Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 22.02.2018, Az.: 5 U 98/17

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
22.02.2018
Aktenzeichen
5 U 98/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 68918
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 17.07.2017 - AZ: 12 O 10/15

Fundstelle

  • IBR 2020, 8

In dem Rechtsstreit

H. S. - u. T. GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer ..., ...,

Klägerin und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigter:

Rechtsanwalt ...,

Geschäftszeichen: ...

gegen

S. S. GmbH & Co. KG, vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin S.-S. Verwaltungsgesellschaft mbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer

H.-P. S., ...,

Beklagte und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwalt ...,

Geschäftszeichen: ...

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2018 durch die Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 17. Juli 2017 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer/Einzelrichterin des Landgerichts Hannover teilweise geändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 31.923,82 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Juni 2014 zu zahlen. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 629,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Februar 2015 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagten werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zulassen.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten restlichen Werklohn für Erdarbeiten im Rahmen der Errichtung eines E.-Marktes in K./S. Die Parteien streiten im wesentlichen darum, ob die Beklagte berechtigt ist, sich von einem vereinbarten Pauschal-Festpreis zu lösen.

Für das Bauprojekt war die Klägerin Subunternehmerin der Beklagten. Sie beauftragte die Klägerin nach einer Besprechung (Protokoll vom 2. Oktober 2013, Anlage I, Anlagenband Klägerin) mit Datum vom 18. Oktober/23.10.2013 (Anlage II Anlagenband Klägerin), Erdarbeiten auszuführen. Für die Ausführung der Arbeiten sollte die Klägerin u.a.

"Pauschal Pos. 1.1 bis 2.2,132.900,00 € + 39.000,00 € für Tragschicht"

erhalten. Die weiteren Positionen sollte die Klägerin nach Einheitspreisen abrechnen.

Bei der Kalkulation des Pauschalpreises gingen die Parteien bei der Position "Sand liefern und einbauen" von einer Menge von 8.719,26 m³ und einem Einheitspreis von 12,00 € aus.

Die Beklagte war berechtigt, bei Zahlung per Überweisung innerhalb von 10 Arbeitstagen nach Rechnungseingang, 2 % Skonto zu ziehen. Vereinbart war ein Abzug von der Rechnungssumme in Höhe von 0,30 % für die Bauwesenversicherung, 0,15 % für Bautoiletten-Benutzung und weitere 0,15 % für Wasseranschluss und -verbrauch. Der Gewährleistungseinbehalt betrug 5 %. Mit der Schlussrechnung stellte die Klägerin zwei Bürgschaften über eine Gesamtsumme von 12.000,00 €.

Nach Durchführung der Arbeiten legte die Klägerin unter dem 7. Mai 2014 ihre Schlussrechnung (Anlage IV Anlagenband Klägerin). Ihre Forderung berechnete die Klägerin gemäß ihrer Aufstellung (Anlage XII Anlagenband Klägerin) mit 176.061,85 €, aus der sich eine Restforderung von 31.592,70 € ergibt. Diese ist Gegenstand der Klage. Hinzu kommen 1.265,57 € brutto gemäß Rechnung vom 21. Mai 2014 (Anlage 10 Anlagenband Klägerin) für Lastplattendruckversuche.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 32.858,27 € nebst 9 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 25. Juni 2014 zu zahlen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, 629,70 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Klägerin habe lediglich 5.544,89 m³ Sand eingebaut. Sie ist der Auffassung gewesen, die Klägerin habe das Streifenfundament unrichtig abgerechnet. Aus beidem ergebe sich insgesamt eine Überzahlung der Klägerin von 2.916,43 €. Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung der Beklagten vom 5. März 2015 (Blatt 20 ff.) sowie auf die Darstellung in dem angefochtenen Urteil (Blatt 226 ff.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben über Anlieferung und Bewegung des Sandes und die abzurechnenden Mengen hinsichtlich der Streifenfundamente (Beweisbeschluss vom 25. Juni 2015, Blatt 44 ff.) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten der Dpl.-Ing. S. S. vom 7. November 2016 (Aktendeckel) Bezug genommen. Die Sachverständige hat darin ausgeführt, die Gesamtmenge der Auffüllungen betrage 6.765,4 m³. Das von der Klägerin mit 626,613 m³ in Rechnung gesetzte Aushubvolumen der Streifenfundamente werde als passend eingestuft.

