Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.03.2011, Az.: 3 K 35/08
"Honorarpauschalen" als Erziehungsstelle für die Aufnahme eines Kindes in der Familie sind steuerbar; Steuerbarkeit von "Honorarpauschalen" als Erziehungsstelle für die Aufnahme eines Kindes in der Familie; Abzug der Kosten eines sog. "Lagerraums" mit Studien- und Ausbildungsunterlagen und Renovierungsaufwendungen für ein ehemaliges Stallgebäude als vorweggenommene Werbungskosten
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 23.03.2011
- Aktenzeichen
- 3 K 35/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 17924
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2011:0323.3K35.08.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - AZ.: VIII B 57/11
Rechtsgrundlagen
- § 34 SGB VIII
- § 3 Nr. 11 EStG
- § 9 EStG
- § 18 EStG
Fundstellen
- BBK 2011, 753
- Jurion-Abstract 2011, 228916 (Zusammenfassung)
Redaktioneller Leitsatz
Honorarpauschalen, die der Klägerin als Erziehungsstelle nach § 34 SGB VIII zugeflossen sind, sind im Gegensatz zu Zahlungen an eine Pflegestelle gemäß § 33 SGB VIII gemäß § 18 EStG steuerbar, da es sich bei diesen Pauschalen nicht um nach § 3 Nr. 11 EStG steuerbefreite Beihilfen handelt, sondern um erwerbsmäßige Beträge.
Einkommensteuer 2005 - 2006
Steuerbarkeit des Honorars einer Erziehungsstelle nach § 34 des Sozialgesetzbuches 8. Buch (SGB VIII), Abzug der Kosten eines sog. "Lagerraums" mit Studien- und Ausbildungsunterlagen und Renovierungsaufwendungen für ein ehemaliges Stallgebäude als vorweggenommene Werbungskosten.
Tatbestand
Streitig ist, ob von der Klägerin vereinnahmte "Honorarpauschalen" als Erziehungsstelle für die Aufnahme eines Kindes in der Familie steuerbar sind, die Aufwendungen für einen "Lagerraum" als Werbungskosten des Klägers und weitere Aufwendungen auf ein ehemaliges "Häuslingshaus" steuerlich abziehbar sind.
Der Kläger ist Arzt und erzielt als Angestellter (Medizin-Controller) in der Verwaltung einer Klinik Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin ist Erzieherin und erzielte in den Streitjahren Einkünfte als sogenannte Erziehungsstelle nach § 34 des Sozialgesetzbuches 8. Buch (SGB VIII).
Das FA setzte gegen die Kläger zunächst durch Vorauszahlungsbescheid nachträgliche Vorauszahlungen zur Einkommensteuer für die Streitjahre (2005 und 2006) fest. Bei der Berechnung der Vorauszahlungen schätzte das FA Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit als sogenannte Erziehungsstelle i.H.v. 21.421 EUR. Im Einspruchsverfahren teilten die Kläger mit, dass die Klägerin das Kind im Jahr 2006 nur bis Ende September aufgenommen hatte. Das FA änderte den Vorauszahlungsbescheid für 2006 teilweise und ging nunmehr von um 1/4 geminderten Einkünften der Klägerin aus. Dagegen richtete sich ursprünglich die Klage. Nachdem das FA im Laufe des Klageverfahrens Einkommensteuerbescheide für die beiden Streitjahren erlassen hat, die gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden sind, sind drei Themenkomplexe streitig:
1. Einkünfte aus der Erziehungsstelle
Die Klägerin schloss unter dem 20. Dezember 1999 eine "Vereinbarung" zur Übernahme der Erziehung in einer Erziehungsstelle mit einem privat Träger, der im Auftrag verschiedener Jugendhilfeträge in der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe tätig ist, (im Folgenden: Fachzentrum) das Kind "Denise Bradhering" betreffend. Darin ist unter "3. Honorierung der Erziehungsstellen-Familie und sonstige Kostenabgeltungen u.a. Folgendes geregelt:
"3.1 Für ihre Aufgabenerfüllung erhält {die Klägerin} eine Honorarpauschale von
DM 110,00 (pflegetäglich)...
3.2 Darüber hinaus wird für ... eine Betreuungspauschale in Höhe von derzeit
DM 36,00 (pflegetäglich)
zu Händen {der Klägerin} ausgezahlt. Hiermit sind alle Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie insbesondere auch Kosten für folgende Bedarfslagen des ... pauschal abgegolten
- laufende Bekleidungsergänzung,
- Lernmittel,
- Klassenfahrten,
- Sonderbedarfe durch Ferienzeiten,
- Sonderbedarfe aus Anlass hoher Fest- und Feiertage (Weihnachten, Konfirmation/Kommunion u.Ä.),
- Spielzeug / vergleichbare Sonderausgaben (z.B. Fahrrad)."
Anlässlich von "Heimfahrten" des Kindes zu seinen leiblichen Eltern hatte die Klägerin pro Kalendertäglicher Abwesenheit dem Kind 11,30 DM ("für Beköstigung und Hygieneaufwand") auszuzahlen (3.2. a. E.Vertrages). Die Klägerin hatte überdies Anspruch auf "Kostenzuschüsse für hilfefeldbezogene Fort- und Weiterbildung" der Klägerin und für "Supervision der Erziehungsarbeit" in Höhe von monatlich bis zu 300 DM bzw. 3.600 DM pro Jahr. Unter Ziff. 3.6 der "Vereinbarung" ist zu den Zahlungsansprüchen ergänzend der Hinweis enthalten, dass die Klägerin "für eine Versteuerung ... selbst zu sorgen" habe. Im Übrigen bestand eine (Sammel-) Haftpflicht- und Unfallversicherung für das Kind durch das Fachzentrum (Ziff. 4). Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag verwiesen.
