Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 01.02.2018, Az.: 16 U 73/17

Bindungswirkung eines Grundurteils; Umfang des Schadensersatzes wegen Werkmängeln; Kürzung des Schadensersatzanspruchs wegen Abzugs "neu für alt"

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
01.02.2018
Aktenzeichen
16 U 73/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 18948
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 13.07.2017 - AZ: 25 O 3/09

Fundstellen

  • GK/Bay 2018, 474-475
  • IBR 2018, 388

Amtlicher Leitsatz

1. Das Zwischenurteil über den Grund (§ 304 ZPO) hat für das Betragsverfahren Bindungswirkung, soweit es den Klageanspruch bejaht hat und dessen Höhe durch den anerkannten Klagegrund gerechtfertigt ist.

2. Aufgrund der Bindungswirkung des Grundurteils sind im folgenden Betragsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die den Feststellungen des Grundurteils widersprechen würden. Denn diese sind im Grundurteil bereits abschließend festgestellt und für das Betragsverfahren somit bindend.

3. Lässt der Auftraggeber die Mängel tatsächlich und vollständig beseitigen, so kann er den Schaden nicht mehr fiktiv auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens, sondern nur nach dem tatsächlich angefallenen Kostenaufwand abrechnen.

4. Eine Kürzung des Schadensersatzanspruches unter dem Gesichtspunkt eines Abzuges "neu für alt" kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn diese Vorteile ausschließlich auf einer Verzögerung der Mängelbeseitigung beruhen und sich der Auftraggeber jahrelang mit einem fehlerhaften Werk begnügen musste. Der Auftragnehmer darf dadurch, dass der Vertragszweck nicht sogleich, sondern erst später im Rahmen der Gewährleistung erreicht wird, keine Besserstellung erfahren.

In dem Rechtsstreit

Objekt Nahversorgungszentrum K. KG, vertreten durch ihren persönlich haftenden Gesellschafter ...,

Klägerin und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte:

Anwaltsbüro ...,

gegen

Ing. F. H. Bauunternehmung GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer ...,

Beklagte und Berufungsklägerin zu 2.),

Prozessbevollmächtigte:

Anwaltsbüro ...,

H. GmbH & Co. KG, vertreten durch die Geschäftsführer ...,

Streithelferin und Berufungsklägerin zu 1.),

Prozessbevollmächtigte:

Anwaltsbüro ...,

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2018 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13.07.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Hannover unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 283.605 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.11.2002 zu zahlen und ferner Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf weitere 157.022,50 € seit dem 29.11.2002 bis zum 15.01.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 21 % einschließlich der der Streithelferin, die Beklagte zu 79 % mit Ausnahme der Kosten der Streithelferin, die diese insoweit selbst zu tragen hat. Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz trägt die Klägerin zu 25 % einschließlich der Kosten der Streithelferin, die Beklagte zu 75 % mit Ausnahme der Kosten der Streithelferin, die diese insoweit selbst zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die jeweils vollstreckende Partei Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Berufung: 402.327 €.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem im Jahr 1999 geschlossenen Generalunternehmervertrag über die Errichtung des Gebäudekomplexes Nahversorgungszentrum in H., weil die nach dem Vertrag geschuldeten Dacheindeckungsarbeiten der Beklagten mangelhaft ausgeführt worden seien.

Durch rechtskräftiges Grundurteil vom 09.09.2010 hat das Landgericht dahin entschieden, dass die Beklagte "dem Grunde nach verurteilt wird, Schadensersatz an die Klägerin zu leisten bezüglich der Kosten, die erforderlich sind, um die gesamten Dachflächen des Nahversorgungszentrums in der W. S./Ecke O. in den nach dem geschlossenen GU Vertrag vom 09.08.1999 vereinbarten Zustand zu versetzen". Der Senat hat die Berufung der Beklagten durch Beschluss vom 07.04.2011 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO rechtskräftig zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das genannte Grundurteil des Landgerichts und auf die Beschlüsse des Senats vom 15.03.2011 und 07.04.2011 verwiesen. Die Parteien streiten nunmehr über die Höhe des nach dem Grundurteil zu zahlenden Schadensersatzes, den die Klägerin ursprünglich auf insgesamt 581.815,52 € beziffert hat.

