Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 21.02.2006, Az.: 12 A 3786/03
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 21.02.2006
- Aktenzeichen
- 12 A 3786/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 44750
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2006:0221.12A3786.03.0A
Amtlicher Leitsatz
Zu Sanktionen bei der Schlachtprämie wegen unzureichender Führung der elektronischen Datenbank bei sog. Nichtantragstieren (Fortschreibung vom Urteil vom 29. Januar 2002 - 12 A 4721/00 -).
Zur Rechtsgrundlage für die Versagung des Ergänzungsbetrages.
Tenor:
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger auf seine Anträge vom 2. Februar 2001, 23. Februar 2001 und 28. Mai 2001 auf Gewährung einer Schlachtprämie für das Jahr 2001 für insgesamt 495 Tiere eine Prämie in Höhe von insgesamt 10.914,44 Euro zu gewähren; die Bescheide des Amtes für Agrarstruktur Oldenburg vom 31. Mai 2002 und 14. Januar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 11. September 2003 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegen stehen und dem Kläger Zinsen in Höhe von 0,5 % pro Monat auf den Betrag von 10.914,44 Euro seit dem 14. Oktober 2003 zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Schlachtprämie für insgesamt 495 Tiere.
Mit Anträgen vom 2. Februar 2001, vom 23. Februar 2001 und vom 28. Mai 2001 beantragte der Kläger die Gewährung einer Schlachtprämie für letztendlich insgesamt 495 Tiere.
Am 14. Juni 2001 fand auf dem Betrieb des Klägers eine Vorortkontrolle statt. Das Amt für Agrarstruktur stellte fest, dass bei 805 vorhandenen Rindern weitere 489 Rinder in der Datenbank gemeldet waren, die sich jedoch nicht mehr auf dem Betrieb des Klägers befanden. Von den anwesenden 805 Rindern waren darüber hinaus 21 fehlerhaft oder unvollständig an die Datenbank gemeldet. Es handelte sich jeweils um sog. Nichtantragstiere.
Mit Bescheid vom 31. Mai 2002 lehnte das Amt für Agrarstruktur Oldenburg die Gewährung einer Schlachtprämie hinsichtlich des Antrages vom 28. Mai 2001 ab. Mit Bescheid vom 14. Januar 2003 lehnte es ebenfalls unter Hinweis auf das Ergebnis der Vorortkontrolle auch die Anträge vom 2. Februar 2001 und vom 23. Februar 2001 ab.
Gegen diese Bescheide legte der Kläger am 19. Juni 2002 bzw. am 21. Januar 2003 Widerspruch ein. Er machte geltend, dass die Datenbank erst mit der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 28. Januar 2002 als voll betriebsfähig anerkannt worden sei. Fehler in der Datenbank, die vor diesem Zeitpunkt lägen, könnten daher nicht zur Verhängung einer Sanktion führen. Ferner sei die Verordnung (EG) Nr. 2801/99 erst am 1. Januar 2000 in Kraft getreten. Da ein Großteil der beantragten Tiere seinen Betrieb bereits Ende 1999 verlassen hätte, könne nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 keine Sanktionierung erfolgen. Überdies habe das Verwaltungsgericht Oldenburg mit Urteil vom 29. Januar 2002 - 12 A 4721/00 - entschieden, dass in Fällen, in denen Abgänge von Tieren, welche nicht im Bestandsregister verzeichnet seien, keine Sanktionierung erfolgen dürfe. Dies lasse sich ohne Weiteres auch auf fehlende Abgangsmeldungen gegenüber der Datenbank übertragen. Abschließend sei zu berücksichtigen, dass auf den vorliegenden Fall die Verordnung (EG) Nr. 2419/01 anzuwenden sei. Daraus folge, dass jedenfalls eine vollständige Versagung der Prämie nicht zulässig sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2003 wies die Bezirksregierung Weser-Ems die Widersprüche des Klägers zurück. Die Ablehnung der Anträge beruhe auf Art. 10 c der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92. Wegen der festgestellten und vom Kläger nicht bestrittenen Fehler in der Datenbank hinsichtlich der Nichtantragstiere könne keine Prämie für den 12-Monats-Zeitraum vor der Vorortkontrolle gewährt werden. Die festgestellten Datenbankfehler seien zu sanktionieren gewesen. Dem stehe nicht entgegen, dass erst durch die Entscheidung der Kommission vom 28. Januar 2002 die Datenbank als voll betriebsfähig anerkannt worden sei. Hintergrund der Kommissionsentscheidung seien insbesondere Verfahrensregelungen gewesen. Die