Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 05.06.2003, Az.: 2 A 35/03
Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags; Behandlungsmöglichkeit von Diabetes-Erkrankungen in Sri Lanka ; Absehen von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat bei Drohen einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit; Voraussetzungen für die Qualifizierung einer Gefahr für Leib und Leben als erheblich; Vorliegen unzureichender Behandlungsmöglichkeiten
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 05.06.2003
- Aktenzeichen
- 2 A 35/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 30047
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:2003:0605.2A35.03.0A
Rechtsgrundlagen
- § 71 Abs. 1 AsylVfG
- § 51 Abs. 1 VwVfG
- § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG
Fundstelle
- NVwZ-RR 2004, 536-537 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG (Folgeantrag)
In der Verwaltungsrechtssache hat
das Verwaltungsgericht Göttingen - 2. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Juni 2003
durch
den Richter am Verwaltungsgericht Rühling als Einzelrichter
fürRecht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen ihn festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist srilankischer Staatsangehöriger tamilischer Volkszugehörigkeit. Er reiste im Jahre 1995 nach Deutschland ein und hat bereits erfolglos ein Asylverfahren betrieben. Zu dessen Begründung hatte er sich - soweit es um das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses gemäß § 53 Abs. 6 AuslG ging - darauf berufen, dass er an Diabetes Melitus Typ I leide und die notwendige medizinische Versorgung seines Leidens bei einer Rückkehr nach Sri Lanka, insbesondere auch bei einem längeren Verhör nach der Einreise, nicht gewährleistet sei.
Das Asylerstverfahren endete für den Kläger negativ; seine Klage gegen den sein Begehren ablehnenden P. sbescheid wurde mit Urteil der erkennenden Kammer vom 3. Februar 1998 (2 A 2534/95) abgewiesen. In den Urteilsgründen wird unter anderem festgestellt, dass wegen der Diabeteserkrankung des Klägers kein Anlass gesehen werde, eine gesundheitliche Gefährdung bei möglichen Verhören nach seiner Rückkehr nach Sri Lanka weiter aufzuklären. Die dem Kläger ausdrücklich benannte Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 9. Juli 1997 an das Verwaltungsgericht Bremen stelle klar, dass nach den Auskünften des Srilankischen Roten Kreuzes vom 23. Juni 1997 und nach Auskunft des Vertrauensarztes der Deutschen Botschaft Colombo die medizinische Betreuung an Diabetes Mellitus Typ I erkrankter Personen sowohl in privaten als auch in größeren staatlichen Krankenhäusern möglich sei. Engpässe würden lediglich für die nördlichen und östlichen Landesteile beschrieben. Weiterhin werde in dieser Auskunft ausgeführt, dass eine Insulinbehandlung auch Iängerfristig in Gefängniskrankenhäusern gewährleistet werden könnte. Umstände, die den Fall des Klägers als hiervon abweichenden Sonderfall kennzeichneten, seien nicht ersichtlich. Diese Entscheidung wurde rechtskräftig, nachdem das niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. März 1998 (12 L 153/98) den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung abgelehnt hatte.
Mit Schreiben vom 25. April 2000 stellte der Kläger beim J. - nur bezogen auf die Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 AuslG - einen Wiederaufgreifensantrag. Zur Begründung trug er vor, die dem damaligen Urteil zugrunde liegende Sachlage habe sich geändert.
