Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 12.09.2007, Az.: 1 B 38/07

Abschiebung; Aufenthaltsbeendigung; Ehefähigkeitszeugnis; Eheschließung; Heirat; Privat- und Familienleben; Verhältnismäßigkeit

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
12.09.2007
Aktenzeichen
1 B 38/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 71762
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

1

Der Antragsteller reiste im Jahre 2001 in das Bundesgebiet ein. Sein damals gestellter Asylantrag ist abgelehnt worden, seine Klage blieb erfolglos. Der Antragsteller konvertierte zum Christentum; er wurde Anfang des Jahres 2003 durch einen Pastor der Evang.-Luth. Landeskirche Hannover getauft.

2

Der Antragsteller wurde anschließend geduldet, u.zw. zuletzt durch eine bis zum 11. September 2007 gültige Duldung, deren beantragte Verlängerung durch Verfügung vom 7. September 2007 abgelehnt wurde. Zugleich wurde ein Antrag auf Aussetzung der Abschiebung abgelehnt. Am 6. September 2007 erhielt der Antragsteller für seine am 12. September 2007vorgesehene Abschiebung Ausweisersatzpapiere.

3

Seit längerer Zeit hat der Antragsteller Beziehungen zu der deutschen Staatsangehörigen Frau R. M. S in S unterhalten, mit der er die Ehe eingehen möchte. Am 21. Dezember 2006 wurde daher die Anmeldung der Eheschließung vorgenommen. Die Befreiung vom Ehefähigkeitszeugnis wurde vom Oberlandesgericht Celle am 24. Januar 2007 erteilt. Aufgrund von Unstimmigkeiten unter den Verlobten kam es jedoch zunächst nicht zu der beabsichtigten Heirat. Am 25. Juli 2007 lehnte die Samtgemeinde S die Eheschließung daher ab. Daraufhin wurde am 3. August 2007 beim Amtsgericht Verden (Az. 7 III 62/07) ein Antrag auf Eheschließung gestellt, über den noch nicht entschieden ist.

4

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in der Form der Aussetzung der Abschiebung hat Erfolg.

5

Es bedarf keiner weiteren Ausführungen dazu, dass die erforderliche Dringlichkeit für eine Entscheidung des Vorsitzenden iSv § 80 Abs. 8 VwGO (vgl. auch § 123 Abs. 2 S. 3 VwGO) bei der vorliegenden Fallgestaltung gegeben ist: Die Abschiebung ist für den 12. September 2007 geplant gewesen und nur deshalb nicht durchgeführt worden, weil der Antragsteller nicht auffindbar war.

6

Auch in der Sache liegen die Voraussetzungen für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vor: Solange das Amtsgericht V noch nicht über die Genehmigung der Eheschließung mit der deutschen Staatsangehörigen R.M. S entschieden hat, verbietet sich eine Abschiebung des Antragstellers - zumal hinreichend glaubhaft gemacht ist, dass eine Eheschließung ernsthaft beabsichtigt ist und auch unmittelbar bevorsteht (vgl. dazu Hamb. OVG, Beschluss v. 4. April 2007 - 3 Bs 28/07 -). Bei dieser Lage der Dinge entfalten Art. 6 GG und Art. 8 EMRK ihre den Antragsteller schützenden Wirkungen. Eine Aufenthaltsbeendigung ist speziell durch Art. 8 EMRK an besondere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere an eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, die auch dem deutschen Verfassungsrecht immanent ist. Ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens ist danach nur statthaft, wenn er gesetzlich vorgesehen ist, einem der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - z.B. Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung - dient und erforderlich und verhältnismäßig ist (EGMR, Urteil v. 31.10.2002 - 37295/97, InfAuslR 2003, 126). Diese Voraussetzungen liegen hier derzeit ersichtlich nicht vor.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG.