Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 20.03.2007, Az.: 3 A 289/05
Alimentation; Amtsangemessenheit; Angemessenheit; Beamter; Besoldung; Familie; Familienzuschlag; Zeitnähe; Zuschlag
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 20.03.2007
- Aktenzeichen
- 3 A 289/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 71966
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OVG - 12.05.2009 - AZ: 5 LA 192/07
Rechtsgrundlagen
- § 40 Abs 1 BBesG
- § 40 Abs 2 BBesG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Verlangt ein Beamter mehr als die gesetzlich vorgeschriebene Besoldung, so muss er dies zeitnah, d. h. im laufenden Kalenderjahr, bei der zuständigen Stelle seines Dienstherrn beantragen.
2. Zur Berechnung der Minderalimentation für 3. und 4. Kinder gemäß BVerfG, Beschluss vom 24.11.1998 - 2 BvL 26/91 u.a. -, BVerfGE 99, 300 ff.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Alimentation des Klägers für sein drittes und viertes unterhaltsberechtigtes Kind.
Der Kläger steht im niedersächsischen Landesschuldienst als Beamter des gehobenen Dienstes und wird nach der BesGr. A 13 gD BBesO besoldet. Er ist verheiratet. Im Familienzuschlag wurden bis zum 31.03.2005 vier und werden seit dem 01.04.2005 drei Kinder berücksichtigt, die im März 1979, im Februar 1988, im Februar 1994 und im Juli 1997 geboren wurden. Mit Schreiben vom 06.10.2001, eingegangen am 09.10.2001, führte der Kläger aus, in einem Urteil des BVerwG, das zu den kindbezogenen Besoldungsanteilen kinderreicher Beamtenfamilien Stellung bezogen habe, sei dargelegt worden, dass eine bis 1988 zurückgreifende Nachzahlungsregelung erforderlich sei. Er bitte unter Beantragung der entsprechenden Nachzahlung, dies für seine Familie und ihn zu prüfen. Das beklagte Landesamt fasste dieses Schreiben als Widerspruch „gegen die Höhe des Orts-/ Familienzuschlages in der Zeit vom 01.01.1988 bis 31.12.1998“ auf, den es mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.2002 zurückwies. Regelungsgehalt und Begründung dieses Bescheides befassten sich nicht mit dem Zeitraum ab dem 01.01.1999; insoweit wurde lediglich der Hinweis gegeben, dass der Familienzuschlag für das dritte und jedes weitere zu berücksichtigende Kind 1999 und 2000 um jeweils 200 DM erhöht werde. Der Widerspruchsbescheid wurde nicht mit einer Klage angegriffen.
Mit zwei Schreiben vom 12.09.2004 und vom 08.12.2004, eingegangen am 14.09.2004 bzw. 09.12.2004, teilte der Kläger der Beklagten unter Berufung auf das Urteil des BVerwG vom 17.06.2004 - 2 C 34.02 - erneut mit, dass er seine Besoldung hinsichtlich des kinderbezogenen Anteils für zu niedrig halte. Er beantrage eine Prüfung und amtsangemessene Alimentierung für das dritte und vierte Kind ab dem 01.01.2000. Diesen Antrag legte das beklagte Landesamt wiederum als Widerspruch aus und wies ihn mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2005, zugestellt am 22.02.2005, zurück.
Am 18.03.2005 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen ausführt, die kindbezogenen Besoldungsbestandteile genügten nicht den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an die amtsangemessene Alimentation stelle. Dies habe auch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt. Der aktuelle monatliche Einkommensunterschied (netto) eines Lehrers mit zwei Kindern zu demjenigen mit drei bzw. vier Kindern gleiche den spezifisch festgestellten Bedarf für das dritte und vierte Kind von 115 % des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs nicht aus.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 17.02.2005 zu verurteilen, ihm für das vierte Kind für den Zeitraum vom 01.01.2000 bis zum 31.03.2005 und für das dritte Kind für den Zeitraum vom 01.01.2000 bis zum 31.12.2006 den Differenzbetrag zwischen dem tatsächlich gewährten Familienzuschlag der Stufe 3 bzw. 4 und demjenigen Betrag zu zahlen, der 115 % des jeweiligen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs gemäß dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.06.2004 - 2 C 34.02 - entspricht, nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt die angegriffenen Bescheide. Das Erhöhungsverlangen sei nicht zeitnah geltend gemacht worden. Der Besoldungsgesetzgeber habe die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erfüllt. Die kindbezogene Besoldung sei gegenwärtig so bemessen, dass bei einer Gesamtbetrachtung der Richtwert von 115 % des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs für ein Kind nahezu erreicht werde. Die Nettoabweichung betrage weniger als 1 %; sie führe nicht dazu, dass der Kläger seine Grundbedürfnisse ganz oder teilweise nicht befriedigen könne. Die Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1998 zugrunde gelegt habe, hätten sich zwischenzeitlich wesentlich verändert.