Zudem lägen neue Beweismittel vor, die geeignet seien, eine für ihn günstigere Entscheidung herbeizuführen. Der Kläger berief sich insoweit auf gutachterliche Stellungnahmen des Sachverständigen Keller-Kirchhoff vom 10. April 1998 an das Verwaltungsgericht Hamburg, vom 8. Dezember 1998 an das Oberverwaltungsgericht Hamburg sowie vom 4. April 2000 an das Verwaltungsgericht Göttingen. Ausweislich dieser Stellungnahmen gebe es wegen der angespannten Sicherheitslage auf der Jaffna-Halbinsel, von der er stamme, einen allgemeinen Versorgungsengpass für Medikamente, was für ihn zur Folge habe, das er nicht mit einer kontinuierlichen Versorgung mit dem lebenswichtigen Insulin rechnen könne. Zwar gebe es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten seiner Krankheit im Süden Sri Lankas, namentlich in Colombo, doch habe der Sachverständige Keller-Kirchhoff deutlich gemacht, dass das kostenlose Gesundheitssystem dort auch nur noch eingeschränkt funktioniere und Patienten häufig auf privat zu finanzierende Medikamente zurückgreifen müssten. Hierzu sei er aber aufgrund seiner gesundheitlichen Situation, die ihm eine Arbeitsaufnahme praktisch nicht ermögliche, nicht in der Lage. Er habe keine berufliche Ausbildung und keinerlei soziale Kontakte in Colombo, so dass es unwahrscheinlich sei, dass er dort Wohnraum für sich und seine Familie finden werde. Zudem werde er die teuren Medikamente nicht bezahlen können. Schließlich sei zu bedenken, dass er aufgrund seines vergleichsweise jungen Alters besonders gefährdet, bei Razzien der Sicherheitskräfte in Colombo verhaftet und verdächtigt zu werden, die LTTE zu unterstützen. Während einer Inhaftierung sei nicht gewährleistet, dass er im notwendigen Umfang mit den lebensnotwendigen Medikamenten versorgt werden würde. Der Kläger fügte seinem Asylfolgeantrag mehrere ärztliche Stellungnahmen, die ihn als insulinpflichtigen Diabetiker (Typ I) ausweisen, bei.
Das J. lehnte mit Bescheid vom 9. Januar 2003 den Antrag des Klägers auf Abänderung des Bescheides vom 12. Dezember 1995 ab und führte zur Begründung aus, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG nicht erfüllt seien, da eine leidensgerechte Behandlung der Erkrankung des Klägers in Sri Lanka möglich sei. Der Kläger müsse nicht mehr befürchten, bei seiner Einreise nach Sri Lanka verhaftet zu werden. So komme es infolge außer Krafttretens der Vorschriften der Emergency Regulations und der regelmäßigen Nichtanwendung der Vorschriften des Prevention of Terrorism Act so gut wie nicht mehr zu Verhaftungen bei der Einreise vom Rückkehrern. Selbst wenn es wider Erwarten zu seiner Festnahme kommen sollte, könnte - bei rechtzeitiger Mitteilung des Rückkehrtermins - ein Vertreter der Botschaft am Flughafen bei der Ankunft des Klägers zugegen sein. Auch könne von Seiten der Botschaft der medizinische Dienst des Flughafens über die Ankunft des Antragstellers unterrichtet werden, so dass ggf. unmittelbar notwendige medizinische Maßnahmen nach der Ankunft eingeleitet werden könnten. Darüber hinaus könnten die notwenigen Medikamente von Deutschland aus dem Kläger mitgegeben werden. Der Kläger könne seine Erkrankung in den Diabeteskliniken der General Hospitals, Base Hospitals und Distrikt Hospitals, die in jeder Provinz Sri Lankas ansässig seien, im Rahmen einer ambulanten Betreuung behandeln lassen. Hierbei handele es sich um staatliche Krankenhäuser, in denen Diabetiker kostenlos mit aus Tieren gewonnenem Insulin behandelt würden. Außerdem sei es möglich, dass sowohl die Organisation und die Überwachung sämtlicher Maßnahmen wie auch eine direkte medizinische Versorgung durch den Vertrauensarzt der Botschaft Colombo von der Rückkehr des Klägers an für eine Übergangszeit von zwei Jahren in Zusammenarbeit mit der Ausländerbehörde durchgeführt werde. Ohne Erfolg berufe sich der Kläger auf seine nur eingeschränkte Erwerbsfähigkeit. Das wirtschaftliche Existenzminimum sei für Rückkehrer im Großraum Colombo gesichert. Insbesondere die tamilisch geprägten Stadtteile Colombos wiesen starke Zuwachsraten auf. Es sei dem Kläger zumutbar und möglich, dort ggf. eine geringwertige Beschäftigung zur Sicherung seines Lebensunterhaltes aufzunehmen. Darüber hinaus seien dem Auswärtigem Amt auch keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer aus dem westlichen Ausland ihr Existenzminimum im Norden und Osten des Landes nicht würden sichern können. Unabhängig von diesen Erwägungen habe der Wideraufgreifensantrag auch keinen Erfolg, wenn das P. gem. §§ 51 Abs. 5, 48 oder 49 VwVfG nach pflichtgemäßem Ermessen über den Antrag entscheide, da keine Gründe vorlägen, die unabhängig von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG eine Abänderung der bisher getroffenen Entscheidung rechtfertigten.
