Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 04.09.2019, Az.: 9 A 18/19

Anwendungsbestimmungen; Biodiversität; Pflanzenschutzmittel

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
04.09.2019
Aktenzeichen
9 A 18/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 70018
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Der vom europäischen Verordnungsgeber in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e iii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ausdrücklich geregelte Vorbehalt der vorherigen Festlegung von Bewertungsmethoden durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) steht der Berücksichtigung indirekter Auswirkungen auf die Biodiversität bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln entgegen, solange die EFSA noch keine anerkannten wissenschaftlichen Methoden zur Bewertung solcher Effekte bestimmt hat.

Tenor:

Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „E.“ mit Geltungsdauer über den 31. Dezember 2019 hinaus bis zum 31. Oktober 2020 im Umfang und mit den Maßgaben des Zulassungsbescheides vom 21. Februar 2019 zu erteilen.

Der Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2019 wird aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils festzusetzenden Vollstreckungsbetrages vorläufig vollstreckbar.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 100.000,-- EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel mit einer längeren Geltungsdauer als von der Beklagten festgesetzt.

Die Klägerin ist ein in der Republik H. ansässiges Unternehmen, das Pflanzenschutzmittel registriert, herstellt und vertreibt. Sie ist eine Tochtergesellschaft der ebenfalls in H. ansässigen I..

Nachdem die Klägerin zuvor bereits am 30. Juni 2015 in der Tschechischen Republik einen Zulassungsantrag gestellt hatte, beantragte sie am 12. August 2015 bei der Beklagten die Erteilung einer Zulassung für das den Wirkstoff J. enthaltende Pflanzenschutzmittel „E.“ (Zweithandelsname „K.“), ein Herbizid. Es handelte sich hierbei um ein zonales Zulassungsverfahren (ZV3) mit der Bundesrepublik Deutschland als beteiligtem Mitgliedstaat (cMS) und der Tschechischen Republik als prüfendem bzw. berichterstattendem Mitgliedstaat (zRMS). Das Zentrale Kontroll- und Prüfinstitut für Landwirtschaft der Tschechischen Republik erteilte der Klägerin am 4. Januar 2017 die Zulassung für das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel befristet bis zum 31. Oktober 2018.

Am 1. Februar 2017 erhielt die Beklagte von den tschechischen Behörden den sog. Registration Report (RR). Die deutsche Übersetzung der tschechischen Zulassung ging am 7. April 2017 bei der Beklagten ein. Die Beklagte leitete diese Unterlagen am 28. April 2017 an die Benehmens- bzw. Einvernehmensbehörden weiter.

Das Julius Kühn-Institut (JKI) äußerte sich mit Schreiben vom 20. Juni 2017 und erklärte unter Verweis auf festzusetzende Anwendungsbestimmungen, Kennzeichnungsauflagen und Hinweise sein Benehmen. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erklärte mit Schreiben vom 12. Oktober 2017 sein Benehmen unter der Voraussetzung, dass vom Umweltbundesamt (UBA) unter den Anwendungsbedingungen des Antrags in Deutschland Einträge des Metaboliten L. im Grundwasser ausgeschlossen werden könnten. Zudem wies es darauf hin, dass der Wirkstoff derzeit im Rahmen der Wirkstoffprüfung für eine erneute Genehmigung auf europäischer Ebene bewertet werde.

Mit Schreiben vom 28. September 2018 erklärte das UBA basierend auf einer Referenzzulassung für ein anderes Pflanzenschutzmittel sein Einvernehmen unter Hinweis auf festzusetzende Kennzeichnungsauflagen und Anwendungsbestimmungen (M.). Für das streitgegenständliche Mittel wurde kein Nationales Addendum zum RR vorbereitet und keine Bewertung vorgelegt. Aufgrund dessen wandte sich das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) mit Schreiben vom 19. Oktober 2018 an das UBA und zeigte verschiedene Unterschiede zu dem Referenzprodukt auf. Es bat darum, die Risikobewertung für aquatische Organismen und terrestrische Nicht-Zielpflanzen zu überprüfen.

Unter dem 21. November 2018 übersandte das UBA eine aktualisierte Einvernehmenserklärung. Darin erklärte es das Einvernehmen für die Verwendung „N.“ unter der Voraussetzung, dass die Zulassung mit verschiedenen Kennzeichnungsauflagen verbunden wird. Zugleich äußerte sich das UBA zu potenziell relevanten Metaboliten im Grundwasser und bat um Weiterleitung der enthaltenen Informationen an das BfR. Das Einvernehmen erfolgte zudem unter der Voraussetzung, dass in der Zulassung verschiedene Anwendungsbestimmungen festgesetzt werden, darunter die Anwendungsbestimmungen ´Biodiv 1´, ´Biodiv 2´ und ´NT(neu)´. Diese lauten wie folgt:

Biodiv 1

Zum Schutz der biologischen Vielfalt darf das Mittel nur angewendet werden, wenn auf der Ackerfläche des Betriebes ein ausreichender Anteil an Biodiversitätsflächen vorhanden ist. Der Anteil ist entsprechend der Darstellung in Anlage 1 der Begleitveröffentlichung (Fundstelle BVL; im Entwurf dem EV-Schreiben beigefügt) ausreichend, wenn der Summenwert der gewichteten Biodiversitätsflächen in (ha) mindestens 10% des Zahlenwertes der Gesamtackerfläche des Betriebes in (ha) beträgt.

Die Vorgaben dieser Anwendungsbestimmung sind vom 1.1.2020 an einzuhalten.

Biodiv 2

Zusätzlich zu den Aufzeichnungen nach § 11 Abs. 1 PflSchG ist vom Anwender zu dokumentieren, dass zum Zeitpunkt der Anwendung der erforderliche Regelanteil an Biodiversitätsflächen vorhanden war. Hierfür hat der Anwender folgende Angaben zu machen:

- Den für die Anwendung des Pflanzenschutzmittels (ggf.: gemäß der AWB Biodiv1) zum Zeitpunkt der Anwendung erforderlichen Regelanteil an Biodiversitätsflächen bezogen auf die Ackerfläche des Betriebes in ha

- Lage der in Anspruch genommenen Ackerfläche/n gemäß Liegenschaftskataster (Gemarkung, Flur, Flurstücknummer) einschließlich der Größe der als Biodiversitätsfläche genutzten Teilfläche in ha, des diesen jeweils zugeordneten Biodiversitätsflächentyps und seiner ökologischen Wertigkeit als Gewichtungsfaktor/ha

Auf Verlangen ist die Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen in Bezug auf den mit der Anwendungsbestimmung Biodiv 1 formulierten Anwendungsvorbehalt gegenüber der zuständigen Kontrollbehörde durch Vorlage der vorgenannten Dokumentation nachzuweisen.

Die Vorgaben dieser Anwendungsbestimmung sind vom 1.1.2020 an einzuhalten.

NT(neu)

Die Anwendung des Mittels muss in einer Breite von mindestens 20m zu angrenzenden Biodiversitätsflächen mit einem verlustmindernden Gerät erfolgen, das in das Verzeichnis „Verlustmindernde Geräte“ vom 14. Oktober 1993 (Bundesanzeiger Nr. 205, S. 9780) in der jeweils geltenden Fassung, mindestens in die Abdriftminderungsklasse 90% eingetragen ist.

Die Vorgaben dieser Anwendungsbestimmung sind vom 1.1.2020 an einzuhalten.“

Zur Begründung der Biodiversitätsanwendungsbestimmungen führte das UBA im Wesentlichen aus, nach Art. 4 Abs. 3 Buchst. e) iii) der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 dürften Pflanzenschutzmittel infolge ihrer Verwendung keine unannehmbaren Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben. Hierunter seien auch indirekte Auswirkungen über die Störung von Nahrungsnetzen zu verstehen. Indirekte Auswirkungen könnten unter den spezifischen landwirtschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen in Deutschland unannehmbare Ausmaße annehmen und seien insoweit in der Umweltrisikobewertung grundsätzlich zu berücksichtigen. Dass noch keine in der EU harmonisierten Methoden zur Bewertung dieser Art von Auswirkungen verfügbar seien, entbinde die Mitgliedstaaten nicht von der Verpflichtung, die möglichen Auswirkungen mit geeigneten vorläufigen Methoden zu bewerten und, wenn nötig, Maßnahmen zur Risikominderung durchzuführen. Aus den vorliegenden Unterlagen zur Wirksamkeit und zu den ökotoxikologischen Effekten auf terrestrische Nichtzielpflanzen sei zu schließen, dass das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel seinem Anwendungszweck entsprechend ein sehr großes Schädigungspotenzial für terrestrische Nichtzielpflanzen habe. Zu erwarten seien sehr hohe Effektraten bei den auf den Anwendungsflächen vorkommenden Pflanzen. Um die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt auf ein annehmbares Maß zu senken und somit die Zulassungsvoraussetzungen herzustellen, seien Risikominderungsmaßnahmen erforderlich. Nach derzeitigem Stand des Wissens seien nur Biodiversitätsflächen bzw. ökologische Ausgleichsflächen, auf denen Pflanzenschutzmittel nicht angewandt werden dürften, ausreichend wirksam und praktikabel im Sinne des Ziels, Auswirkungen auf die biologische Vielfalt auf den Anwendungsflächen auf ein annehmbares Maß zu reduzieren. Solche Flächen böten alternativen Lebensraum und Nahrungsangebot für die von den Auswirkungen des Pflanzenschutzmittels betroffenen Arten. Die Zulässigkeit dieses Vorgehens habe ein Rechtsgutachten bestätigt (Klinger/Borwieck/Douhaire, Rechtsgutachten zum Schutz von terrestrischen Nichtzielarten einschließlich der biologischen Vielfalt vor den Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln vom November 2017). Es sei sinnvoll, mit einer Anwendungsbestimmung Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Flächentypen zu schaffen, wobei die einzelnen Maßnahmen je nach ihrer spezifischen Wirksamkeit im Sinne des Schutzzwecks gewichtet würden. Der mindestens erforderliche Flächenanteil variiere je nach dem vom Betrieb gewählten Flächentyp bzw. der gewählten Mischung aus mehreren Maßnahmen. Bei ausschließlicher Wahl des Basistyps „mehrjährige Brache“ seien es 10%. Die fachliche Notwendigkeit, die Wirksamkeit und die Verhältnismäßigkeit dieses Wertes seien durch entsprechende Gutachten bestätigt. Da das Vorhandensein der Biodiversitätsflächen eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Anwendung des Mittels sei, müsse das Planen und das Anlegen der Flächen in den betreffenden Betrieben mit mehrmonatigem Vorlauf vor der Anwendung des betreffenden Mittels erfolgen. Auch das rechtzeitige Melden der Angaben zur Flächennutzung an die im jeweiligen Bundesland für die Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzprogramme zuständigen Landwirtschaftsbehörden müsse ermöglicht werden. Zudem müssten die zuständigen Pflanzenschutzdienste die neuen Anwendungsbestimmungen in ihre Kontrollprogramme aufnehmen. Die Anwendungsbestimmung solle deshalb mit der hier zu erteilenden Zulassung festgeschrieben, aber erst mit einem Vorlauf von mehr als einem Jahr zum 1. Januar 2020 wirksam werden. Um die Kontrolle der Umsetzung der Anwendungsbestimmungen durch die zuständigen Behörden der Bundesländer zu erleichtern, sollten die Betriebe Aufzeichnungen über die Einrichtung von Biodiversitätsflächen führen und auf Verlangen der Behörde vorzeigen. Eine entsprechende Verpflichtung werde mit der Anwendungsbestimmung ´Biodiv 2´ festgeschrieben. Zu der Anwendungsbestimmung ´NT(neu)´ führte es insbesondere aus, die gemäß der Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ vorzuhaltenden Biodiversitätsflächen dürften nicht in ihrem ökologischen Potenzial zur Kompensation der Risiken des Pflanzenschutzmittels beeinträchtigt werden. Um eine ausreichende Funktionalität der Biodiversitätsflächen zu gewährleisten, seien Einträge des Pflanzenschutzmittels über Abdrift durch Verwendung abdriftmindernder Technik auf ein annehmbares Maß zu reduzieren. Soweit für die gleichen Verwendungen bereits Produkte anderer Hersteller mit gleichem biodiversitätsschädigenden Potenzial zugelassen seien, werde das BVL um Prüfung der Übertragung der Anwendungsbestimmungen auf diese Produkte gemäß § 36 Abs. 3 Satz 2 PflSchG gebeten.