Eine Aufklärungsverfügung des Gerichts vom 17.10.2006 hat das beklagte Landesamt teilweise beantwortet. Der Rechtsstreit ist nach Anhörung der Beteiligten auf den Einzelrichter übertragen worden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen; diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die als Leistungsbegehren zulässige Klage ist zum überwiegenden Teil begründet; der angefochtene Widerspruchsbescheid vom 17.02.2005 ist teilweise hinsichtlich der Zeit vom 01.01.2001 bis zum 31.12.2006 rechtswidrig und verletzt insofern den Kläger, welchem für den genannten Zeitraum ein Anspruch auf den tenorierten Differenzbetrag zusteht, in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 VwGO); im Hinblick auf das Jahr 2000 ist der angefochtene Bescheid dagegen nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren ist die Vollstreckungsanordnung im Beschluss des BVerfG vom 24.11.1998 - 2 BvL 26/91 u.a. -, BVerfGE 99, 300ff. Nach Nr. 2 der Entscheidungsformel (aaO., S. 304) haben Besoldungsempfänger als Mindestalimentation, sofern der Gesetzgeber die als verfassungswidrig beanstandete Rechtslage nicht bis zum 31.12.1999 mit der Verfassung in Einklang bringt, mit Wirkung vom 01.01.2000 für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind Anspruch auf familienbezogene Gehaltsbestandteile in Höhe von 115 v. H. des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes, der sich nach Maßgabe der Gründe zu C. III. 3. errechnet. Dieser Teil des Tenors beruht auf § 35 BVerfGG (aaO., S. 331), wonach das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung bestimmen kann, wer sie vollstreckt, und auch im Einzelfall die Art und Weise der Vollstreckung regeln kann; es hat den Fachgerichten die Befugnis übertragen, familienbezogene Bezügebestandteile nach dem Maßstab der Entscheidungsgründe C.III.3 (aaO., S. 321-323) zuzusprechen.
Die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts begründet Ansprüche auf Zahlung ergänzender kinderbezogener Besoldungsbestandteile für den Zeitraum ab dem 01.01.2000 aber nicht ohne weiteres, sondern nach überwiegender Meinung in der Rechtsprechung (vgl. VG Bremen, Urteil vom 29.09.2005 - 2 K 2745/04 -, BDVR-Rund-schreiben 2005, 173,178; VG Trier, Urteil vom 08.08.2002 - 1 K 1580/01.TR -; VG Hamburg, Urteil vom 22.06.2005 - 10 K 6262/04 -, juris; VG Stuttgart, Urteil vom 13.07.2005 - 17 K 448/05 -, juris; vgl. auch Nds.OVG, Beschlüsse vom 21.06.2004 - 5 LA 101/04 -, S.4, vom 11.11.2002 - 5 LA 188/02 -, S.3, vom 24.10.2006 - 5 LA 262/06 - und vom 24.11. 2005 - 5 LA 223/05 -, S. 4) nur ab dem Haushaltsjahr, in dem ein entsprechender Antrag der Beamtin oder des Beamten gestellt worden ist; der erkennende Einzelrichter teilt diese Rechtsauffassung.
Das Bundesverfassungsgericht hat zur Alimentation von Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern durch seinen Dienstherrn bereits früher ausgeführt (Beschluss vom 22.03.1990, - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363,385), dass sie die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs ist. Der Beamte kann nicht erwarten, dass er aus Anlass einer verfassungsrechtlich gebotenen Besoldungskorrektur gewissermaßen ohne eigenes Zutun nachträglich in den Genuss der Befriedigung eines womöglich jahrelang zurückliegenden Unterhaltsbedarfs kommt, den er selbst gegenüber seinem Dienstherrn zeitnah nicht geltend gemacht hat. Die Alimentation des Beamten erfolgt aus den jährlich zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln. Dies spricht gegen die Annahme einer verfassungsrechtlichen Pflicht zu einem alle Beamten erfassenden Ausgleich für in der Vergangenheit erfolgte Verletzungen der Alimentationspflicht durch Inanspruchnahme der im Haushaltsjahr verfügbaren Haushaltsmittel. Daher ist eine sich auf alle betroffenen Beamten erstreckende Korrektur der für verfassungswidrig erklärten Regelung nur für den Zeitraum gefordert, der mit dem Haushaltsjahr beginnt, in dem durch die verfassungsgerichtliche Entscheidung die Verfassungswidrigkeit festgestellt worden ist. Für davor liegende Zeiträume kann sich die Korrektur nach dem Ermessen des Gesetzgebers dagegen auf diejenigen Beamten beschränken, welche den ihnen von Verfassungs wegen zustehenden Anspruch auf amtsangemessene Alimentation zeitnah, also während des jeweils laufenden Haushaltsjahres, gerichtlich geltend gemacht haben, ohne dass über ihren Anspruch schon abschließend entschieden worden ist. An dieser Auffassung hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 24.11.1998 (aaO., S. 331) ausdrücklich festgehalten.
Aus diesen Erwägungen wird die Obliegenheit hergeleitet, dass der Beamte seine Ansprüche auf amtsangemessene Alimentierung zeitnah, das heißt durch Klage oder Widerspruch während des jeweils laufenden Haushaltsjahres, geltend zu machen hat (vgl. VG Hamburg, Urteil vom 22.06.2005 - 10 K 6262/04 -, juris, m.w.N.). Sie wurde zwar im Zusammenhang mit der Frage entwickelt, inwieweit der Gesetzgeber gehalten ist, eine als verfassungswidrig beanstandete Rechtslage auch mit Wirkung für die Vergangenheit zu korrigieren. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts (so bereits VG Göttingen, Urteil vom 12.12.2006 - 3 A 308/05 -) sind diese Überlegungen aber auch auf die vorliegende Fallgestaltung zu übertragen, in der Zahlungsansprüche unter Berufung auf die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts geltend gemacht werden. Denn die Vollstreckungsanordnung reicht nicht weiter als der Korrekturauftrag des Bundesverfassungsgerichts an den Gesetzgeber. Wenn dieser nur zu einer rückwirkenden Korrektur zugunsten derjenigen Beamten verpflichtet wurde, die ihre Ansprüche in den jeweiligen Haushaltsjahren - was für die Jahre 1988 bis 1996 dazu führte, dass das BVerfG die Änderungen des Besoldungsrechts nur für bestimmte Besoldungsgruppen für verfassungswidrig erklärte (vgl. BGBl. I 1999, 371) - zeitnah geltend gemacht haben, dann kann auch die an die Dienstherrn bzw. die Verwaltungsgerichte gerichtete Vollstreckungsanordnung nicht weiter reichen.