Hinsichtlich einer Teilforderung der Klägerin über ursprünglich 19.219,37 € haben die Parteien einen Teilvergleich geschlossen (Blatt 1031). Im Laufe des Rechtsstreits hat die Beklagte am 15.01.2016 einen Betrag von 157.022,50 € als von ihr als angemessen angesehenen Betrag für die zwischenzeitliche Sanierung des Dachbereiches HT gezahlt. Insoweit hat die Klägerin den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt erklärt; die Beklagte hat sich dem angeschlossen.

Das Landgericht hat nach weiterer Beweiserhebung die Klage in Höhe von 402.347,50 € nebst Zinsen für begründet gehalten und die weitergehende Klage abgewiesen.

Es geht davon aus, dass das Grundurteil in Verbindung mit den Beschlüssen des OLG Celle dahin auszulegen sei, dass die Beklagte Schadensersatz nicht nur für die Beseitigung der konkret feststellbaren Schäden an den betreffenden Dächern schulde, sondern in Höhe einer kompletten Neueindeckung der Dächer. Dies ergebe sich aus der Bindungswirkung des Grundurteils und dessen Auslegung von Urteilsformel und Entscheidungsgründen. Demgemäß seien in der Folge sämtliche Einwendungen ausgeschlossen, die vor Erlass des Grundurteils hätten geltend gemacht werden können. Dies gelte insbesondere zu Einwendungen, die sich auf den im Grundurteil entschiedenen Umfang der Sanierungsarbeiten bezögen. Folglich sei allein zu ermitteln, wie hoch die Kosten einer Komplettsanierung seien, die ein Besteller im Zeitpunkt der Mängelbeseitigung aufgrund sachkundiger Beratung oder Feststellung aufwenden müsse.

Ein Abzug neu für alt sei vorliegend nicht vorzunehmen. Die Klägerin habe bereits im Jahr 2002 auf eine Komplettsanierung abzielende Schadensersatzansprüche geltend gemacht, was die Beklagte unberechtigt zurückgewiesen habe.

Im Rahmen des sogenannten kleinen Schadensersatzes gemäß § 13 Abs. 7 VOB/B habe die Klägerin Anspruch auf Ersatz der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten, wobei es nicht darauf ankomme, ob sie den Willen habe, die Mängel beseitigen zu lassen. Aus diesem Grunde sei der zu ersetzende Schaden auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Prof. F. vom 20.02.2013 und mithin mit dem dort genannten Betrag von 559.350 € festzusetzen.

Die Klägerin könne den Schaden auch insgesamt fiktiv auf Gutachtenbasis abrechnen, auch wenn eine Fläche im Dachbereich HT inzwischen saniert sei. Zwar sei grundsätzlich, wenn eine Reparatur durchgeführt worden sei, auf die konkret angefallenen niedrigeren Reparaturkosten abzustellen. Dies könne hier aber nicht festgestellt werden, weil nicht sicher sei, dass tatsächlich eine Komplettsanierung mit allen vom Sachverständigen vorgesehenen Maßnahmen hinsichtlich der Dachfläche HT durchgeführt worden sei.

Auch die Einrede der Verjährung greife nicht durch, weil durch das Teilurteil verbindlich der Umfang der Schadensersatzverpflichtung festgelegt worden sei.

Entgegen der Auffassung der Beklagten stehe auch die Klageabweisung in dem Rechtsstreit 11 O 213/06 LG Hannover, OLG Celle 16 U 57/13 nicht aufgrund der Rechtskraftwirkung der dort ergangenen klageabweisenden Urteile der Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit entgegen. Es könne schon nicht festgestellt werden, dass in jenem Rechtsstreit identische Schadensersatzansprüche hinsichtlich der Sanierungsarbeiten zum Wandanschlusspultdach an das Schmetterlingsdach enthalten seien. Zum anderen sei bereits vor Rechtskraft der dort ergangenen Entscheidungen im vorliegenden Fall rechtskräftig durch Grundurteil zum Schadensersatzanspruch entschieden worden.

Gegen dieses Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten gemäß § 540 ZPO verwiesen wird, richtet sich die Berufung der Beklagten und deren Streithelferin, mit der sie die Klageabweisung erstreben.