Inzwischen betrug in den Streitjahren 2005 und 2006 ausweislich der vorliegenden Abrechnungen des Fachzentrums die "Honorarpauschale" 58,53 EUR pflegetäglich und die "Betreuungspauschale" 19,20 EUR pflegetäglich.
Die Kläger machten in ihren Einkommensteuererklärungen keine Angaben zu den Einkünften der Klägerin aus dieser Erziehungsstelle. Das FA schätzte diese Einkünfte nach § 162 der Abgabenordnung (AO) mit folgenden Beträgen:
2005 | 21.850? |
---|---|
2006 | 15848? |
Dabei berücksichtigte das FA im Streitjahr 2006 Betriebsausgaben in Höhe von 1.032 EUR für die steuerliche Beratung zur Steuerpflicht der Einkünfte aus einer Erziehungsstelle bei verschiedenen Beratern.
Dagegen richtet sich nunmehr die Klage.
Die Kläger haben zunächst ausschließlich geltend gemacht, dass die von der Klägerin eingenommenen sogenannten Honorarpauschalen nicht steuerpflichtig seien. Es handele sich um Zahlungen, die gemäß § 3 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei seien. Einnahmen aus Erziehungsstellen seien aufgrund eines BMF-Schreibens vom 7. Februar 1990 (BStBl I 1990, 109) generell steuerfrei. Es gehe um die Aufnahme vernachlässigter Kinder. Diese Tätigkeit habe einen insgesamt wohltätigen Charakter.
Bereits im Oktober 1996 sei von ihnen das FA um Auskunft ersucht worden, ob und ggf. in welchem Umfang die gezahlten Erziehungshonorare steuerpflichtig seien. Das FA habe darauf aber nicht reagiert. Daher habe man darauf vertrauen dürfen, dass insoweit steuerpflichtige Einkünfte nicht angefallen seien. Auch im Jahre 1999 seien diese Honorare nochmals Gegenstand eines Schriftwechsels mit dem FA gewesen. Auch danach seien vom FA keine steuerpflichtigen Einkünfte angesetzt worden. Daher habe man auf die Steuerfreiheit der Einnahmen vertraut und keine Rücklagen für evtl. Steuern gebildet. Das FA sei an seine frühere Handhabung auch für die Streitjahre gebunden. Es seien daher auch keine Belege über Betriebsausgaben gesammelt worden und könnten deshalb nunmehr nicht vorgelegt werden. Aus der alsbald beabsichtigten Abgabe der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 ließe sich aber ggf. ein Maßstab für die abzugsfähigen Betriebsausgaben ableiten. Die vom Auftraggeber, dem Fachzentrum, gewählte Aufteilung in eine Honorar- und eine Betreuungspauschale sei willkürlich erfolgt und unrealistisch.
Inzwischen seien aber auch Jahresabschlüsse für die Streitjahre nachträglich erstellt worden, die jeweils geringere Einkünfte der Klägerin nachwiesen:
Betriebseinnahmen | 2005 | 2006 | ||
---|---|---|---|---|
Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit | 28.371,45 ? | 20.644,29 ? | ||
Taschengelder | 280,80 ? | 210,60 ? | ||
Summe Betriebseinnahmen | 28.652,25 ? | 28.652,25 ? | 20.854,89 ? | 20.854,89 ? |
Betriebsausgaben | ||||
Raumkosten | 3.272,13 ? | 3.563,05 ? | ||
Steuern, Versicherungen, Beiträge | 537,96 ? | 782,40 ? | ||
Werbe- und Reisekosten | 2.828,55 ? | 1.485,00 ? | ||
Instandhaltung und Werkzeuge | 170,00 ? | 176,55 ? | ||
Abschreibungen GWG | 378,00 ? | 0,00 ? | ||
Verschiedene Kosten | ||||
Lebensmittel Kinder | 2.403,60 ? | 1.418,90 ? | ||
Körperpflege Kinder | 338,00 ? | 196,00 ? | ||
Urlaub Kinder | 325,55 ? | 954,00 ? | ||
Arztkosten/Medikamente Kinder | 89,00 ? | 128,11 ? | ||
Bekleidung/Schuhe Kinder | 396,00 ? | 231,00 ? | ||
Freizeit Kinder | 1.341,45 ? | 921,82 ? | ||
Geschenke Kinder | 20,00 ? | 27,00 ? | ||
Taschengeld Kinder | 280,80 ? | 210,60 ? | ||
Porto | 27,00 ? | 27,00 ? | ||
Telefon | 663,61 ? | 592,23 ? | ||
Bürobedarf | 192,89 ? | 390,80 ? | ||
Schulbedarf/Malbedarf | 312,00 ? | 182,00 ? | ||
Zeitschriften/Bücher | 118,20 ? | 81,80 ? | ||
Fortbildungskosten | 205,90 ? | 0,00 ? | ||
Betriebsbedarf | 1.153,98 ? | 1.201,60 ? | ||
Sonstiger Therapiebedarf | 945,00 ? | 940,19 ? | ||
Sonstige betriebliche Kosten | 500,00 ? | 500,00 ? | ||
Summe Betriebsausgaben | 16.499,62 ? | 16.499,62 ? | 14.010,05 ? | 14.010,05 ? |
Steuerlicher Gewinn | 12.152,63 ? | 6.844,84 ? |
Das FA hält hingegen daran fest, dass die Einkünfte aus der Erziehungsstelle steuerbar seien. Dagegen spreche nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung auch nicht, dass vom FA in Unkenntnis des tatsächlichen Wortlauts der Vereinbarung mit dem Fachzentrum in der Vergangenheit bis einschließlich bei der Einkommensteuerveranlagung 2003 insoweit keine Einkünfte der Klägerin angesetzt worden seien.