Zu diesem Gutachten hat die Klägerin Stellung genommen (Schriftsatz vom 14. Dezember 2016, Blatt 159 ff.) und hat unter anderem eingewandt, dass die Klägerin Traversen erstellt, eine Rampe ausgebildet, eine Böschung aus Sand hergestellt und wieder abgefahren habe und die Beklagte zudem eine Reihe von Änderungen gewünscht habe. Diese seien bei der Volumen-Ermittlung nicht berücksichtigt. Das Landgericht hat die Sachverständige um Stellungnahme hierzu gebeten. Wegen des Ergebnisses wird auf die schriftliche Antwort der Sachverständigen vom 18. Mai 2017 (Aktendeckel) Bezug genommen. Das Landgericht hat die Sachverständige sodann im Termin vom 21. Juni 2017 (Protokoll Blatt 213 ff.) angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dazu im wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei nicht berechtigt, den Pauschalpreis für die Positionen 1 und 2 abzurechnen. Es bestehe ein Anspruch der Beklagten auf Anpassung des Preises gemäß § 2 Nummer 7 Abs. 1 Satz 2 VOB/B. Mangels eigener Preisanpassung durch die Klägerin seien die von der Beklagten zugestandenen 134.038,00 € anzusetzen. Die Sachverständige habe die von der Klägerin eingebrachten Auffüllmengen in ihrem Gutachten mit 6.765,40 m³ berechnet und aus den vorgelegten Lieferscheinen eine Menge zwischen 6.124,02 m³ und 6.952,81 m³. Das Gericht gehe von der Mengenberechnung aufgrund der Wiegescheine aus und lege den jeweiligen Mittelwert zu Grunde, mithin 6.538,41 m³. Dies stelle mit rund 25 % eine erhebliche Mengenabweichung dar. Weitere Auffüllmengen seien nicht zu berücksichtigen; zwar behaupte die Klägerin Zusatzleistungen, der Sachvortrag dazu sei jedoch nicht ausreichend konkret und letztlich auch nicht beweisbar. Es bedürfe keiner weiteren Aufklärung des Sachverhalts, weil sich die von der Klägerin behauptete Mehrmenge im Nachhinein nicht feststellen lasse. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil (Blatt 226 ff.) Bezug genommen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag in vollem Umfang weiter verfolgt.

Die Klägerin meint, die Feststellungen der Sachverständigen reichten nicht aus, dass sich die Beklagte von dem Pauschalpreis lösen könne. Es liege in der Risikosphäre des Auftraggebers, dass Mindermengen vorlägen, zur rechtssicheren Ermittlung der abweichenden Masse jedoch der Auftraggeber Feststellungen hätte treffen müssen. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht die zu den Mehrmengen benannten Zeugen nicht vernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 20. Oktober 2017 (Blatt 261 ff.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

1. Unter Abänderung des am 17. Juli 2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover, Aktenzeichen 12 O 10/15, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 32.858,27 € nebst 9 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 24. Juni 2014 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, 629,70 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

Hilfsweise

die Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht zur Vornahme der Beweisaufnahme und erneuten Erörterung.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, ergänzt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen des weiteren Vortrages wird auf die Schriftsätze und Anlagen der Parteien Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache nahezu vollen Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des (vollen) Pauschalpreises. Der Beklagten steht demgegenüber kein Recht zu, sich von dieser Vereinbarung zu lösen. Lediglich die vereinbarte Bauwesenversicherung und die Bautoiletten-Benutzung sind abzuziehen mit 0,45 % des Rechnungsbetrages.

1. Nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B bleibt die Vergütung unverändert, wenn als Vergütung der Leistung eine Pauschalsumme vereinbart ist. Weicht jedoch die ausgeführte Leistung von der vertraglich vorgesehenen Leistung so erheblich ab, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht zumutbar ist, so ist auf Verlangen ein Ausgleich unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu gewähren. Für die Bemessung des Ausgleichs ist von den Grundlagen der Preisermittlung auszugehen.

a) Mit der Regelung sollen die früher gemäß § 242 BGB von der Rechtsprechung entwickelten und nunmehr in § 313 BGB verankerten Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage herangezogen werden (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - VII ZR 13/10 -, BGHZ 190, 212-226 m.w.N.). Geschäftsgrundlage sind die bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (BGH, a.a.O.). Geschäftsgrundlage eines Vertrages kann nicht sein, was die Parteien vereinbart haben, sondern lediglich das, was sie ihrer Vereinbarung zugrunde gelegt haben (BGH, a.a.O.). Die Begriffe "Leistung" in § 2 Nr. 7 Abs. 1 Satz 1 VOB/B bezeichnen demnach nicht die vereinbarten Leistungen, sondern diejenigen "Leistungen", die der Auftragnehmer im Sinne von Aufwand erbringen muss, um die vereinbarten Leistungen zu erbringen. Danach kommt ein Ausgleichsanspruch nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 Satz 1 VOB/B in Betracht, wenn eine solche im Sinne von Aufwand verstandene Leistung von der nach dem Vertrag im gleichen Sinne vorgesehenen Leistung so erheblich abweicht, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht mehr zumutbar ist.

