Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.11.1999, Az.: XII 343/96
Verteilung des Übergangsgewinnes bei Betriebsveräußerung/Betriebsaufgabe; Wechsel der Gewinnermittlungsart
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 29.11.1999
- Aktenzeichen
- XII 343/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 18028
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1999:1129.XII343.96.0A
Tatbestand
Der Kläger betrieb bis zum 30. Juni 1988 als Steuerberater eine Einzelpraxis. Den Gewinn ermittelte er nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Zum 1. Juli 1988 gründete der Kläger mit dem Steuerberater ... eine Sozietät. Nach der Präambel des Sozietätsvertrages brachte der Kläger seine Einzelpraxis unter Buchwertfortführung in die Gesellschaft ein. Forderungseingänge und Verbindlichkeiten aus der Zeit vor Beginn der Sozietät standen dem Kläger im Innenverhältnis persönlich zu. Zur Abgeltung des anteiligen hälftigen Praxenwerts und der materiellen Vermögensgegenstände (Inventar, Literatur, Bürobedarf) erbrachte der Steuerberater ... eine Bareinlage von 415.000,00 DM. Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sozietätsvertrages vom 7. Mai 1988 Bezug genommen (Bl. 19 ff. Gerichtsakte).
Der Kläger legte per 30. Juni 1988 eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG mit Ermittlung des laufenden Gewinns vor. Zudem erstellte er per 30. Juni 1988 einen Jahresabschluss. Den sich ergebenden Übergangsgewinn nach Abschn. 19 Abs. 1 Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) ermittelte der Kläger mit 382.018,70 DM. In seiner Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger, den Übergangsgewinn gemäß Abschn. 19 Abs. 1 Satz 8 EStR im Streitjahr nur mit einem Drittel zu versteuern. Der Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die Einbringung komme wirtschaftlich einer Veräußerung gleich, für die eine gleichmäßige Verteilung des Übergangsgewinns auf drei Jahre nicht in Betracht komme.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Der Kläger trägt vor, im Rahmen des Einbringungsvorganges seien die Forderungen aus der früheren Einzelpraxis wirtschaftlich bei ihm verlieben. Dies sei auch in den späteren Jahresabschlüssen und Überschussrechnungen entsprechend dargestellt und gehandhabt worden. Die Gesellschaft habe per 1. Juli und 31. Dezember 1988 und per 31. Dezember 1989 bilanziert und ab 1990 den Gewinn wieder gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) habe die Anwendung der Milderungsregelung gemäß Abschn. 19 Abs. 1 Satz 8 EStR nur für den Fall der eindeutigen Betriebsveräußerung abgelehnt (BFH-Urteil vom 3. August 1967 IV 30/65, BStBl III 1967, 755). Der hier vorliegende Fall einer Einbringung zu Buchwerten sei mit einer Betriebsveräußerung nicht vergleichbar. Gemäß § 23 i.V.m. § 24 Abs. 3 Umwandlungssteuergesetz handele es sich um den Fall einer Gesamtrechtsnachfolge und wirtschaftlich damit gerade nicht um eine Betriebsveräußerung. Die Handhabung des Beklagten widerspreche dem Sinn und Zweck des Umwandlungssteuergesetzes, bei Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft negative steuerliche Folgerungen zu vermeiden. Der Einbringende setze seine betrieblichen Aktivitäten in der Personengesellschaft fort. Die Vergünstigung nach Abschn. 19 Abs. 1 Satz 8 EStR sei deshalb zu gewähren.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides für 1988 vom 14. November 1994 den Übergangsgewinn nur anteilig mit 127.339,00 DM bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit zu erfassen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen,
hilfsweise, im Falle des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, im Falle des Unterliegens die Revision zuzulassen.