Sie wenden sich gegen die vom Landgericht vertretene Auffassung zur Auslegung und Bindungswirkung des Grundurteils. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei durch das Grundurteil nicht etwa dahin entschieden, dass die Kosten erstattet werden sollten, die für eine Neuherstellung sämtlicher Dachflächen notwendig seien. Dies ergebe sich bereits aus dem Tenor des Grundurteils, der nicht auslegungsbedürftig sei. Es komme folglich allein darauf an, dass die Kosten erstattet werden, die konkret für die Herstellung eines mangelfreien Daches erforderlich seien.

Selbst wenn man eine Auslegung des Grundurteils vornehmen wollte, sei damit nicht dahin entschieden, dass die Kosten für die Neuherstellung sämtlicher Dachflächen zu erstatten seien. Die Verpflichtung zur vollständigen Sanierung beziehe sich folglich nur auf die Dachfläche HT. Dagegen seien die Pultdächer und anderen Dachteile von der Entscheidung nicht umfasst. Auch nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. F. stehe fest, dass nicht sämtliche Dachflächen außer der Dachfläche HT mit einem Systemmangel behaftet seien und deshalb eine vollständige Sanierung erforderten. Die Bindungswirkung des Grundurteils könne sich nur auf den Urteilsausspruch erstrecken, nicht dagegen auf die in den Entscheidungsgründen angegebene rechtliche Begründung.

Fehlerhaft habe das Landgericht zudem auch fiktive Mängelbeseitigungskosten zugesprochen, obwohl eine Teilfläche (Dachbereich HT) inzwischen saniert worden sei. Die Klägerin könne daher insoweit nicht die höheren Aufwendungen nach Gutachten ersetzt verlangen, sondern allenfalls die hierfür entstandenen geringeren Aufwendungen. Für die erfolgte Sanierung habe die Klägerin tatsächlich lediglich einen Betrag aufgewandt, der jedenfalls nicht über den hierfür bereits gezahlten 157.022,50 € (berechnet von der Streithelferin, Anlage S3) liege.

Die Beklagte ist zudem der Auffassung, die Klägerin könne Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten nur geltend machen, soweit sie den Schaden beseitigen lässt. Tatsächlich seien der Klägerin im Hinblick auf die übrigen Dachflächen keine Kosten entstanden, weil eine Sanierung von der Klägerin nicht durchgeführt worden ist.

Weiter wendet die Beklagte ein, die vom Sachverständigen ermittelten Kosten seien zu hoch, weil er seiner Schätzung den mittleren Betrag zugrunde gelegt habe. Bei einer Schätzungsbandbreite könne regelmäßig nur der untere Betrag ausgeurteilt werden. Auch Regiekosten von 15 % seien überhöht.

Entgegen der Auffassung des Landgerichtes sei vorliegend auch ein Abzug neu für alt vorzunehmen.

Die Beklagte erhält auch die Einrede der Verjährung aufrecht, soweit sich die Klägerin auf neue oder andere Mängel berufe.

Schließlich bestehe auch kein Anspruch auf Austausch der Attika-Abdeckung. Über diesen Mangel sei bereits rechtskräftig in dem Verfahren 11 O 213/06 LG Hannover, OLG Celle 16 U 57/13 durch Klageabweisung entschieden. Dort sei der nämliche Schaden ebenfalls geltend gemacht und die Klage abgewiesen worden. Weitergehend ist die Streithelferin der Auffassung, dass jenes Verfahren die gesamten übrigen Dachflächen betreffe.

Auch die Zinsentscheidung des Landgerichtes sei zu beanstanden, weil fehlerhaft Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zugesprochen worden seien. § 288 Abs. 2 BGB sei auf Schadensersatzansprüche nicht anwendbar.

Die Beklagte und deren Streithelferin beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend.

II.

Die Berufung ist überwiegend nicht begründet.

1. Zutreffend ist das Landgericht für die Bemessung der Schadenshöhe zunächst von dem rechtskräftigen Grundurteil der Kammer vom 09.09.2010 ausgegangen, dessen Tenor im Wortlaut wie folgt lautet:

"die Beklagte wird dem Grunde nach verurteilt, Schadensersatz an die Klägerin zu leisten bezüglich der Kosten, die erforderlich sind, um die gesamten Dachflächen des Nahversorgungszentrums in der W. Straße/Ecke O. in den nach dem geschlossenen GU-Vertrag vom 9.8.1999 vereinbarten Zustand zu versetzen."