Der Ausgleichsanspruch nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 Satz 1 VOB/B setzt voraus, dass eine bestimmte derartige Leistung des Auftragnehmers Geschäftsgrundlage des Vertrages geworden und diese Geschäftsgrundlage gestört ist (BGH, a.a.O.).

Ob ein bestimmter Umstand der Bauausführung nach den Vorstellungen der Vertragsparteien Geschäftsgrundlage geworden ist, ist nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu ermitteln (BGH, a.a.O.) Allgemein gilt, dass ein Auftragnehmer sich nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen kann, wenn sich während der Vertragsdurchführung ein Risiko verwirklicht hat, das dem eigenen Einfluss- und Risikobereich unterfällt. Deshalb sind die Grundlagen der Preisermittlung, wozu beim Pauschalpreisvertrag auch die Mengen gehören, grundsätzlich keine Geschäftsgrundlage des Vertrages. Es ist Sache des Unternehmers, wie er den Preis eines Bauvertrages kalkuliert. Er trägt allgemein das Risiko einer unauskömmlichen Kalkulation. Mengenmehrungen, die auf einer in seinem Verantwortungsbereich liegenden Fehlkalkulation des Auftragnehmers beruhen, können deshalb grundsätzlich keinen Ausgleichsanspruch nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B begründen (vgl. BGH, a.a.O. m.w.N.).

Etwas anderes kann sich jedoch aus dem Vertrag und den ihm zugrunde liegenden Umständen ergeben. So ist es möglich, dass die Parteien im Einheitspreisvertrag bestimmte, von ihnen vorausgesetzte Mengen zur Geschäftsgrundlage erheben. Nichts anderes gilt für den Pauschalpreisvertrag (BGH a.a.O.).

b) Die Parteien haben die ursprünglich "angedachte" Menge von 8.719,26 m³ zur Geschäftsgrundlage erhoben. Der Senat hat der vorgerichtlichen Korrespondenz der Parteien, insbesondere dem Schreiben des Beklagtenvertreters vom 8. September 2014 (Anlage VII Anlagen Band Klägerin) und dem Schreiben des Klägervertreters vom 30. September 2014 (Anlage VIII, Anlagen Band Klägerin) entnommen, dass die Parteien übereinstimmend von bestimmten Massen ausgegangen sind, die durch ein Nivellement ermittelt werden sollten.

2. Ein Recht auf Anpassung des Pauschalpreises hat die Beklagte im vorliegenden Fall nicht, weil sie als Generalunternehmerin ihrerseits von ihrer Auftraggeberin den vollen Werklohn erhielt und die Gefahr, von der Bauherrschaft etwa auf Rückzahlung in Anspruch genommen zu werden, weder dargetan noch ersichtlich ist und zudem die zu Grunde zu legende Abweichung erheblich ist.

a) Der Senat hatte der Beklagten mit Beschluss vom 12. Dezember 2017 (Blatt 295 ff.) aufgegeben, dazu vorzutragen, ob sie ihrerseits den entsprechenden Werklohn in voller Höhe erhalten habe. Dazu hat die Beklagte ausgeführt, sie habe ihrerseits einen Pauschalpreis mit ihrem Auftraggeber geschlossen. Die S. B. GmbH & Co. KG sei die Auftragnehmerin von E. und die Beklagte eine Subunternehmerin der Fa. S. B. Diesem Vortrag entnimmt der Senat, dass die Beklagte ihren vollen Werklohn erhielt. Der Vortrag der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 9. Februar 2018 ändert daran nichts. Wenn die S. B. den Auftrag nicht direkt von der Firma E. erhielt, sondern von einer Firma P. I., die den Werklohn nicht in voller Höhe gezahlt haben soll, bleibt es nach dem Vortrag der Beklagten dabei, dass diese von der S. B., ihre Auftraggeberin, den vollen Werklohn erhielt. Abgesehen davon ist weder die Höhe eines etwaigen Abzuges genannt, noch die Umstände, auf denen er beruht.

