Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 23.05.2000, Az.: 16 U 182/99

Vorbringen nach Schluss der Verhandlung; Schadensersatz ; Pflichtverletzung; Teilurteil; Wiedereröffnung einer Verhandlung; Schadensberechnung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
23.05.2000
Aktenzeichen
16 U 182/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 19904
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2000:0523.16U182.99.0A

Fundstellen

  • BauR 2000, 1897-1898 (Volltext mit amtl. LS)
  • IBR 2000, 613

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das am 23. Juni 1999 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg wird in Höhe von 36. 613, 60 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10. Dezember 1997 zurückgewiesen. Die Klage ist dem Grunde nach insoweit gerechtfertigt, als sie sich auf die Verletzung von Verpflichtungen des Beklagten in Bezug auf die in das Bauvorhaben des Klägers in eingebauten Fenster bezieht.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3. Beschwer: unter 60. 000 DM.

Gründe

1

Über die zulässige Berufung des Beklagten konnte nur im Wege des Grund- und Teilurteils (§§ 301, 304 ZPO) entschieden werden, weil der Rechtsstreit nicht insgesamt entscheidungsreif ist, sondern - wie sich aus dem Beweisbeschluss vom heutigen Tage ergibt - teilweise beweisbedürftig ist.

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I.

Der Senat konnte nicht abschließend entscheiden, soweit sich der Beklagte gegen den ausgeurteilten Anspruch in Höhe von 20. 000 DM aus dem Gesichtspunkt fehlerhafter Heizkörperverkleidungen wendet. Hierzu könnte der Vortrag des nicht nachgelassenen Schriftsatzes vom 19. Mai 2000 erheblich sein. Ein Ausschluss dieses Vortrages gem. § 296 a ZPO könnte prozessual problematisch sein (OLG Köln, OLGZ 1993, 128); jedenfalls rechtfertigt § 156 ZPO die Berücksichtigung dieses Vortrages, der auf dem Hinweis des Senats auf die Schadensberechnung im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2000 beruht.

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II.

1. Hinsichtlich der mangelhaften Fenster ist dem Grunde nach eine Schadensersatz auslösende Pflichtverletzung des Beklagten gegeben.

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Dies hatte der Senat im Wege eines Zwischenurteils über den Grund (§ 304 ZPO) festzuschreiben, da zur Höhe eine abschließende Entscheidung noch nicht möglich ist und nur so über den entscheidungsreifen Anspruchsteil im Wege des Teilurteils (§ 301 ZPO) entschieden werden konnte.

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Zwar kann dem Architekten nicht vorgeworfen werden, überhaupt die Firma mit der Erstellung der Fenster beauftragt zu haben. Die Herstellung von Fenstern gehört dem Grundsatz nach zum typischen Bereich eines Handwerksbetriebes, der auf dem Gebiet der Holzverarbeitung und Tischlerei tätig ist. Dies könnte daher nur dann anders gesehen werden, wenn entweder bereits vor entsprechender Auftragsvergabe sich die als unzuverlässig erwiesen hätte, oder die herzustellenden Fenster nicht nur Besonderheiten aufwiesen, sondern besonders schwierig - aus handwerklicher Sicht - herzustellen waren. Beides ist hier nicht nachvollziehbar. Der werden Fehler nicht vor Erteilung des Fensterauftrages vorgehalten. Die Fenster waren nach einem von der Firma erstellten Muster nachzubauen, ohne dass in Bezug auf den Fertigungsprozess Besonderheiten vorgetragen worden wären. Allerdings liegt eine Pflichtverletzung des Architekten darin, sich nicht vor dem Einbau und schon zuvor vor der Freigabe von Teilzahlungen auf diese Leistung davon überzeugt zu haben, dass die nach dem übergebenen Muster ordnungsgemäße Nachbauten gefertigt hatte. Hierfür ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Kläger selbst im ersten Rechtszuge - entgegen späterem Vortrag in der Berufung - mit Schriftsatz vom 10. Dezember 1998 (Bl. 183 d. A. ) erklärt hat, die hätte den Auftrag erhalten, die Fenster nachzubauen, da sie diese nicht mehr habe kaufen können, weil sie keinen Kredit mehr gehabt habe. In der Berufungsbegründung wird ergänzend eingeräumt (Bl. 265 f d. A. ), dass der Beklagte im Hinblick auf die erbetene Abschlagsrechnung am 26. Mai 1993 auf Zahlungsschwierigkeiten der hingewiesen worden ist. Daraus war wenigstens die Gefahr ableitbar, dass sich Konsequenzen für die Qualität der Tischlerarbeiten ergeben könnten. Zudem hat der Sachverständige insbesondere bei seiner Anhörung im ersten Rechtszuges am 9. September 1998 für den Senat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, es habe sich insoweit um besondere Fenster - also nicht einfache Industriefenster - gehandelt, weil sie insbesondere wegen eines Mittelpfostens und einzeln unterteilter Flügel besonders ausgestaltet waren, die von dem Architekten geprüft werden müssen, bevor sie eingebaut werden. Dem schließt sich unter Berücksichtigung aller Umstände der Senat in seiner Bewertung an.

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Hätte der Beklagte dieser Pflicht Genüge getan, wäre der Einbau der Fenster und jedwede Zahlung an die zu verhindern gewesen. Die Überprüfung der Fenster wäre nach Auffassung des Senats nämlich nicht erst unmittelbar vor dem Einbau (21. Juli 1993 ff. ) vorzunehmen gewesen, sondern bereits vor Freigabe der Abschlagsrechnung, die per Scheck am 27. Mai 1993 bezahlt worden ist. Zu diesem Zeitpunkt lagen nach dem ausdrücklichen Vortrag der Berufungsbegründung (Bl. 265 d. A. ) nicht nur die eingekauften Materialien bei der vor, sondern es waren bereits Vorfertigungen geleistet. Aus diesen hätte der Beklagte die schwerwiegenden Mängel ersehen können, da nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen die Firma in jeder Beziehung vollständig unzureichend gearbeitet hatte und der Beklagte nach seinem Kenntnisstand als Architekt in der Lage gewesen wäre, diese Mängel zu erkennen.