Die Parteien streiten nunmehr darüber, ob mit diesem Grundurteil die Schadensersatzpflicht dem Grunde nach für die gesamten Dachflächen des genannten Bauvorhabens, die aus mehreren Teilen bestehen (siehe dazu etwa das Lichtbild im Gutachten F. vom 20.02.2013, Seite 4) ausgeurteilt ist, oder sich das Grundurteil allein auf eine Teilfläche dieses Bauvorhabens bezieht.

Mit Recht hat das Landgericht folglich durch Auslegung der Urteilsformel einschließlich der Entscheidungsgründe des Grundurteils ermittelt, worüber das Gericht wirklich entschieden hat. Dies entspricht der Rechtsprechung des BGH, wonach sich ein Gericht nicht in Widerspruch zu seinem früheren Grundurteil setzen darf. Das folgt zwar nicht aus der Rechtskraft im Sinne des § 322 ZPO, weil ein Zwischenurteil nach § 304 ZPO nur formell, nicht aber auch materiell rechtskräftig wird, ergibt sich aber aus der Bindungswirkung des § 318 ZPO (BGH, Urteile vom 14. April 1987 - IX ZR 149/86, NJW-RR 1987, 1196; vom 5. Oktober 1965 - VI ZR 90/64, VersR 1965, 1173, jeweils m. w. N.). Diese entspricht inhaltlich der Rechtskraft (BGH, Beschluss vom 21. Februar 1994 - II ZB 13/93, NJW 1994, 1222). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für den Umfang der Bindung eines Grundurteils das wirklich Erkannte maßgebend. Was erkannt worden ist, wird durch die Urteilsformel in Verbindung mit den Urteilsgründen festgelegt (BGH, Urteil vom 14. Juli 2011 - VII ZR 142/09 -, Rn. 17, juris). In einer weiteren Entscheidung hat der BGH zu diesem Thema entschieden (BGH, Urteil vom 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13 -, Rn. 17, juris):

"Dies ist durch Auslegung von Urteilsformel und Entscheidungsgründen zu ermitteln (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2012 - VI ZR 55/12, NJW 2013, 1163 Rn. 9; BGH, Urteile vom 13. Oktober 2000 - V ZR 356/99, NJW 2001, 78, 79; vom 14. Juni 2002 - V ZR 79/01, NJW 2002, 3478, 3479; vom 14. Juli 2011 - VII ZR 142/09, a. a. O. Rn. 17, jeweils m. w. N.; Beschluss vom 21. Februar 1994 - II ZB 13/93, NJW 1994, 1222 f.). Eine Bindung an Tatbestand und Entscheidungsgründe tritt insoweit ein, als sie den festgestellten Anspruch kennzeichnen, mithin dessen Inhalt bestimmen (BGH, Urteil vom 14. Juni 2002 - V ZR 79/01, a. a. O.; Musielak/Musielak, ZPO, 10. Aufl., § 304 Rn. 11; Rensen in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 304 Rn. 69). Das Zwischenurteil über den Grund (§ 304 ZPO) hat für das Betragsverfahren Bindungswirkung, soweit es den Klageanspruch bejaht hat und dessen Höhe durch den anerkannten Klagegrund gerechtfertigt ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2009 - IX ZR 87/08, FamRZ 2009, 2075 Rn. 19; Hk-ZPO/Saenger, 5. Aufl., § 304 Rn. 15). Es legt fest, auf welcher Grundlage das Betragsverfahren aufzubauen hat und welche Umstände bereits - für die Parteien bindend - abschließend im Grundverfahren geklärt sind."

