Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 11.02.2004, Az.: 2 A 106/03

Genehmigung; Sanierung; Untätigkeit; Veräußerung; wesentliche Abweichung; wesentliche Erschwernisse

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
11.02.2004
Aktenzeichen
2 A 106/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50435
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Verfahrenskosten; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Sanierungsgenehmigung.

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Er ist Eigentümer des mit einer Doppelhaushälfte bebauten Grundstücks E. in F. (Gemarkung F., Flur G., Flurstück H.). Das Wohnhaus auf dem 1.024 qm großen Grundstück wurde in den 30er Jahren als Fachwerkhaus erbaut. An das Haus grenzt ein Stallgebäude an. Ferner gibt es eine ebenfalls in den 30er Jahren gebaute Garage mit Werkstatt.

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Das Grundstück liegt im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet I. und im Geltungsbereich des Sanierungsbebauungsplans J.. Der Bebauungsplan weist für nahezu die gesamte Grundstücksfläche eine öffentliche Grünfläche mit Immissionsschutzpflanzung aus. Das Grundstück grenzt an die dort geplante Bundesstraße K.

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Mit notariellem Vertrag vom 13.02.2002 veräußerte der Kläger das Grundstück an die damaligen Mieter, die Eheleute L.. Nach dem Kaufvertrag beträgt der Kaufpreis M.

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Am 15.02.2002 beantragte der Notar für den Kläger eine Veräußerungsgenehmigung gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (Sanierungsgenehmigung).

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Mit Bescheid vom 20.03.2002 lehnte die Beklagte die Erteilung der Genehmigung ab. Zur Begründung verwies die Beklagte auf ein Verkehrswertgutachten der Firma Ing.- und Bauservicebüro N. vom 23.04.2001, wonach der Verkehrswert zum damaligen Zeitpunkt O. betrug. Wegen der Lage des Grundstücks zu Industrie und Bahnlinie müsse bei einem Verkauf darüber hinaus mit einem Abschlag bis zu 30 % gerechnet werden. Da die Höhe des im Kaufvertrag festgelegten Kaufpreises eine wesentliche Erschwerung der Durchführung der Sanierung im Sanierungsgebiet I. darstelle, müsse die Sanierungsgenehmigung nach §§ 145 Abs. 2, 153 Abs. 2 BauGB versagt werden.

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Der Kläger erhob Widerspruch, zu dessen Begründung er im Wesentlichen vortrug, der Anspruch auf die Genehmigung ergebe sich bereits daraus, dass wegen der mehr als 18 Jahre dauernden Sanierung, bei der nichts geschehen sei, hinsichtlich der Verfügungs- und Veränderungssperre die Grenze zur Enteignung überschritten sei. Auf das Gutachten vom 23.04.2001, das ihm gar nicht bekannt sei, dürfe sich die Beklagte nicht stützen. Es sei nicht erkennbar, dass der Grundstückswert darin zutreffend ermittelt sei. Die Beklagte müsse in der Preisprüfung alles tun, um den wahren Wert nach § 153 Abs. 1 BauGB zu ermitteln. Das Grundstück sei mit einer Grundschuld in Höhe von P. belastet, was seinerzeit zwei Drittel des Grundstückswerts dargestellt habe. Gegen das Willkürverbot sei verstoßen worden, weil erst vor kurzem die Genehmigung zum Verkauf eines vergleichbaren Grundstücks mit einem Wert von Q. erteilt worden sei. Bei der Ermittlung des Kaufpreises müssten weiterhin Aufwendungen in Höhe von R. außer Betracht bleiben. Diese Summe habe er in den Jahren 1997 bis 1999 für den Einbau einer neuen Heizungsanlage und für neue Fenster aufgewandt.

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Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte ein Verkehrswertgutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte für den Bereich des Landkreises F. vom 19.11.2002 ein. Danach beträgt der Verkehrswert zum Wertermittlungsstichtag 14.11.2002 S.

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Der Widerspruchsbescheid vom 14.01.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung nahm sie u. a. auf das Verkehrswertgutachten vom 19.11.2002 Bezug. Auch nach diesem Gutachten liege der vereinbarte Kaufpreis wesentlich über dem Verkehrswert. Zumindest dem Käufer sei diese Tatsache bei Abschluss des Kaufvertrags bekannt gewesen. Die Beklagte sei im Rahmen der Sanierung auch nicht untätig geblieben. Die Planung der T. sei vorangetrieben worden. Die Finanzierung sei aber noch nicht geklärt.