Entscheidung besage nicht, dass die Datenbank vor diesem Tag nicht voll betriebsfähig gewesen sei. Im Übrigen habe der Kläger nicht einmal behauptet, dass die Datenbank wegen einer Fehlfunktion oder ähnlicher Schwierigkeiten Meldungen aus dem fraglichen Zeitraum nicht habe entgegen nehmen können. Vielmehr seien die fehlenden Abgangsmeldungen auf Versäumnisse des Klägers zurückzuführen. Im Übrigen bestimme Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1760/00, dass die elektronische Datenbank spätestens am 31. Dezember 1999 voll betriebsfähig sei. Dies zeige, dass die Betriebsfähigkeit der Datenbank und die Pflichten des Rinderhalters nicht von der Anerkennung der Betriebsfähigkeit der Datenbank durch die Europäische Kommission abhänge. Auch stehe der Entscheidung des Amtes für Agrarstruktur nicht entgegen, dass Art. 10 c der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2801/99 erst am 1. Januar 2000 in Kraft getreten sei. Die genannte Regelung stelle auf den Tag der Vorortkontrolle als maßgeblichen Zeitpunkt zur Beurteilung und des Vergleichs von Datenbankbestand und Tierbestand im Betrieb ab. Soweit der Kläger Bezug auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 29. Januar 2002 - 12 A 4721/00 - nehme, so sei den diesbezüglichen Ausführungen nicht zu folgen. Art. 10 c der genannten Verordnung unterscheide nicht zwischen einer vom tatsächlichen Bestand nach oben oder nach unten abweichenden Zahl in der Datenbank bzw. im Bestandsregister. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang auch, dass nicht abgemeldete Tiere unschlüssige Daten in der Datenbank hinterließen, die den Verbleib von Tieren nicht aufklärten und damit sowohl die Rückverfolgbarkeit von Rindfleischerzeugnissen erschwerten als auch dem Übernehmer des Tieres Schwierigkeiten bei der Prämiengewährung bereiten könnten, weil der Haltungszeitraum nicht zweifellos nachzuweisen sei. Der säumige Tierhalter schade also anderen Marktteilnehmern und dem System zum Verbraucherschutz. Auch dies solle durch das Sanktionssystem bestraft bzw. dem solle durch Abschreckung vorgebeugt werden.
Der Kläger hat am 14. Oktober 2003 Klage erhoben. Er macht ergänzend geltend, dass sich aus Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 ergebe, dass der Tatbestand einer Unregelmäßigkeit nur dann erfüllt sei, wenn durch einen Verstoß ein Schaden für den Haushalt der EU bewirkt worden sei oder hätte bewirkt werden können. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt, da das Nichtaustragen von Nichtantragstieren aus einem Bestandsregister oder aus der Datenbank keinen Einfluss auf die materielle Prämienberechtigung habe. Schließlich sei nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage das Amt für Agrarstruktur den beantragten Ergänzungsbetrag nicht gewährt habe. Art. 10 g der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 bestimme lediglich, dass die Art. 9 bis 10 f anwendbar seien, soweit dies angemessen sei. Die Verordnung treffe insoweit also keine eindeutige Regelung im Hinblick auf die Rechtsfolge. Sie verstoße daher gegen Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 und sei daher unwirksam. Letztendlich komme es hierauf jedoch nicht an, da Art. 43 der Verordnung (EG) Nr. 2419/01 im Hinblick auf die Verhängung von Sanktionen bzgl. des Ergänzungsbetrages auf das nationale Recht verweise. Dort gebe es jedoch keine entsprechende Sanktionsnorm. Soweit die Beklagte vortrage, dass im Hinblick auf die Ergänzungsbeträge die Rechtsgrundlage in der Programmbeschreibung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Tiere" liege, könne dies eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage nicht ersetzen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihm auf seine Anträge vom 2. Februar 2001, vom 23. Februar 2001 und vom 28. Mai 2001 eine Schlachtprämie für insgesamt 495 Tiere zu gewähren und den zu gewährenden Prämienbetrag mit 0,5 % pro Monat ab Klageerhebung zu verzinsen und die Bescheide des Amtes für Agrarstruktur Oldenburg vom 31. Mai 2002 und 14. Januar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 11. September 2003 aufzuheben, soweit sie