Gemessen an diesen Grundsätzen der Rechtsprechung ist das Vorgehen des Landgerichts nicht zu beanstanden. Bereits in dem oben zitierten Tenor des Grundurteils ist die Rede von den "gesamten Dachflächen des Nahversorgungszentrums", was nur den Schluss darauf zulässt, dass das Gericht im Grundurteil über sämtliche Dachflächen entschieden hat und entscheiden wollte. Dazu bedarf es im Grunde nicht einmal einer Auslegung, weil von den gesamten Dachflächen des Nahversorgungszentrums gesprochen wird. Dies belegen auch die Ausführungen im Tatbestand des Grundurteils, in dem es heißt, die Klägerin behauptet, aufgrund der Mängel müsse die gesamte Dachfläche (Unterstreichung durch den Senat) erneuert werden, was Sanierungskosten für die Dachflächen 1 - 8 in Höhe von 581.815,52 € netto... verursache (Blatt 269 der Akten). Dies entspricht auch dem Vorbringen der Klägerin bereits in der Klageschrift, in der dargestellt wird, dass die von den Sachverständigen Dr. K. und S. nach Untersuchung der Dachfläche 1 festzustellenden Mängel auch bei den weiteren Dachflächen 2 - 8 vorlägen. Dem entsprechend hat die Klägerin auch für die gesamten Dachflächen (Dächer 1 - 8) einen Gesamtschaden in der Klageschrift von 581.815,52 € errechnet und mit der Klage geltend gemacht. Dass auch die weiteren Dachflächen Gegenstand der Klage waren, haben auch die Beklagte und deren Streithelferin erkannt, was sich bereits aus der Klageerwiderung (Bl. 45) und dem Schriftsatz der Streithelferin vom 15.04.2009 (Bl. 85) ergibt. Da dieser Sachvortrag sinngemäß ebenso im Tatbestand des Grundurteils enthalten ist, folgt daraus bereits zwingend, dass das Landgericht im Grundurteil auch über diesen geltend gemachten Anspruch insgesamt entschieden hat und entscheiden wollte. Anderenfalls hätten in dem Grundurteil auch Ausführungen dazu gemacht werden müssen, welche Mängel an den übrigen Dachflächen, die ebenfalls Gegenstand der Klage waren (siehe oben) vorliegen oder nicht vorliegen und einen Schadensersatzanspruch dem Grunde nach rechtfertigen oder eben nicht rechtfertigen. Dies ist aber im Grundurteil nicht geschehen. Im Gegenteil heißt es unter Ziffer 2 der Entscheidungsgründe, infolge fehlerhafter Verlegung der Dacheindeckung und Nichtbeachtung der erforderlichen bauphysikalischen Erfordernisse am Dachaufbau muss die gesamte Dachfläche neu errichtet werden, was zu bisher von der Klägerin behaupteten Kosten von ca. 601.000 € führen kann und weiter, weil die gesamte Dachfläche zur Herstellung des vertraglich vereinbarten Zustandes neu ordnungsgemäß eingedeckt werden muss.

Die Berufung der Beklagten und der Streithelferin gegen das vorgenannte Grundurteil ist durch den Senat gemäß § 522 ZPO zurückgewiesen worden. Das Landgericht hat in seiner Entscheidung zutreffend darauf abgestellt, dass auch der Senat das Grundurteil in dem vorgenannten Sinne verstanden und letztlich bestätigt hat. In diesem Sinne hat der Senat auch in seinem Hinweisbeschluss von einer vollständigen Sanierung gesprochen, was in diesem Zusammenhang nur bedeuten kann, dass damit sämtliche Dachflächen des streitigen Bauvorhabens angesprochen waren. Dabei ist es nicht entscheidend gewesen, dass durch die eingeholten Gutachten allein eine Teilfläche des Daches gutachterlich untersucht worden war, weil nach Auffassung sowohl des Landgerichts, wie auch des Senats im vorliegenden Fall Systemfehler in der handwerklichen Herstellung festzustellen waren, die sich in gleicher Weise auf die übrigen Dachflächen erstreckten. Daraus folgt, dass mit dem rechtskräftigen Grundurteil über Schadensersatzansprüche der Klägerin dahin befunden worden ist, dass dem Grunde nach Schadensersatz zu leisten ist bezüglich der Kosten, die erforderlich sind, um die gesamten Dachflächen in einen vertragsgemäßen Zustand zu versetzen.

