Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 21.02.2018, Az.: 23 EK 5/17
Ansprüche eines Rechtsanwalts wegen überlanger Dauer eines Beschwerdeverfahrens im anwaltsgerichtlichen Verfahren
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 21.02.2018
- Aktenzeichen
- 23 EK 5/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 64131
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AnwGH Niedersachsen - AZ: AGH 4/16 (I 2)
Rechtsgrundlagen
- § 198 Abs. 1 S. 1 GVG
- § 198 Abs. 2 S. 2 GVG
- § 198 Abs. 4 S. 1 GVG
- § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG
- § 116 Abs. 1 S. 2 BRAO
Redaktioneller Leitsatz
1. Es stellt eine unangemessen lange Dauer i.S. von § 198 Abs. 1 S. 1 GVG dar, wenn ein von einem im anwaltsgerichtlichen Verfahren als Zeuge vernommenen Rechtsanwalt nach Ablehnung seines Akteneinsichtsgesuchs angestrengtes Beschwerdeverfahren mehr als 18 Monate dauert.
2. Da jedoch gerichtliche Verfahrensverzögerungen bei einem Rechtsanwalt erfahrungsgemäß und regelmäßig zu geringen psychischen Belastungen führen, erscheint es ausreichend, zur Wiedergutmachung von einer Entschädigungszahlung abzusehen und lediglich die Unangemessenheit der Verfahrensdauer festzustellen.
Tenor:
Es wird festgestellt, dass das Verfahren vor dem Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof, Az. AGH 4/16 (I 2), unangemessen lange gedauert hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt das beklagte Land auf Entschädigung für erlittene immaterielle Nachteile wegen der überlangen Dauer des von ihm als Beschwerdeführer vor dem Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof unter dem Aktenzeichen AGH 4/16 (I 2) angestrengten Beschwerdeverfahrens in Anspruch.
Der Entschädigungsklage liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: In dem beim Anwaltsgericht für den Bezirk der Rechtsanwaltskammer ... (Az. 1. AnwG 1/15) anhängigen berufsrechtlichen Verfahren gegen Rechtsanwältin M. aus ... trat der Entschädigungskläger als Zeuge auf. Hintergrund des anwaltsgerichtlichen Verfahrens gegen die Rechtsanwältin war, dass sie in einem Nachlassverfahren als abberufene Testamentsvollstreckerin ihren Verpflichtungen zur Herausgabe von Nachlassgegenständen an den Entschädigungskläger als neu bestellten Testamentsvollstrecker nicht nachgekommen war und die Herausgabeansprüche auch nach deren Titulierung nicht erfüllt hatte.
Der Entschädigungskläger brachte in dem anwaltsgerichtlichen Verfahren mehrere Akteneinsichtsgesuche an, die der Vorsitzende des Anwaltsgerichts jeweils ablehnte, zuletzt mit Verfügung vom 12.01.2016. Der hiergegen gerichteten Beschwerde des Entschädigungsklägers half das Anwaltsgericht mit Beschluss vom 02.02.2016 nicht ab. Mit Verfügung vom 05.02.2016 teilte der Niedersächsische Anwaltsgerichtshof (Az. AGH 4/16-II 3/5) dem Entschädigungskläger mit, dass das von ihm angestrengte Beschwerdeverfahren nunmehr dort geführt werde. Eine weitere Bearbeitung des Beschwerdeverfahrens fand danach nicht statt. Hierauf rügte der Entschädigungskläger mit Schriftsatz vom 12.10.2016 die Dauer des Verfahrens. Da dem Verfahren auch in der Folgezeit kein Fortgang gegeben wurde, rügte er mit Schriftsatz vom 01.02.2017 erneut die Dauer des Verfahrens und fragte nach dessen Sachstand an. Auch hierauf erhielt er keine Reaktion. Nachfolgend erhob er im vorliegenden Verfahren am 23.08.2017 Entschädigungsklage gegen das beklagte Land.
Der Niedersächsische Anwaltsgerichtshof hat die in dem o.g. anwaltsgerichtlichen Verfahren angebrachte Beschwerde des Entschädigungsklägers zwischenzeitlich mit Beschluss vom 07.11.2017, Az. AGH 4/16 (I 2), zurückgewiesen.