Soweit dem entgegen gehalten wird, dass Besoldungsansprüche der Beamten grundsätzlich nicht antragsgebunden seien und dass das Bundesverfassungsgericht für die Zeit ab dem 01.01.2000 eine Vollstreckungsanordnung getroffen hat, die nicht durch ein zeitnahes Antragserfordernis eingeschränkt sei (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 08.11.2006 - 6 A 330/05 -; ebenso im Ergebnis, aber ohne Begründung VG Karlsruhe, Urteil vom 26.01. 2005 - 11 K 4994/03), vermag diese Argumentation nicht zu überzeugen. Ein Antragserfordernis ist regelmäßig für diejenigen Bestandteile der Besoldung nicht vorgesehen, deren Höhe sich unmittelbar aus der Anwendung der aktuellen Besoldungsgesetze ergibt. Begehrt ein Beamter jedoch mehr von einem der Besoldungsbestandteile gemäß § 1 Abs. 2 BBesG, als die für seinen Dienstherrn handelnde Bezügestelle errechnet hat, setzt dies immer einen Antrag - zumindest im Sinne einer Erklärung, dass und aus welchen Gründen die Bezüge unzureichend seien - voraus. In gleicher Weise besteht ein Antragserfordernis für jede Art der Forderung einer Nachzahlung von Besoldung, wenn - wie im vorliegenden Fall - das BVerfG den Gesetzgeber gerade nicht verpflichtet hat, die fraglichen Besoldungsbestandteile rückwirkend für alle Beamten, Richter und Soldaten mit mehr als zwei Kindern zu erhöhen. Daher kann nicht das „ob“ einer Antragstellung, sondern allenfalls ihr „wann“ in Frage stehen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, das BVerfG selbst habe die Vollstreckungsanordnung nicht (ausdrücklich) durch ein Antragserfordernis zeitlich beschränkt. Hierzu bestand keine Veranlassung, weil sich der vom BVerfG erteilte Handlungsauftrag ausschließlich an den Gesetzgeber richtete und darüber hinaus lediglich die Verwaltungsgerichte zu Vollstreckungshandlungen ermächtigte; die Adressaten eines Antragserfordernisses, das sich ohnehin aus den oben dargestellten Entscheidungsgründen ergibt, wären dagegen die gar nicht am Verfahren beteiligten Beamtinnen und Beamten gewesen. Das BVerfG hat die jeweiligen Artikel 1 der zwischen 1988 und 1996 erlassenen Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetze nicht in vollem Umfang aufgehoben, sondern nur insoweit, als sie durch Verwaltungsgerichte im Wege der konkreten Normenkontrolle gemäß Art. 100 Abs. 1 GG vorgelegt wurden. Nur in dem durch die Vorlagebeschlüsse gesteckten Umfang hat das BVerfG entschieden und den Gesetzgeber zum Handeln verpflichtet, so dass mangels einer Problematisierung eines zeitnahen Antragerfordernisses in den Vorlagebeschlüssen das BVerfG auch nicht insofern zu einer Entscheidung berufen war.
Nach den vorstehenden Gründen ist also Voraussetzung für den Erfolg einer auf die Vollstreckungsanordnung in Nr. 2 der Entscheidungsformel des Beschlusses des BVerfG vom 24.11.1998 - 2 BvL 26/91 u.a. -, BVerfGE 99, 300, 304 - gestützten Klage auf höhere Alimentierung für dritte und weitere unterhaltsberechtigte Kinder, dass der klagende Beamte diese Zahlung in dem Haushaltsjahr, für das sie beansprucht wird, bei seinem Dienstherrn bzw. der für diesen handelnden Bezügestelle geltend gemacht haben muss. Diese Voraussetzung wird vom Kläger für das Jahr 2000 nicht erfüllt, da sein Zahlungsbegehren erst mit Schreiben vom 06.10.2001 beim beklagten Landesamt gestellt wurde. Weil der Kläger unmissverständlich eine hinsichtlich des Endzeitpunktes nicht begrenzte Nachzahlungsforderung geltend gemacht hatte, der Widerspruchsbescheid vom 30.04.2002 aber vom Wortlaut her und bei verständiger Auslegung anhand der Begleitumstände eine Regelung nur für die Zeit bis zum 31.12.1998 traf, wurde über den Antrag des Klägers vom 06.10.2001 hinsichtlich der Zeit ab dem 01.01.1999 nicht entschieden. Unter diesen Voraussetzungen sind die weiteren Schreiben des Klägers vom 12.09.2004 und vom 08.12. 2004 einerseits als ein Beharren auf dem Zahlungsbegehren auf höhere Familienzuschläge für das dritte und vierte Kind, und andererseits als eine zeitliche Beschränkung in Form eines Verzichts für das Jahr 1999 zu verstehen.