Den Klägern sei bereits im Juni 2006 und zugleich vor der Abgabe der Einkommensteuererklärung 2005 aufgegeben worden, entsprechende Nachweise für die Jahre 2000 bis 2004 vorzulegen. Das FA ist der Ansicht, eine Schätzung der Betriebsausgaben in Höhe der "Betreuungspauschale" sei sachgerecht. Von den Klägern seien höhere Betriebsausgaben in den Gewinnermittlungen zwar behauptet aber nicht nachgewiesen worden.
Das Gericht hat den Klägern persönlich durch Verfügung vom 2. Juni 2010 und dem zwischenzeitlich für die Kläger tätig gewordenen Prozessbevollmächtigten nochmals durch Verfügung vom 23. Juni 2010 u.a. jeweils gemäß § 79b Abs. 2 FGO aufgegeben, bis zum 25. August 2010 "die von den Honorarpauschalen ... abzusetzenden Betriebsausgaben im Einzelnen darzulegen und nachzuweisen". Die Kläger haben daraufhin am letzten Tag der Frist u.a. zwei Gewinnermittlungen nach§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die beiden Streitjahre ohne Nachweise zu den konkreten Betriebsausgaben vorgelegt.
2. Lagerraum
Außerdem ließ das FA Aufwendungen des Klägers für einen als "Lagerraum" bezeichneten Raum in dem Haus der Kläger nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu.
Die Kläger sind der Ansicht, bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit seien die Aufwendungen für eine Abstellkammer, die der Lagerung vor allem von Material zur beruflichen Fortbildung diene, als Werbungskosten abziehbar (10% der Gesamtaufwendungen für das Wohnhaus). Der Raum diene, wie die Fotodokumentation des FA bestätige, als beruflicher Lagerraum. Es handele sich nicht um ein Arbeitszimmer, da sich dort kein Schreibtisch befinde und der Computer auf einem PC-Tisch nicht angeschlossen sei. Als Arbeitsraum sei der Raum wegen der Mängel an der Bausubstanz gar nicht (mehr) geeignet.
Der Kläger müsse sich als Arzt beständig fortbilden und (teure) Seminare belegen. Diese Fortbildungsmaterialien müssten auch irgendwo gelagert werden. Durch seine Weiterbildung zuhause erziele er monatlich ein um rund 1.000 EUR höheres Gehalt als ein angestellter Arzt im Krankenhaus ohne Nachtdienste. Dies betreffe auch und gerade Unterlagen zum vom Kläger ausgeübten Beruf des Medizin-Controllers. Das Vorhalten der Weiterbildungsunterlagen im Hause ermögliche ihm dort jeweils eine schnelle Einarbeitung in die verschiedenen Themenfelder. Er habe sich inzwischen (im Jahr 2009) zusätzlich neun spritzwassergeschützte Aluboxen zur Lagerung der Materialien gekauft.
Wie bei Pharma-Vertretern müsse auch Ärzten das "höchstrichterliche Privileg eines Lagerraums" zugebilligt werden.
Aufwendungen für den Lagerraum des Klägers seien, so dagegen das FA, nicht als Werbungskosten abziehbar. Der Raum werde nach dem Ergebnis der Besichtigung überwiegend nicht für Arbeitsmittel aktuelleren oder neueren Datum genutzt. Auch seien Arbeitsmittel mit einem Bezug zur jetzigen Tätigkeit des Klägers in der Verwaltung einer Klinik nicht erkennbar.
3. Giebelsanierung des "Häuslingshauses"
Auf dem klägerischen (Privat-) Grundstück befindet sich auch ein ehemaliges "Häuslingshaus" [ Häuslinge waren eine Art Landarbeiter, die im Dienst eines Bauern standen. Dafür wohnten sie mietfrei oder gegen geringen Mietzins in einem Haus des Bauern und erhielten etwas Land zur Bewirtschaftung. Im Häuslingshaus konnten sie darüber hinaus eigenes Vieh halten. ] mit einer Balkeninschrift, die auf das Jahr 1853 hinweist. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz. Es wurde um 1912 in einen Schweinestall umgebaut und wird seit den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts als Abstellschuppen genutzt. Im Februar 1998 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung einer Zuwendung für Maßnahmen der Dorferneuerung. Das Gebäude sollte wieder ausschließlich dem Wohnen dienen. An der Nordseite sollte später ein "Backhaus" angehängt werden. Die Kosten für den Umbau bezifferte der Kläger damals mit insgesamt rund 143.000 DM. Damals standen jedoch keine ausreichenden Fördermittel zur Verfügung. Der Antrag wurde deshalb zunächst nicht weiter bearbeitet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Antrag in der beigezogenen Akte des Amtes für Agrarstruktur in Verden verweisen. Der Kläger ließ das ursprünglich desolate Fachwerk gleichwohl im Laufe der Zeit teilweise instand setzen.