Der Kläger hat am 16. Januar 2003 Klage erhoben. Er meint, die im angefochtenen Bescheid geschilderten Möglichkeiten einer medizinischen Betreuung durch die Deutsche Botschaft seien vage, unsubstantiiert und nicht auf die Erfordernisse seiner Person bezogen seien. Die notwendige, engmaschige medizinische Betreuung und Versorgung von ihm sei keineswegs gesichert. Er müsse sich täglich sechs Insulingaben spritzen und könne die Medikamente infolge des Fehlens der notwendigen technischen Möglichkeiten in seinem Heimatort auf der Jaffna-Halbinsel nicht ausreichend kühlen. Er komme dort zudem nicht an die notwendigen Medikamente heran und müsste deshalb immer nach Colombo fahren, um sich mit Medikamenten zu versorgen. Diese Schwierigkeiten seien umso größer als derzeit wegen der wiederaufgeflammten Streitigkeiten zwischen der LTTE und der srilankischen Regierung praktisch ein Medikamentenembargo hinsichtlich der Jaffna-Halbinsel verhängt worden sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Q. vom 9. Januar 2003 zu verpflichten, bei ihm das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses gem. § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich Sir Lanka festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beteiligte hat sich zum Verfahren nicht geäußert und stellt auch keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie auf die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Göttingen zum Aktenzeichen 2 A 2534/95 und auf die Verwaltungsvorgänge des R. (Beiakten A und B) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Stellt ein Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrages erneut einen Asylantrag (Folgeantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren gem. § 71 Abs. 1 AsylVfG nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Nach § 51 Abs. 1 VwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Betroffenen geändert hat;2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
Der Antrag ist nach § 51 Abs. 2 VwVfG nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Absatz 3 der Vorschrift bestimmt ergänzend, dass der Antrag binnen drei Monaten nach dem Tage gestellt werden muss, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat. Dabei genügt es nicht, dass der Wiederaufgreifensgrund lediglich behauptet wird, vielmehr muss durch den Vortrag eine Asylanerkennung, die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 AuslG oder jedenfalls - wie hier allein maßgeblich - des § 53 AuslG deutlich wahrscheinlicher geworden sein.
Lehnt es das J. ab, ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, so hat das gegen diese Entscheidung angerufene Verwaltungsgericht, wenn es die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens für erfüllt hält, innerhalb der gestellten Anträge selbst über die Gewährung von Asyl, Abschiebungsschutz nach § 51 AuslG bzw. die Feststellung von Abschiebungshindernissen gemäß § 53 AuslG zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 -, NVwZ 1998, 861 -). Es hat dabei gem. § 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen. In diesem Zusammenhang bedeutet die oben erwähnte Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG, dass das Gericht nur solche - neuen - Wiederaufgreifensgründe berücksichtigen darf, die der Kläger ihm gegenüber binnen dreier Monate, nachdem er von ihnen erfahren hat, geltend gemacht hat; dabei stellt es keinen neuen Wiederaufgreifensgrund dar, wenn bereits geltend gemachte Gründe lediglich bestätigt, wiederholt, erläutert oder konkretisiert werden.