dem Verpflichtungsbegehren entgegen stehen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden und ergänzt, dass die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Nichtgewährung des Ergänzungsbetrages gleichwertige Kürzungen und Ausschlüsse anwendete. Zwar enthalte die Rinder- und Schafprämienverordnung keine entsprechenden Regelungen. Jedoch ergäben sich diese aus der Programmbeschreibung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Tiere". Danach würden die in der Programmbeschreibung dargestellten Kürzungen und Ausschlüsse im Zusammenhang der allgemeinen Schlachtprämie für Ergänzungsbeträge entsprechend gelten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge der Beklagten und den der Gerichtsakte Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die Gewährung einer Schlachtprämie einschließlich des Ergänzungsbetrages für 495 Tiere aufgrund seiner Anträge vom 2. Februar 2001, vom 23. Februar 2001 und vom 28 Mai 2001 in Höhe von insgesamt 10.914,44 Euro. Insoweit sind die angegriffenen Bescheide des Amtes für Agrarstruktur Oldenburg vom 31. Mai 2002 und vom 14. Januar 2003 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 11. September 2003 rechtswidrig und daher aufzuheben. Insoweit hat der Kläger auch einen Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten, ihm Zinsen in Höhe von 0,5 % pro Monat seit dem 14. Oktober 2003 zu gewähren. Soweit das Begehren des Klägers über die Gewährung einer Prämie von insgesamt 10.914,44 Euro hinaus geht, war die Klage abzuweisen. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf die Gewährung einer Schlachtprämie besteht nicht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die vom Kläger mit drei Anträgen vom 2. Februar 2001, vom 23. Februar 2001 und vom 28. Mai 2001 beantragte Schlachtprämie für insgesamt 495 Tiere ist Art. 11 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1254/99 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch. Danach kann ein Erzeuger, der in seinem Betrieb Rinder hält, für die Gewährung einer Schlachtprämie in Betracht kommen. Die Schlachtprämie wird innerhalb der festzulegenden nationalen Höchstgrenzen bei Schlachtung von förderfähigen Tieren oder bei ihrer Ausfuhr nach einem Drittland gewährt. Die Schlachtprämie kann gewährt werden a) für Bullen, Ochsen, Kühe und Färsen ab acht Monaten, b) für Kälber im Alter von mehr als einem und weniger als sieben Monaten mit einem Schlachtkörpergewicht von weniger als 160 kg, sofern diese vom Erzeuger für einen festzulegenden Zeitraum gehalten werden. Mit der Verordnung (EG) Nr. 2342/99 hat die Kommission u. a. gemäß Artikel 11 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1254/99 die Durchführungsvorschriften zu diesem Artikel erlassen (Artikel 34 ff).
Gemäß Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1254/99 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch gewähren die Mitgliedsstaaten im Hoheitsgebiet ansässigen Erzeugern auf Jahresbasis Ergänzungsbeträge.
Auf nationaler Ebene enthält die Verordnung über die Gewährung von Prämien für männliche Rinder, Mutterkühe und Mutterschafe (Rinder- und Schafprämien-Verordnung) vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2588) - mit späteren Änderungen - weitere Regelungen, u.a. auch zur Schlachtprämie (§§ 22 ff.) und zu den Ergänzungsbeträgen (§ 29).
Unbeschadet dieser Vorschriften gelten die Vorschriften für das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1036/99 des Rates vom 17. Mai 1999. Die Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem sind in der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der für Prämienzeiträume ab 1. Januar 2001 maßgeblichen Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2721/2000 der Kommission vom 13. Dezember 2000 geregelt. Die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 - mit späteren Änderungen - ist durch die Verordnung (EG) Nr. 2419/01 aufgehoben worden. Sie gilt jedoch weiter für Beihilfeanträge, die sich - wie hier - auf vor dem 1. Januar 2002 beginnende Wirtschaftsjahre oder Prämienzeiträume beziehen (Artikel 53 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/01).