Wenn aber der General- bzw. Hauptunternehmer in einer "Leistungskette" von Werkunternehmern seinerseits von "seinem" Hauptauftraggeber den vollen Werklohn erhalten hat und keine Rückforderung wegen angeblicher Überzahlung droht, dann ist es dem Hauptunternehmer verwehrt, von seinem Subunternehmer eine neue Vereinbarung des Preises gemäß § 2 Abs. 7 Nummer 1 Satz 2 VOB/B zu verlangen, jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Abweichung lediglich rund 20 % bis 22 % beträgt (dazu sogleich unter b). Die Situation ist hier vergleichbar mit derjenigen, in der der Generalunternehmer keinen Gewährleistungsansprüchen des Haupt-Auftraggebers (mehr) ausgesetzt ist und dann seinerseits keine Gewährleistungsansprüche mehr gegen den Nachunternehmer geltend machen kann ("Vorteilsausgleichung", vergleiche BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - VII ZR 8/06 -, juris). Wenn (sogar) bei einem Schadensersatzanspruch wegen Mängeln der Werkleistung der Vorteil zu berücksichtigen ist, den der Generalunternehmer dadurch erzielt hat, dass der Haupt-Auftraggeber keine Ansprüche (mehr) gegen ihn geltend macht, muss im Rahmen der Frage, ob dem Generalunternehmer eine Beibehaltung des vereinbarten Preises nicht mehr zumutbar ist, ein solcher Umstand erst recht in die Abwägung einbezogen werden.

Im vorliegenden Fall ist der volle Erhalt des Werklohnes in die Abwägung mit einzubeziehen. Die Beklagte und ihre Auftraggeberin sind Teil einer werkvertraglichen Leistungskette, ohne dass es entscheidend darauf ankommt, ob die Auftraggeberin der Beklagten, die S. B., ihren Auftrag von E. erhielt oder von einer Fa. P. I.

b) Ab welchem Maß der Mengenabweichung ein Festhalten an dem Pauschalpreis unzumutbar ist, muss für jeden Einzelfall entschieden werden, starre Prozent-Sätze sind abzulehnen (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 5. Teil Rn. 151 ff.; Ingenstau/Korbion, VOB, 20. Aufl., § 2 Abs. 7 Rn. 38 ff.; Werner/Pastor, der Bauprozess, 16. Aufl., Rn. 1540).

aa) Bei der Frage, ob die Klägerin eine relevante Mindermenge leistete, ist von 6.952,81 m³ eingebrachten Sandes auszugehen, nämlich dem Maximalwert der Mengen, die sich aus den von der Klägerin vorgelegten Wiegescheinen ergeben. Die Partei, die sich von der Pauschalpreis-Vereinbarung lösen will, hat nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die tatsächlich ausgeführte Menge in einem solchen Maß von der zugrunde gelegten abweicht, dass ihr ein Festhalten an dem Preis unzumutbar ist. Es ist hier also Sache der Beklagten zu beweisen, dass eine entsprechende Abweichung vorliegt. Da die Klägerin mit ihrer Klage nicht etwa angeblich verdienten Werklohn nach Einheitspreisen geltend macht mit der Folge, dass sie gegebenenfalls zu beweisen hätte, wie viel Kubikmeter geliefert und verarbeitet wurden, sondern es die Beklagte ist, die sich von der vereinbarten Pauschalierung lösen möchte, reicht es für die Beklagte zur Verteidigung gegen die Werklohnforderung nicht aus, die Richtigkeit der vorgelegten Wiegescheine zu bestreiten, sondern die Beklagte muss eine erhebliche Abweichung der eingebrachten Menge beweisen. Der Umstand, dass wegen der jahrelang zurückliegenden Arbeiten eine genaue Feststellung nicht möglich ist, geht zu Lasten der Beklagten als derjenigen, die die Preisanpassung wünscht. Es gereicht der Klägerin weder zum Nachteil, dass die Sachverständige wegen der inzwischen erfolgten Umgestaltung des Grundstücks genauere Feststellungen nicht treffen konnte, noch, dass die Klägerin Wiegescheine einer öffentlichen Waage nicht vorliegen kann, sondern nur solche aus der Eigenkontrolle. Sie hatte sich berechtigterweise darauf verlassen, dass sie die Menge der tatsächlich ausgeführten Leistungen hinsichtlich der Positionen 1 und 2 nicht für ihre Auftraggeberin nachvollziehbar dokumentieren muss, weil eben insoweit ein Pauschalpreis vereinbart war. Es geht gerade nicht um eine Forderung der Klägerin, die eine bestimmte Anzahl von Kubikmetern als Einheitspreis abrechnet, sondern um die Frage, ob die Beklagte als Auftraggeberin nachträglich eine Preisanpassung des Pauschalpreises erreichen kann. Der Geschäftsführer der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat plausibel erklärt, dass diese Wiegescheine von der eigenen Waage stammten, weil die Wägungen der Eigenkontrolle dienten und nicht der Abrechnung gegenüber dem Auftraggeber. Zudem sei es damals noch so gehandhabt worden, dass in die Waage bestimmte Zugmaschinen mit ihrem Leergewicht hätten eingespeichert werden können und nur die jeweilige Zuladung erfasst worden sei. Dabei sei es auch möglich gewesen, dass ein Lkw nicht nur mit einem, sondern mit zwei Anhängern gewogen worden sei.