Aufgrund der oben aufgezeigten Bindungswirkung des Grundurteils sind im folgenden Betragsverfahren folglich alle Einwendungen ausgeschlossen, die den oben genannten Feststellungen des Grundurteils widersprechen würden. Denn diese sind im Grundurteil bereits abschließend festgestellt und für das Betragsverfahren somit bindend. Zu den Anforderungen an ein Grundurteil siehe auch eine neuere Entscheidung des BGH (VII ZR 168/15), wonach ein Grundurteil nur ergehen kann, wenn grundsätzlich alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind. Deshalb ist jede Diskussion darüber ausgeschlossen, ob und welche Mängel an den Dachflächen im Ergebnis vorliegen, denn diese Feststellung war bereits notwendiger Inhalt des vorgenannten Grundurteils, ohne die eine entsprechende Verurteilung der Beklagten nicht hätte erfolgen können. Dies betrifft insbesondere auch die Frage des Umfangs der Sanierungsarbeiten, wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt (LGU 6).

Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass bis zu der Entscheidung des Senats über die Berufung gegen das Grundurteil nicht geltend gemacht worden war, dass es sich bei den übrigen Dachflächen von der Konstruktion her um eine grundsätzlich andere Herstellung handele und diese folglich auch nicht vergleichbar wären. Einen Vortrag dazu hat die Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 20.04.2012 (Bl. 605) gebracht.

Danach kann es im vorliegenden Betragsverfahren allein noch darum gehen, in welcher Höhe der Klägerin tatsächlich Sanierungskosten in dem vorgenannten Sinne zu ersetzen sind (LGU Seite 6 zu Ziffer 2).

2. Das Landgericht ist folglich zur Höhe des Anspruchs zutreffend von den vom Sachverständigen Prof. F. in seinem Gutachten vom 20.02.2013 ermittelten Gesamtkosten für die Sanierung der Dächer in Höhe von 559.350 € ausgegangen. Der Sachverständige hat seine Kostenermittlung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht nochmals erläutert und bestätigt, soweit es um die hier zu entscheidende vollständige Sanierung der Dachflächen geht. Entgegen der Auffassung der Beklagten und deren Streithelferin sind diese so ermittelten Kosten auch nicht etwa überhöht. Der Sachverständige hat die von ihm ermittelten Preise auf der Basis ortsüblicher mittlerer Kalkulationswerte angesetzt und darauf hingewiesen, dass diese selbstverständlich Toleranzen aufweisen können. Nach dem von ihm verwendeten Kompendium BKI Baukostenplanung gibt es untere, mittlere und obere Werte für bestimmte Baumaßnahmen. Das erkläre sich daraus, dass an unterschiedlichen Standorten unterschiedliche Kosten aufgewandt werden müssten. Er sei hier von dem mittleren Wert ausgegangen, weil dies der für H. einschlägige Wert sei. Für die einzelnen Hauptpositionen habe er jeweils aktuelle Preise nachgefragt und die von ihm auf diese Weise erhaltenen Informationen umgesetzt und die entsprechenden Preise im Gutachten angesetzt. Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden, weshalb es im vorliegenden Fall auch nicht geboten ist, etwa nur den unteren Betrag einer möglichen Schadensschätzung zugrunde zu legen. Die Klägerin hat grundsätzlich Anspruch auf die Kosten einer Komplettsanierung, die ein Besteller im Zeitpunkt der Mängelbeseitigung aufgrund sachkundiger Beratung oder Feststellung aufwenden muss. Diese Kosten hat der Sachverständige im oben genannten Sinne zutreffend ermittelt, sodass davon grundsätzlich keine Abzüge vorzunehmen sind. Dies gilt auch für die angesetzten Regiekosten in Höhe von 15 %, die bei einer Sanierungsmaßnahme dieses Umfanges und dieser Komplexität ebenso gerechtfertigt wie auch zu erwarten sind.

Bedenken gegen die Schadensberechnung auf der Grundlage eines Gutachtens (fiktive Schadensberechnung) bestehen allerdings insoweit, als die Klägerin mittlerweile eine Teilfläche des Daches (HT) tatsächlich saniert hat. Die Beklagte und deren Streithelferin haben darauf hingewiesen, dass in einem solchen Fall die Grundlage für eine weiterhin fiktive Schadensberechnung insoweit entfallen ist und daher nur noch tatsächlich entstandene Kosten geltend gemacht werden könnten. Diese Kosten seien jedenfalls nicht höher, als die von der Streithelferin für die Sanierung berechneten Aufwendungen in Höhe von 157.022,50 €, die auf den Schadensbetrag am 15.01.2016 auch bezahlt worden sind. Die Klägerin ist dem nicht entgegengetreten und hat auch entgegen der mehrfachen Rüge der Beklagten die ihr tatsächlich insoweit entstandenen Sanierungsaufwendungen ihrerseits nicht belegt.