Für die Zeit ab dem 01.01.2001 steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch hingegen grundsätzlich zu. Der Gesetzgeber hat die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf das dritte und vierte Kind bisher nicht erfüllt (vgl. auch: BVerwG, Urteil vom 17.06.2004 -2 C 34.02 -; OVG Koblenz, Urteil vom 02.02.2005 - 2 A 10039/05 -). Daher ist das erkennende Verwaltungsgericht befugt, entsprechende familienbezogene Bezügebestandteile zuzusprechen. Um festzustellen, ob die Besoldung eines Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt, ist zunächst das durchschnittliche jährliche Nettoeinkommen zu ermitteln, das ein Beamter derselben Besoldungsgruppe mit zwei Kindern einerseits und ein Beamter mit drei bzw. vier Kindern andererseits erhält. Dieses Nettoeinkommen ist pauschalierend und typisierend zu errechnen und ergibt sich aus den besoldungsrechtlichen Regelungen. Auszugehen ist vom Bruttogehalt der Endstufe derjenigen Besoldungsgruppe, der das Amt des Beamten zugeordnet ist (hier: BesGr. A 13 gD BBesO). Individuelle Besoldungsbestandteile bleiben ebenso unberücksichtigt wie eine zeitweise Absenkung der Besoldung oder Zuschläge, die von Land zu Land oder beim Bund unterschiedlich sind. Hinzuzurechnen sind dagegen weitere allgemein vorgesehene Besoldungsbestandteile, wie z. B. Einmalzahlungen, die allgemeine Stellenzulage, das Urlaubsgeld, die jährliche Sonderzahlung und die jeweiligen Familienzuschläge für Beamtenfamilien mit zwei, drei oder vier Kindern. Das so errechnete Bruttoeinkommen ist um die Lohnsteuer, den Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer zu mindern. Durch Hinzurechnung des (steuerfreien) Kindergeldes ergibt sich dann das maßgebliche Jahres-Nettoeinkommen. Dieses wird zur Vergleichbarkeit mit Sozialhilfesätzen auf einen Monatsbetrag umgerechnet. Die Differenz der für einen Beamten mit zwei Kindern, einen Beamten mit drei Kindern und einen Beamten mit vier Kindern jeweils ermittelten monatlichen Nettoeinkommen ermöglicht den für die verfassungsrechtliche Beurteilung maßgeblichen Vergleich der verfügbaren Nettoeinkünfte. Die nach diesen Vorgaben berechneten monatlichen Bezüge eines Beamten der BesGr. A 13 gD BBesO in den Jahren 2001 bis 2006 mit zwei, drei und vier Kindern sind aus der nachfolgenden Tabelle zu ersehen. Die Tabellenwerte der Abzüge wurden mit dem Abgabenrechner des Bundesministeriums der Finanzen (https://www.abgaben-rechner.de/bl2006/index.jsp) unter Verwendung der Steuerklasse 3 und einer 8-prozentigen Kirchensteuer ermittelt.
01.01.2001 - 31.12.2001 in € 2 Kinder 3 Kinder 4 Kinder
1. Grundgehalt/Zulage/FZ:
Endgrundgehalt BesGr. A 13 BBesO 3.672,45 3.672,45 3.672,45
FZ-verheiratet 96,85 96,85 96,85
FZ 1. Kind 84,35 84,35 84,35
FZ 2. Kind 84,35 84,35 84,35
FZ 3. Kind 215,99 215,99
FZ 4. Kind 215,99
Monatliche Bruttobezüge 3.938,00 4.153,99 4.369,98
Jahres-Bruttobezüge 47.256,00 49.847,88 52.439,76
2. Urlaubsgeld 255,65 255,65 255,65
3. Sonderzuwendung 3.520,75 3.736,83 3.952,91
Jahres-Bruttobezüge 51.032,40 53.840,36 56.648,32
II. Abzüge
1. Lohnsteuer 8.743,90 9.546,79 10.551,02
2. Kirchensteuer 529,20 506,41 445,96
3. Solidaritätszuschlag 363,80 393,17 392,20
Jahresnettobezüge 41.395,50 43.393,99 45.259,14
III. Kindergeld 3.313,20 5.153,88 7.301,28
IV. Jahres-Nettoeinkommen 44.708,70 48.547,87 52.560,42
V. Monatliches Nettoeinkommen (pausch.) 3.725,73 4.045,66 4.380,04
VI. Einkommensdifferenz 2001 319,94 334,38
01.01.2002 - 31.12.2002 in € 2 Kinder 3 Kinder 4 Kinder
1. Grundgehalt/Zulage/FZ:
Endgrundgehalt BesGr. A 13 BBesO 3.753,25 3.753,25 3.753,25
FZ-verheiratet 100,78 100,78 100,78
FZ 1. Kind 86,21 86,21 86,21
FZ 2. Kind 86,21 86,21 86,21
FZ 3. Kind 220,74 220,74
FZ 4. Kind 220,74
Monatliche Bruttobezüge 4.026,45 4.247,19 4.467,93
Jahres-Bruttobezüge 48.317,40 50.966,28 53.615,16
2. Urlaubsgeld 255,65 255,65 255,65
3. Sonderzuwendung 3.526,35 3.736,83 3.952,91
Jahres-Bruttobezüge 52.099,40 54.958,76 57.823,72
II. Abzüge
1. Lohnsteuer 9.104,00 10.020,00 10.960,00
2. Kirchensteuer 451,68 386,08 322,40
3. Solidaritätszuschlag 310,53 265,43 221,65
Jahresnettobezüge 42,233,19 44.287,25 46.319,67
III. Kindergeld 3.696,00 5.544,00 7.692,00
IV. Jahres-Nettoeinkommen 45.929,19 49.831,25 54.011,67
V. Monatliches Nettoeinkommen (pausch.) 3.827,43 4.152,60 4.500,97
VI. Einkommensdifferenz 2002 325,17 348,37
01.01.2003 - 31.12.2003 in € 2 Kinder 3 Kinder 4 Kinder
1. Grundgehalt/Zulage/FZ:
Endgrundgehalt BesGr. A 13 BBesO, Durchschnitt 3.798,29 3.798.29 3.798,29
FZ-verheiratet, Durchschnitt 101,99 101,99 101,99
FZ 1. Kind, Durchschnitt 87,25 87,25 87,25
FZ 2. Kind, Durchschnitt 87,24 87,24 87,24
FZ 3. Kind, Durchschnitt 223,39 223,39
FZ 4. Kind, Durchschnitt 223,39
Monatliche Bruttobezüge 4.074,77 4.298,16 4.521,55
Jahres-Bruttobezüge 48.897,24 51.577,92 54.258,60
2. Urlaubsgeld 255,65 255,65 255,65
3. Sonderzuwendung 2.731,13 2.903,61 3.076,10
Jahres-Bruttobezüge 51.884,02 54.737,18 57.590,35
II. Abzüge
1. Lohnsteuer 9.036,00 9.950,00 10.866,00
2. Kirchensteuer 446,88 381,44 316,32
3. Solidaritätszuschlag 307.23 262,24 217,47
Jahresnettobezüge 42.093,91 44.143,50 46.190,56
III. Kindergeld 3.696,00 5.544,00 7.692,00
IV. Jahres-Nettoeinkommen 45.789,91 49.687,50 53.882,56
V. Monatliches Nettoeinkommen (pausch.) 3.815,83 4.140,63 4.490,21
VI. Einkommensdifferenz 2003 324,80 349,58
01.01.2004 - 31.12.2004 in € 2 Kinder 3 Kinder 4 Kinder
1. Grundgehalt/Zulage/FZ:
Endgrundgehalt BesGr. A 13 BBesO, Durchschnitt 3.888,33 3.888,33 3.888,33
FZ-verheiratet, Durchschnitt 104,41 104,41 104,41
FZ 1. Kind, Durchschnitt 89,11 89,11 89,11
FZ 2. Kind, Durchschnitt 89,11 89,11 89,11
FZ 3. Kind, Durchschnitt 228,69 228,69
FZ 4. Kind, Durchschnitt 228,69
Sonderzahlung (4,17%) 173,93 183,47 193,00
Monatliche Bruttobezüge 4.344,89 4.583,12 4.821,34
Jahres-Bruttobezüge 52.138,68 54.997,44 57.856,08
II. Abzüge
1. Lohnsteuer 8.386,00 9.262,00 10.160,00
2. Kirchensteuer 404,00 340,80 279,36
3. Solidaritätszuschlag 277,75 234,30 192,06
Jahresnettobezüge 43.070,93 45.160,34 47.224,66
III. Kindergeld 3.696,00 5.544,00 7.692,00
IV. Jahres-Nettoeinkommen 46.766,93 50.704,34 54.916.66
V. Monatliches Nettoeinkommen (pausch.) 3.897,24 4.225,36 4.576,39
VI. Einkommensdifferenz 2004 328,12 351,03
01.01.2005 - 31.12.2005 in € 2 Kinder 3 Kinder 4 Kinder
1. Grundgehalt/Zulage/FZ:
Endgrundgehalt BesGr. A 13 BBesO 3.920,58 3.920,58 3.920,58
FZ-verheiratet 105,28 105,28 105,28
FZ 1. Kind 90,05 90,05 90,05
FZ 2. Kind 90,05 90,05 90,05
FZ 3. Kind 230,58 230,58
FZ 4. Kind 230,58
Monatliche Bruttobezüge 4.205,96 4.436,54 4.667,12
Jahres-Bruttobezüge 50.471,52 53.238,48 56.005,44
II. Abzüge
1. Lohnsteuer 7.516,00 8.320,00 9.142,00
2. Kirchensteuer 346,24 283,52 222,40
3. Solidaritätszuschlag 238,04 194,92 152,90
Jahresnettobezüge 42.371,24 44.440,04 46.488,14
III. Kindergeld 3.696,00 5.544,00 7.692,00
IV. Jahres-Nettoeinkommen 46.067,24 49.984,04 54.180,14
V. Monatliches Nettoeinkommen (pausch.) 3.838,94 4.165,34 4.515,01
VI. Einkommensdifferenz 2005 326,40 349,67
01.01.2006 - 31.12.2006 in € 2 Kinder 3 Kinder
1. Grundgehalt/Zulage/FZ:
Endgrundgehalt BesGr. A 13 BBesO 3.920,58 3.920,58
FZ-verheiratet 105,28 105,28
FZ 1. Kind 90,05 90,05
FZ 2. Kind 90,05 90,05
FZ 3. Kind 230,58
Monatliche Bruttobezüge 4.205,96 4.436,54
Jahres-Bruttobezüge 50.471,52 53.238,48
II. Abzüge
1. Lohnsteuer 7.516,00 8.320,00
2. Kirchensteuer 346,24 283,52
3. Solidaritätszuschlag 238,04 194,92
Jahresnettobezüge 42.371,24 44.440,04
III. Kindergeld 3.696,00 5.544,00
IV. Jahres-Nettoeinkommen 46.067,24 49.984,04
V. Monatliches Nettoeinkommen (pausch.) 3.838,94 4.165,34
VI. Einkommensdifferenz 2006 326,40
Diesen Netto-Einkünften ist der monatliche Bedarf für das dritte und vierte Kind des Klägers gegenüberzustellen, der - wiederum pauschalierend und typisierend - auf 115 % des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs festzusetzen ist. Zu ermitteln ist danach der jeweilige bundes- und jahresdurchschnittliche sozialhilferechtliche Regelsatz für mit beiden Elternteilen zusammenlebende Minderjährige ab der Geburt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Für 2001 betrug der alimentationsrechtlich relevante Bedarf des dritten und vierten Kindes jeweils 344,39 € (=673,56 DM, vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.2004, aaO., Rn. 41).