Der Kläger meint, das Beschwerdeverfahren vor dem Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof sei über einen Zeitraum von 18 Monaten verzögert worden. Ein sachlicher Grund für die eingetretene Verzögerung sei nicht zu erkennen. Der dem Beschwerdeverfahren zugrundeliegende Sachverhalt sei unstreitig. Hinsichtlich seines Akteneinsichtsbegehrens sei lediglich über eine Rechtsfrage zu entscheiden gewesen.
Der Kläger beantragt,
das beklagte Land X zur Zahlung einer durch das Gericht festzusetzenden billigen Entschädigung, die wenigstens 1.200,- € betragen sollte, an den Kläger zu verurteilen.
Das beklagte Land beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ein Entschädigungsanspruch des Klägers komme bereits deshalb nicht in Betracht, da es bzgl. der Behandlung seines in dem anwaltsgerichtlichen Verfahren angebrachten Akteneinsichtsgesuchs an einem gerichtlichen Verfahren i.S. von § 198 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 GVG fehle. Denn die in § 116 Abs. 2 Satz 1 BRAO enthaltene Verweisung auf die Entschädigungsvorschriften der §§ 198 ff. GVG beziehe sich lediglich auf das Verfahren vor dem Anwaltsgericht selbst und nicht auf Anträge Dritter, die ihm Rahmen eines gegen einen Anwalt geführten Verfahrens an das Anwaltsgericht gerichtet würden.
Im Übrigen scheide ein Entschädigungsanspruch auch deshalb aus, weil der Kläger durch die Ablehnung seines Akteneinsichtsgesuchs allenfalls marginal getroffen worden sei.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1.
Die Klage ist zulässig, jedoch nur in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet.
a)
Die Statthaftigkeit der Klage folgt aus § 116 Abs. 2 Satz 1 BRAO i.V.m. § 198 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 GVG. Die sachliche und örtliche Entscheidungszuständigkeit des Oberlandesgerichts Celle ergibt sich aus § 201 Abs. 1 Satz 2 GVG. Die Frist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG zur Erhebung der Entschädigungsklage ist gewahrt.
b)
Dem Kläger steht keine finanzielle Entschädigung nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG zu. Nach den besonderen Umständen des vorliegenden Falls reicht die Feststellung der unangemessenen Dauer seines Beschwerdeverfahrens vor dem Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof zur Wiedergutmachung der von ihm erlittenen Nachteile aus.
aa)
Bei dem der Entschädigungsklage zugrundeliegenden Beschwerdeverfahren vor dem Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof handelte es sich um ein gerichtliches Verfahren i.S. von § 198 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 Nr. 1 GVG.
Dem Begriff "Gerichtsverfahren" in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG unterfällt nach dem Willen des Gesetzgebers jedes Verfahren von der Einleitung bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss (vgl. Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, BT-Drs. 17/3802 S. 22; Müko-ZPO/Zimmermann. 5. Auflage, § 198 Rd. 22). Dies gilt zunächst für alle gerichtlichen Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Über entsprechende Verweisungen in den Verfahrensordnungen der Fachgerichtsbarkeiten findet die Vorschrift jedoch auch auf dort anhängige bzw. anhängig gewesene Verfahren Anwendung. Für anwaltsgerichtliche Verfahren ist dies in § 116 Abs. 2 Satz 1 BRAO bestimmt.