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2018 äußerte das BVL gegenüber dem UBA die Auffassung, dass die Anwendungsbestimmungen ´Biodiv 1 und 2´ rechtswidrig sowie fachlich nicht angemessen seien und bat unter Darlegung seiner juristischen Einschätzung um erneute Überprüfung des Einvernehmens und Entfernung der genannten Anwendungsbestimmungen. Soweit sich das UBA auf Art. 4 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 i. V. m. der Verordnung (EU) Nr. 283/2013 stütze, verkenne es, dass sich die zuletzt genannte Verordnung nicht auf die Datenanforderungen für Pflanzenschutzmittel, sondern auf die Datenanforderungen für Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln beziehe. In der Verordnung (EU) Nr. 284/2013, welche die Datenanforderungen für Pflanzenschutzmittel regele, spielten Nahrungsnetzeffekte als indirekte Auswirkungen keine Rolle. Rechtliche Grundlage für den Erlass von Nebenbestimmungen bei Pflanzenschutzmitteln seien Art. 31 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 und § 36 PflSchG. Nach diesen Normen seien nur Bestimmungen zulässig, die einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Anwendung des Pflanzenschutzmittels auf einer konkreten Anwendungsfläche hätten und sich unmittelbar auf das Anwendungsgebiet, die Zeit, die Frequenz oder die Geräte der Ausbringung, die Verpackung, das Etikett, die Anforderungen an den Anwender etc. bezögen. Von der Anwendung losgelöste Pflichten, wie die Forderung nach der Bereitstellung von Ausgleichsflächen, seien nicht vorgesehen. Die vom UBA angestrebten Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität stellten einen gravierenden Eingriff in die Grundrechtspositionen der Anwender dar, insbesondere das nach Art. 14 GG geschützte Eigentum, weil die Anwender praktisch an der Nutzung ihres Eigentums im Umfang von mindestens 10 % ihrer Ackerflächen gehindert würden. Ein solch wesentlicher Eingriff sei nach der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Wesentlichkeitstheorie nur bei Vorliegen einer entsprechenden gesetzlichen Regelung zulässig. Sowohl das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) als auch das Bundesministerium des Inneren (BMI) und das Bundesministerium der Justiz (BMJ) seien der Auffassung, dass derartige Auflagen wegen Verstoßes gegen den Gesetzesvorbehalt rechtswidrig seien. Das BMEL und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hielten die Auflagen auch für gemeinschaftsrechtswidrig, weil sie der gemeinschaftsrechtlich angestrebten Harmonisierung zuwiderliefen und deutsche Landwirte massiv gegenüber Landwirten in anderen Mitgliedstaaten benachteiligten. Zudem verstoße die Auflage gegen Art. 4 Abs. 3 Buchst. e) i. V. m. Art. 29 Abs. 1 Buchst. e) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, denn danach sei die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority - EFSA -) für die Bewertung von Methoden zur Berücksichtigung von Auswirkungen auf die Biodiversität zuständig. Erst wenn die EFSA anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung derartiger unannehmbarer Auswirkungen auf die Umwelt festgelegt habe, seien diese Bewertungen für Verfahren um die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln maßgeblich. Die Einschätzung nationaler Behörden könne bis dahin keine Berücksichtigung finden. Darüber hinaus müsse die Kausalität des jeweiligen Pflanzenschutzmittels für negative Effekte auf die Biodiversität hinreichend dargelegt werden, woran es bislang ebenso wie an einer eingehenden Prüfung der Verhältnismäßigkeit der vorgeschlagenen Risikominderungsmaßnahmen fehle. Entsprechend einer vom UBA in Bezug genommenen Studie sei der in den vergangenen Jahrzehnten zu beobachtende starke Rückgang der Biodiversität im Agrarbereich wesentlich nicht nur auf die Nutzung von Pflanzenschutzmitteln, sondern auch auf hohe Düngergaben, dichte Nutzpflanzenbestände, den Rückgang von Brach- und Dauergrünlandflächen sowie Verschiebungen im Spektrum der angebauten Kulturen zurückzuführen. Daneben spielten der Verlust von Saumstrukturen und nicht zuletzt der Klimawandel eine Rolle. Welchen Anteil der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln am Rückgang der Biodiversität habe, sei vom UBA nicht annähernd belegt worden. Neben weiteren Aspekten sei zudem zu berücksichtigen, dass die Forderung, stets mindestens 10 % der Gesamtackerfläche des Betriebes als Biodiversitätsfläche vorzuhalten, unverhältnismäßig sei, weil Betriebe, die nur einen kleinen Teil ihrer Flächen mit dem Pflanzenschutzmittel behandeln wollten, stärker belastet werden würden als Betriebe, die einen Großteil ihrer Flächen mit dem Mittel behandelten. Für die Anwendungsbestimmung ´Biodiv 2´ fehle in Ansehung von Art. 67 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 i. V. m. § 11 PflSchG gleichfalls eine Rechtsgrundlage.

Ebenfalls am 6. Dezember 2018 wurde der in dem streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittel enthaltene Wirkstoff gemäß der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2018/1913 durch Erneuerungsentscheidung der Kommission bis zum 30. Januar 2034 genehmigt.

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2018 nahm das UBA umfänglich Stellung zu der Rückfrage der Beklagten und legte dar, dass die Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit und Angemessenheit der Biodiversitätsanwendungsbestimmungen unbegründet seien. Das mit Schreiben vom 21. November 2018 erklärte Einvernehmen habe daher Bestand. Die mit dem Einvernehmen verbundenen Anwendungsbestimmungen ´Biodiv 1 und 2´ seien auf Grundlage von Art. 41 Abs. 1 i. V. m. Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 und § 34 Abs. 1 Nr. 3 PflSchG ergangen und dienten der Herstellung der Zulassungsvoraussetzungen für das Pflanzenschutzmittel in allen beantragten Verwendungen. Es verwies u. a. darauf, die Berechtigung und Notwendigkeit, indirekte Auswirkungen auf die Biodiversität sowie die Vielfalt und Abundanz von Nichtzielarten durch Nahrungsnetzeffekte zu berücksichtigen, ergebe sich aus Art. 4 Abs. 3 Buchst. e) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, da insoweit Auswirkungen auf das Schutzgut der Umwelt im Sinne der Legaldefinition des Art. 3 Nr. 13 der Verordnung gegeben seien. Die Verordnung (EU) Nr. 283/2013 sei lediglich ergänzend angeführt worden. Auch wenn die EFSA als zuständige EU-Bewertungsbehörde Methoden für die Bewertung derartiger Auswirkungen noch nicht zur Verfügung gestellt habe, folge aus Art. 29 Abs. 1 Buchst. e) i. V. m. Art. 4 Abs. 3 Buchst. e) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel nur dann erfüllt seien, wenn unannehmbare Risiken für die Umwelt ausgeschlossen werden könnten, was hier Risikominderungsmaßnahmen in Bezug auf indirekte Auswirkungen des Pflanzenschutzmittels durch Nahrungsnetzeffekte erfordere. Generell folge aus den Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ein Vorrang des Bewertungsmaßstabs des neuesten Standes von Wissenschaft und Technik für die Risikobewertung eines Pflanzenschutzmittels. Dementsprechend dürften sich die Mitgliedstaaten bei ihren Bewertungen nicht auf das Fehlen von Bewertungsleitlinien der EFSA zurückziehen, wenn sich bestimmte Umweltauswirkungen nach aktuellstem Stand von Wissenschaft und Technik als unannehmbar erwiesen. Dafür spreche auch die in Abschnitt C, Ziffer 1.5, Verordnung (EU) Nr. 546/2011 getroffene Regelung. Mit Art. 36 Abs. 3 i. V. m. Art. 31 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 und § 36 PflSchG seien sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene die erforderlichen Rechtsgrundlagen für Beschränkungen der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels wegen nachteiliger Auswirkungen auf die Umwelt, einschließlich der darunter zu fassenden Biodiversität und der Auswirkungen auf Nichtzielarten, gegeben. Einschränkungen auf bestimmte Arten von Verwendungsbestimmungen ließen sich diesen Normen nicht entnehmen. Darüber hinaus räume das erkennende Gericht in seiner Rechtsprechung der Zulassungsbehörde bei der Entscheidung über die Ausgestaltung nationaler Risikominderungsmaßnahmen nach Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 einen Ermessensspielraum ein. Die Forderung nach Biodiversitätsflächen sei vergleichbar zu den schon lange etablierten und rechtlich für zulässig erachteten Anwendungsbestimmungen zur Vermeidung von Einträgen in Gewässer durch Abschwemmung, welche die Anwendung des Pflanzenschutzmittels unter den Vorbehalt eines mit einer geschlossenen Pflanzendecke bewachsenen Randstreifens stellten, dessen Schutzfunktion nicht durch den Einsatz von Arbeitsgeräten beeinträchtigt werden dürfe. Sei ein solcher zur Expositionsreduzierung notwendiger Randstreifen nicht bereits vorhanden, müsse er vor der Anwendung des Pflanzenschutzmittels ebenfalls zunächst geschaffen werden. Die vorgesehenen Anwendungsbestimmungen seien auch verhältnismäßig, zumal nur durch sie die Einhaltung der Zulassungsvoraussetzungen für das Pflanzenschutzmittel gewährleistet werden könne. Weniger belastende Maßnahmen, die zur Zweckerreichung geeignet seien, seien nicht ersichtlich. Die Anwendungsbestimmungen würden auch nicht pauschal für alle Pflanzenschutzmittel gefordert, sondern lediglich dann, wenn die Bewertung ein hohes Risiko für Störungen der Nahrungskette ergebe. Selektiv wirkende Pflanzenschutzmittel oder solche mit geringem Risiko für negative Auswirkungen auf Nichtzielpflanzen oder -arthropoden würden im Gegensatz zu breitbandig wirkenden Herbiziden oder Insektiziden voraussichtlich nicht von der Forderung nach Aufnahme der Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität in zu erteilenden Zulassungen betroffen. Die Bewertung des Risikos von Auswirkungen des Pflanzenschutzmittels durch Nahrungsnetzeffekte erfolge in Abhängigkeit von dem Ausmaß zu erwartender Auswirkungen auf Pflanzen und/oder Arthropoden auf den Anwendungsflächen und unter Berücksichtigung der zu erwartenden Selektivität der Wirkung auf Pflanzen und/oder Arthropoden. Den chemischen Insektiziden und Herbiziden lägen in der Regel Wirkmechanismen zugrunde, die nicht auf eine selektive, auf die Schadorganismen begrenzte Wirkung schließen ließen. Aktuelle wissenschaftliche Studien zu indirekten Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln durch Störungen des Nahrungsnetzes unterstützten die Annahme, dass die Auswirkungen auf die Umwelt ohne Risikominderungsmaßnahmen zur Kompensation der Nahrungsnetzeffekte als unannehmbar beurteilt werden müssten und die Pflanzenschutzmittel nicht zulassungsfähig wären. Das Vorliegen ernsthafter Anhaltspunkte für das Auftreten unannehmbarer Auswirkungen auf die Umwelt sei insoweit ausreichend. Eines weitergehenden Nachweises der Kausalität bedürfe es nicht. Vielmehr obliege es bei einer derartigen Sachlage dem Zulassungsantragsteller den Nachweis zu führen, dass es auch ohne den Anwendungsvorbehalt nicht zu unannehmbaren Auswirkungen komme. Auch der Forderung nach einem Anteil der Biodiversitätsflächen in Höhe von 10 % der Gesamtackerfläche lägen wissenschaftliche Studien zugrunde, in denen teilweise sogar ein noch höherer Gesamtanteil von 14 bis 15 % abgeleitet worden sei, ab dem sich Populationen verschiedener Feldvogelarten stabilisierten. Auf die Interessen der Anwender sei insoweit hinreichend Rücksicht genommen worden, als diesen mit dem Ziel der Einräumung größtmöglicher Flexibilität die Möglichkeit gegeben werde, aus einem Katalog von anerkennungsfähigen Biodiversitätsflächentypen frei zu wählen, welche Flächen sie als Biodiversitätsflächen zur Verfügung stellen wollten. Soweit unabhängig von der Größe der mit Pflanzenschutzmitteln behandelten Fläche stets ein Anteil von 10 % der Gesamtackerfläche als Biodiversitätsfläche gefordert werde, sei dies nicht unverhältnismäßig. Denn in konventionell wirtschaftenden Betrieben würden im Jahresverlauf in der Regel in allen Ackerbaukulturen und somit auch auf allen Ackerflächen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mindestens einmal biodiversitätsschädigende Mittel angewandt.

Das BVL wandte sich unter dem 16. Januar 2019 an das BfR und bat um eine aktualisierte Stellungnahme unter Berücksichtigung der Ausführungen des UBA vom 21. November 2018 hinsichtlich der Abschätzung einer möglichen Versickerung in das Grundwasser. Das BfR übersandte unter dem 12. Februar 2019 eine aktualisierte Benehmenserklärung, wobei verschiedene Änderungen vorgenommen wurden.

Am 20. Februar 2019 hat die Klägerin Untätigkeitsklage beim erkennenden Gericht erhoben.

Mit Bescheid vom 21. Februar 2019 hat das BVL die Zulassung für das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel - befristet bis zum 31. Dezember 2019 - für O. und P. in Bezug auf die Schadorganismen „Q. erteilt. Es sind dabei (neben verschiedenen Auflagen und Kennzeichnungsvorgaben) lediglich die Anwendungsbestimmungen R. festgesetzt worden. Das BVL hat im Rahmen des Zulassungsbescheides dargelegt, dass an sich alle gesetzlich vorausgesetzten Einvernehmens- und Benehmenserklärungen vorliegen würden. Die Zulassung ohne die Biodiversitätsanwendungsbestimmungen (Biodiv 1 und 2 und NT[neu]) sei laut Einvernehmen des UBA befristet bis zum 31. Dezember 2019. Für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2020 habe das UBA sein Einvernehmen mit der Bedingung verknüpft, dass Biodiversitätsanwendungsbestimmungen erteilt werden müssten. Diese Anwendungsbestimmungen seien bereits deshalb rechtswidrig, da sie in der Regel zu einer faktischen Enteignung führen würden (Biodiv 1). Hierfür gebe es keine gesetzliche Grundlage. Zudem gebe es auch keine gesetzliche Grundlage für die vom UBA geforderte Dokumentationspflicht (Biodiv 2). Obgleich es das UBA zur Erteilung eines vorbehaltlosen Einvernehmens ohne die Biodiversitätsanwendungsbestimmungen aufgefordert habe, bleibe dieses bei seinem ursprünglichen Einvernehmen. Obwohl es die Dauer der Zulassung regelmäßig nach Art. 32 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 so festlege, dass diese mindestens die Dauer der Wirkstoffgenehmigung plus ein Jahr umfasse, könne es daher die Zulassung ohne die Biodiversitätsanwendungsbestimmungen nur befristet bis zum 31. Dezember 2019 erteilen. Für die Zulassung über diesen Zeitpunkt hinaus fehle es an der erforderlichen vorbehaltlosen Einvernehmenserklärung des UBA.