Für die Jahre 2002 bis 2004 ist nach der Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 17.06.2004, aaO) bei der Bedarfsberechnung zunächst getrennt für die Vergleichsjahre der bundes- und jahresdurchschnittliche Regelsatz für Minderjährige, die mit beiden Elternteilen zusammenleben, im Alter ab der Geburt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres zu berechnen. Dabei bleiben unberücksichtigt die Regelsätze in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Hinzugerechnet wird ein Zuschlag von 20 v.H. zur Abgeltung einmaliger Leistungen, ein weiterer Zuschlag für die Kosten der Unterkunft ausgehend von einem Wohnbedarf von 11 qm für das Kind sowie ein Zuschlag von 20 v.H. der anteiligen Durchschnittsmiete zur Abgeltung der auf das Kind entfallenden Energiekosten. Der danach errechnete Bedarf wird um 15 % erhöht.
1. Durchschnittlicher Sozialhilfe-Regelsatz (gew.) für das Jahr 2002 187,32*
2. Abgeltung einmaliger Leistungen, 20 % von 1. 37,46
3. anteilige Mietkosten (6,09 € für 2002) x 11 qm) 66,99
4. anteilige Energiekosten (20 % von 2.) 13,40
Zwischensumme 305,17
II. Erhöhung gem. BVerfG (15 % -Betrag) 350,95
1. Durchschnittlicher Sozialhilfe-Regelsatz (gew.) für das Jahr 2003 190,19*
2. Abgeltung einmaliger Leistungen, 20 % von 1. 38,04
3. anteilige Mietkosten (6,09 € für 2002 + 1,1 % für 2003 = 6,16 € x 11 qm) 67,76
4. anteilige Energiekosten (20 % von 2.) 13,55
Zwischensumme 309,54
II. Erhöhung gem. BVerfG (15 % -Betrag) 355,97
1. Durchschnittlicher Sozialhilfe-Regelsatz (gew.) für das Jahr 2004 191,04*
2. Abgeltung einmaliger Leistungen, 20 % von 1. 38,21
3. anteilige Mietkosten (6,09 € für 2002) + 1,1 % für 2003 + 1,6 % für 2004 = € 6,26 € x 11 qm) 68,86
4. anteilige Energiekosten (20 % von 2.) 13,77
Zwischensumme 311,88
II. Erhöhung gem. BVerfG (15 % -Betrag) 358,66
(* vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 26.01.2005 - 11 K 3674/04 -, juris)
Für 2005 bis 2007 ist von einem gewichteten Durchschnittsregelsatz in Höhe von 222,33 € pro Monat auszugehen (vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 16.05.2006 - 5 A 279/05 -, juris). Dieser Wert ergibt sich wie folgt: Der Eckregelsatz nach § 20 Abs. 2 SGB II , der auch im Rahmen des § 28 Abs. 2 SGB XII gilt, beträgt 345,00 € in den alten Bundesländern einschließlich Ostberlin für Alleinstehende, Alleinerziehende oder Personen, deren Partner minderjährig ist. Für sonstige Haushaltsangehörige beträgt der Regelsatz gem. § 3 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII (RSV v. 03.06.2004, BGBl. I, S. 1067) bei Kindern bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 % des Eckregelsatzes, das sind 207,00 €, und ab Vollendung des 14. Lebensjahres 80 % des Eckregelsatzes, das sind 276,00 €. Die Regelsätze in den neuen Bundesländern sind nicht zu berücksichtigen. Die Berechnung des gewichteten Durchschnitts der genannten Regelsätze ergibt sich aus der folgenden Tabelle:
1-14 Jahre 15-18 Jahre
Alte Bundesländer und Ostberlin im Jahr 2005-2007 207 € 276 €
Gewichtungsfaktor 14 4
Gewichteter Wert je Gruppe 2.898 € 1.104 €
Summe der gewichteten Werte 4.002 €
Ergebnis gewichteter Regelsatz 222,33 €
Auf diesen Betrag ist kein Zuschlag von 20 % zur Abgeltung einmaliger Leistungen, die nach BSHG vorgesehen waren, mehr zu machen, da die Regelsatzkonzeption mit der Einführung des SGB XII als ab 01.01.2005 maßgeblichem Gesetz für die Gewährung von Sozialhilfeleistungen geändert wurde. Die früheren „einmaligen Leistungen“ nach § 21 Abs. 1 a BSHG , die neben den Regelsätzen gewährt wurden, sind nunmehr nahezu vollständig in die Regelsätze eingearbeitet - vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 4 (Einrichtungsgegenstände) und Nr. 2 RSV (Bekleidung und Schuhe) -, so dass einmalige Bedarfe nur noch in sehr eingeschränktem Umfang als zusätzliche Leistungen bewilligt werden können. Aus dem in § 31 Abs. 1 SGB XII aufgeführten Katalog sind im Regelfall für Kinder nur Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten ( § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII ) einschlägig, die jedoch summenmäßig bei der Bedarfsberechnung kaum ins Gewicht fallen und daher zu vernachlässigen sind. Bei drei Klassenfahrten zu je 100,00 € innerhalb der achtzehn Lebensjahre ergäben sich monatlich 1,39 €, also ein Betrag, der deutlich weniger als 1 % des gewichteten Monatsbedarfs ausmacht (0,6 %). Dieser monatliche Betrag ist so gering, dass er hier nicht mit ausgewiesen werden kann. Insoweit berücksichtigt das Gericht, dass es sich um eine pauschalierende Berechnung