In Anwendung der vorstehenden Rechtsgrundsätze hält das Gericht nach dem entscheidungserheblichen Vorbringen des Klägers die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht für gegeben. Denn der Kläger hat keine Tatsachen vorgetragen oder Beweismittel benannt, die nunmehr eine Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 AuslG zu seinen Gunsten begründen würden. Zum einen hat sich der Gesundheitszustand des Klägers seit Abschluss des Asylerstverfahrens ausweislich der vorgelegten Unterlagen nicht nennenswert verschlechtert. Zum anderen ist auch die Versorgungslage mit Diabetes-Medikamenten für Tamilen in Sri Lanka nicht ungünstiger einzuschätzen als von der erkennenden Kammer im Urteil vom Februar 1998 dargelegt. Nach wie vor steht grundsätzlich auch Tamilen das staatliche - kostenfreie - Gesundheitssystem zur Verfügung; nach wie vor kommt es in nördlichen und östlichen Landesteilen zu Versorgungsengpässen. Die vom Kläger in Bezug genommenen gutachterlichen Stellungnahmen sind entgegen seiner Auffassung insoweit keine neuen - günstigeren - Beweismittel. Keller-Kirchhoff hat in seinen Gutachten von April und Dezember 1998 keine gegenüber dem Vorjahr schlechtere Versorgungslage beschrieben, sondern detailliert die (nach wie vor bestehenden) Versorgungsprobleme aufgezeigt. Überdies sind diese gutachterlichen Stellungnahmen nicht mehr aktuell; das Gericht orientiert sich vielmehr hinsichtlich der derzeitigen Versorgungslage mit Medikamenten am Bericht der Deutschen Botschaft Colombo vom 3. September 2002, den es in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführt hat. Dort ist die grundsätzliche Behandlungsmöglichkeit von Diabetes-Erkrankungen in Sri Lanka nachvollziehbar aufgezeigt. Dieser Feststellung steht zwar der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom März 2003, den der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat und der ebenfalls in das Verfahren eingeführt wurde, teilweise entgegen; insbesondere, soweit er für den Zeitraum von November 2002 bis Februar 2003 einen Versorgungsausfall für das (kostenfrei abgegebene und von Tieren gewonnene) Insulin Lente beschreibt. Doch ist das Gericht - mangels in der Stellungnahme vorhandenertragfähiger Anhaltspunkte - nicht davon überzeugt, dass dieser Lieferengpass fortbesteht oder sich in Zukunft so wiederholen wird.
Aber selbst dann, wenn man mit dem Kläger von einer Verschlechterung der allgemeinen Versorgungslage in Sri Lanka mit Diabetes-Medikamenten für Rückkehrer wie ihn, also vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG ausginge, hätte die Klage keinen Erfolg. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG liegen - selbstständig das Urteil tragend - nämlich im Fall des Klägers nicht vor. Nach dieser Bestimmung kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Der Kläger macht geltend, bei einer Abschiebung nach Sri Lanka drohe ihm eine konkrete Gefahr für Leib und Leben, weil sein Diabetesleiden dort nicht ausreichend behandelt werden könne und ihr jedenfalls die Mittel für eine ausreichende medizinische Versorgung fehlten. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 25. November 1995 - 9 C 58.96 -, DVBL 1998, 284 geklärt, dass die Gefahr, dass sich eine Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind, ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG darstellen könne und im Asylverfahren vom P. bzw. vom Verwaltungsgericht zu berücksichtigen sei. Dabei sei es unerheblich, dass die Gefahr für die Rechtsgüter Leib und Leben durch eine bereits vorhandene Krankheit konstitutionell bedingt sei. Ebenso wenig hänge die Annahme eines Zielstaats bezogenen Abschiebungshindernisses davon ab, ob auch in anderen Länder eine konkrete Gefahr für Leib und Leben wegen unzureichender Krankheitsversorgung bestände. Nach der Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Gefahr für Leib und Leben immer dann als erheblich zu qualifizieren, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Diese Gefahr wäre auch konkret, wenn der Ausländer alsbald nach der Rückkehr in sein Heimatland in diese Lage geriet, weil er auf die dortigen unzureichenden Möglichkeiten zur Behandlung seines Leidens angewiesen wäre und auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte. Die Behandlungsmöglichkeiten sind dann unzureichend, wenn eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Herkunftsstaat wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich darüber hinaus trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer die grundsätzlich vorhandene medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschluss vom 29. April 2002 -1 B 59.02 - Buchholz, 402.240 zu § 53 AuslG).
Eben diese Voraussetzungen eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG liegen im Falle des Klägers nicht vor. Zwar ist das Gericht aufgrund der vorgelegten ärztlichen Befunden und Stellungnahmen davon überzeugt, dass der Kläger auf nicht absehbare Zeit regelmäßiger fachärztlicher Behandlung bedarf und eine vollständige Heilung seiner Diabeteerkrankung auch in fernerer Zukunft nicht zu erwarten ist. Ohne zureichende Medikamentenversorgung, insbesondere Versorgung mit Insulin und entsprechende ärztliche Behandlung würde sich seine Erkrankung alsbald dramatisch verschlechtern, wenn nicht sogar alsbald zum Tod führen. Deshalb ist die Erkrankung des Klägers grundsätzlich geeignet, ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu begründen. Der Kläger muss jedoch nicht konkret befürchten, dass ihm eine solche Gesundheitsverschlechterung bei einer Rückkehr nach Sri Lanka droht. Denn die Auswertung der Verwaltungsvorgänge und der in das Verfahrens eingeführten Sachverständigen-Stellungnahmen zur Versorgung von an Diabetes Mellitus Typ I erkrankten in Sri Lanka hat zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass das Leiden des Klägers in Sri Lanka - zumindest für die nächsten zwei Jahre, also in absehbarer Zukunft - ausreichend wird behandelt werden können. Entscheidend für dieÜberzeugungsbildung des Gerichts ist insoweit die im angefochtenen Bescheid dargelegte Möglichkeit, dass der Kläger für ein Zeitraum von zumindest zwei Jahren durch den Vertrauensarzt der Botschaft Colombo in Zusammenarbeit mit der Ausländerbehörde des Landkreises H, die für den Kläger zuständig ist, betreut werden kann. Das Gericht hält den dagegen erhobenen Einwand des Kläger, dieses Angebot sei viel zu vage und unsubstantiiert, nicht für stichhaltig. Derzeit (d.h. im vorliegenden Gerichtsverfahren) geht es nämlich (noch) nicht darum, die Einzelheiten der Ausreisemodalitäten, die in der Verantwortlichkeit des Landkreises H. liegen werden, "gerichtsfest" geklärt zu wissen, sonder einzig und allein um die Frage, ob im Falle der möglichen Rückkehr des Klägers nach Sri Lanka ihm dort eine konkrete Gefahr drohte. Für die Beantwortung eben dieser Frage sind die (keineswegs unsubstantiiert) im angefochtenen Bescheid dargelegten Möglichkeiten einer medizinischen Betreuung des Klägers nach seiner Rückkehr ausreichend. Das Gericht weist allerdings zur Vermeidung einer ausländerrechtlichen Streitigkeit darauf hin, das eine Rückführung des Klägers nach Sri Lanka ohne entsprechende detaillierte schriftliche Zusicherungen gegenüber dem Kläger, wie die medizinische Betreuung in Sri Lanka konkret erfolgen kann, nicht zulässig sein dürfte. Hierüber wird sich das J. mit dem Landkreis H., der nicht am vorliegenden Verfahren beteiligt ist, ins Benehmen zu setzen haben.
Soweit der Kläger vorträgt, aufgrund seines allgemeinen Gesundheitszustandes quasi erwerbsunfähig zu sein, so dass das Existenzminimum für ihn und seine Familie nicht gewährleistet sei, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Der Kläger ist trotz seiner Erkrankungen noch eingeschränkt erwerbsfähig. Zudem liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass nicht auch seine Ehefrau maßgeblich für den Familienunterhalt mit sorgen könnte. Das Gericht verkennt in diesem Zusammenhang keineswegs, dass die wirtschaftlichen Aussichten des Klägers und seiner Familie bei der Rückkehr in Sri Lanka alles andere als "rosig" sind. Doch es hat nicht genügend Anhaltspunkte für die Annahme, dass eine Rückführung des Klägers und seiner Familie nach Sri Lanka deren Existenzvernichtung gleich käme. Da die Kläger nach Aktenlage zudem keine hinreichenden sozialen Beziehungen mehr zu in der früheren Heimat auf der Jaffna-Halbinsel lebenden Familienangehörigen haben, ist es auch nicht ersichtlich, dass sie dort hin zurückkehren müssten, um sich eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Dies gilt um so mehr, als die wirtschaftlichen Verhältnisse dort eher schlechter sind als im Großraum Colombo.
Das Gericht sieht gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es dem angefochtenen Bescheid im Übrigen in vollem Umfang folgt.
Nach alledem hat die Klage keinen Erfolg und ist mit der Kostenfolge nach §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b Abs. 1 AsylVfG abzuweisen. Der Anspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr., 711 ZPO.