Mit Schreiben vom 13. März 2019 hat das UBA gegenüber dem BVL unter Bezugnahme auf eine entsprechende Fachmeldung („Pflanzenschutzmittel befristet zugelassen“ v. 28.02.2019) dargelegt, es habe sein Einvernehmen unter der Maßgabe erteilt, dass die streitgegenständlichen Anwendungsbestimmungen zum Schutz der biologischen Vielfalt bei Erteilung der Zulassung in den Zulassungsbescheid aufgenommen werden. Die vom BVL nunmehr gewählte Vorgehensweise spalte den Zulassungszeitraum in zwei Phasen auf. Somit fehle für die nun ohne die betreffenden Anwendungsbestimmungen erteilten befristeten Zulassungen sein Einvernehmen und die erteilten Zulassungen seien folglich rechtswidrig zustande gekommen. Keinesfalls gestatte die von ihm vorgesehene Übergangsfrist für das Wirksamwerden der Anforderungen an die Anwender, dass das BVL eine befristete Zulassung ohne die Anwendungsbestimmungen erteile. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Verkaufsstellen und Anwender nur dann mit angemessenem zeitlichen Vorlauf über die ab 2020 zu erfüllenden Anforderungen informiert werden würden, wenn die Anwendungsbestimmungen bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Zulassung auf die Verkaufspackung gedruckt und somit für Handel und Anwender verfügbar seien. Das UBA hat das BVL aufgefordert, die Anwendungsbestimmungen ´Biodiv 1´, ´Biodiv 2´ und ´NT(neu)´ zum Schutz der biologischen Vielfalt unverzüglich über den Weg des Änderungsbescheides nachträglich in die bestehende Zulassung aufzunehmen. Zudem sei es notwendig, dass das BVL im Sinne einer Schadensbegrenzung nach der erfolgten Änderung der Zulassung auf geeignetem Wege den Handel und die möglichen Anwender über die Korrektur informiere.

Gegen die Befristung im Zulassungsbescheid vom 21. Februar 2019 hat die Klägerin mit Schreiben vom 18. März 2019 Teil-Widerspruch eingelegt. Mit Schriftsatz vom 1. April 2019 hat sie den Zulassungsbescheid in das gerichtliche Verfahren einbezogen.

Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Klage sei wegen Untätigkeit der Beklagten ohne Durchführung des Vorverfahrens zulässig, da die Bearbeitungsfrist nach Art. 37 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 von 120 Tagen seit mehr als 1,5 Jahren abgelaufen sei. Die Klage sei auch begründet. Eine Zulassung könne vom BVL auch ohne das Einvernehmen des UBA erteilt werden, da die deutschen Normen europarechtskonform zu interpretieren seien. Die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen nach Art. 36 der genannten Verordnung lägen vor. Die Wirkstoffgenehmigung sei bis zum 30. Januar 2034 befristet, weshalb nach Art. 32 Abs. 1 der Verordnung die Zulassung für einen Zeitraum von einem Jahr nach Ablauf der Zulassung des in dem Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoffes, mithin bis zum 30. Januar 2035, zu erteilen sei. Die vom UBA geforderten Biodiversitätsanwendungsbestimmungen seien rechtswidrig. Im Hinblick auf die Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ liege eine faktische Enteignung ohne Rechtsgrundlage vor und auch der Anwendungsbestimmung ´Biodiv 2´ mangele es an einer gesetzlichen Grundlage. Art. 4 Abs. 3 Buchst. e) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sehe die Berücksichtigung von Auswirkungen auf die biologische Vielfalt nur vor, wenn und soweit die EFSA anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung unannehmbarer Auswirkungen entwickelt habe, an denen es bislang fehle. Die Anordnung derartiger Ausgleichsflächen stelle im Übrigen einen Eingriff in die unternehmerische Freiheit des Landwirts dar, der wegen der mit ihm einhergehenden Belastung einer gesetzlichen Ermächtigung bedürfe, welche jedoch nicht vorliege. Anwendungsbestimmungen könnten nur insofern vorgeschrieben werden, wie sie das Unionsrecht kenne oder hierzu ermächtige. Dies sei bei der Forderung von Biodiversitätsausgleichsflächen jedoch nicht der Fall. Das Unionsrecht kenne Anwendungsverbote nur spezifisch gebietsbezogen oder für nicht genehmigte Pflanzenschutzmittel. Biodiversitätsanwendungsbestimmungen könnten daher nur durch die Europäische Union festgelegt werden. § 36 Abs. 1 Nr. 3 PflSchG stelle keine geeignete rechtliche Grundlage dar. Selbst wenn man unterstelle, Biodiversitätsausgleichsflächen seien rechtlich als Risikominderungsmaßnahmen denkbar, so beziehe sich diese Norm nur auf „bestimmte Gebiete“. Hierbei handele sich etwa um Naturschutzgebiete, Wasserschutzgebiete oder Landschaftsschutzgebiete. Die Norm sei aber nicht anwendbar, soweit das UBA eine generelle Regelung für alle Pflanzenschutzmittel mit bestimmten Wirkstoffklassen beabsichtige. Der Auflagenvorbehalt des § 36 Abs. 3 Nr. 1 PflSchG stelle keine taugliche Rechtsgrundlage dar, da es sich bei der Vorgabe von Biodiversitätsanwendungsbestimmungen um eine landwirtschaftliche Bodenbewirtschaftungsvorgabe, d. h. um ein Handlungsgebot an den Landwirt, seinen Boden in bestimmter Weise zu bewirtschaften, handele. Auch § 36 Abs. 3 Nr. 2 PflSchG stelle keine taugliche Ermächtigungsgrundlage dar, da diese Norm nur die nationale Verfahrensfortsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 darstelle, wobei der deutsche Gesetzgeber an das dort abschließend - mit Regulierungsöffnungen - normierte Recht der Pflanzenschutzmittelgenehmigung gebunden sei. Demzufolge könne auch die offene Formulierung des Auflagenvorbehaltes zum Schutz des Naturhaushaltes nur Regulierungsmöglichkeiten eröffnen, die im Unionsrecht angelegt seien. Entschieden werden müsse auch beim Erlass dieser Auflagen auf der Grundlage der Schlussfolgerungen aus der Bewertung durch den Mitgliedstaat. Bodenbewirtschaftungsvorschriften wie die Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ könnten jedoch nicht unter die „spezifischen Verwendungsbedingungen“ in Art. 36 Abs. 3 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 subsumiert werden. Die streitgegenständlichen Anwendungsbestimmungen könnten auch nicht auf der Grundlage einer „Minus-Maßnahme“ nach Art. 36 Abs. 3 Unterabs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 Bestand haben. Dies würde voraussetzen, dass ein Verbot als mögliche Maßnahme im konkreten Fall möglich wäre, was angesichts der Zwecksetzungen und Maßstäbe der maßgeblichen Verordnung und des nationalen Pflanzenschutzgesetzes ausgeschlossen sei. Zudem sei keine sinnvolle prozentuale Grenze für das Ausmaß der Forderung von Biodiversitätsausgleichsflächen auszumachen. Die Risiken, die das UBA ausräumen wolle, seien zudem bereits Gegenstand der umfassenden Prüfung bei der Genehmigung des Wirkstoffs. Die erneute Genehmigung des Wirkstoffs sei vorliegend im Dezember 2018 erfolgt, sodass die ergänzenden Dossiers zur Erneuerungsgenehmigung auf die Erkenntnisse aus dem Einsatz des Wirkstoffs in der Vergangenheit hätten zurückgreifen und den jüngsten Stand von Wissenschaft und Technik berücksichtigen können. Das Prüfprogramm bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln sei im Hinblick auf die Wirkstoffgenehmigung enger gesteckt; Auswirkungen auf die Biodiversität (einschließlich der Nahrungsketten), den Naturhaushalt und das Ökosystem würden hierbei nicht (noch einmal) beurteilt. Die Schutzgüter, die Verfahren, wie Schutzgütergefährdungen zu prüfen seien, wie Gefahren und Risiken bewertet werden, seien durch Unionsrecht abschließend reguliert. Insbesondere für die Wirkung auf Nichtzielorganismen und Insekten kenne der europäische Genehmigungsprozess auch Prüfvorschriften, die die Ergebnisse wissenschaftlich validieren würden und vermittelbar machten. Das UBA zeige nicht auf, auf welchen validierten Prüfmethoden seine Einschätzung beruhe, dass für mehrere Klassen von Pflanzenschutzmitteln pauschal anzunehmen sei, dass sie Nahrungsketten derart unterbrechen würden, dass der Einsatz der Mittel im gesamten Gebiet der Bundesrepublik ohne Biodiversitätsausgleichsflächen nicht hinnehmbar sei. Die maßgebliche Begleitveröffentlichung lasse nicht erkennen, ob vorgegebene Analyseverfahren den Schlussfolgerungen des UBA zugrunde liegen. Diese müssten zwingend Gegenstand der Schlussfolgerungen des erstgenehmigenden Mitgliedstaates gewesen sein. Die Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ verstoße zudem gegen höherrangiges Recht. Vorliegend sei die Europäische Grundrechtecharta anwendbar, da ein ausreichend enger Bezug zum Unionsrecht gegeben sei. Ohne entsprechende Ausgleichszahlungen sei ein Verstoß gegen Art. 17 der EU-Grundrechtecharta gegeben. Zwar werde die privatrechtliche Dispositionsfreiheit über den Ackerbau oder die Gemüsezucht auf den 10 bis 20% der Ackerfläche nicht vollständig aufgehoben, die Nutzung sei aber wesentlich ertragsärmer und aufwendiger. Hilfsweise stehe auch Art. 14 GG der Festsetzung der streitgegenständlichen Flächen entgegen. Die Einschränkung des Landwirts in seiner Dispositionsfreiheit müsse durch Ausgleichszahlungen gemindert werden. Da dies nur durch Gesetz geregelt werden könne, sei die bloß exekutive Festlegung einer Pflicht, Biodiversitätsausgleichsflächen zur Verfügung zu stellen, mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Auch für die Anwendungsbestimmung ´Biodiv 2´ existiere keine rechtliche Grundlage. Ergänzend bezieht sich die Klägerin zur Begründung auf verschiedene, im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Rechtsgutachten.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

die Beklagte zu verpflichten, ihr eine Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „E.“ mit Geltungsdauer über den 31. Dezember 2019 hinaus bis zum 30. Januar 2035 im Umfang und mit den Maßgaben des Zulassungsbescheides vom 21. Februar 2019 zu erteilen, und den Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2019 aufzuheben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht,

hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, über die Dauer der Zulassung des Pflanzenschutzmittels „E.“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Für sie erwidert das BVL über das bereits im Verwaltungsverfahren erfolgte Vorbringen hinaus ergänzend im Wesentlichen: Es sehe sich gehindert, die Zulassung für das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel über den 30. Dezember 2019 hinaus zu erteilen. Für eine Zulassung über den 31. Dezember 2019 hinaus liege ein Einvernehmen des UBA nur mit der Verknüpfung rechtswidriger Nebenbestimmungen zur Biodiversität vor. Die Einvernehmenserklärung des UBA leide insofern an einem unüberwindbaren „Mangel“, da die Erteilung der Zulassung mit den Anwendungsbestimmungen ab dem 1. Januar 2020 als schlicht unvertretbar erachtet werde. Insbesondere wegen der hohen Eingriffsintensität und der Unzuständigkeit des UBA bzw. der verfassungsrechtlichen Kompetenzüberschreitung durch das UBA gehe sie für die Zeit ab dem 1. Januar 2020 davon aus, dass es faktisch an einem Einvernehmen fehle. Im Übrigen verweist das BVL darauf, dass eine Verknüpfung der Zulassung mit den vom UBA geforderten Biodiversitätsanwendungsbestimmungen auch von ihm als rechtswidrig angesehen werde. Den Mitgliedstaaten sei es verwehrt, einzelstaatliche Lösungsansätze zur Implementierung der Biodiversität in das Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel zu entwickeln. Ausgehend von dem Harmonisierungsbestreben der Vorschriften für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln stelle sich die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in Bezug auf ihren Regelungsgegenstand grundsätzlich als abschließend dar. Die Mitgliedstaaten dürften daher keine von der Verordnung abweichenden Regelungen treffen. Sie dürften aber auch keine Regelungen zu von der Verordnung thematisch betroffenen Bereichen erlassen, zu denen diese (noch) keine Regelungen enthalte. Der europäische Gesetzesrahmen enthalte bisher keine Vorgaben für die Bewertung der Biodiversität als solche. Es gebe weder gesetzliche Zulassungskriterien, die explizit auf die Biodiversität abstellen würden, noch Datenanforderungen speziell bezogen auf die Biodiversität und auch keine harmonisierten Bewertungsgrundsätze hierfür. Mit Blick auf den Harmonisierungsgedanken schreibe Art. 4 Abs. 3 Buchst. e) iii) der Verordnung konsequenterweise vor, dass die Prüfung der Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln und Pflanzenschutzmittelwirkstoffen auf die biologische Vielfalt und das Ökosystem erst möglich sei, wenn die insoweit zuständige EFSA wissenschaftliche Methoden für die Bewertung solcher Effekte anerkannt habe. Solche Methoden gebe es bezogen auf die Biodiversität als solche bisher nicht. Im Ergebnis sei den Mitgliedstaaten damit verwehrt, die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln von entsprechenden Bewertungen abhängig zu machen. Die Biodiversität sei als solche kein Prüfgegenstand des Zulassungsverfahrens für Pflanzenschutzmittel. Rechtliche Grundlage für Nebenbestimmungen für Pflanzenschutzmittel seien Art. 31 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sowie § 36 PflSchG. Unabhängig davon, dass keine Nebenbestimmungen zu Prüfbereichen erlassen werden könnten, die (noch) nicht Gegenstand des Zulassungsverfahren seien, seien nach den genannten Vorschriften allenfalls Bestimmungen, die einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Anwendung des Pflanzenschutzmittels auf einer konkreten Anwendungsfläche hätten und sich unmittelbar auf das Anwendungsgebiet, die Zeit, die Frequenz oder die Geräte der Ausbringung, die Verpackung, das Etikett, die Anforderungen an den Anwender etc. beziehen würden, zulässig. Von der Anwendung losgelöste Pflichten, wie das Vorhalten unbehandelter Flächen, seien weder in der Verordnung noch im nationalen Pflanzenschutzgesetz vorgesehen. Hinzu komme, dass sich die vorgesehenen Maßnahmen auch von ihrem Charakter her von herkömmlichen Risikominderungsmaßnahmen betreffend den Naturhaushalt unterscheiden würden. Letztere schränkten die Anwendung in der Art und Weise ein, um unvertretbare Auswirkungen - in der Regel außerhalb der Anwendungsfläche - zu unterbinden. Hierbei gehe es beispielsweise um Auswirkungen auf angrenzende Bereiche wie Nichtzielflächen oder angrenzende Gewässer. Die in Rede stehenden Anwendungsbestimmungen seien hingegen faktisch eine Kompensation für Auswirkungen, die auch örtlich an anderer Stelle erfolgen könne. Ein solcher Kompensationsgedanke, der letztlich mit Ausgleichsmaßnahmen im Naturschutzrecht vergleichbar sei, sei dem Zulassungsrecht für Pflanzenschutzmittel bisher fremd. Eine Zulassung sei zu erteilen, wenn Pflanzenschutzmittel zulassungsfähig seien, gegebenenfalls mit rechtlich zulässigen Risikominderungsmaßnahmen. Anderenfalls sei sie zu versagen. Es sei jedoch nicht möglich, sich Eingriffsmöglichkeiten durch gegebenenfalls auch örtlich an anderen Stellen erfolgende Kompensationsmaßnahmen quasi zu „erkaufen“. Dies würde eine Maßnahme neuer Qualität darstellen, für die es einer klaren Rechtsgrundlage bedürfe. Eine solche sei jedoch nicht gegeben. Darüber hinaus halte es die Anwendungsbestimmungen auch für europarechtswidrig, da sie gegen den angestrebten Harmonisierungszweck verstoßen würden. Deutsche Landwirte würden massiv gegenüber Landwirten in anderen Mitgliedstaaten beeinträchtigt, wenn sie 10% ihrer Betriebsflächen nicht oder nur noch außerordentlich eingeschränkt nutzen dürften. Insbesondere der gravierende Eingriff in das Eigentum des Landwirtes sei für sie ein maßgeblicher Grund für die Befristung der Zulassung gewesen. Der faktisch vollständige Entzug der Fläche von der beabsichtigten Nutzung erscheine als gravierender Eingriff, für den keine Rechtfertigung erkennbar sei. Der Fall sei insbesondere auch nicht mit den klassischen Abstandsauflagen zu Gewässern oder Nichtzielflächen zu vergleichen, bei denen nur der Einsatz des Pflanzenschutzmittels ausgeschlossen sei, die Fläche aber weiter als Kulturfläche genutzt werden dürfe. Die Verknüpfung der Zulassung mit den Anwendungsbestimmungen verstoße auch gegen Art. 36 Abs. 3 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 und den von der Verordnung verfolgten Harmonisierungsgedanken. Das UBA habe in seiner Einvernehmenserklärung nicht ausgeführt, welche spezifischen Verwendungsbedingungen in Deutschland vorliegen würden bzw. wonach sich die Art und Weise der Verwendung in Deutschland von jener im Referenzmitgliedstaat unterscheide. Inwieweit das Vorhalten von 10% des jeweiligen Ackerlandes dazu führe, die konkreten Bedenken in Bezug auf die Umwelt durch das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel auszuschließen, sei aufgrund der pauschalen Vorgabe von 10%, unabhängig von der jeweils tatsächlichen Fläche, nicht nachvollziehbar. Die geforderte Festlegung sei umso schwerer mit den in der Verordnung verankerten Grundprinzipien der zonalen Zulassung in Einklang zu bringen, wenn berücksichtigt werde, dass der Referenzmitgliedstaat und im Übrigen auch alle anderen Mitgliedstaaten keine vergleichbaren Bestimmungen in ihre jeweilige Zulassung aufgenommen hätten. Es werde deutlich, dass es sich hier um einen deutschen Sonderweg handele. Zwar sei das Thema Biodiversität auch ihr Anliegen, jedoch müsse das für alle Mitgliedstaaten gleichermaßen vorgegebene Verfahren eingehalten werden. Danach seien die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt in allen Mitgliedstaaten einheitlich als Prüfkriterium im Zulassungsverfahren erst zu prüfen, soweit es von der Behörde (EFSA) anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gebe. Diese anerkannten wissenschaftlichen Methoden existierten bislang nicht, weshalb der vom UBA gewählte deutsche Sonderweg nicht geeignet sei, das Ziel, der Aufnahme der Biodiversität in aktuelle Zulassungsverfahren, rechtskonform zu realisieren. Die Anwendungsbestimmung ´Biodiv2´ sei als Auflage bereits deshalb rechtswidrig, da es für eine derartige Aufzeichnungspflicht keine gesetzliche Grundlage gebe.