Nach der Rechtsprechung kann der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen Mängeln eines Werks grundsätzlich nach den Kosten berechnet werden, die für eine ordnungsgemäße Mängelbeseitigung erforderlich sind, wobei es nicht darauf ankommt, ob und in welchem Umfang der Besteller die Mängel tatsächlich beseitigt. Dennoch ist umstritten, ob der Besteller auch dann noch auf Gutachtenbasis den Schaden abrechnen kann, wenn die Sanierung bereits zu einem geringeren Preis als vom Gutachter angenommen vorgenommen worden ist.

Der Senat folgt für diesen Fall der Entscheidung des OLG Köln (11 U 94/14), das dazu ausgeführt hat: "Lässt der Auftraggeber die Mängel tatsächlich und vollständig beseitigen, so kann er den Schaden nicht mehr fiktiv auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens, sondern nur nach dem tatsächlich angefallenen Kostenaufwand abrechnen. Dies hat der Bundesgerichtshof zum Ersatz von Kraftfahrzeugschäden entschieden (BGH NJW 2014, 535 [BGH 03.12.2013 - VI ZR 24/13]). Zur Begründung hat er überzeugend ausgeführt, es verstehe sich von selbst, dass auf der Grundlage einer preiswerteren Reparaturmöglichkeit abzurechnen sei, wenn ein Verweis der Schädigerseite darauf nicht einmal erforderlich sei, weil der Geschädigte die Möglichkeit einer vollständigen und fachgerechten, aber preiswerteren Reparatur selbst darlegt und sogar wahrgenommen hat. Der Vortrag des Geschädigten, trotzdem sei der vom Sachverständigen angegebene Betrag zur Herstellung erforderlich, sei dann unschlüssig. Eine abweichende Betrachtung würde dazu führen, dass der Geschädigte an dem Schadensfall verdiene, was dem Verbot widerspräche, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Dabei handelt es sich um allgemeine schadensersatzrechtliche Erwägungen, die folglich auch für den Schadensersatz im Rahmen der werkvertraglichen Gewährleistung gelten" (OLG Köln, Urteil vom 22. April 2015 - I-11 U 94/14 -, Rn. 24, juris).

Kommt somit eine fiktive Schadensberechnung auf Gutachtenbasis für den bereits sanierten Teilbereich nicht in Betracht, sind die darauf bezogenen Kosten zunächst von der Berechnung abzuziehen. Der Senat orientiert sich dabei an den vom Sachverständigen in seinem Gutachten vom 28.03.2014 für die Dachfläche HT ermittelten Kosten von netto 239.778 € zuzüglich der darauf anfallenden Regiekosten in Höhe von 35.967 €, sodass sich einschließlich der von der Beklagten bereits gezahlten 157.022,50 € ein Gesamtschaden von 440.627,50 € ergibt. Unter Abzug des bereits ausgeglichenen Teilschadens (insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit für erledigt erklärt) verbleibt somit eine Schadenssumme von 283.605 €.

Das insoweit neue Vorbringen der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.01.2018 - die Klägerin hat nunmehr erstmals ein Anlagenkonvolut vorgelegt, aus dem sich ein Sanierungsaufwand von netto 251.076,51 € ergibt, ist nicht mehr zu berücksichtigen. Die Klägerin ist mit diesem Vortrag nach § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert. Das Thema der Schadensberechnung und insbesondere die Frage, ob die Klägerin weiterhin auch fiktiv nach Gutachten abrechnen könne, auch wenn eine Teilfläche unstreitig bereits saniert ist, war schon Gegenstand der schriftsätzlichen Auseinandersetzung der Parteien in erster Instanz. Die Klägerin hat es versäumt, die offensichtlich dazu schon seit langem vorliegenden Unterlagen einzureichen und wenigstens hilfsweise damit die Schadenshöhe darzustellen. Eines weitergehenden Hinweises dazu bedurfte es nicht, weil die Parteien den Streitstoff und die unterschiedlichen Rechtsauffassungen bereits ausführlich diskutiert hatten. Die Nichtvorlage beruht daher zumindest auf Nachlässigkeit.

