die Erteilung der Zustimmung nicht aus. Erforderlich ist eine Beschreibung des Krankheitsverlaufes und eine konkrete Darlegung, wie sich die Krankheit einschränkend auf die dienstliche Tätigkeit der Beamtin auswirkt.“

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Wenn er ihr später zugestimmt hat, so ist nicht klar, aus welchen sachlich nachvollziehbaren Gründen das geschehen ist. Dabei ist vor allem auffällig, dass die erforderliche Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht für die Vorlage der Akten an den Nds. Finanzminister nicht von der Klägerin abgegeben wurde, sondern von ihrem Schulleiter (Bl. 411 der PersA Bd. 3), dessen Unterlagen zu „Vorfällen an der Schule“ dem Finanzminister vorgelegt wurden.

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c) Im übrigen ist bei dem von der Untersuchungsführerin dann angelegten pädagogischen, von Einschätzungen und Wertungen sehr stark abhängigen Maßstab die Sondersituation der Klägerin, die nach einer längeren Pause mit dem Schulunterricht gerade wieder begonnen hatte, nur unzureichend berücksichtigt worden. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Klägerin auf Gerüchte zurückgehende Vorurteile in ihrer Schule außerordentliche Schwierigkeiten bereitet haben, die zu dem Bild geführt haben, das der Zeuge S bei seinem Unterrichtsbesuch vom 7.9.1995 erhalten hat. Dabei ist nicht verständlich, aus welchen Gründen der Schulleiter der Klägerin zum Wiederbeginn ihrer beruflichen Tätigkeit nun gerade eine 1. Klasse zugeteilt hat, die bekanntermaßen stets eine unruhige und in der Anfangsphase von rd. 6 Wochen regelmäßig schwierig zu leitende Klasse ist. Wenn der Schulleiter insoweit vorgibt, von der Berufspause der Klägerin nichts gewusst zu haben, so ist das allerdings nicht glaubwürdig (vgl. dazu die Aussage der Zeugin F und die „Petition“ der Eltern v. 5.9.1995) und lässt die Darstellungen des Schulleiters insgesamt in einem zweifelhaften Licht erscheinen. Im übrigen hat der Besuch des zuständigen Schulrates schon sehr früh nach Übernahme der 1. Klasse in einem Zeitpunkt stattgefunden, als es für die Klägerin aus pädagogischer Sicht noch gar nicht möglich war, „Bezugsperson“ in der 1. Klasse zu sein. Anerkanntermaßen hat in Grundschulen bei Einschulungsklassen nämlich zunächst einmal eine 6-wöchige Eingewöhnungsphase stattzufinden, in der die Schülerinnen und Schüler, die gerade erst das Schulleben kennen lernen, sich an den Schulunterricht gewöhnen sollen. Eine Benutzung von Schulbüchern z.B. wird erst nach einer 6-wöchigen Eingewöhnungsphase empfohlen, in der sich die Schulanfänger erst einmal an Arbeitsanweisungen der Lehrkraft und an das Schulleben insgesamt gewöhnen können sollen. Der Unterrichtsbesuch ist jedoch schon am 7.9.1995 durchgeführt worden, also in einer sehr frühen Phase des Unterrichts in einer 1. Klasse. Denn das Schuljahr hatte erst begonnen, die Klasse konnte zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht - entgegen den Erwartungen der Eltern - diszipliniert arbeiten. Das Beziehungsgeflecht mit der Lehrerin als „Bezugsperson“ baut sich gerade in einer 1. Klasse, in der die Schülerinnen und Schüler an den noch ungewohnten Schulbetrieb erst gewöhnt werden müssen, erst langsam auf. Es ist zudem abhängig davon, in welchem Maße die Schulanfängerinnen und -anfänger zuvor schon einen Kindergarten oder eine Vorschule besucht haben und verschiedene, für ein Verhalten in einer größeren Klasse erforderliche Verhaltensmuster, ggf. durch häusliche Erziehung, bereits „eingeschliffen“ sind. Es war also mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit für die Klägerin noch gar nicht möglich, das zu sein, worauf Schulrat und Schulleiter abgehoben haben und worauf später dann auch im Ermittlungsbericht (S. 18) abgestellt worden ist. Hier sind offenbar Maßstäbe angelegt worden, die - auch eine kompetente und schon eingearbeitete - Lehrkraft nur schwer erfüllen konnte.