Nachdem der Kläger dem Amt für Agrarstruktur im November 2003 mitgeteilt hatte, dass hinsichtlich des Nordgiebels akute Einsturzgefahr bestehe, bewilligte das Amt im Jahre 2005 einen Zuschuss in Höhe von 3.110 EUR zur Sicherung des Gebäudes. Die tatsächliche Rückverwandlung vom Schweinestall in ein "Häuslingshaus" und damit die zunächst geplante Wohnnutzung wurde aufgeschoben. Auf der Nordseite ließ der Kläger ein schmiedeisernes Gussfenster an der Stelle einbauen, an der später das projektierte "Backhaus" entstehen sollte. Der Kläger trug insgesamt weitere Kosten in Höhe von 7.387 EUR für die Bauarbeiten an dem Gebäude. Seither unternahm der Kläger bis zum Termin der mündlichen Verhandlung nach eigenen Angaben - außer kleinen Instandsetzungen - keine weiteren Anstrengungen, um die weiteren notwendigen Arbeiten an dem Gebäude zu realisieren.
Zunächst beantragte der Kläger den Abzug dieser Aufwendungen als Denkmalschutzaufwendungen. Im Klageverfahren änderte der Kläger sein Vorbringen zunächst dahingehend, dass die Aufwendungen als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen bei seinen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft abzugsfähig seien. Der Kläger ist der Ansicht, es handele sich um Aufwendungen auf ein der Landwirtschaft dienendes Gebäude. Dies sei offensichtlich. Dort werde auch ein Anhänger, ein Heuwender und Zaunpfosten aufbewahrt (Foto). Da das FA die Verluste aus Land- und Forstwirtschaft im angefochtenen Bescheid dem Grunde nach anerkannt habe, müsse der Verlust nur noch der Höhe nach verändert werden.
In der mündlichen Verhandlung des Senats erklärte der Kläger, dass das "Häuslingshaus" zur Aufnahme weiterer Kinder bei der Erziehungsstelle der Klägerin umgebaut werden solle. Dort könnten zwei Kinderzimmer entstehen. Er wolle das Gebäude dann an seine Ehefrau vermieten. Die Aufwendungen seien als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen.
Das FA ist der Ansicht, die Aufwendungen seien auch bei dieser Einkunftsart nicht abzugsfähig, da nicht absehbar sei, wann Einkünfte erzielt würden. Der Kläger habe bisher Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gar nicht erklärt.
Das Gericht hat den Klägern persönlich durch Verfügung vom 2. Juni 2010 und dem zwischenzeitlich für die Kläger tätig gewordenen Prozessbevollmächtigten nochmals durch Verfügung vom 23. Juni 2010 u.a. jeweils gemäß § 79b Abs. 2 FGO aufgegeben, bis zum 25. August 2010 "Angaben zur (betrieblichen und/oder privaten) Nutzung des denkmalgeschützten Bauwerks in den Streitjahren zu machen, dazu Zeichnungen, Fotos u.Ä. des Gebäudes vorzulegen und zur Nutzung dieses Bauwerks in den Streitjahren Beweis anzutreten". Die Kläger haben daraufhin am letzten Tag der Frist u.a. die Nutzung des Gebäudes als "Stallscheune" beschrieben, ein Foto mit einem landwirtschaftlichen Anhänger in einer offene Einfahrt des Gebäudes ohne Tor, einen sich darauf befindlichen Heuwender, einigen Zaunpfählen usw. in Bereich der großen Toröffnung und berichtigten Anlagen L zur Einkommensteuererklärung.
Die Kläger beantragen nunmehr sinngemäß,
die Einkommensteuerbescheide vom 26. März 2008 dahingehend zu ändern, dass Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit in beiden Streitjahren nicht in Ansatz gebracht werden, bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von jeweils 1.524 EUR (2005 und 2006) zum Abzug zugelassen werden und im Streitjahr 2005 als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 7.387 EUR zum Abzug zugelassen werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat durch Anfrage bei dem Fachzentrum Kopien der Abrechnungen mit der Klägerin erhalten, nach denen die Klägerin in den Streitjahren insgesamt folgende Zahlungen erhalten hatte:
Jahr | Honorarpauschale | Betreuungspauschale |
---|---|---|
2005 | 21.363 ? | 7.008 ? |
2006 | 15.978 ? | 4.665 ? |
Das Gericht hat den Klägern durch Verfügung vom 9. Februar 2010 jeweils gemäß § 79b Abs. 1 FGO aufgegeben, bis zum 2. März 2010 die "Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren die Kläger sich beschwert fühlen" zu bezeichnen. Das Gericht hatte zugleich auf die möglichen Folgen verspäteten Vorbringens nach § 79b Abs. 3 FGO hingewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur teilweise begründet.
1.)
Die Klage ist begründet, soweit sich aus den inzwischen vorliegenden Auskünften des Fachzentrums ergeben hat, dass die von der Klägerin erzielten Einnahmen tatsächlich niedriger als die vom FA gemäß § 162 AO geschätzten Beträge waren.
2005 | 2006 | |
---|---|---|
Geschätzte Einnahmen | 21.850 ? | 16.880 ? |
Tatsächliche Einnahmen | 21.363 ? | 15.978 ? |
Minderung der Einnahmen | 487 ? | 902 ? |
2.)