Nach § 17 der Rinder- und Schafprämienverordnung (RSVO) wird die Sonderprämie für männliche Rinder als Schlachtprämie nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2342/99 gewährt. Nach § 16 der Rinder- und Schafprämienverordnung erfolgt die Beantragung der Sonderprämie und der Schlachtprämie nach dem Verfahren gemäß Art. 35 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2342/99. Danach können Mitgliedstaaten, die über eine elektronische Datenbank im Sinne des Art. 3 Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 820/97 verfügen, abweichend von Art. 35 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2342/99 vorsehen, dass die Angaben über die Schlachtung der Tiere, die der zuständigen Behörde von den Schlachthöfen übermittelt werden, als Antrag des Erzeugers auf die Schlachtprämie gelten, sofern diese Datenbank nach Auffassung des Mitgliedstaats hinsichtlich der Anwendung der Schlachtprämienregelung und ggf. der Regelung über die Sonderprämie als Schlachtprämie und/oder der Ergänzungsbeträge, wenn diese bei der Schlachtung gezahlt werden, und/oder der Saisonentzerrungsprämie ausreichende Garantien für die Genauigkeit der in ihr enthaltenen Daten bietet. Der Mitgliedstaat kann jedoch vorschreiben, dass ein Antrag zu stellen ist. In diesem Fall kann er festsetzen, welche Angaben der Antrag enthalten muss. Von dieser Regelung hat die Bundesrepublik Deutschland Gebrauch gemacht (vgl. § 22 Abs. 1, RSVO).
Nach § 19 Abs. 1 RSVO muss der Antrag zunächst die in der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 und der Verordnung (EG) Nr. 2342/99 genannten Angaben, die in Art. 35 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2342/99 näher konkretisiert sind, enthalten. Art. 35 Abs. 1 Unterabsatz 4 Buchstabe a) regelt, dass jeder Prämienantrag zusätzlich zu den im Rahmen des integrierten Systems vorgesehenen Angaben, die die streitgegenständlichen Anträge erfüllen, im Fall der Prämiengewährung bei der Schlachtung eine Bescheinigung des Schlachthofs oder ein anderes vom Schlachthof ausgestelltes oder mit einer Bestätigung versehenes Papier, das zumindest die gleichen Angaben enthält, aus denen Name und Anschrift des Schlachthofs (oder einen gleichwertigen Code), das Schlachtdatum, die Ohrmarkennummern und die Schlachtnummern der Tiere bzw. bei Kälbern das Schlachtkörpergewicht (außer bei Anwendung von Artikel 36 Abs. 4) hervorgeht, umfassen muss.
Den genannten Anforderungen an die Prämiengewährung werden die sich im Streit befindlichen 495 Tiere, für die der Kläger die Schlachtprämie beantragte, gerecht. Dass diese Voraussetzungen vorliegen, ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit, so dass sich weitere Ausführungen der Kammer dazu erübrigen.
Der Anspruch des Klägers auf die Schlachtprämie für diese 495 Tiere ist nicht infolge der Nichtaustragung von 489 Nichtantragstieren aus der elektronischen Datenbank vollständig entfallen. Die Voraussetzungen für eine vollständige Versagung der Prämie nach Art. 10 c Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 liegen nicht vor, obwohl der Kläger im Zeitpunkt der Vorortkontrolle insgesamt 489 nicht mehr im Bestand vorhandene Rinder nicht aus der elektronischen Datenbank ausgetragen hatte.
Die Voraussetzungen der von der Beklagten herangezogenen Sanktionsregelung des Art. 10 c der o. g. Verordnung sind nicht gegeben. Dies hat die Kammer bereits für die nicht ordnungsgemäße Führung des Bestandsregisters mit Urteil vom 29. Januar 2002 - 12 A 4721/00 - entschieden. Dort ist ausgeführt:
