Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 22.03.2007, Az.: 1 B 16/07

Alternative; Anordnung; Anspruch; Betätigung; Grund; Produkt; Regelung; Sicherung; Sparte; Unzumutbarkeit; Verbot; Versicherung; Vertrag; Vertrauen; Vorwegnahme der Hauptsache

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
22.03.2007
Aktenzeichen
1 B 16/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 71686
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 09.01.2008 - AZ: 10 ME 109/07

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Verfahrenskosten.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 750.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um das Recht, Unfall- und Kraftfahrzeugversicherungen im Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Aurich zu vermarkten.

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Die Antragstellerin wurde im Jahr 1918 als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts der damaligen preußischen Provinz Hannover errichtet. Unter dem 07.09.1995 genehmigte die Aufsichtsbehörde der Antragstellerin eine Satzungsänderung. Danach betreibt sie im früheren Regierungsbezirk Aurich die Kraftfahrzeug- und Unfallversicherung. Die Antragsgegnerin betreibt im Geschäftsgebiet des ehemaligen Freistaats Braunschweig u.a. Kraftfahrzeug- und Unfallversicherungen. Das Geschäftsgebiet der Beigeladenen ist satzungsgemäß der ehemalige Regierungsbezirk Aurich. Unternehmenszweck ist der Betrieb der Schadensversicherung mit Ausnahme der Kraftfahrtversicherung. Nach ihrer Satzung kann die Beigeladene auch Versicherungsverträge, Spar- und Bausparverträge sowie Geschäfte, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit Versicherungsverträgen stehen, anderen Unternehmen vermitteln.

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Anfang der 90iger Jahre vereinbarten die Antragstellerin und die Beigeladene eine Kooperation. Nach Auseinandersetzungen wurden die Vertriebsverträge 1997 gekündigt. Im Jahr 2002 eskalierte die Situation. Nunmehr suchte die Beigeladene einen Produktgeber für die von ihr selbst nicht angebotenen Versicherungssparten, um dann ihrerseits als Vermittler für den Produktgeber aufzutreten. Parallel dazu wurden wegen der Abgrenzung der satzungsmäßigen Geschäftsgebiete der Antragstellerin und der Beigeladenen Gespräche im Niedersächsischen Finanzministerium, der Rechtsaufsichtsbehörde nach dem Gesetz über die öffentlichen-rechtlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen (NöVersG), geführt. Im Oktober 2003 schlossen die Beigeladene und die Antragsgegnerin einen Vertrag mit einer Laufzeit bis zum 30.09.2013, in dem sich die Beigeladene verpflichtet, als Vermittlungsagent tätig zu werden, in ihrem Geschäftsgebiet eine Agentur der Antragsgegnerin zu übernehmen und an diese Unfall- und Kraftfahrtversicherungen sowie technische Versicherungen zu vermitteln. Insoweit genehmigte die Beigeladene der Antragsgegnerin die Zeichnung von Versicherungen in Ostfriesland. Der Präsident des Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverbandes und die Aufsichtsbehörde erhielten Kenntnis von der Vereinbarung und baten den Vorstand der Antragstellerin, im Interesse der Befriedung der Situation, um Zustimmung zu dieser Lösung, die sodann befristet bis zum 31.12.2006 erteilt wurde.

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Im Jahr 2005 kam es zu Verwaltungsstreitverfahren vor dem Verwaltungsgericht Hannover. Eine Klage der Ostfriesischen Landschaft auf Aufgabe der Mitträgerschaft der Landschaftlichen Brandkasse Hannover wies das VG Hannover am 12.07.2006 ab ( Az.: 1 A 299/05). Eine Klage der Beigeladenen gegen die Landschaftliche Brandkasse Hannover auf Unterlassung der Zeichnung von Versicherungen im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich wies das Gericht mit Urteil vom gleichen Tag hinsichtlich der Kraftfahrt- und Unfallversicherung ab (Az.: 1 A 4460/05). In beiden Verfahren ist die Berufungszulassung beantragt. Mit Schreiben vom 27.11.2006 erklärte die Antragstellerin, sie sei mit der Tätigkeit der Antragsgegnerin im früheren Regierungsbezirk Aurich über den 01.01.2007 hinaus nicht mehr einverstanden. Die Antragsgegnerin erwiderte am 18.12.2006, sie gehe davon aus, dass der ehemalige Regierungsbezirk Aurich das Geschäftsgebiet der Beigeladenen sei, so dass auch nach dem Wegfall der Zustimmung der Antragstellerin die weiteren Voraussetzungen für die Produktgeberschaft vorlägen.

