Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 11.02.2004, Az.: 2 A 367/02
Enteignung; Konkrete Planung; Vertragsfreiheit; Vorkaufsrecht; Wohl der Allgemeinheit
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 11.02.2004
- Aktenzeichen
- 2 A 367/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50691
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 24 BauGB
- § 87 Abs 1 BauGB
Tenor:
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird der Bescheid der Beklagten vom 01.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 17.12.2002 aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Verfahrenskosten einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die für erstattungsfähig erklärt werden.
Hinsichtlich der Kostenentscheidung ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung gegenüber der Kläger und der Beigeladenen in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger und die Beigeladene jeweils zuvor Sicherheit in jeweils derselben Höhe leisten.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts durch die Beklagte.
Am 03.05.2002 schlossen die Kläger mit der Beigeladenen einen Kaufvertrag über das 12.455 qm große Grundstück Flurstück F. /Flur G. /Gemarkung H.. Der Kaufpreis beträgt 31.000,00 Euro.
Vor Vertragsschluss hatte die amtlich bestellte Betreuerin der Klägerin ein Wertgutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte des Landkreises Gifhorn eingeholt. Nach dem Verkehrswertgutachten vom März 2002 ist ein Grundstücksteil von 2.270 qm als „Bauerwartungsland“ einzustufen. Dieser Grundstücksteil wurde mit einem Wert von 13.620,00 Euro bewertet. Die restliche Fläche von 10.185 qm wurde als „Öd- und Heideland“ mit 9.167,00 Euro bewertet. Die unterschiedliche Bewertung der beiden Grundstücksteile ist auf die Festsetzungen im Flächennutzungsplan der Beklagten zurückzuführen. Die kleinere Fläche lag ursprünglich im Bereich der Darstellung eines Kleinsiedlungsgebietes (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Nach einer Neufassung des Flächennutzungsplanes wird dort heute eine Wohnbaufläche dargestellt (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 BauNVO). Die größere Fläche lag und liegt im Bereich der Darstellung von Flächen für die Land- und Forstwirtschaft (§ 5 Abs. 2 Nr. 9 BauGB).
Weil die Beklagte Interesse an dem Grundstück gezeigt hatte, forderte der Notar die Beklagte unter dem 20.06.2002 auf, eine Vorkaufsverzichtserklärung bzw. ein Negativattest wegen des gesetzlichen Vorkaufsrechts zu übersenden.
Daraufhin übte die Beklagte mit Bescheid vom 01.07.2002 das Vorkaufsrecht gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 5 BauGB hinsichtlich des oben bezeichneten Grundstücks aus. Zur Begründung führte sie an, sie beabsichtige den als Wohnbaufläche dargestellten Grundstücksteil in einem Bauleitplan als Fläche für die Allgemeinheit auszuweisen. Das Grundstück solle insoweit für das betreute Altenwohnen genutzt werden können. Es solle deshalb in gemeindliches Eigentum überführt werden, um entweder durch die Gemeinde selbst bebaut oder zweckgebunden einem Investor übertragen zu werden.
Die Beigeladene legte Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie u. a. vortrug, in das Verkehrswertgutachten sei eine telefonische Mitteilung des Bürgermeisters der Beklagten eingeflossen, die Wohnbaufläche werde von den im Jahre 2002 zu beschließenden „Bauplänen“ (gemeint: Bebauungsplänen) nicht erfasst sein. Die Fläche werde in absehbarer Zeit nicht zu bebauen sein, weil erst für die westlich des Fuhrenbergs ausgewiesene Wohnbaufläche ein Bebauungsplan aufgestellt werden solle. Da nun doch ein Bebauungsplan vorgesehen sei, müsse das Grundstück als unterbewertet gelten. Zu dem geringen Preis von 31.000,00 Euro dürfe das Grundstück nicht an die Beklagte fallen. Ein öffentliches Interesse sei ferner für den Erwerb des Grundstücks nicht zu erkennen. Eine Altenwohnanlage sei wegen der Lage des Grundstücks und der fehlenden Infrastruktur nicht zu realisieren. In der Gemeinde I. werde schon seit Jahren vergeblich versucht, ein betreutes Altenwohnen zu verwirklichen, obwohl die Voraussetzungen dort besser seien. Angesichts der dörflichen und landwirtschaftlichen Strukturen mit funktionierenden Familien bestehe keine Nachfrage nach Plätzen für ein betreutes Wohnen im Alter.
Die Kläger wiesen zur Begründung ihres Widerspruchs ebenfalls darauf hin, die Verwendung des Grundstücks für ein betreutes Altenwohnen sei zu bezweifeln, was sich auch aus dem Verkehrswertgutachten vom 27.03.2002 ergebe. Ein Wohl der Allgemeinheit i. S. des § 24 Abs. 3 BauGB rechtfertige die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht.