handelt, die nicht „centgenau“ sein kann. Hinzuzurechnen sind jedoch nach der Vollstreckungsanordnung die anteiligen Kosten für die Unterkunft, ausgehend von einem Wohnbedarf von 11 m² für das dritte Kind. Ausgangspunkt ist der Wert von 6,09 € vom Jahr 2002. Dieser Wert wird für die Folgejahre um die Steigerung des Verbraucherpreisindexes nach den Daten des Statistischen Bundesamts gesteigert (vgl.www.destatis.de/presse/deutsch/pm2007/p0250051.htm). Unter weiterer Hinzurechnung des auf das dritte Kind regelmäßig entfallenden Anteils der Energiekosten (Zuschlag von 20 % der anteiligen Durchschnittsmiete) sowie des Zuschlags auf 115 % des sozialhilferechtlichen Bedarfs beläuft sich der alimentationsrechtlich relevante Bedarf eines dritten und vierten Kindes im Jahr 2005 im Ergebnis auf monatlich 352,68 € und im Jahr 2006 auf monatlich 354,35 €, wie den nachfolgenden Tabellen zu entnehmen ist:
1. Durchschnittlicher Sozialhilfe-Regelsatz (gew.) für das Jahr 2005 222,33
2. anteilige Mietkosten (6,09 € für 2002) + 1,1 % für 2003 + 1,6 % für 2004 + 2,0 % für 2005 = € 6,39 € x 11 qm) 70,29
3. anteilige Energiekosten (20 % von 2.) 14,06
Zwischensumme 306,68
II. Erhöhung gem. BVerfG (15 % -Betrag) 352,68
1. Durchschnittlicher Sozialhilfe-Regelsatz (gew.) für das Jahr 2006 222,33
2. anteilige Mietkosten (6,09 € für 2002) + 1,1 % für 2003 + 1,6 % für 2004 + 2,0 % für 2005 + 1,7 % für 2006 = € 6,50 € x 11 qm) 71,50
3. anteilige Energiekosten (20 % von 2.) 14,30
Zwischensumme 308,13
II. Erhöhung gem. BVerfG (15 % -Betrag) 354,35
Die Differenz zwischen dem alimentationsrechtlichen Bedarf für das dritte und vierte Kind und den monatlich für das dritte und vierte Kind jeweils zur Verfügung stehenden Einkünften des Klägers ist aus der nachfolgenden Aufstellung zu ersehen.
Monatlich in € 2001 2002 2003 2004 2005 2006
Alimentation 3. Kind 319,94 325,17 324,80 328,12 326,48 326,40
Mindestbedarf 3. Kind 344,39 350,95 355,97 358,66 352,68 354,35
Differenz - 24,45 - 25,78 - 31,17 - 30,54 - 26,20 - 27,95
Alimentation 4. Kind 334,38 348,37 349,58 351,03 349,59
Mindestbedarf 4. Kind 344,39 350,95 355,97 358,66 352,68
Differenz - 10,01 - 2,58 - 6,39 - 7,63 - 3,09
Daraus ergibt sich für das dritte und vierte Kind des Klägers im fraglichen Zeitraum vom 01.01.2001 bis zum 31.03.2005 bzw. 31.12.2006 eine verfassungswidrige Minderalimentation in Höhe von:
Jahr 3. Kind 12 Monate 4. Kind 12 Monate Gesamt
2001 24,45 293,40 10,01 120,12 413,52
2002 25,78 309,36 2,58 30,96 340,32
2003 31,17 374,04 6,39 76,68 450,72
2004 30,54 366,48 7,63 91,56 458,04
2005 26,20 314,40 3,09 9,27* 323,67
2006 27,95 335,40 *3 Monate 335,40
Gesamt: 1.993,08 328,59 2.321,67
Hiergegen kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts sei hinfällig geworden, weil der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts mittlerweile erfüllt habe. Die vorstehende Berechnung zeigt, dass es beim dritten und vierten Kind zu einer geringeren als der verfassungsrechtlich erforderlichen Alimentation kommt. Auch wenn diese Abweichung deutlich weniger als 1 % der Gesamtbesoldung beträgt, kann der Kläger insoweit nicht auf die familienneutralen Bestandteile seiner Bezüge verwiesen werden (BVerfG, Beschluss 24.11.1998, aaO.). Auch die Bedenken der Beklagten gegen die Anwendung der Vollstreckungsanordnung in Hinblick auf die geänderten Berechnungsgrundlagen greifen nicht durch. Die verfassungsgerichtlich vorgegebene Berechnung, an die das erkennende Gericht gebunden ist, muss den jeweiligen Veränderungen sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Art angepasst werden, solange und soweit noch die Vollstreckungsanordnung erfüllt werden kann.
Die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.11.1998 ist auch nicht deshalb unanwendbar geworden, weil sich die Berechnungsgrundlagen teilweise geändert haben. Allgemein ist davon auszugehen, dass die Vollstreckungsanordnung Bestand hat, solange sie in tatsächlicher und rechtlicher Art geänderten Verhältnissen sinn- und maßstabserhaltend angepasst werden kann. Es ist davon auszugehen, dass das Bundesverfassungsgericht die Dienstherren und Fachgerichte verpflichtet hat, die Vollstreckungsanordnung entsprechend den aktuellen Daten und gesetzlichen Bedingungen anzuwenden. Einer Anwendung kann nicht entgegenstehen, dass bestimmte Daten nunmehr aus anderen Quellen stammen oder einzelne Indizes nicht mehr im gleichen Turnus fortgeführt werden, solange es weiterhin möglich ist, den Kindesbedarf nach der Vollstreckungsanordnung zu bestimmen (VG Magdeburg, Urteil vom 16.05.2006, aaO.).