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Die Antragstellerin hat sodann um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Sie trägt vor, der erforderliche Anordnungsgrund ergebe sich aus der Ankündigung der Antragsgegnerin, die Geschäftstätigkeit im Gebiet des früheren Regierungsbezirks Aurich fortzusetzen. Dadurch drohe ihr ein Verlust von fast 2500 Kraftfahrzeugversicherungsverträgen. Allein im Jahr 2006 habe die Antragsgegnerin mehr als 800 Verträge von ihr abgeworben (umgedeckt). Sie sei deshalb für die Dauer des Hauptsacheverfahrens schutzlos gestellt und müsse erhebliche Nachteile hinnehmen, die nicht mehr zu kompensieren wären. Das NöVersG enthalte nämlich keinen Anspruch dahin, dass ihr gegebenenfalls die unter Verstoß gegen das Regionalprinzip gezeichneten Versicherungen später zu übertragen wären. Selbst wenn eine solche Bestandsübertragung ohne Zustimmung der Versicherungsnehmer durchgeführt werden könnte, könnte die Antragsgegnerin einem entsprechenden Anspruch immer entgegenhalten, dass die Versicherungsnehmer in keinem Fall bei ihr eine Versicherung gezeichnet hätten. Deshalb scheitere auch die Durchsetzbarkeit eventueller Schadensersatzansprüche. Der Anordnungsanspruch sei deshalb gegeben, weil die Antragsgegnerin nur mit ihrer Zustimmung Kraftfahrzeug- und Unfallversicherungen im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich zeichnen dürfe. Diese Zustimmung liege nicht mehr vor, sei aber notwendig, denn der frühere Regierungsbezirk Aurich sei seit 1995 ihr Geschäftsgebiet. Die seinerzeit genehmigte Satzungsänderung enthalte unter Berücksichtigung der Vorschriften des NöVersG und bei Betrachtung der historischen Entwicklung eine Regelung zum Geschäftsgebiet, was die Antragsgegnerin offenbar verkenne. Ziel der Satzungsänderung sei die deklaratorische Darstellung gewesen, dass der Bezirk Aurich für die genannten Sparten ihr Geschäftsgebiet sei. Da der Gesetzgeber im NöVersG von einem spartenbezogenen Geschäftsgebietsbegriff ausgehe, bedürfe es jedenfalls auch ihrer Zustimmung, wenn sie in ihrem Gebiet von der Zeichnungstätigkeit eines anderen öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmens (hier der Antragsgegnerin) betroffen sei. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verletzte auch nicht das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache, weil lediglich eine vorläufige Regelung begehrt werde. Bei Stattgabe des Antrags entstünden keine irreparablen Zustände. Falls sie im Hauptsacheverfahren unterliege, sei es der Antragsgegnerin ohne weiteres möglich, die Zeichnung von Kraftfahrt- und Unfallversicherungen in Ostfriesland wieder aufzunehmen und die Kooperation mit der Beigeladenen fortzusetzen. Die bis Ende 2006 gezeichneten Versicherungen seien nicht betroffen.

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Die Antragstellerin beantragt,

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1. die Antragsgegnerin hat es ab dem 1. Januar 2007 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu unterlassen, im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich

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a. Unfall- und Kraftfahrzeugversicherungen selbst oder durch Dritte, an denen die Antragsgegnerin die direkte oder indirekte Mehrheit der Anteile und/oder Stimmen hält oder mit denen sie Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsverträge geschlossen hat, zu zeichnen,

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b. Niederlassungen alleine oder mit Dritten zur Zeichnung von Unfall- und Kraftfahrzeugversicherungen durch die Antragsgegnerin oder durch Dritte, an denen die Antragsgegnerin die direkte oder indirekte Mehrheit der Anteile und/oder Stimmen hält oder mit denen sie Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsverträge geschlossen hat, zu betreiben,