Mit Stellungnahme vom 21. August 2019, mit dem es seine bisherige Rechtsauffassung wiederholt und vertieft, äußerte sich das UBA ergänzend im Wesentlichen wie folgt: Die Aufspaltung des Einvernehmens in zwei Phasen (bis 31.12.2019, ab 31.12.2019) sei rechtswidrig. Wenngleich die Erteilung der Anwendungsbestimmungen an sich in der Zuständigkeit des BVL liege, so liege die Kompetenz bei der Frage der Bewertung, ob eine Risikominderungsmaßnahme die Auswirkungen eines Pflanzenschutzmittels auf die Umwelt hinreichend mindern könne, bei ihr als der zuständigen Bewertungsbehörde. Die Anwendungsbestimmung ´Biodiv1´ sehe keine Verpflichtung zur Einrichtung von Biodiversitätsflächen vor. Stattdessen stelle sie die Anwendung des biodiversitätsschädigenden Mittels unter den Vorbehalt, dass zu erwartende unannehmbare Umweltauswirkungen durch Vorhandensein eines ausreichenden Anteils an Biodiversitätsflächen auf ein annehmbares Maß reduziert werden. Die Anwendungsbestimmungen seien nicht grundsätzlich verschieden im Hinblick auf herkömmliche Risikominderungsmaßnahmen. Wie bei anderen Anwendungsbestimmungen bestehe zwischen dem Ort der Anwendung und dem sich daraus ergebenden Risiko ein eindeutiger Zusammenhang und eine Risikominderung sei aus fachlicher Sicht an gleichem Ort möglich, beispielsweise indem eine Teilfläche der Ackerfläche von einer Behandlung mit dem biodiversitätsschädigenden Produkt ausgenommen werde. Eine streng schlagbezogene Regelung werde allerdings dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit weniger gerecht, als die beabsichtigte, auf die betriebliche Gesamtackerfläche bezogene Regelung. Aus fachlicher Sicht könne eine Reduzierung des Risikos durch Nahrungsnetzeffekte auch durch kombinatorische Maßnahmen auf einer größeren räumlichen Ebene gewährleistet werden. Die Zulassungsvoraussetzungen ließen sich daher trotz der vorgesehenen räumlichen Entkopplung zwischen dem Ort des Risikos und dem Ort der Risikominderungsmaßnahmen herstellen, solange durch den Bezug auf die Betriebsebene ein ausreichender räumlicher Zusammenhang existiere. Die Einbeziehung einer erweiterten räumlichen Ebene sei auch bei anderen Risikominderungsmaßnahmen etabliert. Die Anwendungsbestimmungen ließen sich rechtlich zudem auf Art. 36 Abs. 3 Unterabs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 stützen. Es habe auch sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Die Anwendungsbestimmung ´Biodiv1´ diene dem Zweck, der Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Biodiversität und damit der Umwelt entgegenzuwirken und stehe somit mit dem Zweck der gesetzlichen Grundlage im Einklang. Ferner werde dem Anwender durch das Einräumen von Wahlmöglichkeiten bezüglich der konkreten Maßnahme eine einzelfallbezogene Flexibilität ermöglicht, durch die die Belastung auf das zur Zielerreichung erforderliche Maß begrenzt und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen werde. Die Berücksichtigung der Umweltauswirkungen durch Nahrungsnetzeffekte bei der Produktbewertung und -zulassung werde nicht durch die Ergebnisse der Wirkstoffprüfung vorweggenommen. Sie sei notwendig, um mit der Produktzulassung den geforderten Schutz der Umwelt einschließlich der Biodiversität zu gewährleisten. Es treffe nicht zu, dass mit der Bewertung auf Wirkstoffebene die Risiken durch Nahrungsnetzeffekte grundsätzlich bereits abschließend geprüft und die Mitgliedstaaten bei der Beurteilung der Zulassungsfähigkeit von Produkten an die Ergebnisse aus den entsprechenden Wirkstoffbewertungen zu den in dem Produkt enthaltenen Wirkstoffen gebunden seien. Zwar müssten die Mitgliedstaaten gemäß Teil A Ziff. 2 Buchst. b) Verordnung (EU) Nr. 546/2011 die Ergebnisse der Risikobewertung im Rahmen der Wirkstoffgenehmigung bei der Zulassungsprüfung berücksichtigen. Allerdings zeige bereits der Wortlaut („berücksichtigen“), dass eine vollständige Vorwegnahme der Ergebnisse einer späteren Produktprüfung, d. h. ein “Einfrieren“ der Risikobewertung auf den Stand von Wissenschaft und Technik zum Zeitpunkt der Wirkstoffprüfung, nicht beabsichtigt sein dürfte. Dies sei auch nicht mit der Vorgabe der Bewertung nach neuestem Stand von Wissenschaft und Technik und dem Vorsorgeprinzip vereinbar. Generell folge aus Art. 29 Abs. 1 Buchst. e) und Art. 36 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ein Vorrang des Bewertungsmaßstabs des neuesten Standes von Wissenschaft und Technik auch für die Prüfung im Rahmen des Produktzulassungsverfahrens, wobei die zum Zeitpunkt des Antrags verfügbaren Leitlinien herangezogen werden sollten. Aus der Tatsache, dass Datenanforderungen zum Schutzgut biologische Vielfalt nur in der Verordnung (EG) Nr. 283/2013 enthalten seien, lasse sich nicht schlussfolgern, dass Risiken für die biologische Vielfalt nur im Genehmigungsverfahren für Wirkstoffe zu behandeln seien. Denn anders als die Klägerin nahelege, beschränke sich der Geltungsbereich dieser Verordnung nicht auf die Genehmigungsverfahren für Wirkstoffe, sondern erstrecke sich auch auf die Zulassungsverfahren der Pflanzenschutzmittel, was bereits der Wortlaut der Überschrift des Art. 4 zeige. Die den Mitgliedstaaten eingeräumten Bewertungsspielräume in den Zulassungsverfahren, das von der maßgeblichen Verordnung beabsichtigte hohe Schutzniveau und die Ermächtigung der Mitgliedstaaten zur Anwendung des Vorsorgeprinzips sprächen auch dafür, dass die Berücksichtigungsfähigkeit von schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt, einschließlich von Auswirkungen auf die Biodiversität durch Nahrungsnetzeffekte, auch nicht von einer Methodenanerkennung durch die EFSA abhängig sein solle. Selbst wenn der in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e) der maßgeblichen Verordnung genannte EFSA-Methodenvorbehalt für die Genehmigung von Wirkstoffen zu berücksichtigen sei, sei es nach alledem unzulässig, darauf zu schließen, dass der Vorbehalt ebenso für Produktzulassungsverfahren gelten müsse. Auch die EU-Kommission habe in ihrem Auditbericht ausgeführt, dass sie die Verwendung nationaler Vorschriften (Methoden und Modelle) in Fällen als möglich und notwendig anerkenne, wenn harmonisierte Grundsätze auf EU-Ebene oder von der Europäischen Kommission gelistete übergeordnete Modelle/Methoden fehlen würden. Seine Methoden zur Bewertung der Risiken durch Nahrungsnetzeffekte und zum Management dieser Risiken habe es allein wegen des Fehlens von EU-Leitfäden entwickelt. Die von ihm verwendete Methode zur Bewertung von Nahrungsnetzeffekten sei fachgerecht, fachlich valide und einfach nachvollziehbar. Mit den Art. 29 und 41 Abs. 1 i. V. m. Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 und zusätzlich § 36 PflSchG existierten sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene die notwendigen Rechtsgrundlagen, die die Beschränkung der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels aufgrund nachteiliger Auswirkungen auf die Umwelt einschließlich der darunter zu fassenden Biodiversität und Nichtzielarten ermöglichen würden. Auch Art. 31 Abs. 4 Buchst. a) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sei als unmittelbar geltende Bestimmung des Unionsrechts hinreichend konkret, um als Ermächtigungsgrundlage für die Festlegung von Anwendungsbestimmungen mit der Zulassung fungieren zu können. Weder dem für den erstbewertenden Mitgliedstaat geltenden Art. 31 Abs. 4 Buchst. a) noch Art. 36 Abs. 3 der Verordnung ließen sich Einschränkungen auf bestimmte Arten von Verwendungsbestimmungen entnehmen. Es könnten daher auch Beschränkungen festgelegt werden, die sich nicht auf die Dosierung oder Häufigkeit der Verwendung, sondern auf die zu behandelnde Fläche beziehen würden. Flächenbezogene Anwendungsbedingungen seien Einschränkungen in Bezug auf die Verwendung des Mittels im Sinne der Vorschrift. Beim vorgesehenen Anwendungsvorbehalt bestehe zwischen der Einschränkung der Verwendung eines Mittels auf einer konkreten Fläche und der Risikominderungsmaßnahme ein direkter Zusammenhang. Mit der Untersagung der Verwendung des Mittels unter ungünstigen ökologischen Bedingungen sei die maximale Form der Einschränkung gewählt worden, da keine weniger belastenden Einschränkungen als Option zur Verfügung gestanden hätten, um unannehmbare Auswirkungen auf die Umwelt zu vermeiden. Die Anwendungsbestimmungen zur Biodiversität stützten sich zudem auf die durch § 36 Abs. 1 Satz 1 PflSchG grundsätzlich gegebene Möglichkeit, Anwendungsbestimmungen zum Schutz vor sonstigen schädlichen Auswirkungen festzulegen. Aus den in § 36 Abs. 1 Nr. 1 PflSchG geregelten Gewässerabständen oder den in Nr. 3 geregelten Risikogebieten lasse sich ableiten, dass auch bei der Formulierung von anderen Anwendungsbestimmungen allgemeine flächenbezogene Vorgaben zulässig sein sollten. Die Art. 31 und 36 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 stünden in enger Beziehung zueinander und seien in diesem Kontext beide als Grundlage für die Festlegung von Verwendungsbeschränkungen zum Schutz der Umwelt geeignet. Sowohl in Art. 31 Abs. 4 Buchst. a) als auch in Art. 36 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung werde ein Bezug zu anderen Gemeinschaftsvorschriften hergestellt, was als Aufforderung an die Mitgliedstaaten zu interpretieren sei, bei der Umsetzung der Verordnung eine weitergehende Regelungskohärenz mit anderen europarechtlichen Anforderungen anzustreben. Hieraus lasse sich jedoch nicht auf eine Einschränkung des Spielraums der Mitgliedstaaten für die Formulierung notwendiger Anwendungsbestimmungen schließen, solange durch die Anwendungsbestimmungen nicht die Vorgaben der anderen Regelungsbereiche konterkariert würden. Letzteres sei hier nicht der Fall. Es handele sich bei der Anwendungsbestimmung ´Biodiv1´ zudem nicht um eine Bodenbewirtschaftungsvorschrift, da ein landwirtschaftlicher Betrieb nicht zur Einrichtung einer Biodiversitätsfläche verpflichtet werden könne, sondern lediglich die Anwendung des betreffenden Mittels unter dem Vorbehalt des Vorhandenseins solcher Flächen stehen würde. Ohne die Anwendungsbestimmungen sei das Mittel nicht zulassungsfähig, weshalb mit dem Anwendungsvorbehalt ein milderes Mittel der Beschränkung im Vergleich zur Versagung der Zulassung gewählt worden sei. Die Anwendungsbestimmungen seien praktikabel und angesichts des zu erreichenden Umweltschutzziels gerechtfertigt und verhältnismäßig. Sie seien auch erforderlich, da der verfolgte Zweck nicht durch andere, den Grundrechtsträger weniger belastende Wege erreicht werden könne. Sie beachteten den Vorbehalt des Gesetzes und seien mit höherrangigem Recht vollständig vereinbar. Zwar stellten die Anwendungsbestimmungen einen Eingriff in die Grundrechte der Anwender und gegebenenfalls auch der Hersteller dar, jedoch existierten mit Art. 31 und 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sowie § 36 Abs. 1 und 3 PflSchG entsprechende Normen, welche eine Beschränkung der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels aufgrund von nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt durch Nahrungsnetzeffekte ermöglichen würden. Die rechtlichen Grundlagen für ein Eingreifen seien daher ausreichend bestimmt. Der Eingriff stelle keine Enteignung oder „De-facto-Enteignung“ da, sondern sei als eine Inhalts- und Schrankenbestimmung zu qualifizieren. Man habe bei der Ausgestaltung bewusst auf die Vorgabe verzichtet, zwischen dem Ort der Anwendung des Mittels und dem Ort der notwendigen Ausgleichsflächen einen unmittelbaren räumlichen Zusammenhang vorzusehen. Die Bestimmungen eröffneten den Anwendern einerseits eine hohe Flexibilität in ihrer betrieblichen Planung, andererseits gewährleisteten sie gleichzeitig, dass die ergriffene Maßnahme trotz räumlicher Entkoppelung zum Ort der Verwendung des konkreten Mittels auf Betriebsebene wirksam werden könne. Potenziell betroffene Arten seien in ihrem Auftreten nicht auf das zu behandelnde Feld beschränkt, sondern in bestimmtem Maße mobil. Das heiße, sie könnten die Nahrungsnetzeffekte, die aus der Verwendung auf der behandelten Fläche resultieren, durch ein Ausweichen auf die Biodiversitätsflächen oder andere geeignete Ackerlebensräume auf Betriebsebene an anderer Stelle kompensieren. Auch der eingeräumte Übergangszeitraum diene dazu, die Einführung des Anwendungsvorbehalts dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgend so zu gestalten, dass sich die Anwender in ihrer betrieblichen Planung auf den Anwendungsvorbehalt vorbereiten könnten. Die befristete Zulassung durch das BVL habe diesen Zweck jedoch vollständig konterkariert. Die Ausgestaltung der Bestimmungen durch Zusammenstellung eines flexiblen „Baukastens“ verschiedenster Biodiversitätsflächentypen diene dazu, den Anwendern eine möglichst hohe Flexibilität zu erhalten. Es liege auch kein erhebliches Vermögensopfer der Landwirte vor, da der Anwender auch ausschließlich solche Maßnahmen zur Erfüllung der Biodiversitätsanwendungsbestimmungen ergreifen könne, die nicht notwendigerweise im Rahmen von Agrarumweltprogrammen förderfähig seien, sondern in einem gewissen Umfang bereits Standardanforderungen im Rahmen des Greenings darstellen und er mit der zumal freiwilligen Durchführung der Maßnahme den Vorteil erreiche, ein bestimmtes Pflanzenschutzmittel anwenden zu dürfen. Im Hinblick auf den maximalen Umfang von bis zu 20% Biodiversitätsflächen führt es an, dass es den Anwendern vollständig freigestellt sei, wie sie den Anwendungsvorbehalt erfüllten. Der Umfang an Biodiversitätsflächen, der für einen ausreichenden Ausgleich zu erwartender Nahrungsnetzeffekte notwendig sei, sei aus einem Gutachten aus dem Jahr 2018 (Hoetker et al.) abgeleitet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO statthaft. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist gegen belastende Nebenbestimmungen jeder Art grundsätzlich die Anfechtungsklage gegeben (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.2000 - 11 C 2/00 -, juris; Urt. v. 19.1.1989 - 7 V 31/87 -, juris). Ist die Klage indes auf einen anderen oder weitergehenden Inhalt des Verwaltungsakts gerichtet, kann dies nicht dadurch erreicht werden, dass auf eine Anfechtungsklage hin nur ein Teil des Verwaltungsakts isoliert aufgehoben wird. Der Kläger muss vielmehr die Verpflichtung zur Erteilung eines Verwaltungsakts beantragen, dessen Gestattungswirkung über den bisherigen Erlaubnisinhalt hinausgeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.11.2007 - 6 C 1/07 -, juris; Urt. v. 17.6.1999 - 3 C 20/98 -, juris; Wysk in: ders., VwGO, 2. Aufl., § 42 Rn. 36). Nach diesen Maßgaben scheidet eine isolierte Aufhebung der Befristung der erteilten pflanzenschutzrechtlichen Zulassung als Nebenbestimmung im Sinne der Legaldefinition des § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG aus. Bei der Befristung einer pflanzenschutzrechtlichen Zulassung handelt es sich um eine von Rechts wegen zwingend vorgeschriebene inhaltliche Ausgestaltung der Zulassung (vgl. zu diesem Gesichtspunkt in anderem Zusammenhang: OVG Hamburg, Urt. v. 22.6.2017 - 4 Bf 160/14 -, juris). Nach Art. 32 Abs. 1 Unterabs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 309 S. 1) wird die Geltungsdauer der zonalen Zulassung eines Pflanzenschutzmittels für einen Zeitraum von höchstens einem Jahr nach Ablauf der Zulassung der in dem Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoffe, Safener und Synergisten festgelegt. Die Befristung begrenzt die inhaltliche Reichweite der Zulassung. Eine weiter reichende Geltungsdauer der pflanzenschutzrechtlichen Zulassung kann dementsprechend nur mit einer Verpflichtungsklage verfolgt werden.

Der Durchführung eines Vorverfahrens nach §§ 68 ff. VwGO bedurfte es nicht. Gemäß § 75 Satz 1 VwGO ist die Verpflichtungsklage ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Liegt nach Ablauf einer Sperrfrist von drei Monaten seit Antragstellung (§ 75 Satz 2 VwGO) ein zureichender Grund für die Verzögerung der Bescheidung des Antrags durch die Behörde vor, setzt das Gericht nach § 75 Satz 3 VwGO das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus. Ohne eine derartige Aussetzung des Verfahrens bleibt eine nach § 75 Satz 1 VwGO erhobene Untätigkeitsklage zulässig und erfordert die Durchführung des Vorverfahrens selbst dann nicht, wenn die Behörde den Kläger während des Rechtsstreits ablehnend bescheidet (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.6.1991 - 1 C 42/88 -, juris; Urt. v. 13.1.1983 - 5 C 114/81 -, juris; Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Februar 2019, § 75 Rn. 26). Die Klägerin hat ihre Klage gut zwei Jahre nach Erteilung der tschechischen Zulassung erhoben. Die Bearbeitungsfrist von 120 Tagen für einen Antrag auf Erteilung einer nationalen Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel durch einen im zonalen Zulassungsverfahren beteiligten Mitgliedstaat war im Zeitpunkt der Klageerhebung abgelaufen. Die Frist beginnt gemäß Art. 37 Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 mit dem Erhalt des Bewertungsberichts und der Kopie der Zulassung durch den den Antrag prüfenden Mitgliedstaat. Nachdem diese Unterlagen beim BVL im Frühjahr 2017 eingegangen waren, war die Frist bei Erhebung der Klage am 20. Februar 2019 bereits abgelaufen. Eine Aussetzung des Klageverfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO ist nicht erfolgt. Die Klage ist daher ohne Rücksicht darauf zulässig, dass ein Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2019 nicht durchgeführt wurde.

Die Klage ist auch teilweise begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2019 ist insoweit rechtswidrig, als die Geltungsdauer der für das Pflanzenschutzmittel „E.“ erteilten Zulassung auf den 31. Dezember 2019 befristet wurde. Die Klägerin hat Anspruch auf Erteilung einer bis zum 31. Oktober 2020 geltenden Zulassung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Ein weitergehender Anspruch auf Erteilung einer Zulassung mit Geltungsdauer bis zum 30. Januar 2035 besteht demgegenüber nicht. Insoweit bleibt die Klage ohne Erfolg.

Anspruchsgrundlage für die Erteilung einer pflanzenschutzrechtlichen Zulassung durch einen im zonalen Zulassungsverfahren beteiligten Mitgliedstaat ist Art. 29 Abs. 1 i. V. m. Art. 36 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009.

Es handelt sich im vorliegenden Fall um ein zonales Zulassungsverfahren nach Art. 33 ff. der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Dieses Verfahren untergliedert sich in zwei Arten. Zum einen kann der Antragsteller einen Zulassungsantrag nur in einem Mitgliedstaat oder parallel in mehreren Mitgliedstaaten stellen. In letzterem - hier vorliegenden – Fall, schlägt der Antragsteller den Mitgliedstaaten einer Zone vor, welcher Staat prüfender Mitgliedstaat (zonal Rapporteur Member State - zRMS) werden soll. Wird diesem Vorschlag entsprochen, so beantragt der Antragsteller bei diesem Mitgliedstaat für die betreffende Zone die Erteilung der zonalen Zulassung und gibt zugleich an, in welchen weiteren Mitgliedstaaten derselben Zone er eine Zulassung zu beantragen beabsichtigt (Art. 35 Verordnung [EG] Nr. 1107/2009). Die übrigen Mitgliedstaaten derselben Zone, in welchen ebenfalls eine Zulassung beantragt werden soll, werden sodann beteiligte Mitgliedstaaten (concerned Member States - cMS). Neben dem Antrag beim gewünschten zRMS stellt der Antragsteller den Zulassungsantrag parallel bei sämtlichen gewünschten cMS. Die dem Antrag beizufügenden Unterlagen sind in Art. 33 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 aufgeführt. Die Prüfung des Antrags erfolgt sodann gemäß Art. 35 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 durch den zRMS. Nach Art. 36 Abs. 1 der Verordnung nimmt der Mitgliedstaat, der den Antrag prüft, eine unabhängige, objektive und transparente Bewertung unter Berücksichtigung des neuesten Standes von Wissenschaft und Technik und unter Heranziehung der zum Zeitpunkt des Antrags verfügbaren Leitlinien vor. Er wendet die in Art. 29 Abs. 6 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genannten einheitlichen Grundsätze für die Bewertung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln an, um so weit wie möglich festzustellen, ob das Pflanzenschutzmittel bei Verwendung gemäß Art. 55 der Verordnung in derselben Zone und unter realistisch anzunehmenden Verwendungsbedingungen die Anforderungen gemäß Art. 29 der Verordnung erfüllt (Satz 3). Die beteiligten Mitgliedstaaten setzen gemäß Art. 35 Satz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 die Bearbeitung des Antrags aus, bis die Bewertung durch den prüfenden Mitgliedstaat vorliegt. Der prüfende Mitgliedstaat erstellt sodann im Zuge der Bewertung den Entwurf eines Bewertungsberichtes (draft Registration Report - dRR) in einem zwischen den Mitgliedstaaten abgestimmten Format. Dieser Entwurf wird an sämtliche Mitgliedstaaten der Zone zur Kommentierung verschickt (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 Verordnung [EG] Nr. 1107/2009). Nach Ablauf der Kommentierungsfrist erstellt der prüfende Mitgliedstaat unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Mitgliedstaaten den Finalen Registration Report (RR) und entscheidet für sein Hoheitsgebiet über die Zulassung des jeweiligen Pflanzenschutzmittels. Im Folgenden übermittelt er den Finalen Registration Report sowie seine Zulassungsentscheidung an die anderen Mitgliedstaaten derselben Zone. Die anderen betroffenen Mitgliedstaaten entscheiden sodann innerhalb von höchstens 120 Tagen nach Erhalt des Bewertungsberichts und der Kopie der Zulassung über den Antrag gemäß Art. 36 Abs. 2 und 3 der Verordnung (Art. 37 Abs. 4 Verordnung [EG] Nr. 1107/2009). Gemäß Art. 36 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 gewähren oder verweigern sie die Zulassung auf der Grundlage der Schlussfolgerungen aus der Bewertung durch den Mitgliedstaat, der den Antrag gemäß den Artikeln 31 und 32 der Verordnung prüft.