Der Beklagte ist der Meinung, dass die Einbringung der Einzelpraxis in die Sozietät als Veräußerungsvorgang zu beurteilen sei (BFH-Urteil vom 26. Januar 1994 III R 39/91, BStBl II 1994, 458). In diesem Falle scheide die Verteilung des Übergangsgewinns aus. Auch bei Ansatz der Buchwerte gemäß § 24 Abs. 2 Umwandlungssteuergesetz gelten die angesetzten Buchwerte als Veräußerungserlös. Es ergebe sich lediglich kein Veräußerungsgewinn. Es bleibe aber bei einem Veräußerungsvorgang gemäß § 24 Abs. 3 Umwandlungssteuergesetz. Im Übrigen schließe das Umwandlungssteuergesetz nicht in jedem Falle aus, dass für den Einbringenden negative steuerliche Folgerungen gezogen werden. Sinn und Zweck des Umwandlungssteuergesetzes sei es, die Umwandlungen zu erleichtern. Dies bedeute jedoch nicht, dass sich nicht in Einzelfällen aufgrund der von den Beteiligten gewählten Gestaltungen negative steuerliche Folgerungen ergeben könnten.
Gründe
Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger kann die Billigkeitsregelung nach Abschn. 19 Abs. 1 Satz 8 EStR nicht in Anspruch nehmen.
1.
Die Rechtsprechung lässt in Übereinstimmung mit der Finanzverwaltung die in Abschn. 19 Abs. 1 Satz 8 EStR zur Vermeidung von Härten vorgesehene Verteilung des Übergangsgewinns auf drei Jahre bei Betriebsveräußerungen oder Betriebsaufgaben nicht zu (BFH-Beschluss vom 23. August 1991 IV B 69/90, BFH/NV 1992, 512). Der Veräußerer sei im Allgemeinen in der Lage, die durch die Gewinnkorrekturen ausgelöste höhere Einkommensteuer aus dem Veräußerungserlös zu bezahlen. Außerdem bestehe nach dem Zeitpunkt der Betriebsveräußerung kein Raum mehr für eine spätere Abwicklung derjenigen Vorgänge, die die Gewinnkorrekturen auslösen. Mit der Veräußerung sei der Betrieb in der Regel auch steuerlich endgültig abgewickelt. Soweit Anlass zur Gewährung steuerlicher Vergünstigungen bestehe, seien diese gesetzlich festgelegt (§§ 16, 34 EStG). Die Richtlinie sei daher, auch wenn sie als Rechtsnorm anzuwenden wäre, insoweit einschränkend auszulegen (BFH-Urteil vom 3. August 1967 IV 30/65, BStBl III 1967, 755).
2.
Der streitige Einbringungsvorgang ist als eine Veräußerung im Sinne des § 16 EStG zu beurteilen. Der Kläger erhielt für die Übertragung der Einzelpraxis eine Gesellschaftsbeteiligung. Dies ist ein tauschähnlicher Vorgang im Sinne einer Betriebsveräußerung (BFH-Urteile vom 26. Januar 1994 III R 39/91, BStBl II 1994, 458; vom 21. Juni 1994 VIII R 5/92, BStBl II 1994, 856). Der Veräußerungscharakter der Einbringung wird unterstrichen durch die entgeltliche anteilige Übertragung von Geschäftswert und materiellen Vermögensgegenständen auf die Gesellschaft. In der Ergänzungsbilanz des Steuerberaters per 1. Juli 1988 sind Praxiswert und Betriebs- und Geschäftsausstattung mit insgesamt 415.000,00 DM aktiviert. Insoweit wird auf die beigezogene Bilanzakte der Sozietät verwiesen.
Der Kläger steht nicht demjenigen gleich, der den Wechsel der Gewinnermittlungsart bei Fortführung des Unternehmens in unveränderter Rechtsform vollzieht. Die Einzelpraxis war per 1. Juli 1988 steuerlich abzuwickeln. Für die spätere anteilige Erfassung derÜbergangsgewinne bleibt kein Raum.
3.
Die Revision war nicht zuzulassen. Die Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.