Die Klage ist im Übrigen hinsichtlich der Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit unbegründet, da die von ihr vereinnahmten Honorarpauschalen, die der Klägerin als Erziehungsstelle nach § 34 SGB VIII zugeflossen sind, gemäß § 18 EStG steuerbar sind, da die Einkünfte nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei sind.
a)
Steuerfrei sind gemäß § 3 Nr. 11 EStG - soweit hier von Bedeutung - Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern. Öffentlich-rechtliche Beihilfen sind uneigennützig gewährte Unterstützungsleistungen (vgl. von Beckerath in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 3 Rdnr. B 11/5; vgl. ferner Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- undKörperschaftsteuergesetz, Kommentar, 20. Aufl., § 3 Nr. 11 EStG Anm. 17). Der Umfang der Beihilfe ist unterschiedlich und von der konkreten sozialen Lage abhängig. Entscheidendes Merkmal der Beihilfe ist ihre Unentgeltlichkeit und Einseitigkeit. Leistungen, die im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erbracht werden, können nicht als Beihilfe qualifiziert werden.
Demgemäß hat der Bundesfinanzhof (BFH) die von den Jugendämtern an Pflegeeltern geleisteten Erziehungsgelder oder Pflegegelder als nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei beurteilt (BFH-Urteil vom 28. Juni 1984 IV R 49/83, BStBl II 1984, 571). Mit der Zahlung der Pflegegelder sei keine vollständige Ersetzung des sachlichen und zeitlichen Aufwands der Pflegeeltern beabsichtigt (BFH-Urteil in BStBl II 1984, 571); Zuwendungen an Pflegeeltern ähnelten in vielerlei Hinsicht Zahlungen, die die leiblichen Eltern für die Erziehung ihrer Kinder ebenfalls steuerfrei erhielten (BFH-Urteil vom 17. Mai 1990 IV R 14/87, BStBl II 1990, 1018).
Diesen Leistungen gegenübergestellt hat der BFH als steuerpflichtige Einnahmen Zahlungen an Personen, die Kinder nur des Erwerbs wegen als Erziehungsstellen in ihren Haushalt aufgenommen haben (BFH-Urteil in BStBl II 1990, 1018 und Urteil vom 23. September 1998 XI R 11/98, BStBl II 1999, 154). Abweichend von den Zahlungen an eine Pflegestelle nach § 33 SGB VIII für eine sogenannte "Vollzeitpflege als Pflegegeld" sind die Pflegesätze eines Heims für eine Heimunterbringung oder für sonstige betreute Wohnform i.S. des§ 34 SGB VIII - hier als sogenannte Erziehungsstelle - zu unterscheiden (vgl. Wiesner, a.a.O., § 34 SGB VIII Rz. 28; Münder, a.a.O., 1991, § 34 SGB VIII Rz. 3; Kunkel, Grundlagen des Jugendhilferechts, 1995, Rz. 134). Eine solche Einrichtung erhält einen Pflegesatz. Diese erwerbsmäßigen Beträge sollen - pauschal - die tatsächlichen Kosten in angemessenem Umfang ersetzen. Die der Berechnung zugrunde gelegten Pflegesätze umfassen gemäß § 39 Abs. 2, § 77 SGB VIII die Personal- und die Sachkosten (Wiesner, Kommentar zum SGB VIII, 1995, § 77 Rz. 11; zur unterschiedlichen Höhe von Pflegegeld und Pflegesätzen vgl. auch Oberloskamp, Jugendhilferechtliche Fälle für Studium und Praxis, 9. Aufl., 1996, Rz. 84, 85, 92). In den Pflegesätzen sind auch die Gehälter für die Pflegepersonen enthalten. Dieser Berechnungsmodus lässt erkennen, dass der Bereich der unentgeltlichen familiären Pflege, in dem die Pflegepersonen durch Beihilfen unterstützt werden, mit dem auf Erwerbstätigkeit gerichteten Betrieb eines Heimes oder einer anderen betreuten Wohnform (Erziehungsstelle) verlassen ist.
Die unterschiedliche Behandlung von Pflegegeldern und Pflegesatzzahlungen ist auch verfassungsrechtlich (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG)) nicht zu beanstanden. Diese Differenzierung ist gerechtfertigt, weil es sich um ganz unterschiedliche Pflegeformen handelt, die Pflegefamilie auf der einen Seite, die Betreuung im Heim auf der anderen Seite (vgl. BFH in BStBl II 1999, 133 [BFH 23.09.1998 - XI R 11/98]; ebenso Urteil des FG Köln vom 22. September 2010 4 K 478/07, EFG 2011, 311).