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c.Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler oder angestellte Versicherungsvermittler zwecks Zeichnung von Unfall- und Kraftfahrzeugversicherungen durch die Antragsgegnerin oder durch Dritte, an denen die Antragsgegner die direkte oder indirekte Mehrheit der Anteile und/oder Stimmen hält oder mit denen sie Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsverträge geschlossen hat, tätig werden zu lassen und/oder zu beschäftigen,

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d.selbst oder durch Dritte für den Abschluss von Unfall- und Kraftfahrzeugversicherungen mit der Antragsgegnerin oder mit Dritten zu werben, an denen die Antragsgegnerin die direkte oder indirekte Mehrheit der Anteile und/oder Stimmen hält oder mit denen sie Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsverträge geschossen hat;

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2. der Antragsgegnerin wird ein vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzendes Ordnungsgeld, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) angedroht, zu vollziehen an den Mitgliedern des Vorstandes der Antragsgegnerin.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag zurückzuweisen.

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Sie erwidert, der Antragstellerin stehe weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch zur Seite. Der Anordnungsgrund sei deshalb zu verneinen, weil die Antragstellerin eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache anstrebe. Jedenfalls ergebe eine Interessenabwägung, dass im Falle des Erlasses der begehrten einstweiligen Anordnung die wirtschaftlichen Folgen für die Antragsgegnerin und mittelbar auch für die Beigeladene wesentlich schwerwiegender seien, als die von der Antragstellerin selbst für den Fall des Nichterlasses der einstweiligen Anordnung geltend gemachten wirtschaftlichen Folgen. Darüber hinaus fehle es an dem erforderlichen Eilbedürfnis, weil die Antragstellerin ihr wirtschaftliches Ziel, in Ostfriesland Konkurrenz durch einen anderen öffentlichen Versicherer zu unterbinden, wirksam nur durch einen Antrag gegen die Beigeladene erreichen könne. Die Beigeladene sei nämlich nicht daran gehindert, mindestens mittelfristig einen anderen Produktgeber, sei es ein anderes öffentlich-rechtliches Versicherungsunternehmen, sei es ein privates Unternehmen, zu finden und deren Produkte anzubieten. Der Antragstellerin entstehe kein nicht kompensierbarer Schaden. Wenn ihrem Antrag nicht stattgegeben werde, sei sie gleichwohl nicht daran gehindert, weiter selbst im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich in der Versicherungssparte Kraftfahrzeug- und Unfallversicherung tätig zu werden. Ihr entgehe im Ergebnis allenfalls ein potenzielles Geschäft. Dem- gegenüber wäre sie selbst vollständig daran gehindert, Versicherungen im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich zu zeichnen. Das in den letzten drei Jahren aufgebaute Geschäft würde zerschlagen. Sie habe in Ostfriesland hohe Investitionen getätigt und seit 2003 5984 Kraftfahrzeugversicherungsverträge, 363 Unfallversicherungsverträge und 677 Lebensversicherungsverträge abgeschlossen. Die Antragstellerin habe andererseits durch den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nur geringfügige Vorteile. Zum einen könnte sie nicht davon ausgehen, sämtliche Versicherungskunden, die auf dem Markt dann frei würden, zu akquirieren, sondern sie würde an dem Neugeschäft nur in der ungefähren Höhe ihres Marktanteils auf dem Regionalmarkt partizipieren. Wenn man das Versicherungsgeschäft der Antragstellerin insgesamt betrachte und zum Vergleich den Geschäftsbereich Ostfriesland nehme, werde das deutlich. Die Antragstellerin habe nämlich ausweislich ihres Geschäftsberichts 2005 einen Bestand von 1.800.628 Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungen, 356.260 Unfallversicherungen und 794.242 Lebensversicherungen. Der Antragstellerin stehe auch nicht der aus dem NöVersG geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Sie selbst dürfe im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich allein aufgrund der ihr unstreitig erteilten Genehmigung der Beigeladenen tätig werden. Dieser Bezirk sei nämlich nicht das Geschäftsgebiet der Antragstellerin. Die Antragstellerin unternehme den untauglichen Versuch, durch eine historische Auslegung ihrer Satzung den klaren Wortlaut der Satzungsregelungen ins Gegenteil zu verkehren. Ferner bilde bei den öffentlich-rechtichen Versicherungen der räumliche Zuständigkeitsbereich der Träger die Grenze für das Geschäftsgebiet. Die für den ehemaligen Regierungsbezirk Aurich zuständige Ostfriesische Landschaft gehöre aber nicht zu den Trägern der Antragstellerin. Jedenfalls sei der Bezirk auch das Geschäftsgebiet der Beigeladenen, die Versicherungsverträge vermitteln dürfe.