Ein Anspruch auf Erteilung der Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel besteht, wenn die Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vorliegen. Unbeschadet des Artikels 50 der Verordnung wird ein Pflanzenschutzmittel danach nur zugelassen, wenn es entsprechend den einheitlichen Grundsätzen gemäß Art. 29 Abs. 6 der Verordnung unter anderem unter Berücksichtigung des neuesten Stands von Wissenschaft und Technik die Anforderungen gemäß Art. 4 Abs. 3 der Verordnung erfüllt (Art. 29 Abs. 1 Buchst. e Verordnung [EG] Nr. 1107/2009). Art. 4 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 lautet wie folgt:

 „Pflanzenschutzmittel müssen als Folge der Verwendung entsprechend der guten Pflanzenschutzpraxis und unter der Voraussetzung realistischer Verwendungsbedingungen folgende Anforderungen erfüllen:

 a) Sie müssen hinreichend wirksam sein.

 b) Sie dürfen keine sofortigen oder verzögerten schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, einschließlich besonders gefährdeter Personengruppen, oder von Tieren — weder direkt noch über das Trinkwasser (unter Berücksichtigung der bei der Trinkwasserbehandlung entstehenden Produkte), über Nahrungs- oder Futtermittel oder über die Luft oder Auswirkungen am Arbeitsplatz oder durch andere indirekte Effekte unter Berücksichtigung bekannter Kumulations- und Synergieeffekte, soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt — noch auf das Grundwasser haben.

 c) Sie dürfen keine unannehmbaren Auswirkungen auf Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse haben.

 d) Sie dürfen bei den zu bekämpfenden Wirbeltieren keine unnötigen Leiden oder Schmerzen verursachen.

 e) Sie dürfen keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben, und zwar unter besonderer Berücksichtigung folgender Aspekte, soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt:

 i) Verbleib und Ausbreitung in der Umwelt, insbesondere Kontamination von Oberflächengewässern einschließlich Mündungs- und Küstengewässern, Grundwasser, Luft und Boden, unter Berücksichtigung von Orten in großer Entfernung vom Ort der Verwendung nach einem Ferntransport in der Umwelt;

 ii) Auswirkung auf Arten, die nicht bekämpft werden sollen, einschließlich des dauerhaften Verhaltens dieser Arten;

 iii) Auswirkung auf die biologische Vielfalt und das Ökosystem.“

Auf dieser Grundlage hat die Klägerin Anspruch auf Erteilung einer nationalen Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „E.“ über den 31. Dezember 2019 hinaus. Unannehmbare Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Buchst. e i. V. m. Art. 4 Absatz 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, die dem Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Zulassung mit längerer Geltungsdauer entgegenstünden, sind nicht gegeben. Soweit das UBA geltend macht, die Verwendung des Pflanzenschutzmittels führe zu unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt, weil es über Nahrungsnetzeffekte indirekte Auswirkungen auf die biologische Vielfalt bzw. die Biodiversität habe, ist Voraussetzung für die Berücksichtigung derartiger Auswirkungen, dass die EFSA zunächst anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte bestimmt.

Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von Art. 4 Abs. 3 Buchst. e iii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sind als Teilaspekt möglicher Auswirkungen auf die Umwelt zwar auch Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und das Ökosystem zu berücksichtigen. Dies aber nur, „soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt“. Der Begriff der „Behörde“ im Sinne der Vorschrift bezieht sich auf die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Das lassen einerseits Erwägungsgrund 12 und Art. 6 Buchst. f Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erkennen, wo der Begriff „Behörde“ jeweils der EFSA zugeordnet wird. Die Behörden der Mitgliedstaaten, denen die Wahrnehmung der in der Verordnung vorgesehenen Aufgaben obliegt, werden andererseits in der Verordnung entsprechend der Legaldefinition des Art. 3 Nr. 30 als „zuständige Behörde“ bezeichnet und können dementsprechend in Art. 4 Absatz 3 Buchst. e iii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 nicht gemeint sein. Biologische Vielfalt bezeichnet gemäß Art. 3 Nr. 29 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, einschließlich Land-, Meeres- und sonstigen aquatischen Ökosystemen und die ökologischen Wirkungsgefüge, zu denen sie gehören; diese Variabilität kann die Vielfalt innerhalb der Arten, zwischen den Arten und die Vielfalt der Ökosysteme umfassen. Die Berücksichtigung von Auswirkungen auf die so zu verstehende biologische Vielfalt im Zulassungsverfahren für ein Pflanzenschutzmittel ist gemäß Art. 29 Abs. 1 Buchst. e i. V. m. Art. 4 Abs. 3 Buchst. e iii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 daran gebunden, dass die EFSA anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Auswirkungen festlegt, an denen es bislang fehlt. Die zu den Unterpunkten i) bis iii) in Art. 4 Abs. 3 Buchst e der Verordnung genannten Teilaspekte des Schutzgutes der Umwelt sind vom Verordnungsgeber ausdrücklich aus dem weit zu verstehenden Begriff der Umwelt, der nach der Legaldefinition von Art. 3 Nr. 13 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 Gewässer (einschließlich Grundwasser und Oberflächengewässer, Übergangs-, Küsten- und Meeresgewässer), Sedimente, Boden, Luft, Land sowie wild lebende Arten von Pflanzen und Tieren und ihre gegenseitigen Beziehungen sowie die Beziehung zwischen ihnen und anderen lebenden Organismen umfasst, hervorgehoben und unter den Vorbehalt der Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA gestellt worden. Der ausdrückliche Wortlaut der Norm lässt insoweit ein anderes Verständnis nicht zu. Erst wenn die EFSA wissenschaftlich anerkannte Bewertungsmethoden festgelegt hat, sind die Mitgliedstaaten berechtigt, Auswirkungen auf die in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zu den Unterpunkten i) bis iii) genannten Teilaspekte bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zu untersuchen und bei unannehmbaren Auswirkungen auf diese Teilbereiche des Schutzgutes Umwelt die Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel zu versagen bzw. mit Nebenbestimmungen zu versehen, die geeignet sind, unannehmbare Auswirkungen auszuräumen. Dies gilt im zonalen Zulassungsverfahren sowohl für den berichterstattenden Mitgliedstaat als auch für beteiligte Mitgliedstaaten, die über die Erteilung einer nationalen Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel zu entscheiden haben. Zugleich folgt daraus, dass es den Mitgliedstaaten verwehrt ist, eigene Bewertungsmethoden zur Untersuchung der betroffenen Teilaspekte des Schutzgutes Umwelt zu entwickeln und anzuwenden. Sinn und Zweck des vom Verordnungsgeber ausdrücklich bestimmten Vorbehalts der Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA, der sich für Teilaspekte anderer Schutzgüter in gleicher Weise in Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a und Art. 4 Abs. 3 Buchst. b Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 findet, sind unter Berücksichtigung des mit der Verordnung verfolgten Harmonisierungsbestrebens (vgl. insbesondere Erwägungsgründe 9 und 25 der Verordnung) darin zu sehen, gerade für Bereiche, deren Bewertung sich wegen einer Vielzahl einwirkender Faktoren schwierig gestaltet und verschiedenen Lösungsansätzen zugänglich ist, die Anwendung einheitlicher Bewertungsmethoden in sämtlichen Mitgliedstaaten der EU zu gewährleisten.

Der vom UBA vertretenen Rechtsauffassung, indirekte Auswirkungen auf die Biodiversität sowie die Vielfalt und Abundanz von Nichtzielarten durch Nahrungsnetzeffekte könnten auch ohne die vorherige Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln Berücksichtigung finden, weil sie Auswirkungen auf das Schutzgut der Umwelt im Sinne der Legaldefinition des Art. 3 Nr. 13 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 darstellten, kann nicht gefolgt werden. Auch wenn das Bestehen eines Anspruchs auf Erteilung einer Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel gemäß Art. 29 Abs. 1 Buchst. e i. V. m. Art. 4 Abs. 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 voraussetzt, dass das Pflanzenschutzmittel keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt hat, wozu gemäß Art. 3 Nr. 13 der Verordnung insbesondere auch gehören wild lebende Arten von Pflanzen und Tieren und ihre gegenseitigen Beziehungen sowie die Beziehung zwischen ihnen und anderen lebenden Organismen, unterstützt dies den vom UBA vertretenen rechtlichen Standpunkt im Ergebnis nicht. Denn die zu den Unterpunkten i) bis iii) genannten Teilaspekte werden - wie bereits ausgeführt - in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e der Verordnung gerade aus dem Schutzgut Umwelt herausgehoben und an die Festlegung von anerkannten wissenschaftlichen Methoden zur Bewertung darauf bezogener Effekte durch die EFSA gebunden. Der Verordnungsgeber hat damit für die betroffenen Teilaspekte des Schutzgutes Umwelt eine spezielle Regelung getroffen, die nicht durch den Rückgriff auf die allgemeine Legaldefinition des Schutzgutes Umwelt in Art. 3 Nr. 13 der Verordnung umgangen werden kann.

In gleicher Weise sind weder das in Art. 1 Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in Bezug genommene Vorsorgeprinzip noch der nach Art. 29 Abs. 1 Buchst e sowie Art. 36 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung geltende Bewertungsmaßstab des neuesten Standes von Wissenschaft und Technik geeignet, eine andere Auslegung zu rechtfertigen. Art. 29 Abs. 1 Buchst. e Verordnung (EU) Nr. 1107/2009 verdeutlicht, dass mit dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik (lediglich) der Bewertungsmaßstab angesprochen ist, nicht aber der Gegenstand der anzustellenden Bewertung. Letzterer ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Norm den Anforderungen gemäß Art. 4 Abs. 3 zu entnehmen, nach denen die Bewertung von Auswirkungen auf die Biodiversität unter der Voraussetzung der vorherigen Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA steht. Als allgemeiner Grundsatz kann auch das Vorsorgeprinzip (Art. 1 Abs. 4 der Verordnung) nur innerhalb des Bewertungsvorgangs bzw. bei der abschließenden Beurteilung des Bewertungsergebnisses zum Tragen kommen, ist aber nicht geeignet, den in der Verordnung speziell geregelten Bewertungsgegenstand zu erweitern.

Dies gilt umso mehr, als die Entstehungsgeschichte der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 die Annahme stützt, dass der Verordnungsgeber die Bewertung von Effekten auf die biologische Vielfalt bewusst an die vorherige Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA gebunden hat. So enthielt der erste Vorschlag der Kommission für die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 den Vorbehalt der vorherigen Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA für die Berücksichtigung von Auswirkungen auf die biologische Vielfalt noch nicht. Darin war vorgesehen, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben darf, und zwar unter besonderer Berücksichtigung unter anderem des Aspekts der Auswirkung auf die biologische Vielfalt (vgl. Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln vom 12.7.2006 - COM/2006/388/Final -, S. 25). Das Europäische Parlament begehrte daraufhin die Erweiterung des Teilaspekts der biologischen Vielfalt in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e iii) des Verordnungsentwurfs um den Begriff des Ökosystems (vgl. Bericht des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 5.10.2007 - A6/2007/359 -, S. 41 zu Änderungsantrag 64, sowie Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 23.10.2007 - TC1-COD[2006]0136 -, S. 29). Der gemeinsame Standpunkt des Rates vom 15. September 2008 berücksichtigte diesen Änderungsantrag nicht, sondern hielt an der ursprünglichen Formulierung fest (vgl. ABl. C 266 E S. 9). Das Europäische Parlament verfolgte sein Begehren weiter, indem es den Änderungsantrag 64 als Änderungsantrag 45 erneut einbrachte (vgl. Bericht des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 12.11.2008 - A6/2008/444 -, S. 32 f.). Der Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 13. Januar 2009 (TC2-COD[2006]0136, S. 32), dessen Änderungen am Text der Verordnung von der Kommission (vgl. Stellungnahme vom 30.3.2009 - COM/2009/145/Final -) und vom Rat in zweiter Lesung am 24. September 2009 angenommen worden sind, enthält dann die vom Europäischen Parlament gewünschte Ergänzung der biologischen Vielfalt um das Ökosystem zu Unterpunkt iii) von Art. 4 Abs. 3 Buchst. e der Verordnung, lässt die Berücksichtigung der Teilaspekte zu den Unterpunkten i) bis iii) aber nunmehr nur noch zu, „soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt“. Bei dem konsolidierten Text handelt es sich entsprechend der Stellungnahme der Kommission vom 30. März 2009 (COM/2009/145/Final, S. 3) um das Ergebnis von Verhandlungen zwischen dem Rat, dem Europäischen Parlament und der Kommission. Die Entstehungsgeschichte der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 verdeutlicht damit, dass der Vorbehalt der Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA gezielt in die Bestimmung des Art. 4 Abs. 3 Buchst. e aufgenommen wurde, um eine Einigung zwischen dem Rat, dem Europäischen Parlament und der Kommission herstellen zu können. Eine Umgehung des speziellen Vorbehalts von der EFSA anerkannter wissenschaftlicher Bewertungsmethoden durch den Rückgriff auf andere Prinzipien und Bestimmungen der Verordnung würde damit nicht nur dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 3 Buchst. e der Verordnung, sondern auch dem Willen des Verordnungsgebers widersprechen.