Die Klägerin hat danach in Höhe der ihr zugeflossenen Zahlungen (Honorar- und Betreuungspauschalen) Pflegesätze als Erziehungsstelle nach § 34 SGB VIII über das Fachzentrum erhalten, die sich aus Tagespauschalen errechneten. Dies wird durch den Vortrag der Klägerin selbst bestätigt, die ein Schreiben der Landeshauptstadt Hannover vom 8. Oktober 1996 überreicht hatte, aus dem sich der "Pflegesatz" für Erziehungsstellen jeweils als Tagespflegesatz ergab. Zusätzlich ist auf den Entwurf einer Vereinbarung über die erforderlichen Beträge zur Abdeckung des sächlichen Bedarfs der Kinder Bezug genommen. Nur dieser Teil der Beträge orientierten sich an den Beihilfen für Pflegeeltern. Tatsächlich bezeichnete die abrechnende Stelle im Streitfall die Pflegesätze als "Honorarpauschale" und die Beihilfen für die sächlichen Aufwendungen für das Kind als "Betreuungspauschale". In Höhe der der Klägerin tatsächlich zugeflossenen Honorarpauschalen sind diese steuerbar.
b)
Daneben kann im Streitfall dahinstehen, ob die Zahlungen des Fachzentrums einheitlich zu bewerten sind und in Höhe der "Betreuungspauschale" Betriebsausgaben nach § 162 der Abgabenordnung (AO) zu schätzen wären oder allein die "Betreuungspauschale" gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei ist. In beiden Fällen ergibt sich der gleiche steuerliche Gewinn der Klägerin.
(1)
Sofern die gesamten Zahlungen des Fachzentrums an die Klägerin einheitlich als betriebliche Einnahmen (Honorar- und Betreuungspauschale) zu erfassen wären, könnten im Streitfall keine höheren Betriebsausgaben als die Gesamtsumme der "Betreuungspauschale" im Schätzungswege (§ 162 AO) zum Abzug zugelassen werden, da die Kläger bis zum Ende der mündlichen Verhandlung etwaige Betriebsausgaben nicht durch Ausgabebelege nachgewiesen haben. Den Klägern war insoweit durch den Senat eine Präklusionsfrist nach § 79b Abs. 2 FGO gesetzt worden und die Frist war fruchtlos verstrichen. Das Gericht kann deshalb gemäß § 79b Abs. 3 FGO ohne weitere Ermittlungen entscheiden. Die Kläger haben im Übrigen selbst geltend gemacht, dass sie für die Streitjahre keine Ausgabebelege speziell für diese Tätigkeit aufbewahrt hätten.
Ein Schätzung der Betriebsausgaben nach § 162 AO in Höhe der "Betreuungspauschale" erscheint sachgerecht, da nach den Angaben in dem zwischen der Klägerin und dem Fachzentrum geschlossenen Vertrag in dieser Höhe Sachaufwendungen erstattet werden sollen. Es ist davon auszugehen, dass die Vertragsparteien als wirtschaftlich voneinander unabhängige Dritte insoweit einen sachgerechten Betrag ihrem Vertrag zugrunde gelegt haben. Überdies betrug der Satz der "Betreuungspauschale" in den Streitjahren 19,20 EUR pro Tag oder 576 EUR pro Monat mit 30 Tagen und erscheint ohne weitere Nachweise angemessen. Dieser Satz 1iegt noch über dem anderer "Pflegeeltern" im Raum Hannover in den Streitjahren nach § 33 SGB VIII als Sachkostenersatz (steuerfrei) gezahlten Betrag i.H.v. rund 500 EUR pro Monat für ein Kind in Alter des hier von der Klägerin betreuten Kindes.
(2)
Falls ein Teil der Zahlungen, nämlich die "Betreuungspauschale" wie bei Pflegeeltern nach§ 33 SGB VIII, einer steuerfreien Beihilfe nach § 3 Nr. 11 EStG entspräche, wären die Einkünfte der Klägerin insoweit nicht weiter zu erhöhen oder zu ermäßigen. Über die Pauschale hinaus gehende Aufwendungen der Klägerin wären nicht abzugsfähig, da sie mit steuerfreien Einnahmen zusammen fielen (§ 3c Abs. 1 Satz 1 EStG).
3.)
Die Kläger können bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit keine Aufwendungen für Lager bzw. den Abstellraum als Werbungskosten nach § 9 EStG abziehen.
a)
Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten nur abziehen, wenn entweder die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 v.H. der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Im Streitfall steht dem Kläger an der Klinik, bei der er beschäftigt ist, unstreitig ein Arbeitsplatz zur Verfügung und die berufliche Nutzung des Raumes durch den Kläger beträgt - ebenfalls unstreitig - weniger als 50%.
Bei dem Lager- oder Abstellraum des Klägers handelt es sich um ein Arbeitszimmer im steuerrechtlichen Sinne und zwar unabhängig davon, dass der Kläger den Raum in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen auch selbst als Arbeitszimmer bezeichnet hatte und dass sich das Bauzustand erheblich verschlechtert zu haben scheint.
b)
Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht definiert. Es handelt sich um einen Begriff, der durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geprägt worden ist. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG an den von der Rechtsprechung geprägten Typus angeknüpft.
Das häusliche Arbeitszimmer ist in diesem Sinne ein Arbeitsraum, der seiner Funktion und Ausstattung nach der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient. Das zentrale Möbelstück des jeweiligen Raumes war in den entschiedenen Fällen nahezu ausschließlich der Schreibtisch. Darüber hinaus waren die Räume typischerweise mit Bücher- und Aktenschränken bzw. -regalen, Aktenbock und ähnlichen "Büromöbeln" sowie mit Büchern, Aktenordnern, Schreibmaschinen bzw. (in späteren Entscheidungen) Computern und ähnlichen Arbeitsmitteln ausgestattet (vgl. BFH-Urteil vom 19. September 2002 VI R 70/01, BStBl II 2003, 139 m.w.N. aus der umfangreichen Rechtsprechung).