Zwar war der Entschädigungskläger an dem o.g. anwaltsgerichtlichen Verfahren des Anwaltsgerichts für den Bezirk der Rechtsanwaltskammer ... nicht beteiligt i.S. von § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG, sondern wurde lediglich als Zeuge vernommen. Jedoch stellte das vom ihm wegen der Ablehnung seines beim Anwaltsgericht angebrachten Akteneinsichtsgesuchs angestrengte Beschwerdeverfahren ein eigenständiges gerichtliches Verfahren dar. Über sein Akteneinsichtsgesuch hatte nach § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 475 Abs. 1 StPO zunächst das Anwaltsgericht zu entscheiden. Gegen die ablehnende Verfügung des Anwaltsgerichts war nach § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. §§ 304, 305 StPO die Beschwerde vor dem Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof eröffnet. Die Beschwerdeentscheidung über das Akteneinsichtsbegehren war mithin einem eigenständigen gerichtlichen Verfahren i.S. von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG unterworfen. Entsprechend der Verweisung in § 116 Abs. 2 Satz 1 BRAO findet die Entschädigungsregelung des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG auf dieses Verfahren Anwendung. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus der Ausnahmeregelung in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG, wonach die Anwendbarkeit der Entschädigungsregelung des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG nur für das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung bis zur Herbeiführung einer Entscheidung ausgeschlossen ist. Eine weitergehende Einschränkung für andere gerichtliche Verfahren lässt sich dem Wortlaut der Bestimmungen in §§ 198 ff. GVG nicht entnehmen. Auch aus den Gesetzesmaterialien ist für eine vom Gesetzgeber gewollte weitergehende Einschränkung nichts ersichtlich. Schließlich spricht der Sinn und Zweck der Entschädigungsregelung, wonach dem Betroffenen im Fall der Gefährdung bzw. der Verletzung seines aus Artikel 19 Abs. 4, Artikel 20 Abs. 3 GG und Artikel 6 EMRK folgenden Anspruchs auf Rechtsschutz in angemessener Zeit ein Ersatz für die erlittenen materiellen oder immateriellen Nachteile gewährt werden soll (vgl. Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, BT-Drs. 17/3802 S. 1 f.), ebenfalls dafür, gerichtliche Beschwerdeverfahren, wie vorliegend das vom Entschädigungskläger vor dem Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof geführte Beschwerdeverfahren in die Entschädigungsregelung des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG einzubeziehen.
bb)
Das vom Entschädigungskläger vor dem Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof geführte Beschwerdeverfahren war von unangemessener Dauer.
Hinsichtlich der Frage der Angemessenheit der Verfahrensdauer i.S. von § 198 Abs. 1 GVG ist eine generelle Festlegung, wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, nicht möglich. Dem zur Entscheidung über eine Entschädigungsklage berufenen Gericht steht insoweit ein Beurteilungsspielraum zu. Die Verfahrensdauer ist indes dann als unangemessen anzusehen, wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausgerichtete und den Gestaltungsspielraum der Gerichte bei der Verfahrensführung beachtende Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalls ergibt, dass die Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, verletzt ist (vgl. BVerfG NJW 2005, 3488 [BVerfG 29.03.2005 - 2 BvR 1610/03]; BGH NJW 2017, 2487; 2015, 1312). Von Relevanz sind dabei insbesondere die Natur des Verfahrens, die Schwierigkeit des Falls, die Bedeutung der Sache für die Beteiligten sowie das Verhalten des Betroffenen (vgl. Müko-ZPO/Zimmermann, aaO, § 198 Rd. 30 mwN).
Vorliegend hat der Senat bei der Beurteilung des der Entschädigungsklage zugrundeliegenden Beschwerdeverfahrens vor dem Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof in den Blick genommen, dass dem Verfahren ein unstreitiger sowie überschaubarer Sachverhalt zugrunde lag und ausschließlich über die Rechtsfrage zu entscheiden war, ob dem Entschädigungskläger als Nichtbeteiligtem in dem o.g. anwaltsgerichtlichen Verfahren ein Anspruch auf Akteneinsicht nach § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 475 Abs. 1 StPO zustand. Diese Rechtsfrage war überdies von allenfalls durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad. Dennoch hat der Niedersächsische Anwaltsgerichtshof das Beschwerdeverfahren trotz mehrerer Verzögerungsrügen des Entschädigungsklägers über lange Zeit ohne erkennbaren sachlichen Grund nicht gefördert. Der Entschädigungskläger seinerseits hatte zu der Verfahrensverzögerung keinerlei Anlass gegeben. In Ansehung dieser Umstände sieht der Senat die Dauer des Beschwerdeverfahrens als nicht mehr vertretbar, sondern unangemessen lang an.