"Es liegen bereits die Voraussetzungen für eine Sanktion nach Art. 10 Abs. 4 Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1678/98 nicht vor. Hiernach wird der Prämienanspruch entsprechend gekürzt, wenn "im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle festgestellt wird, dass die Anzahl der auf dem Betrieb festgestellten, für eine Gemeinschaftsbeihilfe in Betracht kommenden Tiere nicht der Anzahl der im Register geführten beihilfefähigen Tiere ... entspricht". Diese Regelung ist dahingehend zu verstehen, dass eine Kürzung oder Wegfall der Prämienansprüche für Antragstiere - die unstreitig sämtliche Prämienvoraussetzungen erfüllen - gerechtfertigt ist, wenn die Identifizierung von Nicht-Antragstieren, die zukünftig für die Gewährung einer Beihilfe in Betracht kommen, nicht gewährleistet ist, d.h. dass diese Tiere bei der Vor-Ort-Kontrolle nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet und nicht in das vom Betrieb zu führende Bestandsregister eingetragen wurden, mithin der Bestand der vorhandenen beihilfefähigen Tiere größer ist als der im Bestandsregister dokumentierte Bestand. Aus dem Regelungszusammenhang - insbesondere aus der Zielsetzung der Vor-Ort-Kontrolle gemäß Art. 6 der Verordnung (EWG) 3887/92 - lässt sich nicht entnehmen, dass die fehlenden Austragungen der nicht mehr im Betrieb vorhandenen Tiere im Bestandsregister, ebenfalls zum nachträglichen Prämienverlust führen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Art. 10 der Verordnung (EWG) 3887/92 in der geänderten Fassung sieht ein differenziertes Sanktionssystem vor, das im Zusammenhang mit der Regelung über Kontrollen (Art. 6 der Verordnung) steht. Vor-Ort-Kontrollen werden hinsichtlich beantragter Tiere und beihilfefähiger Tiere (Art. 6 Abs. 6 der Verordnung) durchgeführt. Werden bei einer Vor-Ort-Kontrolle bei Antragstieren Abweichungen festgestellt, kommt eine Prämienkürzung nach Art 10 Abs. 2 und 3 der Verordnung in Betracht; entsprechend kann nach einer Vor-Ort-Kontrolle betreffend Nicht-Antragstiere der Prämienanspruch nach Art. 10 Abs. 4 der Verordnung gekürzt werden.
Gemäß Art. 6 Abs. 6 lit. a und d findet eine Vor-Ort-Kontrolle dahingehend statt, ob alle im Betrieb vorhandenen Rinder, für die bereits ein Antrag gestellt wurde oder in Zukunft gestellt werden könnte, ordnungsgemäß identifiziert sind und im Register geführt werden. Zielrichtung der Kontrolle ist es, dass im Betrieb nicht mehr Tiere vorhanden sind, als im Bestandsregister eingetragen sind, mithin hinreichend identifiziert sind. Dies ergibt aus der Erwägung der Verordnung (EG) Nr. 1678/98, nach der alle Rinder gekennzeichnet und erfasst werden müssen, um eine wirksame Kontrolle zu gewährleisten und es sichergestellt werden sollte, dass gemeinschaftliche Beihilfen nur für Rinder gewährt werden, die ordnungsgemäß gekennzeichnet und registriert worden sind. Hieraus folgt nicht zugleich, dass der Prämienanspruch zu kürzen ist, wenn Tiere, die bereits in das Bestandsregister aufgenommen wurden und damit eine Voraussetzung für eine hinreichende Identifizierung erfüllen, nicht ordnungsgemäß ausgetragen wurden. Die Austragung verendeter und damit nicht mehr beihilfefähiger Tiere im vorliegenden Fall war nicht erforderlich, um sicherzustellen, dass gemeinschaftliche Beihilfe nur für Rinder gewährt werden, die ordnungsgemäß gekennzeichnet und registriert sind.
Dieses Verständnis der Art. 6 Abs. 6 und 10 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 wird durch die nachfolgende Regelung in Art. 39 Abs. 1 UAbs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 bestätigt. Dort wurde erstmalig aufgenommen, dass eine Sanktionierung wegen nicht ordnungsgemäßer Führung des Bestandsregisters betreffend Nicht-Antragstiere auch dann zur Anwendung kommt, wenn mehr Tiere im Register registriert sind, als im Betrieb tatsächlich vorhanden."
Daran ist nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage festzuhalten. Zwar erging die zitierte Entscheidung zu Art. 10 Abs. 4 Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1678/98. Jedoch ergibt sich für die hier anzuwendende Norm des Art. 10 c der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2801/99 nichts anderes. Rechtsänderungen, die eine andere Bewertung erforderlich machen würden, sind nicht erfolgt. Auch lassen sich die Ausführungen in dem genannten Kammerurteil, die sich auf die nicht ordnungsgemäße Führung des Bestandsregisters beziehen, auf den hier vorliegenden Fall der nicht ordnungsgemäßen Meldungen an die elektronische Datenbank übertragen. Insoweit macht die Sanktionsregelung des Art. 10 c der o. g. Verordnung keinen Unterschied zwischen Fehlern in der Datenbank, im Register oder bei den Pässen.