bb) Da der Beklagten die Beweislast für eine relevante Abweichung obliegt, geht es auch nicht an, von den nachträglich - lediglich näherungsweise - zu ermittelnden Werten zulasten der Klägerin das Mittel zu ziehen. Es ist an der Beklagten zu beweisen, dass die Klägerin so wenig Sand einbaute, dass ihr, der Beklagten, ein Festhalten an dem Pauschalpreis nicht zuzumuten ist.

Die nach den Wiegescheinen der Klägerin eingebrachten 6.952,81 m³ sind rund 80 % der ursprünglich vorgesehenen 8.719,26 m³. Diese Abweichung ist für die Beklagte hinzunehmen. Insbesondere wegen der erhaltenen vollen Bezahlung ihres Werklohnes ist eine unzumutbare Abweichung im Sinne des § 2 Abs. 7 Nummer 1 Satz 2 VOB/B nicht festzustellen.

cc) Selbst wenn man von dem Kubikmeter-Wert ausgehen wollte, den die Sachverständige in ihrem ersten Gutachten selbst ermittelte, nämlich 6.765,4 m³, ergäbe sich mit einer Abweichung von dann rund 22 % unter Berücksichtigung der eigenen vollen Bezahlung kein Grund für die Beklagte, den Preis anzupassen, § 2 Abs. 7 Nummer 1 Satz 2 VOB/B. Dabei kann dahinstehen, dass dieser Kubikmeter-Wert zulasten der Klägerin nicht zu Grunde gelegt werden könnte, weil noch weiter Zeugenbeweis zu erheben wäre, zu der Frage, ob noch Böschungen, Traversen und ähnliches eingebaut wurden und Planänderungen der Beklagten zu (nicht mehr sichtbaren) Mengenmehrungen führten. Beweisbelastet ist die Beklagte.

c) Da die Beklagte hier einen Anspruch auf Anpassung des Pauschalpreises geltend macht, sie aber nicht schlüssig dartun konnte, dass und warum ihr das Festhalten unzumutbar sei, kommt eine Änderung des Pauschalpreises nicht in Betracht. Irrelevant ist, dass die Klägerin die Darstellung der Beklagten bestritten hat, ihrerseits die (volle) Bezahlung von ihrer Auftraggeberin erhalten zu haben, und sie sich nicht hilfsweise - als der Klägerin günstig - zu eigen machte. Entscheidend ist, dass der Vortrag der Beklagten nicht genügt, die Voraussetzungen einer Preisanpassung nach § 2 Abs. 7 Nummer 2 Satz 2 VOB/B darzutun.

3. Einwendungen gegen die Rechnung, die sich über die Lastplattendruckversuche verhält, hat die Beklagte nicht erhoben. Auch die Streifenfundamente sind nach den Ausführungen der Sachverständigen korrekt abgerechnet.

4. Es ergibt sich daher folgende Berechnung:

Schlussrechnungssumme

207.654,55 €

abzüglich 0,45 % Bauwesen, Bautoilette

934,45 €

abzüglich Zahlungen

176.061,85 €

30.658,25 €

zuzüglich Rechnung vom 21. Mai 2014

1.265,57 €

Gesamt

31.923,82 €

5. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten sind der Klägerin als Verzugsschaden zu ersetzenden, § 286 Abs. 1, § 280 BGB.

Dementsprechend war auf die Berufung der Klägerin das erstinstanzliche Urteil abzuändern und der Klage bis auf die vertraglich vereinbarten Abzüge stattzugeben. Die Berechtigung weiterer Abzüge (etwa Skonto) hat die Beklagte nicht dargetan.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nummer 10, §§ 711, 709 Satz 2 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 ZPO.