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Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

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Sie stützt das Vorbringen der Antragsgegnerin und weist darauf hin, es gebe zugunsten der Antragstellerin keinen Unterlassungsanspruch nach dem NöVersG, weil der ehemalige Regierungsbezirk Aurich nicht deren Geschäftsgebiet sei. Das ergebe sich zweifelsfrei aus der Satzung der Antragstellerin. Die Satzung gestatte lediglich eine Tätigkeit der Antragstellerin im Bezirk Aurich. Dieser Bezirk sei ohne Einschränkungen aber ihr Geschäftsgebiet, in welchem sie zumindest Kraftfahrt- und Unfallversicherungen vermitteln dürfe. Daher bedürfe es keiner Zustimmung der Antragstellerin. Für den Fall des Erlasses der einstweiligen Anordnung erleide sie wesentliche Nachteile. Mit einem neuen Produktgeber müsse nämlich eine neue Datenverarbeitung aufgebaut werden. Ferner sei eine Marketingkampagne erforderlich, sobald ein neuer Produktgeber unter Vertrag genommen worden sei. Das Werbematerial müsse ausgetauscht werden, auch sämtliche Formulare. Es entstünden zusätzlich hohe Organisationskosten. Zusammen mit den notwendigen Schulungskosten erleide sie im Falle des Erlasses der beantragten einstweiligen Anordnung einen Schaden in Höhe von ca. 495.000,00 EUR. Hingegen habe die Antragstellerin wegen der Zusammenarbeit zwischen ihr und der Antragsgegnerin keine spürbaren Nachteile, denn die Antragstellerin habe in Ostfriesland in allen streitigen Versicherungssparten ihr Neugeschäft steigern können und sich überdurchschnittlich gut entwickelt. Dies werde in diversen Zeitungsberichten dokumentiert.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

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Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes hat keinen Erfolg.

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Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

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Die Antragstellerin kann ihr Ziel nur mit der Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO erreichen. Der Antrag ist auf die Veränderung des Status Quo gerichtet und die Beteiligten streiten um die sich aus § 3 Abs. 2 NöVersG ergebenden Rechtsbeziehungen. Danach dürfen die öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen im Geschäftsgebiet anderer öffentlich-rechtlicher Versicherungsunternehmen Versicherungsverträge nur mit deren Einverständnis schließen.

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In beiden Alternativen setzt der Erlass der einstweiligen Anordnung sowohl einen Anordnungsgrund, die Eilbedürftigkeit, voraus, als auch das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, die Notwendigkeit einer vorläufigen gerichtlichen Sicherung oder Regelung. Für beide Alternativen gilt weiterhin, dass die einstweilige Anordnung die Grenzen einer vorläufigen Regelung nicht überschreiten und deshalb die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweg nehmen darf. Grundsätzlich muss sich der Rechtssuchende darauf verweisen lassen, die Erfüllung des von ihm geltend gemachten Anspruchs im Klageverfahren durchzusetzen. Etwas anderes gilt nur, wenn Rechtsschutz in der Hauptsache nicht rechtzeitig erlangt werden kann und dies für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Nachteilen führen würde, die sich auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr ausgleichen ließen. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

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Der Antrag der Antragstellerin ist auf eine (vorläufige) Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Sie begehrt nämlich, dass die Antragsgegnerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren, welches bei Ausschöpfung des Rechtsweges durchaus eine Laufzeit von mindestens 2 Jahren haben kann, ihre Produktgeberschaft in Ostfriesland einstellt. Klage- und Antragsziel sind deshalb insoweit identisch. Wie dargestellt, muss sich aber der Rechtssuchende grundsätzlich darauf verweisen lassen, die Erfüllung des von ihm geltend gemachten Anspruchs im Klageverfahren durchzusetzen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Rechtsschutz im Klageverfahren wegen der Verfahrensdauer nicht rechtzeitig erlangt werden kann und dies für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Nachteilen führen würde, die sich auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr ausgleichen ließen. Im Lichte des Artikel 19 Abs. 4 GG, der die Effektivität des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes garantiert, sind deshalb unter engen Voraussetzungen Ausnahmen von dem Verbot der Vorwegnahme zulässig. Die Vorwegnahme der Hauptsache ist bei der Regelungsanordnung darüber hinaus von besonderen Anforderungen an den Anordnungsanspruch abhängig: Zu fordern ist eine weitgehend positive Vorausbeurteilung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, d. h. eine weit überwiegende bzw., wie teilweise vertreten, sogar eine „nahezu sichere“ Erfolgswahrscheinlichkeit.