3. Mit dem Landgericht ist der Senat der Auffassung, dass eine Kürzung des Schadensersatzanspruches unter dem Gesichtspunkt eines Abzuges "neu für alt" vorliegend nicht in Betracht kommt. Eine Anrechnung kommt nach der Rechtsprechung des BGH jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn diese Vorteile - wie hier - ausschließlich auf einer Verzögerung der Mängelbeseitigung beruhen und sich der Auftraggeber jahrelang mit einem fehlerhaften Werk begnügen musste. Der Auftragnehmer darf dadurch, dass der Vertragszweck nicht sogleich, sondern erst später im Rahmen der Gewährleistung erreicht wird, keine Besserstellung erfahren. Ein solches Ergebnis widerspräche dem Gesetzeszweck der Gewährleistung im Werkvertragsrecht (BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 - VII ZR 169/82 -, BGHZ 91, 206 - 217, Rn. 34). So liegt der Fall auch hier. Wie sich aus dem Tatbestand des Grundurteils ergibt, hat die Klägerin bereits unmittelbar nach der Übergabe des Objekts mehrfach Undichtigkeiten in den Dächern gerügt und zur Schadensfeststellung bereits im Dezember 2002 ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet, nachdem die Beklagte ihre Verantwortlichkeit für die Undichtigkeiten in Abrede genommen hatte. Die Verzögerung der Nachbesserung beruht danach auf dem Verhalten der Beklagten und ihrer Streithelferin, sodass ihr bei einer wertenden Abwägung entsprechende Vorteile auch nicht zugute kommen können.

4. Auf die Einrede der Verjährung braucht auch nicht weiter eingegangen zu werden, denn die Klägerin hat von Beginn an stets den nämlichen Schaden geltend gemacht, über den auch im Grundurteil des Landgerichts bereits rechtskräftig erkannt worden ist.

5. Endlich muss auch nicht entschieden werden, ob und welche Auswirkungen die in dem Rechtsstreit 11 O 213/06 LG Hannover/16 U 57/13 OLG Celle erfolgte Klageabweisung etwaiger Ansprüche der Klägerin auf den hier geltend gemachten Schadensersatzanspruch haben könnte. Die in jenem Verfahren durch den Senat mit Urteil vom 20.03.2014 ausgesprochene Klageabweisung kann schon deshalb keine Auswirkungen auf den vorliegenden Rechtsstreit haben, weil das hier entscheidende Grundurteil, mit dem der Schadensersatzanspruch dem Grunde nach letztlich rechtskräftig zugesprochen worden ist, bereits mit dem Zurückweisungsbeschluss des Senats gemäß § 522 Abs. 2 ZPO vom 07.04.2011 rechtskräftig geworden ist.

6. Die Klägerin hat Anspruch auf Verzugszinsen gemäß § 288 Abs. 1 BGB in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Insoweit ist das angefochtene Urteil auf die Berufung abzuändern. § 288 Abs. 2 BGB (a. F.), der einen höheren Zinssatz vorsieht, ist nicht anzuwenden, denn diese Vorschrift gilt allein für Entgeltforderungen und erfasst somit nicht die hier streitige Schadensersatzforderung.

Die Klägerin hat damit Anspruch auf Zinsen in der genannten Höhe aus 283.605 € seit dem 29.11.2002 und ferner Zinsen auf weitere 157.022,50 € seit dem 29.11.2002 bis zum 15.01.2016.

7. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 92, 91 a, 101 Abs. 1 ZPO. Dabei ist berücksichtigt, dass die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auch hinsichtlich des durch Zahlung erledigten Teils aufzuerlegen waren. Diese Kostenentscheidung erfasst auch die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens (25 OH 3/02 LG Hannover); Parteien und Streitgegenstand sind insoweit identisch. Einer besonderen Erwähnung im Entscheidungstenor bedarf es dazu nicht.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.