Soweit das UBA der Verordnung (EU) Nr. 546/2011 vom 10. Juni 2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 (ABl. L 155 S. 1) Hinweise darauf zu entnehmen meint, dass Auswirkungen eines Pflanzenschutzmittels auf die biologische Vielfalt dennoch von den Mitgliedstaaten auch ohne Bewertungsmethoden der EFSA berücksichtigt werden müssten, weil dort ausgeführt ist, die Mitgliedstaaten hätten darauf zu achten, dass die Verwendung der Pflanzenschutzmittel keine langfristigen Auswirkungen auf den Bestand und die Vielfalt der nicht zu den Zielgruppen gehörenden Arten hat (vgl. Anhang der Verordnung, Teil I, Abschnitt C, Ziff. 1.5; vgl. dazu auch: Klinger/Borwieck/Douhaire, Rechtsgutachten zum Schutz von terrestrischen Nichtzielarten einschließlich der biologischen Vielfalt vor den Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln vom November 2017, S. 20), ist zu beachten, dass es sich um eine Durchführungsverordnung der Kommission handelt, die nicht geeignet ist, die grundlegende Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates zu ändern oder ihr einen anderen Inhalt zu geben. Gleiches gilt für die Durchführungsverordnung (EU) 2017/2324 der Kommission vom 12. Dezember 2017 zur Erneuerung der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat (ABl. L 333 S. 10), soweit den Mitgliedstaaten in Anhang I aufgetragen wird, bei der Gesamtbewertung von Anwendungen als Herbizid unter anderem insbesondere die Bedrohung der Vielfalt und Abundanz von Nichtziel-Landarthropoden und -Landwirbeltieren durch trophische Wechselwirkungen zu beachten und gegebenenfalls Maßnahmen zur Risikobegrenzung in Gestalt von Anwendungsbedingungen festzulegen.

Erst recht vermag der Bericht der Europäischen Kommission vom 31. Oktober 2016 über ein Audit in Deutschland vom 29. Februar bis 4. März 2016 und die Bewertung des Systems für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln (DG [Sante] 2016-8780 - MR), auf den sich das UBA zur Bestätigung seiner Rechtsauffassung ebenfalls bezieht, der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 einen anderen Gehalt nicht zu geben, denn es handelt sich bei diesem Auditbericht noch nicht einmal um eine Rechtsnorm.

Die Kammer verkennt nicht, dass es berechtigte sachliche Gründe geben mag, welche die Bewertung und Berücksichtigung indirekter Effekte der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln auf die Biodiversität in Gestalt negativer Auswirkungen auf Nahrungsnetze im Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel dringend geboten erscheinen lassen. Die Entwicklung einer eigenen Methode zur Bewertung von Auswirkungen auf die Biodiversität durch das UBA ist zur Überzeugung der Kammer deshalb keineswegs als allein „politisch motiviert“ anzusehen, wie dies teilweise als Kritik geäußert wird. Vielmehr hält die Kammer dem UBA zugute, dass es ihm aus sachlichen Erwägungen nicht länger hinnehmbar erscheint, auf die Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA zu warten. Der vom europäischen Verordnungsgeber ausdrücklich geregelte Vorbehalt der vorherigen Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA steht aber gegenwärtig aus Rechtsgründen der Berücksichtigung von Auswirkungen auf die Biodiversität bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln entgegen.

Gehören Auswirkungen auf die biologische Vielfalt damit derzeit nicht zum zulässigen Prüfumfang bei der Beurteilung der Zulassungsfähigkeit eines Pflanzenschutzmittels, können sie auch nicht die Erteilung von Nebenbestimmungen, wie den in Rede stehenden Anwendungsbestimmungen, rechtfertigen, deren Notwendigkeit das UBA damit begründet, dass nur durch sie die Einhaltung der Zulassungsvoraussetzungen für das Pflanzenschutzmittel gewährleistet werden könne. Weil von der EFSA anerkannte Methoden für die Bewertung von Auswirkungen auf die biologische Vielfalt fehlen, kann auch nicht mit einem den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 1107/2009 genügenden Ansatz festgestellt werden, dass das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel negative oder gar unannehmbare Auswirkungen auf die Biodiversität hätte und seine Zulassung deshalb nur bei Festlegung von Risikominderungsmaßnahmen zulässig wäre.

Fehlt es für die Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ hinsichtlich der Forderung von Biodiversitätsflächen an einer rechtlich tragenden Grundlage, steht zugleich fest, dass auch die auf diese Anwendungsbestimmung bezogenen weiteren Anwendungsbestimmungen ´Biodiv 2´und ´NT(neu)´ rechtlich nicht gefordert werden können. Die Klägerin hat Anspruch auf die Erteilung einer Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „E.“ mit Geltungsdauer über den 31. Dezember 2019 hinaus ohne die entsprechenden Anwendungsbestimmungen.

Ergänzend und ohne dass es darauf noch entscheidungserheblich ankommt, weist die Kammer darauf hin, dass es auch an einer hinreichenden Rechtsgrundlage für die Forderung nach Biodiversitätsflächen als Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität fehlt.

Art. 31 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 enthält insoweit keine hinreichende Rechtsgrundlage. Die Norm bestimmt in den Absätzen 2 bis 4:

 „(2) In der Zulassung werden die Anforderungen für das Inverkehrbringen und die Verwendung des Pflanzenschutzmittels festgelegt. Dazu gehören zumindest die Bedingungen für die Verwendung, die notwendig sind, um die in der Genehmigungsverordnung für die Wirkstoffe, Safener und Synergisten festgelegten Bedingungen und Anforderungen zu erfüllen.

(…)     

 (3) Aus den in Absatz 2 genannten Anforderungen muss gegebenenfalls zudem Folgendes hervorgehen:

a) die Höchstdosis pro Hektar bei jeder Verwendung;

b) der Zeitraum zwischen der letzten Verwendung und der Ernte;

c) die Höchstzahl der Verwendungen pro Jahr.

 (4) Die in Absatz 2 genannten Anforderungen können Folgendes umfassen:

a) eine Einschränkung in Bezug auf Vertrieb und Verwendung des Pflanzenschutzmittels, die dem Schutz der Gesundheit der Vertreiber, Verwender, umstehenden Personen, Anrainer, Verbraucher oder betroffenen Arbeitnehmer oder der Umwelt dienen sollen, unter Berücksichtigung der Anforderungen aufgrund anderer Gemeinschaftsvorschriften; eine entsprechende Einschränkung ist auf dem Etikett anzugeben;

b) die Verpflichtung, Nachbarn vorab zu unterrichten, die der Sprühnebelabdrift ausgesetzt sein könnten, sofern diese eine Unterrichtung gefordert haben;

c) Angaben über die ordnungsgemäße Verwendung gemäß den in Artikel 14 und Anhang III der Richtlinie 2009/128/EG festgelegten Grundsätzen des integrierten Pflanzenschutzes;

d) Festlegung von Verwenderkategorien (z. B. beruflich oder nicht beruflich);

e) das genehmigte Etikett;

f) die Intervalle zwischen den Anwendungen;

g) gegebenenfalls den Zeitraum zwischen der letzten Anwendung und dem Verzehr des Pflanzenerzeugnisses;

h) die Wiederbetretungsfrist;

i) Größe und Material der Verpackung.“

Im Ausgangspunkt gestattet Art. 31 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 die Festlegung von Anforderungen für die beiden Bereiche des Inverkehrbringens und der Verwendung eines Pflanzenschutzmittels. Die in den Absätzen 3 und 4 beispielhaft genannten Anforderungen beziehen sich in Absatz 4 Buchst. e und i auf den Bereich des Inverkehrbringens bzw. des Vertriebs. Im Übrigen knüpfen sie jeweils an den Vorgang der Anwendung des Pflanzenschutzmittels an, indem sie

(1) ein Tun, Dulden oder Unterlassen im Hinblick auf die Art und Weise der Verwendung vorschreiben, das im unmittelbaren Zusammenhang mit dem konkreten Vorgang der Verwendung zu beachten ist (Maßnahmen nach Art. 31 Abs. 3 Buchst. a sowie nach Art. 31 Abs. 4 Buchst. b und c),

(2) den Kreis der verwendungsberechtigten Personen bestimmen (Art. 31 Abs. 4 Buchst. d),

(3) ein Tun, Dulden oder Unterlassen im Hinblick auf den weiteren Umgang mit der konkret behandelten Fläche bzw. den behandelten Pflanzen vorschreiben (Maßnahmen nach Art. 31 Abs. 3 Buchst. b und c sowie nach Art. 31 Abs. 4 Buchst. f, g und h).

Anforderungen dieser Art sind die Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität nicht zuzuordnen. Insbesondere trägt der Vergleich mit Nebenbestimmungen zu Gewässerrandstreifen nicht, weil es sich dabei um Maßnahmen der ersten Kategorie handelt, welche die Art und Weise der Verwendung betreffen, indem sie vorgeben, auf der zu behandelnden Fläche Abstand zu halten bzw. einen Randstreifen anzulegen und bei der Anwendung auszusparen (vgl. dazu auch § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PflSchG). Das mit der Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ geforderte Vorhalten von mindestens 10 % Biodiversitätsflächen bezogen auf die Gesamtackerfläche des Betriebes stellt demgegenüber keine Anforderung dar, die vom Anwender stets im unmittelbaren Zusammenhang mit dem konkreten Vorgang der Verwendung beachtet werden müsste, denn die Biodiversitätsflächen können sich auch an ganz anderer Stelle befinden und müssen einen räumlichen Zusammenhang zu der Anwendungsfläche nicht aufweisen. Auch ihre Zielsetzung entspricht nicht den beispielhaft ausdrücklich genannten Anforderungen, denn dort sind Maßnahmen der kompensatorischen Risiko-minderung nicht erwähnt. Der Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ liegt demgegenüber ein kompensatorischer Ansatz zugrunde. Durch die Ausgleichsflächen sollen die nicht vermeidbaren direkten Effekte des Einsatzes betroffener Pflanzenschutzmittel in den Behandlungsflächen so weit kompensiert werden, dass indirekte Effekte reduziert werden, indem gewährleistet wird, dass Wildtiere den für sie mindestens erforderlichen Raum zum Nahrungserwerb und Rückzug erhalten (vgl. zu dieser Zielsetzung: UBA,
5-Punkte-Programm für einen nachhaltigen Pflanzenschutz vom Januar 2016, S. 24). Eine solche kompensatorische Zielsetzung ist den in Art. 31 Abs. 3 und Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ausdrücklich genannten Maßnahmen fremd.

Als generalklauselartige Ermächtigungsgrundlage kommt damit nur noch Art. 31 Abs. 2 i. V. m. Abs. 4 Buchst. a Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in Betracht, der unter anderem Einschränkungen in Bezug auf die Verwendung des Pflanzenschutzmittels gestattet, die dem Schutz der Umwelt dienen sollen. Weil der Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ als Kompensationsmaßnahme aber - wie ausgeführt - ein gänzlich anderer Charakter als den in Art. 31 Abs. 3 und Abs. 4 der Verordnung beispielhaft genannten Anforderungen zukommt und diesen inhaltlich nicht vergleichbar ist, stellt Art. 31 Abs. 4 Buchst. a Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Wesentlichkeitstheorie insoweit keine hinreichende Rechtsgrundlage dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur sog. Wesentlichkeitstheorie gebieten das Demokratie- und das Rechtsstaatsprinzip, dass der Gesetzgeber die wesentlichen Fragen selbst regelt. Ob eine Frage wesentlich ist, bestimmt sich nach dem jeweiligen Sachbereich und der Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes. Verfassungsrechtliche Anhaltspunkte sich dabei die tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere Art. 20 Abs. 1 bis 3 GG und die Grundrechte. Wesentlich bedeutet danach zum einen wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte. Der Gesetzgeber ist zum anderen zur Regelung der Fragen verpflichtet, die für Staat und Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind (vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 8.8.1978 - 2 BvL 8/77 -, juris; Urt. v. 19.9.2018 - 2 BvF 1/15, 2 BvF 2/15 -, juris). In gleicher Weise normiert Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, dass jede Einschränkung der Ausübung der in der Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein muss. Es gilt somit in vergleichbarer Weise auf Ebene der Europäischen Union, dass der europäische Gesetzgeber hinreichend genaue Regelungen treffen muss, um seiner Verantwortung für die Festlegung der Grenzen von Grundrechtseinschränkungen gerecht zu werden (vgl. Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl., Art. 52 Rn. 27; Kingreen in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5 Aufl., Art. 52 EU-GRCharta, Rn. 62). Nach diesen Maßgaben bedürfen Kompensationsmaßnahmen der hier in Rede stehenden Art einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, die erkennen lässt, dass auch kompensatorische Anordnungen vom Willen des Gesetzgebers gedeckt sind, und die der Exekutive insoweit ein hinreichend bestimmt umrissenes Handlungsprogramm vorgibt. Es handelt sich um eine vom Gesetzgeber zu treffende wesentliche Entscheidung, denn Kompensationsmaßnahmen sind bislang bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln nicht vorgesehen und betreffen in besonderer Weise die Freiheitsgrundrechte, insbesondere der Anwender betroffener Pflanzenschutzmittel (insbesondere Art. 14 GG bzw. Art. 17 EU-GRCharter). Vor diesem Hintergrund setzen Kompensationsanordnungen regelmäßig explizite Ermächtigungsnormen voraus, wie sie nicht umsonst in den meisten Fachgesetzen im Umwelt- und Planungsrecht enthalten sind (vgl. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, 1999, S. 360). Insoweit bietet auch Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung von Kompensationsmaßnahmen, die dort nicht ausdrücklich genannt sind.