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Der Kläger hat am 18.02.2003 Klage erhoben. Zur Begründung vertieft er zunächst sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend verweist er u. a. auf einen nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens eingereichten Schriftsatz vom 18.01.2003. Darin setzt sich der Kläger mit dem Verkehrswertgutachten vom 19.11.2002 auseinander. Er bemängelt, dass rechnerisch Rundungen sämtlich nach unten vorgenommen worden seien, die Wohnfläche falsch berechnet sei, ein Abschlag für die „schadstoffbelastete Lage“ des Grundstücks nicht nachvollziehbar sei, da kaum Durchgangsverkehr vorhanden sei, Bauschäden und die Versottung des Schornsteins zu vernachlässigen seien, Niveauunterschiede im Boden und Feuchtigkeitsschäden keinen Abschlag von über 15 % zuließen, weil die Heizungsanlage und die Fenster neu seien, der Freisitz nicht entsprechend der II. BV berücksichtigt worden sei und 424 qm Grundstücksfläche lediglich mit dem Wert für Hausgartenland einbezogen worden seien. Richtigerweise ergebe sich insgesamt ein Verkehrswert von U. selbst wenn das Restgrundstück (der Hausgarten) nur mit V. zugrunde gelegt würde. Eine Abweichung von bis zu 10 % vom Verkehrswert sei nach der Rechtsprechung hinzunehmen, so dass sich der tatsächliche Verkehrswert im Rahmen der rechtlich zulässigen Abweichung halte. Auch nach den Bodenrichtwerten in dem Grundstücksmarktbericht des Gutachterausschusses beim Katasteramt F. für das Jahr 1999 sei der in dem Gutachten ermittelte Wert nicht nachvollziehbar. Danach ergebe sich bei einem Bodenrichtwert von W. und einer Wohnfläche von 81 qm ein Grundstückswert von X.. Bei einer Berechnung nach dem Ertragsverfahren auf der Grundlage des mit den damaligen Mietern geschlossenen Mietvertrages vom 29.03.1997 sei ein Grundstückswert von Y. anzunehmen.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 20.03.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Genehmigung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB antragsgemäß zu erteilen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie tritt dem Vorbringen des Klägers unter Verweis auf das Verkehrswertgutachten vom 19.11.2002 entgegen. Dass die darin vorgenommene Berechnung nicht richtig sei, habe der Kläger nicht substantiiert vorgetragen. Es ergebe sich eine Differenz zwischen Gegenwert und Verkehrswert von ca. 33,4 %. Danach habe die Genehmigung versagt werden müssen. Dem stehe die lange Dauer des Sanierungsverfahrens nicht entgegen, da sie nicht untätig gewesen sei.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die dem Gericht bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

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Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragte Sanierungsgenehmigung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB. Der Bescheid der Beklagten vom 20.03.2002 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

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Die Beklagte hat die Genehmigung zur Veräußerung des Grundstücks Z. in F. (Gemarkung AA.) durch notariellen Vertrag vom 13.02.2002 zu Recht gemäß §§ 144 Abs. 2 Nr. 1, 145 Abs. 2 BauGB versagt. Nach diesen Vorschriften bedarf im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet - um ein solches handelt es sich bei dem Sanierungsgebiet I. - die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines Grundstücks der schriftlichen Genehmigung der Gemeinde. Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn Grund zur Annahme besteht, dass u. a. der Rechtsvorgang die Durchführung der Sanierung wesentlich erschweren würde. Liegt bei der rechtsgeschäftlichen Veräußerung eines Grundstücks der vereinbarte Gegenwert für das Grundstück über dem Wert, der sich in Anwendung des § 153 Abs. 1 BauGB ergibt, liegt (auch) hierin eine wesentliche Erschwerung der Sanierung im Sinne des § 145 Abs. 2 BauGB (§ 153 Abs. 2 BauGB).