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Dies kann derzeit bei der hier im Eilverfahren gebotenen summarischen Überprüfung nicht angenommen werden. Die Antragsgegnerin wird im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich (Ostfriesland) aufgrund der ihr unstreitig erteilten Genehmigung der Beigeladenen tätig. Die entsprechende Vereinbarung ist im Jahre 2003 auf 10 Jahre geschlossen worden. Ostfriesland ist jedenfalls auch insoweit Geschäftsgebiet der Beigeladenen, als diese nach ihrem Unternehmenszweck gemäß § 1 Abs. 4 ihrer Satzung neben dem Betreiben der Schadenversicherung mit Ausnahme der Kraftfahrtversicherung auch Versicherungsverträge, Spar- und Bausparverträge und Geschäfte, die in unmittelbaren wirtschaftlichem Zusammenhang mit Versicherungsverträgen stehen, anderen Unternehmen vermitteln kann. Eine derartige Vermittlungstätigkeit sehen die zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen geschlossenen Verträge vor. Unabhängig von der Argumentation der Antragstellerin, der Geschäftsgebietsbegriff in § 3 NöVersG sei spartenbezogen, was die Antragstellerin aus dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzessystematik herleitet, liegt es jedenfalls nicht auf der Hand, dass der frühere Regierungsbezirk Aurich (auch) das Geschäftsgebiet der Antragstellerin i.S. der Regelungen des NöVersG ist, oder ob die Antragstellerin nicht vielmehr im früheren Regierungsbezirk Aurich die Kraftfahrt- und Unfallversicherung lediglich „betreiben“ darf. Das von der Antragstellerin nach Auslegung gefundene Ergebnis ist bedenkenswert, keinesfalls ist aber deshalb der (erforderliche) Schluss gerechtfertigt, dass Ergebnis sei damit weitgehend sicher vorgegeben. Die Antragsgegnerin verweist hierzu auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 12.07.2006 (Az.: 1 A 4460/05) wonach es bei der Satzungsänderung 1995 nicht darum gegangen sei, das Geschäftsgebiet der Antragstellerin zu erweitern, sondern lediglich darum, einen Status Quo zu legalisieren. Hinzu kommt, dass das Niedersächsische Ministerium der Finanzen, die Aufsichtsbehörde, Kenntnis von dem Inhalt der zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen geschlossenen Verträge hatte. Sie kann nach § 14 Abs. 4 NöVersG ein öffentlich-rechtliches Versicherungsunternehmen anweisen, wenn es die ihm gesetzlich obliegende Pflicht nicht erfüllt. Nach Abs. 3 der Vorschrift kann die Aufsichtsbehörde Beschlüsse und andere Maßnahmen der Organe beanstanden, wenn sie das Gesetz verletzen. Hierzu sah das Finanzministerium mit Blick auf die Vereinbarungen zwischen der Beigeladenen und der Antragsgegnerin keine Veranlassung, weil sich eine Rechtsverletzung und damit ein aufsichtsbehördliches Einschreiten offenbar nicht aufdrängte.

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Aus der Tatsache, dass die Antragstellerin auf Bitte des Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverbandes und der Aufsichtsbehörde den vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zugestimmt hat, kann das rechtliche Erfordernis einer Zustimmung nicht abgeleitet werden, denn es ging vordergründig um eine einvernehmliche Lösung. Ein Einschreiten der Aufsichtsbehörde sollte vermieden werden.