Die Beklagte nahm mit Schreiben vom 22.08.2002 an die Kläger und die Beigeladene zu den Einwendungen Stellung. Mit Schreiben vom 08.10.2002 teilte sie ferner mit, sie beabsichtige, den ursprünglichen Bescheid dahin abzuändern, dass das Vorkaufsrecht nur für den als Wohnbaufläche im Flächennutzungsplan dargestellten Teilbereich des Grundstücks ausgeübt werde. Mit Schriftsatz vom 23.10.2002 bat der Prozessbevollmächtigte der Kläger um kurzfristige Entscheidung über den Widerspruch, soweit diesem nicht abgeholfen werde.
Die Kläger haben am 27.11.2002 Klage erhoben.
Mit Datum vom 17.12.2002 hat die Beklagte Widerspruchsbescheide an die Kläger und die Beigeladene erlassen. Darin hat sie auf den jeweiligen Widerspruch den angefochtenen Bescheid aufgehoben, soweit es sich um den Grundstücksteil handelt, der im Flächennutzungsplan der Samtgemeinde J. als Fläche für die Land- und Forstwirtschaft ausgewiesen ist. Im Übrigen hat sie den Widerspruch zurückgewiesen. Nach der Begründung der Widerspruchsbescheide erstreckt sich das Vorkaufsrecht nur auf den im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche dargestellten Grundstücksteil. Insoweit sei die Ausübung des Vorkaufsrechts auch durch das Wohl der Allgemeinheit i. S. des § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB gedeckt. Die Anforderungen sei geringer als bei einer Enteignung. Der Erwerb eines Grundstücks sei gerechtfertigt, wenn das Grundstück städtebaulichen Zwecken i. S. des § 1 Abs. 5 BauGB dienen solle. Das sei hier im Hinblick auf die in § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BauGB genannten sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung der Fall. Die Vorschrift ziele ausweislich ihres Wortlautes insbesondere auf die Bedürfnisse der Familien, der jungen und alten Menschen. Auf dem betroffenen Grundstücksteil solle eine öffentliche Einrichtung gebaut werden, in der alte Menschen betreut würden. Auch in H. würden die Menschen älter. Die Familienstrukturen einer Großfamilie seien auch dort immer weniger vorhanden. In den in den vergangenen Jahren erschlossenen Baugebieten seien Eigenheime auf immer kleiner gewordenen Grundstücken üblich geworden. Diese ließen für Großfamilien keinen Platz mehr. In die Häuser zögen die Kinder häufig ohne ihre Eltern. Von den älteren Menschen könne nicht verlangt werden, dass sie ihre Heimat verließen, um woanders ein betreutes Wohnangebot wahrzunehmen. Das Vorhaben „betreutes Altenwohnen“ sei auch schon seit längerer Zeit geplant. Es habe sich bis jetzt nur kein geeigneter Standort gefunden. Der anstehende Verkauf des Grundstücks der Beigeladenen habe die Beklagte bewogen, den Vorgang erneut zu überprüfen. Die Entwicklungen der letzten Monate seien dabei miteingeflossen. Der Gemeinderat habe den Wunsch gehabt, im Gebiet der Beklagten eine Lösung für das fehlende Angebot am betreuten Altenwohnen zu finden.
Kläger und Beklagte haben die Hauptsache hinsichtlich des nicht betroffenen Grundstücksteils für erledigt erklärt.
Die Kläger vertiefen zur Begründung ihrer Klage das Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Die Protokolle von Sitzungen des Verwaltungsausschusses und des Rates der Beklagten belegten, dass es keine konkreten Planungen der Beklagten für eine Einrichtung zum betreuten Altenwohnen gebe. Das Protokoll der VA-Sitzung vom 19.06.2002 erwähne das Projekt gar nicht. In der Ratssitzung vom 09.06.2002 sei davon die Rede, es müsse bei der Wahrnehmung des Vorkaufsrechts eine plausible und rechtskräftige Begründung abgegeben werden, z. B. das Vorhaben „betreutes Wohnen“. Auch aus dem VA-Protokoll vom 05.09.2002 ergebe sich, dass es keine konkreten Planungen, sondern nur einen entsprechenden Vorwand für die Ausübung des Vorkaufsrecht gegeben habe. Abgesehen von konkreten Planungen sei nicht erkennbar, wer das Vorhaben ausführen solle. Anhaltspunkte für eine Beteiligung der Gemeinde seien im Haushaltsplan und in der mittelfristigen Finanzplanung der Beklagten nicht zu finden. Ein Investor sei nicht in Sicht. Es werde auch nicht vorgetragen, inwieweit mit einem Planer, Bauunternehmer oder Investor schon Kontakt aufgenommen worden sei.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom 01.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17.12.2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid vom 17.12.2002. Für den betroffenen Grundstücksteil gebe es nach wie vor keine Bauleitplanung. Das Vorhaben „betreutes Altenwohnen“ sei noch nicht konkret in Angriff genommen worden. Aus Kostengründen solle erst das Grundstück erworben werden, bevor in die Planung investiert werde.