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Der in dem Kaufvertrag vom 13.02.2002 vereinbarte Kaufpreis in Höhe von AB. liegt über dem Wert, der sich bei einer Verkehrswertberechnung (Preisprüfung) nach § 153 Abs. 1 BauGB ergibt. Denn der Gutachterausschuss für Grundstückswerte für den Bereich des Landkreises F. hat in dem Verkehrswertgutachten vom 19.11.2002 zum Wertermittlungsstichtag 14.11.2002 einen Verkehrswert von nur AC. ermittelt. Die Differenz von AD. entspricht einer Überschreitung des Verkehrswertes um 33,34 %. Damit ist hier auch dann eine wesentliche Erschwerung im Sinne der §§ 145 Abs. 2, 153 Abs. 2 BauGB anzunehmen, wenn der Verkehrswert geringfügig höher anzusetzen wäre (s. dazu unten).

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Die Gemeinde entscheidet in eigener Verantwortung, welche Erkenntnismittel sie bei der Entscheidung nach §§ 145 Abs. 2, 153 Abs. 2 BauGB heranzieht. Sie ist nicht verpflichtet, ein Gutachten des Gutachterausschusses einzuholen (Ernst-Zinkahn-Bielenberg-Kleiber, BauGB, Kommentar, Stand: Mai 2003, § 153, Rn. 108, 111). Die Beklagte durfte sich deshalb bei der Versagung mit dem Bescheid vom 20.03.2002 auf das bereits vorliegende Gutachten vom 23.04.2001 stützen. Im entscheidungserheblichen Zeitpunkt, dem Erlass des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2003, lag dann das Verkehrswertgutachten des Gutachterausschusses vom 19.11.2002 vor. Darin wird der sanierungsunbeeinflusste Verkehrswert nachvollziehbar und weitgehend zutreffend gemäß §§ 192 bis 199 BauGB i. V. m. der WertV ermittelt.

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Die Einwendungen des Klägers greifen nicht durch. Dass in dem Gutachten unzulässig und unüblich gerundet wird, ist nicht erkennbar. Die Wohnfläche von ca. 81 qm entspricht der Wohnfläche in dem Gutachten von 1981 und in dem Mietvertrag der späteren Käufer. Der Abschlag von ca. 13,52 % (S. 11/12 des Gutachtens) ist nicht nur für die eingeschränkte Raumhöhe im Dachgeschoss, sondern für diverse andere Punkte pauschal angenommen worden. Bei einer Geschosshöhe von (rechnerisch) 2,10 m ist ein zusätzlicher Abzug ergänzend zur Wohnflächenberechnung berechtigt (vgl. Angabe im Gutachten von 2001 zur Höhe im Dachgeschoss). Der Abschlag für die „verstärkte schadstoffbelastete Lage in I.“ wurde nicht wegen Immissionen aufgrund des Straßenverkehrs, sondern wegen der allgemein in I. bestehenden Belastung der Böden mit Schwermetallen aufgrund des Bergbaus vorgenommen (vgl. die Erläuterungen der Beklagten in der mdl. Vhdlg. zur „Umweltsanierung“). Das Grundstück AE. liegt in der Nähe der AF. und des AG. (vgl. Lagebeschreibung im Gutachten von 1991, S. 3.1). Warum ein Gutachter Bauschäden und die Versottung des Schornsteins außer Betracht lassen sollte, erschließt sich der Kammer nicht. Weiterhin beträgt die Differenz zwischen dem Wert für ein entsprechendes typisches Wohngrundstück mit durchschnittlichem Erhaltungszustand in durchschnittlicher Lage in Höhe von AH. pro Quadratmeter zu dem nach Abschlägen zugrunde zu legenden Vergleichswert in Höhe von AI. pro Quadratmeter 13,52 % und nicht „über 15 %“.