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Der von der Antragstellerin angestrebten (vorläufigen) Vorwegnahme der Hauptsache steht weiterhin, losgelöst von den vorstehenden Ausführungen, auch entgegen, dass sie sich nicht darauf berufen kann, sie würde ohne den Erlass der angestrebten Anordnung nicht zumutbare, irreparable und besonders schwerwiegende Nachteile erleiden. Die Antragstellerin hat seit Oktober 2003, also seit dem Zeitpunkt, in dem die Antragsgegnerin und die Beigeladene ihre Zusammenarbeit vertraglich geregelt haben, ihr Versicherungsgeschäft weiter betrieben und nicht glaubhaft gemacht, dass sie in den vergangenen mehr als drei Jahren dramatische, unternehmensgefährdende Einbußen hinzunehmen hatte. Sie verfügt nach dem Geschäftsbericht 2005 über einen Versicherungsbestand von 1.800.628 Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungen, 356.260 Unfallversicherungen und 794.242 Lebensversicherungen. Betriebswirtschaftlich erzielte die Antragstellerin in Ostfriesland jedenfalls 2006 eine gutes und erfolgreiches Jahr. Demgegenüber hat die Beigeladene für die Antragsgegnerin im Verlauf der Zusammenarbeit einen Bestand von 5.984 Kraftfahrzeugversicherungen, 363 Unfallversicherungen und 677 Lebensversicherungen aufgebaut. Hieraus ergibt sich, dass die Tätigkeit der Antragsgegnerin als Produktgeber in Ostfriesland im Zusammenwirken mit der Beigeladenen das Geschäft der Antragstellerin nicht unzumutbar beeinträchtigt. Im Übrigen steht nicht fest, dass alle Versicherungsnehmer, die von der Beigeladenen für die Antragsgegnerin vermittelt worden sind, auch mit der Antragstellerin Versicherungsverträge abgeschlossen hätten.

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Die Beigeladene hat substanziiert vorgetragen, dass ihr, wenn sie die Zusammenarbeit mit der Antragsgegnerin (zunächst) beenden müsste, ein Schaden von 495.000,00 EUR entsteht.

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Nach Abwägung der gegenseitigen Interessen ist es deshalb nicht erforderlich, dass die Antragsgegnerin in Ostfriesland ihr geschäftliches Betätigungsfeld sofort aufgibt. Müsste sie das für die Dauer des Hauptsacheverfahrens und sich eventuell daran anschließender Rechtsmittelverfahren tun, so entstünden ihr erhebliche Nachteile, die getätigten Investitionen wären weitestgehend verloren, das Vertrauen zu den gewonnenen Versicherungskunden zerstört und die Möglichkeit eines Wiederaufbaus, etwa nach einem Unterliegen der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren, wäre beeinträchtigt, wenn nicht gar unmöglich.

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Schließlich wäre, ohne das es allerdings noch darauf ankommt, fraglich, ob die Antragstellerin mit dem Erlass einer einstweiligen Anordnung das von ihr angestrebte Ziel, die Tätigkeit von konkurrierenden (öffentlich-rechtlichen) Versicherungsunternehmen in Ostfriesland zu unterbinden, erreicht. Die Antragsgegnerin weist darauf hin, dass die Beigeladene wohl nicht gehindert wäre, in einem solchen Fall einen Kooperationsvertrag mit einem anderen Versicherungsunternehmen zu schließen. Die Antragstellerin wäre dann gehalten, entweder wiederum gegen das andere Versicherungsunternehmen oder sogleich rechtliche Schritte gegen die Beigeladene einzuleiten, um zu dem von ihr gewünschten Ergebnis zu gelangen. Diese Erwägung zeigt im Übrigen auch, dass mit diesen und etwaigen künftigen Streitverfahren die offenbar bestehenden strukturellen Probleme im öffentlichen Versicherungswesen des ehemaligen Regierungsbezirks Aurich nicht gelöst werden können. Dies hatte - wie dargestellt - auch das Finanzministerium anlässlich der Gespräche mit allen Beteiligten in den Jahren 2002 und 2003 erkannt und die Notwendigkeit einer aufsichtsbehördlichen Regelung nach den Vorschriften des NöVersG angedeutet.

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Da nach allem die beantragte Regelung nicht ergehen kann, ist der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

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Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil sie keinen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko nicht eingegangen ist (§ 162 Abs. 3 VwGO).

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Die Streitwertentscheidung folgt aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG und entspricht dem Vorbringen der Beteiligten zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Entscheidung