Die Beigeladene beantragt,
den Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom 01.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2002 aufzuheben.
Sie schließt sich den Ausführungen der Kläger an.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagte, die dem Gericht bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Soweit die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
Im Übrigen hat die Klage Erfolg.
Die Klage ist zulässig. Die Kläger werden als Käufer des Grundstücks durch den Verwaltungsakt, mit welchem die Beklagte das gesetzliche Vorkaufsrecht gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ausgeübt hat in ihrem Recht auf Eigentumsverschaffung betroffen. Sie sind demnach gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt (BVerwG, Beschl. v. 25.05.1982 - 4 B 98.82 -, BRS 39 Nr. 96, Nds. OVG, Urt. v. 12.07.1995 - 1 L 5249/94 -, BRS 57 Nr. 127).
Die Klage ist auch begründet.
Die rechtlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beklagte liegen hinsichtlich des kleineren Grundstücksteils mit einer Fläche von 2.270 qm nicht vor. Der Bescheid der Beklagten vom 01.07.2002 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2002 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für ein allgemeines Vorkaufsrecht einer Gemeinde ist § 24 BauGB. Danach steht der Gemeinde ein Vorkaufsrecht u. a. beim Kauf von Grundstücken im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans zu, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Das Vorkaufsrecht darf nach § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt.
Das streitbefangene Grundstück ist zwar unbebaut. Auch liegt es im Außenbereich. Der Flächennutzungsplan der Samtgemeinde K. stellt für den im Bereich des betroffenen Grundstücksteils ferner eine Wohnbaufläche i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 BauNVO dar. Eine Einrichtung für das betreute Wohnen im Alter wäre deshalb bei einer entsprechenden Festsetzung in einem Bebauungsplan gemäß § 3 Abs. 4 BauNVO zulässig.
Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist aber nicht durch das Wohl der Allgemeinheit i. S. des § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerechtfertigt. Die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts ist (auch) dann vom Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen für eine Enteignung gemäß § 87 Abs. 1 BauGB nicht vorliegen. Schon der Wortlauf des § 87 Abs. 1 BauGB weist darauf hin, denn danach muss das Wohl der Allgemeinheit die Enteignung erfordern. Aber auch nach dem Sinn und Zweck des Vorkaufsrechts in § 24 BauGB sind hier geringere Anforderungen zu stellen. Das Grundstück soll gerade ohne Enteignung einem anerkennenswerten öffentlichen Zweck zugeführt werden. Dabei ist entscheidend, dass der Eigentümer mit dem Verkauf sein Grundstück abgeben will. Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts wird ihm nichts genommen. Er wird lediglich in seiner Vertragsfreiheit eingeschränkt, indem ein anderer Käufer in den Vertrag eintritt (vgl. im Einzelnen: § 28 Abs. 2 BauGB, insbes. den dort in Bezug genommenen § 464 Abs. 2 BGB). Es genügt also, wenn im Hinblick auf eine bestimmte gemeindliche Aufgabe überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden (BVerwG, Beschl. v. 15.02.1990 - 4 B 245/89 -, BRS 50 Nr. 107). Das bedeutet für den Erwerbsgrund des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB indessen nicht, dass bereits ganz allgemeine Planungen der Gemeinde ausreichen. Dann ließe sich häufig irgendeine gemeindliche Aufgabe finden, um ein Grundstück erst einmal für die Gemeinde zu sichern. Das würde zu einer vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Einschränkung der Vertragsfreiheit, die Ausfluss des Eigentumsrechts nach Art. 14 GG ist, führen. Das Vorkaufsrecht nach § 24 BauGB ist ein streng planakzessorisches Instrument (BayVGH, Urt. v. 26.06.1985 - 1 B 84 A., 1420/BayVBl. 1986, 181). In den Fällen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 u. Satz 3 BauGB rechtfertigt das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts regelmäßig, wenn für die betroffene Außenbereichsfläche „alsbald“ ein Bebauungsplan aufgestellt werden soll (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Stock, BauGB, Kommentar, Stand. Jan. 2003, § 24, Rn. 77; Berliner Kommentar, Paetow, Stand: Aug. 2003, § 24, Rn. 27: „demnächst“ ein Bebauungsplan). Vorbereitungsmaßnahmen für den Bebauungsplan sind erforderlich, ein Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans ist jedenfalls nicht notwendig (Stock, a. a. O., Paetow, a. a. O.). Je weiter die Vorbereitungen gediehen sind, desto leichter wird sich der Vorkauf rechtfertigen lassen (Stock, a. a. O.).
Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte hinreichende Gründe für das Wohl der Allgemeinheit nicht dargelegt. Es existieren keine schriftlichen Planungen der Beklagten oder irgendeines Dritten zu einem betreuten Altenwohnen in H.. Dazu sind im Wesentlichen nur Überlegungen im politischen Raum angestellt worden. So war in der Vergangenheit offenbar davon einmal in einer Ratssitzung die Rede (VA-Protokoll v. 05.09.2002). Weder die Verwaltung der Beklagten noch deren Gremien haben zu irgendeinem Zeitpunkt eine Planung zur Aufstellung eines Bebauungsplans durch einen Beschluss konkretisiert.
Selbst wenn Verwaltungsausschuss und Gemeinderat aufgrund des Kaufvertrags vom 02.05.2002 den Willen geäußert haben, auf dem betroffenen Grundstücksteils ein Projekt zum betreuten Wohnen im Alter zu verwirklichen, so ist diese Motivation so allgemein gehalten, dass sie bei einer Abwägung mit den Interessen der Kläger und der Beigeladenen keine überwiegenden Vorteile für die Allgemeinheit begründen kann. Zu den gemeindlichen Aufgaben gehört zwar bei der Aufstellung der Bauleitpläne die sozialen Bedürfnisse auch alter Menschen zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BauGB). Um den Eigentumswechsel an einem Grundstück zu verhindern, muss eine entsprechende Bauleitplanung aber auch angestrebt werden. Davon kann nach Auswertung der Verwaltungsvorgänge und den Äußerungen des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht die Rede sein. Vielmehr wurde gesagt, ein Bebauungsplan solle nicht alsbald aufgestellt werden. Dass eventuell auch in H. ein Bedarf für eine Einrichtung zum betreuten Altenwohnen besteht, genügt nicht. Die Beklagte hat nicht einmal mit einem möglichen Investor gesprochen. Sie verfolgt lediglich die Entwicklung in I., hat selbst aber nichts unternommen. Dafür spricht auch, dass die mittelfristigen Finanzplanung der Beklagten das Altenwohnen nicht berücksichtigt. Finanzielle Engpässe entheben die Beklagte nicht von einer konsequenten Verfolgung des für das Vorkaufsrecht angeführten öffentlichen Zwecks durch Vorbereitungsmaßnahmen im Rahmen der Bauleitplanung.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des streitigen Verfahrensteils auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinsichtlich des erledigten Verfahrensteils hat das Gericht nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO). Es entspricht billigem Ermessen, der Beklagten auch insoweit die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Die von den Klägern am 27.11.2002 erhobene Klage war gemäß § 75 VwGO als Untätigkeitsklage zulässig. Nach dieser Vorschrift ist die Klage auch ohne abgeschlossenes Vorverfahren zulässig, wenn über einen Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Über den am 17.07.2002 erhobenen und begründeten Widerspruch ist erst am 17.12.2002 und damit nicht in angemessener Frist entschieden worden. Die Beklagte hatte sich zwar überlegt, dem Widerspruch teilweise abzuhelfen und hierzu mit Schreiben vom 08.10.2002 um Stellungnahme gebeten. Auch angesichts der gemäß § 57 Abs. 3 NGO notwendigen Willensbildung des Verwaltungsausschusses hat sich die Beklagte aber zuviel Zeit gelassen. Nach dem Schreiben vom 22.08.2002 sind eineinhalb Monate bis zum Schreiben vom 08.10.2002 vergangen. Selbst nach Ablauf der Frist zur Stellungnahme in diesem Schreiben am 15.11.2002 verging noch ein Monat bis zur Widerspruchsentscheidung. Auch wenn die Beklagte keinen hauptamtlichen Verwaltungsapparat besitzt, musste sie hier schneller reagieren. Denn durch die Ausübung des Vorkaufsrechts hat sie den privaten Rechtsverkehr eingeschränkt. Sowohl die Beigeladene mit Schreiben vom 29.07.2002 als auch die Kläger mit Schriftsatz vom 23.10.2002 haben ihr Interesse an einer schnellen Entscheidung zum Ausdruck gebracht. Der Bescheid vom 01.07.2002 war im Zeitpunkt der Erledigung, also bei Erlass des Widerspruchsbescheides, rechtswidrig, da die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Nr. 5 BauGB hinsichtlich des Grundstücksteils, für den der Flächennutzungsplan lediglich eine Fläche für Land- und Forstwirtschaft darstellte, nicht vorlagen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären und von der unterlegenen Partei zu tragen.