Soweit Bund und Länder seit 2003 die jährlichen Sonderzuwendungen unterschiedlich geregelt haben und es daher keine bundeseinheitliche Besoldung mehr gibt, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Der HessVGH (Beschluss vom 28.08.2006 - 1 ZU 1270/06 -, BDVR-Rundschreiben 2006, 159, 161) hat dazu - was der erkennende Einzelrichter uneingeschränkt teilt - ausgeführt:
„Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 24. November 1998 hinsichtlich der erforderlichen Einkommensberechnung vorgegeben, dass von dem jährlichen Nettoeinkommen der Beamten auszugehen ist. Dass diese Berechnung nur möglich wäre, wenn die Besoldung der Beamten bundeseinheitlich erfolgt, ergibt sich aus der Entscheidung nicht. Nachdem insoweit mittlerweile unterschiedliche Regelungen in Bund und Ländern vorliegen, kann das anzusetzende Nettoeinkommen nur aufgrund der für den jeweiligen Beamten maßgeblichen Vorschriften ermittelt werden, also hier nach ... den für Bundesbeamte geltenden Regelungen. Diese Vorgehensweise entspricht der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, da sie eine realitätsnahe, wenn auch typisierende Nettoeinkommensberechnung für den jeweiligen Beamten ermöglicht (VG Bremen, Urteil vom 29. September 2005 - 2 K 2745/04 BDVR-Rundschreiben 2005, 173; VG Magdeburg, Urteil vom 16. Mai 2006, a.a.O.). Auch der Einwand, dass zur Berechnung des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes hinsichtlich der Unterkunftskosten nicht mehr auf den Wohngeld- und Mietenbericht der Bundesregierung mit dem dort abgedruckten Mietindex des Statistischen Bundesamtes abgestellt werden könne, weil dieser Bericht seit dem Jahr 2004 infolge der Änderung des § 39 WoGG nicht mehr in einem zweijährigen, sondern nunmehr in einem vierjährigen Turnus abgegeben werde, rechtfertigt kein Abrücken vom Vollzug der Vollstreckungsanordnung. Hinsichtlich des Mietindexes folgt aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 nicht, dass der Wohngeld- und Mietenbericht der Bundesregierung jährlich oder zweijährlich vorgelegt werden muss, um die Unterkunftskosten errechnen zu können. Es ist nach dieser Entscheidung nur von dem Mietindex des Statistischen Bundesamtes, der im Wohngeld- und Mietenbericht der Bundesregierung abgedruckt ist, auszugehen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat die anzusetzende Durchschnittsmiete anhand des im Wohngeld- und Mietenbericht 1997 abgedruckten Mietindexes des Statistischen Bundesamtes zurückgerechnet und fortgeschrieben. Genauso ist das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 17. Juni 2004 (a.a.O.) vorgegangen, indem es den Wohngeld- und Mietenbericht 2002 zu Grunde gelegt und hierauf basierend die durchschnittliche Brutto-Kaltmiete für 2001 und 2002 zurückgerechnet hat. In gleicher Weise lässt sich eine Fortschreibung aufgrund vorhandener statistischer Daten auch weiterhin vornehmen (VG Bremen, Urteil vom 29. September 2005,a.a.0.; VG Magdeburg, Urteil vom 16. Mai 2006, a.a.O.). “
Die unterschiedliche Höhe der Sonderzuwendung bei Bund und Ländern führt nicht dazu, dass die Vollstreckungsanordnung nicht mehr durchführbar wäre. Denn wenn eine Sonderzuwendung als Sockelbetrag nur noch in geringerer Höhe geleistet wird, hat dies keine Auswirkungen auf den Abstand der Besoldung eines Beamten mit zwei, drei oder vier Kindern. Insoweit kommt es nur auf die unterschiedlichen kindbezogenen Leistungen bei der Sonderzahlung an. Das Außer-Kraft-Treten des BSHG mit Ablauf des 31.12.2004 hindert das Gericht nicht für, auf der Bedarfsseite weiterhin einen durchschnittlichen gewichteten Sozialhilferegelsatz festzustellen (a. A. VG Mainz, Urteil vom 21.11.2005 - 6 K 185/05 MZ -, das die Klage u. a. aus diesem Grund abgewiesen hat). Denn die Änderungen wirken sich nicht derart aus, dass die vom Bundesverfassungsgericht vorgesehene Bestimmung des Bedarfs unmöglich würde. Vielmehr war es - wie oben zu sehen - durchaus möglich, den durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Bedarf auch unter Zugrundelegung des nunmehr gültigen Leistungsgesetzes für Sozialhilfe, des SGB XII, berechnen.
Die Zahlungsansprüche des Klägers sind nicht verjährt. Das folgt aus § 197 BGB a. F., der gem. Artikel 229 § 6 Abs. 4 Satz 2 EGBGB hier weiter anwendbar bleibt. Nach § 197 BGB a. F. verjährten Ansprüche auf Rückstände von Besoldungen und Ruhegehalten in vier Jahren. Die Verjährung begann gem. § 201 BGB a. F. mit dem Schluss des Jahres 2001, so dass die Verjährung - ohne Erhebung der Klage - erst mit Ablauf des 31.12.2005 eingetreten wäre.
Der geltend gemachte Zinsanspruch beruht auf §§ 288, 291 BGB analog (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.2002 - 9 C 6.01 -, NVwZ 2003, 481, 485). Der Beginn der Verzinsung bestimmt sich analog § 187 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und berücksichtigt pauschal die Jahre, in denen die Beteiligten obsiegen bzw. unterliegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.