cc)
Der Entschädigungskläger hat in dem Beschwerdeverfahren auch die nach § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG erforderliche Verzögerungsrüge erhoben. Zum Zeitpunkt seiner mit Schriftsatz vom 12.10.2016 erstmals angebrachten Rüge bestand bei objektiver Betrachtung begründeter Anlass zu der Besorgnis nach § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG, dass das Beschwerdeverfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen werden würde.
dd)
Es ist davon auszugehen, dass der Entschädigungskläger durch die unangemessene Verfahrensdauer einen immateriellen Nachteil erlitten hat, der nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG grundsätzlich einen Entschädigungsanspruch begründet. Denn gemäß § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG wird der Eintritt eines solchen Nachteils (damit ist primär die mit einem Verfahren für den Beteiligten einhergehende psychische Belastung gemeint) vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat (vgl. Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, BT-Drucks. 17/3802, S. 19; LR-StPO/Krauß, Bd. 12, 26. Aufl. 2014, § 198 GVG Rn. 51). Für die Wiederlegung dieser Regelvermutung ist das beklagte Land darlegungs- und beweispflichtig. Wenngleich an das Vorbringen des Gegners einer Entschädigungsklage im Hinblick auf die insoweit geltenden Grundsätze der sekundären Behauptungslast keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. Müko-ZPO/Zimmermann, aaO, § 198 Rd. 40 mwN), fehlt es vorliegend an einem ausreichend substantiierten Vorbringen des beklagten Landes zur Widerlegung der Vermutung, dass dem Entschädigungskläger durch die eingetretene Verzögerung seines Beschwerdeverfahrens ein immaterieller Nachteil entstanden ist.
ee)
Gleichwohl hat der Kläger keinen Anspruch auf die wegen der unangemessenen Verfahrensdauer begehrte finanzielle Entschädigung. Denn nach § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG kann eine finanzielle Entschädigung für einen Nachteil, der kein Vermögensnachteil ist, nur verlangt werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles eine Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist. Nach § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG kommt als eine derartige Wiedergutmachung insbesondere die ausdrückliche Feststellung des Entschädigungsgerichts im Tenor seines Urteils, dass die Verfahrensdauer unangemessen war, in Betracht (vgl. LR-StPO/Krauß, aaO, § 198 Rd. 54 f). Hinsichtlich der Frage, ob eine solche Feststellung als ausreichend gelten kann, dient nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, BT-Drs. 17/3802, S. 20) die Rechtsprechung des EGMR zu überlangen Gerichtsverfahren als Orientierungsmaßstab. Danach kann eine schlichte Feststellung beispielsweise in Verfahren ausreichen, bei denen der Geschädigte durch die Verfahrensverzögerung keinen weitergehenden immateriellen Schaden erlitten hat und die Überlänge des Verfahrens als solche den einzigen Nachteil darstellt. Gleiches gilt, wenn das Ausmaß der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung und die hiermit verbundenen psychischen Belastungen für den Betroffenen gering waren (vgl. BGH NJW 2014, 939 [BGH 23.01.2014 - III ZR 37/13]) oder das betreffende Verfahren für den Betroffenen keine besondere Bedeutung hatte (vgl. BVerwG NVwZ 2014, 1523; BSG WzS 2017, 186).