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2. Die Höhe des daraus resultierenden Schadensersatzanspruches ergibt sich aus einem Vergleich der Ansprüche, welche der bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung zugestanden hätten, mit den Aufwendungen, die der Kläger nunmehr zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes darüber hinaus aufbringen musste.

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a) Der Kläger hat sich in diesem Rechtsstreit für die Kosten einer ordnungsgemäßen Herstellung der Fenster auf das Gutachten bezogen und 60. 000 DM (einschließlich Mehrwertsteuer) angesetzt. Zwar hat er im ersten Rechtszuge mit Schriftsatz vom 2. November 1998 vorgetragen, er habe für die zwischenzeitlich durchgeführte Reparatur brutto im Ergebnis 62. 353 DM gezahlt, ohne jedoch diesen Mehrbetrag in seine Schadensabrechnung einzustellen. Das Landgericht ist daher in dem angefochtenen Urteil zu Recht von einem Betrag von 60. 000 DM ausgegangen, wogegen sich der Kläger auch in zweiter Instanz nicht gewendet hat.

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b) Für einen vertraglichen Anspruch der ist nach dem Akteninhalt nur die Rechnung vom 12. Juli 1993 ersichtlich, die sich auf 33. 836 DM zzgl. Mehrwertsteuer von 15 %, also auf insgesamt 38. 911, 40 DM beläuft. Weiter gehende Ansprüche sind nicht nachvollziehbar. Zwar ist das Landgericht, dem Schriftsatz des Klägers vom 30. Juni 1998 folgend (Bl 130 d. A. ), von einer Forderungshöhe von 44. 477, 95 DM ausgegangen (S. 9 LGU). Dies kann aber allein aus nicht nachvollziehbar aufgeschlüsselten Aufstellungen von Zahlungsfreigaben des Beklagten nicht nachvollzogen werden, zumal in der Sache selbst nicht erkennbar ist, welche Leistungen in der Rechnung vom 12. Juli 1993 nicht erfasst gewesen sein sollen. Dies ist im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 04. Mai 2000 angesprochen worden, ohne dass der Kläger dazu ergänzend vorgetragen hätte. Diese Differenzen in den Beträgen haben möglicherweise Auswirkungen auf das Rechenwerk des Senats (s. unten, II. 2. d)).

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c) Auf diesen Betrag hat der Kläger unstreitig 15. 525 DM gezahlt, was nach dem oben Dargestellten auch auf dem fehlerhaften Verhalten des Beklagten resultiert.

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Hinsichtlich einer weiteren Zahlung von 19. 495, 26 DM kommt nach dein gegenwärtigen Sachstand in Frage, dass der Kläger insoweit "auf eigenes Risiko" gehandelt hat. Nach seinem eigenen Vortrag noch im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2000 hat er diesen Betrag per Scheck bezahlt, den er erst am 27. Juli 1993 ausgestellt hat. Hierzu hätte der Kläger keine Veranlassung gehabt, wenn ihn der Beklagte - wie unter Beweis gestellt - an Ort und Stelle am 22. Juli 1993 auf die mangelhafte Leistung der hingewiesen und weitere Zahlungen untersagt hätte. Ungeachtet anderweitiger vorangehender Freigabeerklärungen wäre dann für den Kläger eine Situation eindeutig ersichtlich gewesen, dass der Architekt wegen der erheblichen Mängel der Fenster jedwede weitere Zahlung verbot und damit vorangegangene Freigabeerklärungen selbstverständlich ihre Wirkungen verloren. Deshalb bedarf es insoweit einer Aufklärung, auf die sich der Beweisbeschluss vom heutigen Tage bezieht.

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Nach dem gegenwärtigen Sachstand hat der Kläger damit aufgrund des fehlerhaften Verhaltens des Beklagten Leistungen von 60. 000 DM + 15. 525 DM erbracht, also 75. 525 DM, sodass er über 38. 911, 40 DM hinaus einen Schaden von 36. 613, 60 DM nachgewiesen hat. In Höhe dieses Betrages war die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

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d) Zu entscheiden haben wird der Senat daher noch über den weiter gehenden Schaden aus der Zahlung von 19. 495, 26 DM. Insoweit steht allerdings nur noch ein etwas geringerer Betrag offen: Nach dem Rechenwerk des Klägers und seinen Anträgen I. Instanz ist von 60. 000 DM auszugehen, wovon rechtskräftig 4. 711, 51 DM abgewiesen worden sind, sodass dem Kläger maximal 55. 288, 49 DM zugesprochen werden könnten. Zugesprochen wurden 36. 613, 60 DM, sodass jetzt nur noch 18. 674, 89 DM offen stehen. (Von dem Klageanspruch von 84. 200 DM sind 8. 911, 51 DM abgewiesen, 36. 613, 60 DM zuzusprechen, 18. 674, 89 DM weiter aufzuklären und 20. 000 DM nach Schriftsatz vom 19. Mai 2000 und Gewährung rechtlichen Gehörs zu bescheiden. )

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III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO (vorläufige Vollstreckbarkeit) und § 546 Abs. 2 ZPO (Festsetzung der Beschwer). Die Kostenentscheidung war dem Schlussurteil des Senats vorzubehalten.

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