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Außer Betracht gelassen wurde hier indessen auch, dass es gerade in der Anfangsphase einer 1. Klasse der jeweiligen Klassenlehrerin in ihrer pädagogischen Freiheit anheim gestellt ist, in welcher Weise sie die Kinder in das Schulleben einführt und mit welchen Arbeitsmethoden und -schritten vorgegangen wird. Diese pädagogische Gestaltungsfreiheit (vgl. Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Bd. 1 Schulrecht, 3. Auflage 2000, Rdn. 510 f. m.w.N.) ist während der schulischen Eingewöhnungsphase in einer 1. Klasse naturgemäß besonders groß und nicht etwa durch Richtlinien oder Vorgaben bzw. Annahmen anderer Lehrkräfte vorgeprägt. Gerade in den ersten Schulwochen ist es allein Sache der Klassenlehrerin, Spielphasen, Pausen und zielorientierten Unterricht festzulegen und einander abwechseln zu lassen, ggf. auch für Außenstehende „ungewöhnliche“ Eingewöhnungsmaßnahmen zu ergreifen. Für diese ersten Wochen können die allgemeinen Anforderungen, wie sie von der Ermittlungsführerin in ihrem Bericht gestellt worden sind, somit noch keine Gültigkeit haben.

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Unter diesen Umständen sind die aufgezeigten - angeblichen - „Missstände“ in der Klasse, die von der Klägerin im Schuljahr 1995/96 anfangs geführt wurde, nicht unbedingt solche, die Beleg und Indiz für ein pädagogisches Unvermögen der Klägerin sind, sondern solche, die in vielen Schulen und Klassen zunächst einmal den „schulischen Alltag“ bestimmen und die es pädagogisch nach und nach aufzuarbeiten gilt. Diese Aufgabe jedoch ist der Klägerin überaus schnell entzogen worden, so dass sie sich nicht mehr durch längerfristige Erziehungsarbeit als Pädagogin bis hin zu einer „Bezugsperson“ in der ihr nur kurzzeitig anvertrauten Klasse bewähren konnte.

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d) Rechtswidrig ist die Zurruhesetzung der Klägerin u.a. auch deshalb, weil die Frage der anderweitigen Verwendungsmöglichkeit nicht beachtet und geklärt worden ist. Mit Bescheid vom 4. Juli 1996, der kein Verwaltungsakt ist (Kümmel, aaO, Rdn. 8), hat die Beklagte der Klägerin zwar mitgeteilt, dass sie diese für dienstunfähig hält und - wenngleich kurz - aus welchen Gründen das so sein soll, nämlich „wegen der bei Ihnen festgestellten Beeinträchtigung Ihres Gesundheitszustandes“. Gleichzeitig ist der Klägerin die Absicht aufgezeigt worden, sie in den Ruhestand zu versetzen. Voraussetzung hierfür ist jedoch zum einen die nachvollziehbar gewonnene Überzeugung, die Klägerin sei tatsächlich dienstunfähig, was jedoch schon in gesundheitlicher Hinsicht mit Blick auf die fachärztlichen Stellungnahmen (Montanus, Heese u.a.) im Juli 1996 gerade zweifelhaft war, und zum andern das Fehlen einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit (zur Abwendung der Zurruhesetzung):

47

„Diese weitere Voraussetzung ist ... nicht genannt und auch nicht Gegenstand des etwaigen Untersuchungsverfahrens (vgl...), sie ist aber heute in ... ausdrücklich aufgestellt.“ (so Plog/Wiedow u.a., BBG, § 44 Rdn. 5 a.E.).

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Für Niedersachsen normiert § 54 Abs. 3 NBG diese weitere Voraussetzung, die deshalb vom Beklagten bei der weiteren Bearbeitung und während des Verfahrens zu beachten war. Offensichtlich ist das aber nicht geschehen, so dass die Zwangspensionierung auch aus diesem Grunde rechtswidrig ist. Denn es hätte hier besonders nahe gelegen, die Klägerin zunächst einmal im Fachunterricht höherer Klassen einzusetzen oder sie - bevor das Zwangspensionierungsverfahren betrieben wird - an eine andere Schule zu versetzen, wo die „Berufspause“ weniger bekannt ist und ihr irgendwelche Vorbehalte bzw. Vorurteile in einem sehr viel geringeren Maße entgegenschlagen können wie an einer Schule, die in der Nähe gerade jener Schule liegt, an der sie früher einmal unterrichtet hat. Solche anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten für die Klägerin sind hier jedoch nicht weiter geprüft und in Erwägung gezogen worden, was sich als Verstoß gegen die Fürsorgepflicht darstellt und zugleich als Mangel des Zwangspensionierungsverfahrens.

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3. Letztlich ergibt sich die Rechtswidrigkeit der Zurruhesetzung der Klägerin aber auch aus § 54 a NBG, demgemäß von der Versetzung in den Ruhestand bis 31.12. 2004 abzusehen ist, wenn der Beamte - wie hier die 1941 geborene Klägerin - das 50. Lebensjahr vollendet hat und seine Dienstpflichten mindestens zur Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen kann (begrenzte Dienstfähigkeit). Diese Voraussetzungen sind von der Beklagten ersichtlich nicht mehr vor der Zwangspensionierung der Klägerin geprüft worden.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.