Hier hat der Senat es unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falls zur Wiedergutmachung der vom Entschädigungskläger wegen der in dem Beschwerdeverfahren vor dem Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof eingetretenen Verfahrensverzögerung erlittenen immateriellen Nachteile als ausreichend angesehen, die unangemessene Dauer des Beschwerdeverfahrens - wie im Urteilstenor geschehen - festzustellen. Dabei hat der Senat zum einen berücksichtigt, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens lediglich ein vom Entschädigungskläger als nur als Zeuge Beteiligter in dem beim Anwaltsgericht für den Bezirk der Rechtsanwaltskammer ... anhängigen Verfahren angebrachtes Akteneinsichtsgesuch war. Zum anderen war in den Blick zu nehmen, dass der Entschädigungskläger das Beschwerdeverfahren nicht aus persönlichem Eigeninteresse, sondern in Ausübung seines Amtes als bestellter Testamentsvollstrecker bei der Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen angestrengt hat. Dabei ist er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt tätig geworden. Insoweit war zu berücksichtigen, dass Rechtsanwälte ständig mit gerichtlichen Verfahren befasst und in ihrem beruflichen Alltag im professionellen Umgang mit Verfahrensverzögerungen geübt sind. Daher führen gerichtliche Verfahrensverzögerungen - noch dazu bei einfach gelagerten Sachverhalten wie vorliegend in dem Beschwerdeverfahren vor dem Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof - bei einem Rechtsanwalt naturgemäß allenfalls zu geringen psychischen Belastungen. Dass vorliegend dem Entschädigungskläger ein über marginale immaterielle Nachteile hinausgehender Schaden entstanden ist, hat das beklagte Land zulässiger Weise in Abrede genommen. Dem ist der Entschädigungskläger nicht mit Substanz entgegengetreten und es ergeben sich auch aus den sonstigen Umständen keine Anhaltspunkte für entsprechende Schäden. So waren die von ihm in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker gegen die vormalige Testamentsvollstreckerin verfolgten Herausgabeansprüche zum Zeitpunkt seiner an das Anwaltsgericht gerichteten Akteneinsichtsgesuche bereits tituliert. Zu ihrer Durchsetzung stand ihm das zivilprozessuale Zwangsvollstreckungsverfahren offen. Es ist insoweit nicht zu erkennen, dass die im Beschwerdeverfahren vor dem Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof eingetretene Verfahrensverzögerung seine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker in relevanter Weise erschwert hat. Überdies hat er im Rahmen des Beschwerdeverfahrens in zeitlicher oder inhaltlicher Hinsicht keine besonders aufwendigen Tätigkeiten entfaltet.
Nach alledem erscheint die Feststellung der unangemessenen Dauer des Beschwerdeverfahrens vor dem Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof zur Wiedergutmachung der vom Entschädigungskläger erlittenen Nachteile ausreichend und angemessen. Insoweit erweist sich die Klage begründet.
Hinsichtlich der darüber hinausgehend begehrten finanziellen Entschädigung war die Klage hingegen unbegründet und daher abzuweisen.
2.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 201 Abs. 4 GVG.
Die Entscheidung über die im Verfahren über eine Entschädigungsklage nach § 198 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 GVG angefallenen Kosten ergeht grundsätzlich nach § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. §§ 91 ff. ZPO. Wenn ein Entschädigungsanspruch allerdings nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe besteht, gleichwohl aber - wie vorliegend - nach § 198 Abs. 4 GVG im Tenor des Urteils eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt wird, entscheidet das Entschädigungsgericht über die Kosten nach billigem Ermessen (vgl. BGHZ 199, 87).
Vorliegend hat sich der Senat bei seiner Kostenentscheidung von folgenden Erwägungen leiten lassen: Bei dem Beschwerdeverfahren des Entschädigungsklägers vor dem Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof lag eine nicht unerhebliche Verfahrensverzögerung vor. Deren Zeitraum entsprach demjenigen, den der Kläger der Bemessung seines Entschädigungsanspruchs zugrunde gelegt hat. Die Höhe seiner Zahlungsforderung beschränkte sich zudem auf den gesetzlichen Regelbetrag des § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG. In dem seiner Entschädigungsklage zugrundeliegenden Beschwerdeverfahren vor dem Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof hat der Kläger zudem nicht eigene (Vermögens)Interessen verfolgt. Er ist vielmehr mit dem Ziel der Erfüllung seiner Aufgaben und Verpflichtungen als bestellter Testamentsvollstrecker tätig geworden.
In der Zusammenschau der vorgenannten Umstände erschien es angemessen, den Entschädigungskläger von den Kosten des Verfahrens freizustellen und sie insgesamt dem beklagten Land aufzuerlegen.
3.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. Vor dem Hintergrund der Regelung des § 26 Nr. 8 EGZPO liegen die Voraussetzungen des § 713 ZPO ungeachtet der Bestimmung des § 544 ZPO vor.
4.
Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 201 Abs. 2 Satz 3 GVG i.V.m. § 543 ZPO).