Demgegenüber wurden Räume, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprachen - wie beispielsweise eine Werkstatt (BFH-Urteile vom 22. Juni 1961 IV 277/59, DB 1961, 1375; vom 19. August 1998 XI R 90/96, BFH/NV 1999, 41), ein Lagerraum (BFH-Urteile in DB 1961, 1375; vom 19. September 1990 X R 110/88, BStBl II 1991, 208), die Praxisräume einer Sprachpädagogin (BFH-Urteil vom 21. März 1995 XI R 93/94, BFH/NV 1995, 875), die Notfallpraxis eines Arztes (BFH-Urteil vom 30. August 1994 IX R 126/92, BFH/NV 1995, 764) etc. -, nicht als häusliches Arbeitszimmer bezeichnet, sondern als Werkstatt, Lager oder Praxis. Allein der Umstand, dass sich diese Räume im privat genutzten Wohnhaus eines Steuerpflichtigen befanden, machte sie nicht zu einem häuslichen Arbeitszimmer.
Wesentliche, repräsentative Ausformung des Typus "häusliches Arbeitszimmer" ist demnach das häusliche Büro, also ein Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer bzw. -organisatorischer Arbeiten dient. Aus dem Wesen des Typus folgt, dass seine Grenzen fließend sind und es Übergangsformen gibt. Der jeweilige Sachverhalt muss dem Typus wertend zugeordnet werden. Entscheidend ist dabei das sich aus den konkreten Verhältnissen ergebende Gesamtbild (vgl. Lang, in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 5 AO 1977 Rz. 45; Tipke/ Kruse, AO/FGO, § 4 AO 1977 Tz. 395 ff., m.w.N.). Dementsprechend kann auch ein Kellerraum, der seiner Funktion und Ausstattung nach ein Arbeitszimmer ist, grundsätzlich unter die Abzugsbeschränkung fallen, wenn er nicht aufgrund besonderer Umstände tatsächlicher oder rechtlicher Art aus der häuslichen Sphäre des Steuerpflichtigen herausgelöst ist. Dagegen muss ein als Lager, Werkstatt oder Arztpraxis genutzter Raum bei einer für ein Arbeitszimmer atypischen Ausstattung und Funktion auch dann kein häusliches Arbeitszimmer sein, wenn er seiner Lage nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist.
Kann ein zur häuslichen Sphäre des Steuerpflichtigen gehörender, beruflich oder betrieblich genutzter Raum nach diesen Grundsätzen dem Typus nicht zugeordnet werden, sind weiterhin die von der Rechtsprechung zu § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG entwickelten Kriterien für die Abgrenzung einer nahezu ausschließlich beruflich/betrieblichen Veranlassung gegenüber einer nicht unwesentlichen privaten Mitveranlassung zu berücksichtigen.
c)
Auch ein Raum, der zusätzlich zum häuslichen Arbeitszimmer als Archiv genutzt wird, kann gemeinsam mit diesem unter die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG fallen. Ein Archiv mag zwar im Einzelfall seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach vom Typus des häuslichen Arbeitszimmers abweichen. Dementsprechend hat der BFH in seinem Urteil vom 5. September 1990 (X R 3/89, BStBl II 1991, 389, 390) hinsichtlich der Frage, ob ein im Keller gelegener Archivraum bei der Ermittlung des betrieblichen Nutzungsanteils als Hauptraum voll zu berücksichtigen sei, entschieden, dass ein Archiv den Charakter und die Funktion eines Abstellraumes habe. Gleichwohl kann ein Archiv auch (Teil-) Funktionen erfüllen, die typischerweise einem häuslichen Arbeitszimmer zukommen. In einem Arbeitszimmer werden regelmäßig auch Bücher und Akten aufbewahrt; zu diesem Zweck ist der betreffende Raum typischerweise mit Regalen oder ähnlichen Möbeln ausgestattet. Ebenso sind die Tätigkeiten, die in einem Archiv durchgeführt werden, wie das Einordnen, Sichten und Heraussuchen von Unterlagen, beruflich bedingte Tätigkeiten, die häufig auch in einem häuslichen Arbeitszimmer verrichtet werden und die (ggf. vorbereitend und unterstützend) der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dienen. Werden diese typischen Funktionen zusammen mit der dazugehörigen Ausstattung aus dem üblichen Zusammenhang gleichsam herausgelöst und in einen separaten Raum ausgelagert, so kann dies dazu führen, dass Arbeitszimmer und Archiv in Bezug auf die in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG getroffene Regelung als funktionale Einheit betrachtet werden müssen und gemeinsam unter die Abzugsbeschränkung fallen. Eine andere Betrachtungsweise würde nach der Rechtsprechung des BFH (in BStBl II 2003, 139 [BFH 19.09.2002 - VI R 70/01]) im Hinblick auf eine durch äußere Umstände vorgegebene Raumaufteilung und -nutzung zu willkürlichen Ergebnissen führen können.
Im Streitfall handelt es sich bei dem Lagerraum um einen Raum mit (Teil-) Funktionen, die typischerweise einem Arbeitszimmer zukommen. In dem Raum befinden sich alte Studien- und Weiterbildungsunterlagen des Klägers in Regalen und Lagerkisten. Dies entspricht geradezu idealtypisch den Funktionen, die auch einem ungeteilten Arbeitszimmer zukämen. Außerdem befindet sich dort ein Computer auf einem Computertisch in dem Raum. Auch wenn der Computer im Zeitpunkt der Besichtigung im März 2010 nicht angeschlossen war, als die einzelnen Verbindungskabel nicht eingesteckt waren, konnte dieser dort benutzt werden. Der Kläger hatte in den Vorjahren auch betont, den Computer für die Nutzung alter Datenbestände unter MS-DOS zu nutzen. Insgesamt handelt es sich bei einer wertenden Gesamtbetrachtung um einen Raum mit typischen Arbeitszimmerfunktionen.