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Die neue Heizungsanlage und die erneuerten Fenster mit Isolierverglasung sind von den Gutachtern, die auch eine Ortsbesichtigung vorgenommen haben, berücksichtigt worden (S. 7 des Gutachtens). Der Freisitz wird auf Seite 7 des Gutachtens ebenfalls erwähnt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Wohnflächenberechnung des Gutachtens wegen gleichlautender Angaben der Mieter bei Auftragerteilung des Gutachtens 2001 unzutreffend ist. Die Garage scheint hingegen tatsächlich nicht in die Verkehrswertberechnung eingeflossen zu sein. Wenngleich sie sanierungsbedürftig ist, könnte hierfür noch ein geringer Wert zuzurechnen sein. Der Kläger veranschlagt Freisitz und Garage zusammen mit lediglich AJ.. Wenn AK. für die Garage aufgeschlagen werden, bleibt es bei dem überhöhten Gegenwert. Das Gutachten geht ferner von einer durchschnittlichen Grundstücksgröße von 600 qm aus. Die Abweichung um 424 qm rechtfertigt es bei dem vorliegenden Grundstück nicht, dieses insgesamt wertmäßig als Bauland zu berücksichtigen. Die Bezeichnung Bauland auf Seite 5 des Gutachtens bedeutet lediglich, dass das Grundstück als solches bebaubar ist. Der Zuschlag mit dem Wert für Hausgartenland (AL.) ist daher nicht zu beanstanden. Vergleichbar große Nachbargrundstücke würden vom Gutachterausschuss auch vergleichbar bewertet.

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Zweifel ergeben sich schließlich nur insoweit, als die Wohnfläche auf S. 12 des Gutachtens mit 81 qm in Ansatz gebracht werden müsste. Wird der Wert von AI. mit 81 multipliziert, ergibt sich ein Verkehrswert von AM., insgesamt also AN.. Dazu wäre der großzügig geschätzte Wert für die Garage in Höhe von AK. (s. o.) zu addieren. Der Gesamtwert von dann AO. wird durch den vereinbarten Kaufpreis um 27,03 % AP. überschritten.

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Die Abweichung von ca. 27 % ist nicht unwesentlich. Sie konnte von Verkäufer und Käufer erkannt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes liegt der vereinbarte Gegenwert im Sinne des § 153 Abs. 2 BauGB so lange nicht über dem gemäß § 153 Abs. 1 BauGB modifizierten Verkehrswert, wie nicht Werte vereinbart bzw. zugrunde gelegt wurden, die in einer für den Rechtsverkehr erkennbaren Weise deutlich verfehlten, was auch sonst, nämlich im gewöhnlichen Geschäftsverkehr, ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre. Die Betroffenen müssen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Bei einer zu engen Auslegung der Preisprüfungsregelung in § 143 Abs. 2 BauGB würden die Chancen der Betroffenen, beim Abschluss des Vertrags vorausschauend - genau - die Werte zu ermitteln, die notfalls später in einem Gerichtsverfahren endgültig ermittelt werden, praktisch gleich Null sein. Möglichkeiten und Fähigkeiten der Beteiligten, sich über den sanierungsunbeeinflussten Grundstückswert in zumutbarer Weise Kenntnis zu verschaffen, sind deshalb in Rechnung zu stellen (BVerwG, Urt. v. 24.11.1978 - 4 C 56/76 - BRS 33 Nr. 188). Verkäufer und Käufer konnten hier ohne weiteres einen Verkehrswertgutachten einholen. Die Käufer haben dies mit dem Gutachten des Ing.- und Bauservicebüros AQ. vom 23.04.2001 auch getan. In der gleichen Weise konnte sich der Kläger zumutbar über den sanierungsunbeeinflussten Verkehrswert informieren. Dass er das Gutachten der Käufer nicht kannte, kann ihm im vorliegenden Verfahren nicht zugute kommen.