Die Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ findet auch in § 36 PflSchG keine ausreichende Rechtsgrundlage. Die gesetzliche Regelung lautet zu den Absätzen 1 bis 3:

 „(1) In der Zulassung kann das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ergänzend zu den in Artikel 31 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vorgeschriebenen Bestimmungen insbesondere Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier und zum Schutz vor sonstigen schädlichen Auswirkungen, insbesondere auf den Naturhaushalt, einschließlich solcher über

 1. den bei sachgerechter und bestimmungsgemäßer Anwendung zum Schutz von Gewässern erforderlichen Abstand und Maßnahmen bei der Anwendung,

 2. die zur Anwendung berechtigten Personen und

 3. spezifische Risikominderungsmaßnahmen in bestimmten Gebieten

 festlegen. In der Zulassung kann das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit außerdem

 1. die Art der Verpackung,

 2. die Eignung des Pflanzenschutzmittels für nichtberufliche Anwender unter Berücksichtigung insbesondere der Eigenschaften der Wirkstoffe, der Dosierfähigkeit, der Anwendungsform und der Verpackungsgröße oder

 3. die Eignung des Pflanzenschutzmittels zur Anwendung auf Flächen im Sinne des § 12 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 und § 17 Absatz 1

 festlegen.

 (2) Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit kann auf Antrag festlegen, dass ein für berufliche Anwender zugelassenes Pflanzenschutzmittel auf Grund seiner Eigenschaften auch im Haus- und Kleingartenbereich angewendet werden darf, soweit sich das für berufliche Anwender zugelassene Pflanzenschutzmittel nur durch Packungsgröße oder Darreichungsform von einem für nichtberufliche Anwender zugelassenen Pflanzenschutzmittel unterscheidet.

 (3) Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit verbindet die Zulassung mit den Nebenbestimmungen, insbesondere Auflagen, die

 1. für die bestimmungsgemäße und sachgerechte Anwendung sowie

 2. zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier und zum Schutz vor sonstigen erheblichen schädlichen Auswirkungen, insbesondere für den Naturhaushalt,

 erforderlich sind, soweit Regelungen nach Absatz 1 nicht getroffen werden. Ferner verbindet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die Zulassung mit dem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Anwendungsbestimmungen oder Auflagen. Unbeschadet des § 31 hat der Zulassungsinhaber die nachträgliche Aufnahme, Änderung oder Ergänzungen von Anwendungsbestimmungen oder Auflagen sowie sonstige Änderungen in der Gebrauchsanleitung unverzüglich in geeigneter Weise bekannt zu machen. Geeignet ist auch eine Veröffentlichung auf einer Internetseite des Zulassungsinhabers.“

Die Norm ermöglicht die Festsetzung von Anwendungsbestimmungen (Abs. 1) und sonstigen Auflagen (Abs. 3). Sowohl Anwendungsbestimmungen als auch Auflagen sind vom Anwender eines Pflanzenschutzmittels zu beachten; im Unterschied zu Auflagen sind Verstöße gegen Anwendungsbestimmungen allerdings bußgeldbewehrt (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 68 Abs. 1 Nrn. 7 und 8 PflSchG). Die in § 36 Abs. 1 bis 3 PflSchG beispielhaft ausdrücklich genannten Anforderungen sind wie die nach Art. 31 Abs. 2 bis 4 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zulässigen Maßnahmen entweder auf das Inverkehrbringen bezogen (§ 36 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 PflSchG) oder einer der zu Art. 31 der Verordnung oben beschriebenen drei Kategorien hinsichtlich des Vorgangs der Anwendung des Pflanzenschutzmittels zuzuordnen (Zu (1): § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 sowie § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 1; zu (2): § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 sowie Abs. 2). Die Zuordnung zu den genannten Kategorien und der Umstand, dass Ausgleichsmaßnahmen auch in § 36 Abs. 1 bis 3 PflSchG nicht ausdrücklich vorgesehen sind, verdeutlichen, dass die generalklauselartigen Ermächtigungsgrundlagen des § 36 Abs. 1 Satz 1 1. Hs. bzw. § 36 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 PflSchG, nach denen Anwendungsbestimmungen bzw. Nebenbestimmungen, wie Auflagen, unter anderem zum Schutz vor sonstigen (erheblichen) schädlichen Auswirkungen, insbesondere auf bzw. für den Naturhaushalt zulässig sind, unter Berücksichtigung der Wesentlichkeitstheorie keine hinreichende Rechtsgrundlage für die Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ bilden, der ein gänzlich anderer Charakter mit anderer Zielsetzung zukommt. Die Ausführungen zu Art. 31 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 gelten insoweit sinngemäß. Vor diesem Hintergrund bedarf keiner Entscheidung, ob über die Norm des § 36 PflSchG überhaupt Anforderungen gestellt werden können, die in Art. 31 Abs. 2 bis 4 bzw. Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 als höherrangigem Gemeinschaftsrecht keine hinreichende Rechtsgrundlage finden.

Die Klägerin hat Anspruch auf die Erteilung einer Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „E.“ mit Geltungsdauer über den 31. Dezember 2019 hinaus bis zum 31. Oktober 2020. Gemäß Art. 32 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 wird in der Zulassung die Zulassungsdauer festgelegt (Unterabs. 1). Unbeschadet des Artikels 44 der Verordnung wird die Geltungsdauer einer Zulassung für einen Zeitraum von höchstens einem Jahr nach Ablauf der Zulassung der in dem Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoffe, Safener und Synergisten festgelegt, und danach für so lange, wie die in dem Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoffe, Safener und Synergisten genehmigt sind (Unterabs. 2). Auf dieser Grundlage schöpft das BVL nach eigenem Vorbringen in ständiger Verwaltungspraxis grundsätzlich die längst mögliche Zulassungsdauer aus, indem es die Geltungsdauer der Zulassungen für Pflanzenschutzmittel generell auf einen Zeitraum von einem Jahr nach Ablauf der Geltungsdauer der Wirkstoffgenehmigung befristet. An diese Verwaltungspraxis ist es aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) auch hier gebunden. Der in dem streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittel enthaltene Wirkstoff J. ist erstmals mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission vom 25. Mai 2011 (ABl. L 153 S. 1) genehmigt worden. Diese Genehmigung ist mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2018/1262 vom 20. September 2018 (ABl. L 238 S. 62) im Wege einer Interimsentscheidung gemäß Art. 17 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 (vgl. Erwägungsgrund 6 der Durchführungsverordnung) zuletzt bis zum 31. Oktober 2019 verlängert worden. Dementsprechend kann die Klägerin die Erteilung einer Zulassung für das in Rede stehende Pflanzenschutzmittel mit Geltungsdauer bis zum 31. Oktober 2020 beanspruchen. In dieser Weise hat nach den Angaben der Beklagten auch der prüfende Mitgliedstaat Tschechien zwischenzeitlich die von ihm erteilte nationale Zulassung verlängert.

Im Übrigen hat die Beklagte Gründe, die einem Anspruch auf Erteilung einer pflanzenschutzrechtlichen Zulassung mit Geltungsdauer bis zum 31. Oktober 2020 entgegenstehen könnten, nicht geltend gemacht und solche sind für die Kammer auch sonst nicht ersichtlich.

Ein weitergehender Anspruch auf Erteilung einer Zulassung mit Geltungsdauer bis zum 30. Januar 2035 besteht demgegenüber zugunsten der Klägerin nicht. Zwar ist die Genehmigung des Wirkstoffs J. zwischenzeitlich mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2018/1913 der Kommission vom 6. Dezember 2018 (ABl. L 311 S. 13) mit Geltungsdauer bis zum 30. Januar 2034 erneuert worden. Dabei handelt es sich aber um eine Erneuerung der Genehmigung gemäß Art. 14 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 1 Buchst. a Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, die auf der Grundlage einer erneuten Prüfung des Vorliegens der Genehmigungsvoraussetzungen ergangen ist. Weil eine Erneuerungsverordnung zu neuen Maßgaben für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln mit dem jeweiligen Wirkstoff führen kann, welche gemäß Art. 43 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 eine Überprüfung sämtlicher zugelassener Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff unter Koordination des prüfenden Mitgliedstaats erforderlich machen können, kann die Geltungsdauer der Erneuerung der Genehmigung in Fallgestaltungen wie der vorliegenden nicht zur Grundlage der Bestimmung der Geltungsdauer der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels gemacht werden. Die Erneuerungsverordnung kann vielmehr nur im Verfahren nach Art. 43 Abs. 2 und 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zu einer Zulassung des Pflanzenschutzmittels mit längerer Geltungsdauer führen.

Das an die Festsetzung der Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität geknüpfte Einvernehmen des UBA steht der Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Zulassung mit Geltungsdauer über den 31. Dezember 2019 hinaus bis zum 31. Oktober 2020 ohne die Anwendungsbestimmungen nicht entgegen. Denn die Versagung des vorbehaltlosen Einvernehmens ist – wie ausgeführt – rechtswidrig. Das Gericht ist durch die rechtswidrige Versagung des gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PflSchG im Verwaltungsverfahren erforderlichen Einvernehmens des Umweltbundesamtes nicht an einer Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel gehindert. Die Rechtmäßigkeit des vom UBA an die Festsetzung der Anwendungsbedingungen zum Schutz der Biodiversität geknüpften Einvernehmens wird vielmehr im Streitverfahren um die Zulassungsentscheidung mitgeprüft (Nds. OVG, Beschl. v. 12.4.1999 - 7 M 577/99 -, NVwZ 2000, 209 unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 17.10.1985 - 2 C 25/82 -, BVerwGE 72, 165 = DVBl. 1986, 152).

Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das BVL auch in Fällen, in denen es selbst der Ansicht ist, das UBA habe sein Einvernehmen rechtswidrig versagt, weder berechtigt noch verpflichtet ist, eine Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel ohne das erforderliche Einvernehmen des UBA zu erteilen. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PflSchG entscheidet das BVL über die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels nach Art. 29 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 im Einvernehmen mit dem UBA hinsichtlich der Vermeidung von Schäden durch Belastung des Naturhaushalts sowie durch Abfälle des Pflanzenschutzmittels. Ist die Beteiligung einer anderen Behörde in einem Verwaltungsverfahren, der auf diese Weise Gelegenheit gegeben werden soll, ihre Sachkenntnis und ihren Sachverstand in das Verfahren einzubringen, nicht nur als Herstellung des Benehmens (so für das BfR und das JKI gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 PflSchG), sondern als Erfordernis des Einvernehmens ausgestaltet, handelt es sich um die stärkste Form der Mitwirkungsbedürftigkeit eines Verwaltungsakts. Die für die Erteilung der Zulassung zuständige Behörde ist an die Entscheidung der zu beteiligenden Behörde über die Erteilung bzw. die Versagung des Einvernehmens gebunden. Dies gilt selbst dann, wenn die zu beteiligende Behörde das Einvernehmen rechtswidrig versagt. Übergeordnetes Gemeinschaftsrecht und der Grundsatz der Effektivität des Europarechts erfordern eine andere Auslegung bzw. Anwendung des nationalen Rechts nicht. Entscheidend zu berücksichtigen ist insoweit, dass die Ausgestaltung des nationalen Verfahrensrechts nicht von vornherein im Widerspruch zu den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 steht, die vorsehen, dass die Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel zu erteilen ist, wenn die Zulassungsvoraussetzungen vorliegen. Denn bei nicht lösbaren Meinungsverschiedenheiten der beteiligten Behörden über die Erteilung oder die Ausgestaltung der Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel ist es Aufgabe der weisungsbefugten höheren Behörde und hier letztlich der Bundesregierung, die Streitfragen zu entscheiden (vgl. zu diesem Gesichtspunkt in anderem Zusammenhang: Berendes in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 19 Rn. 17). Dieser kommt die Möglichkeit zu, durch Erteilung einer Weisung auf den Abschluss des Verwaltungsverfahrens hinzuwirken. Hinzu kommt, dass bei einer Ersetzung des Einvernehmens bzw. Umgehung des versagten Einvernehmens im Verwaltungsverfahren die Gefahr bestünde, dass die in die Zuständigkeit der Einvernehmensbehörde gestellten fachlichen Aspekte nicht, nicht vollständig oder nicht hinreichend sachgerecht geprüft werden können, was vor dem Hintergrund der mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln potenziell einhergehenden Gefahren und Risiken nicht hingenommen werden kann.

Soweit die Klage teilweise als unbegründet abzuweisen ist, konnte der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag nach alledem ebenfalls keinen Erfolg haben. Für die Zeit über den 31. Oktober 2020 hinaus besteht weder ein Anspruch auf Erteilung einer Zulassung für das Pflanzenschutzmittel noch auf erneute Entscheidung der Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 52 Abs. 1 GKG.