Hinzu kommt, worauf das FA zutreffend hinweist, dass die dort aufbewahrten Unterlagen ganz überwiegend keinen Bezug zu der jetzigen beruflichen Situation und den aktuellen Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit aufweisen. Der Aufbewahrung alter Unterlagen und Materialien, die nicht mehr der aktuellen Einkünfteerzielungsabsicht dienen, ist der privaten Sphäre der Steuerpflichtigen zuzurechnen. Das gilt sowohl für die Lagerung eines weitgehend leeren Notfallkoffers als auch die frühere Lagerung von Medikamentenmustern jeweils aus der früheren Tätigkeit des Klägers als Arzt. Insofern besteht nach § 12 EStG ein Abzugsverbot. Werbungskosten bei den jetzigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit können solche Lagerkosten ohne Bezug zur Tätigkeit nicht begründen.
Solche Aufwendungen können auch nicht als vorweggenommene Werbungskosten einer evtl. späteren erneuten Tätigkeit des Klägers als Arzt zum Abzug zugelassen werden. Selbst wenn nämlich einige wenige Einzelstücke aus dem Lagerraum theoretisch einer evtl. späteren ärztlichen Tätigkeit zugerechnet werden könnten, käme wirtschaftlich ein Abzug allenfalls ganz untergeordneter Kosten und nicht der Gesamtkosten des Raumes in Betracht. Bei einer solchen Vermischung privater und beruflicher Aufwendungen besteht dann zudem ein steuerliches Aufteilungsverbot nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Im Übrigen hat der Kläger nicht dargetan, überhaupt in absehbarer Zeit nochmals als Arzt tätig sein zu wollen.
4.)
Aufwendungen des Klägers für die Sicherung des Giebels des "Häuslingshauses", die dieser erstmals im Schreiben vom 25. August 2010 als Erhaltungsaufwendungen bei seinen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft geltend machte und die nach dem Stand des klägerischen Vorbringens in der mündlichen Verhandlung als vorweggenommene Werbungskosten bei später zu erzielenden Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen seien, können in den Streitjahren nicht zum Abzug gebracht werden.
Es ist nicht absehbar, ob und ggf. wann der Kläger das Gebäude zu Wohnzwecken hergerichtet haben wird. Konkrete Angaben des Klägers fehlen. Es besteht lediglich eine vage Vorstellung, das Gebäude wieder einer Wohnnutzung zuführen zu wollen. Die innere und äußere Bausubstanz lässt jedoch, wie die vom Kläger vorgelegten Fotos zeigen, eine solche Nutzung derzeit nicht zu. Die Außenwände sind teilweise saniert. In der östlichen Außenwand liegen die Gefache jedoch noch frei (Foto, dort im Hintergrund). Eine innere Aufteilung in Wohnräume ist in einer den Plänen des Jahres 1998 entsprechenden Art nicht vorhanden. Das Gebäude würde dann überdies über mehr als zwei Schafräume für Erziehungsstellenkinder verfügen, so dass nicht erkennbar ist, ob und ggf. welcher Teil vermietet werden könnte oder würde.
Insgesamt lässt sich aus dem wechselnden Vortrag des Klägers nicht feststellen, ob das Gebäude zukünftig eher landwirtschaftlichen Zwecken dienen wird oder tatsächlich für Vermietungszwecke verwendet werden wird. Der Kläger hat jedenfalls seit 2005 bis zur mündlichen Verhandlung das Gebäude unverändert gelassen und sich damit alle Optionen offen gelassen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass das Gebäude weiterhin selbst genutzt werden wird. Dafür spricht vor allem auch das im Streitjahr 2005 eingebaute Gussfenster zu einem zukünftig zu errichtenden "Backhaus", das auch eher privaten Interessen zuzuordnen wäre.
Den Klägern war insoweit durch den Senat eine Präklusionsfrist nach § 79b Abs. 1 FGO gesetzt worden und die Frist war verstrichen, ohne dass die Kläger geltend gemacht hätten, das Gebäude zukünftig vermieten zu wollen. Dieser neue Vortrag erfolgte erstmal in der mündlichen Verhandlung, ohne dass die Kläger konkrete Nachweise (Bauzeichnungen, Bauantrag, Kostenvoranschläge usw.) vorlegen konnten oder wenigstens angeben konnten, wann die Bauarbeiten beginnen sollen. Ohne weitere Ermittlungen lässt sich nicht entscheiden, ob Vermietungseinkünfte anzusetzen sind. Das Gericht kann deshalb gemäß § 79b Abs. 3 FGO ohne weitere Ermittlungen entscheiden.
5.)
Die Kostenentscheidung beruht, soweit die Kläger in der Sache obsiegt haben, auf § 137 FGO, denn die Kläger hätten bereits im Verwaltungsverfahren die tatsächlichen Einnahmen aus der Tätigkeit der Klägerin angeben und eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen vermeiden können. Insoweit beruht die Entscheidung auf Tatsachen, die die Kläger früher hätten geltend machen oder beweisen können und sollen. Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 135 Abs. 1 FGO.