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Eine verfassungskonforme Auslegung des § 153 Abs. 2 BauGB verlangt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (a. a. O.) eine unwesentliche Überschreitung des Grundstückswertes hinzunehmen (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg-Kleiber, a. a. O., § 153, Rn. 118 ff.). Wann eine deutliche und nicht nur unwesentliche Überschreitung des Verkehrswerts vorliegt, lässt sich nicht anhand bestimmter relativer oder absoluter Grenzwerte vorgeben. Diese Frage hängt von der Höhe des Verkehrswerts einerseits und vom objektspezifischen Marktgeschehen andererseits sowie von den der subjektiven Beurteilung der Vertragsparteien und ihren (oben erwähnten) Möglichkeiten, sich in zumutbarer Weise sachkundig zu machen, ab. Angesichts der Unsicherheiten auch bei einer sachkundigen Verkehrswertermittlung könnte die Grenze bei 15 bis 20 % zu ziehen sein (Ernst-Zinkahn-Bielenberg-Kleiber, a. a. O., Rn. 123 m. w. N., z. B. OLG Köln, Urt. v. 04.06.1992 - 7 U 106/91 -, 10 %; Bay. VGH, Urt. v. 16.11.1989 - 2 B 89.1217 -, 5 %). Eine genaue prozentuale Abweichung kann nicht festgelegt werden, da es immer auf den Einzelfall ankommt. Danach steht vorliegend fest, dass die Abweichung von ca. 27 % (selbst wenn man die oben dargestellten Ungenauigkeiten des Gutachtens vom 19.11.2002 berücksichtigt) jedenfalls eine deutliche und nicht unwesentliche Abweichung des Gegenwerts vom Verkehrswert darstellt. Dafür spricht vor allem auch, dass die Beteiligten keine Schwierigkeiten hatten, den genauen Verkehrswert zu ermitteln. Besondere Grundstücksverhältnisse lagen nicht vor. Gutachter konnten zweimal ohne Probleme ein Verkehrsgutachten erstellen.

27

Der Kläger hat auch nicht deshalb einen Anspruch auf die Sanierungsgenehmigung, weil die Beklagte bei der Sanierung „untätig“ geblieben wäre. Zwar kann eine unzureichend geförderte Sanierung für die Ausübung des Genehmigungsvorbehalts nach § 145 Abs. 2 BauGB erheblich sein. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn eine Sanierungssatzung vor längerer Zeit erlassen wurde, ohne dass seither das Sanierungsverfahren vorangetrieben worden ist und ohne dass die Sanierungsziele zunehmend konkreter geworden sind (BVerwG, Urt. v. 07.09.1984 - 4 C 20/81 - BRS 42 Nr. 233). Wird die Sanierung nicht sachgemäß und ohne behördenbedingte Verzögerung durchgeführt, so überschreitet die Verfügungs- und Veränderungssperre in § 144 BauGB die Grenze zur Enteignung. Der Eigentümer kann dann zwar keine Entschädigung, wohl aber die Erteilung der Genehmigung verlangen (BVerwG, Beschl. v. 07.06.1996 - 4 B 91/96 - BRS 58 Nr. 244). Die Sanierung im Sanierungsgebiet I. ist - soweit erkennbar - sachgemäß und ohne behördenbedingte Verzögerung durchgeführt worden. Sie ist hinsichtlich des Umfanges und Gegenstandes - ehemaliges Industrie/Verhüttungsgebiet - der Sanierungsmaßnahme sowie dem Bau der T. (Zubringer, Ortsumgehung) beispielsweise durch den Bebauungsplan Nr. AR. von 1991 vorangetrieben worden. Die Beklagte und der Sanierungsträger verfolgten die Sanierung insoweit auch danach weiter. So versucht die Beklagte die Finanzierung der Baumaßnahme zu sichern. Hierzu wurden die notwendigen Anträge etwa beim Land Niedersachsen gestellt und Verhandlungen geführt. Am 26.11.2002 hat sich der Rat der Beklagten trotz einer Sammlung von über 600 Unterschriften gegen den Ausbau durch einen Beschluss zu der Ortsumgehung bekannt. Hinsichtlich der Sanierungsgenehmigung kommt es indessen nicht nur auf diese, das klägerische Grundstück unmittelbar getroffene Maßnahme an. Der Vertreter des Sanierungsträgers hat für die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass seit der Festlegung des Sanierungsgebietes im Jahre 1984 zahlreiche Maßnahmen im Rahmen der so genannten Umweltsanierung zur Behebung der Folgen des Bergbaus im Gebiet der Beklagten durchgeführt wurden.

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Schließlich hat er auch keinen Anspruch auf die Sanierungsgenehmigung, weil sich die Verweigerung als willkürlich darstellt. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten ist ein Kaufvertrag für die ebenfalls im Sanierungsgebiet liegenden Grundstücke AS. nicht vorgelegt worden. Das Grundstück AT. liegt nicht im Sanierungsgebiet. Im Übrigen ist auch nicht dargetan, dass dieses Grundstück dem klägerischen Grundstück auch hinsichtlich des Zustands der baulichen Anlagen entspricht.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.