Dies zugrunde gelegt, hat der Kläger einen Anspruch auf die Gewährung einer Schlachtprämie einschließlich der Ergänzungsbeträge in Höhe von 11.215,00 Euro (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 15. Februar 2005 - muss wohl "2006" heißen -, Bl. 96 der Gerichtsakte).
Allerdings unterliegt der Anspruch des Klägers wegen der nicht ordnungsgemäßen Eintragungen in der elektronischen Datenbank hinsichtlich von 21 Nichtantragstieren einer Kürzung. Im Rahmen der Vorortkontrolle am 14. Juni 2001 stellte das Amt für Agrarstruktur fest, dass 21 der auf dem Betrieb des Klägers vorhandenen 805 Nichtantragstiere nicht bzw. nicht ordnungsgemäß in der elektronischen Datenbank gemeldet waren. Diesen Feststellungen tritt der Kläger nicht entgegen.
Grundlage für diese Kürzung ist Art. 10 c Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2801/99. Danach wird bei anderen als den unter Art. 10 b fallenden Rindern, sofern im Rahmen einer Vorortkontrolle festgestellt wird, dass die Anzahl der im Betrieb anwesenden Tiere, die für eine Gemeinschaftsbeihilfe in Betracht kommen oder von Bedeutung sind, nicht mit der Anzahl der an die elektronische Datenbank gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 820/97 gemeldeten Tiere, der im Register des Betriebsinhabers gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 820/97 geführten Tiere, der Pässe gemäß Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 820/97 für die im Betrieb vorhandenen Tiere entspricht, der Gesamtbetrag der Beihilfe, die dem Antragsteller im Rahmen der betreffenden Beihilferegelung innerhalb der 12 Monate vor der Vorortkontrolle, bei der diese Tatbestände festgestellt wurden, gewährt wurde, außer im Fall höherer Gewalt entsprechend gekürzt. Dabei wird die Kürzung anhand der Anzahl aller im Rahmen der Beihilferegelung anwesenden Tiere oder der Eintragungen in die elektronische Datenbank gemäß Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 820/97 oder der Pässe oder der Register der Betriebsinhaber berechnet, wobei die niedrigsten Zahlen heranzuziehen sind.
Danach war zunächst der ermittelte Prämienanspruch um 2,68 % zu kürzen. Bei der Berechnung dieses Kürzungssatzes waren die 21 festgestellten Fehler zu den 784 (805 - 21 = 784) Nichtantragstieren ins Verhältnis zu setzen (21 x 100 : 784 = 2,68 %). Dementsprechend ergibt sich ein Prämienanspruch des Klägers für die drei streitgegenständlichen Anträge in Höhe von 10.914,44 Euro (11.215,00 Euro - 2,68 % = 10.914,44 Euro).
Mangels weitergehender Prämienansprüche scheiden auch weitergehende akzessorische Ansprüche auf Ergänzungsbeträge aus (vgl. Kammerurteil vom 18. Oktober 2005 - 12 A 4244/03 -, den Beteiligten bekannt). Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend macht, hinsichtlich des Ergänzungsbetrages existieren keine Ermächtigungsgrundlage für die Verhängung von Sanktionen, so folgt die Kammer dem nicht. Die Rechtsgrundlage findet sich in Art. 10 g der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92, eingeführt durch die Verordnung (EG) Nr. 2801/99. Danach wird hinsichtlich der Ergänzungsbeträge gemäß Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1254/99 der Mitgliedstaat die Vorschriften über Sanktionen gemäß den Artikeln 9 bis 10 f anwenden, soweit dies angemessen ist. Darin ist die vom Kläger geforderte gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zu sehen. Dass die Bundesrepublik Deutschland die Anwendung der entsprechenden Regelungen für angemessen hält, ergibt sich aus der tatsächlichen Verwaltungspraxis, die in der Programmbeschreibung zu den Rinderprämien der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Tiere" (Stand: 20. September 2002, dortige Seite 27; Bl. 72 der Gerichtsakte) niedergelegt ist. Eine nationale Verordnung oder sonstige gesetzliche Regelung, die Art. 10 f der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 darüber hinaus ausdrücklich für anwendbar erklärt, ist nicht erforderlich.
Dem Kläger steht auch unter Berücksichtigung der Meistbegünstigungsklausel des Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 (vgl. EuGH, Urteil vom 1. Juli 2004 - C-295/02 -, NVwZ 2004, 1343; BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2005 - 3 C 26.04 -, RdL 2005, 188; OVG Lüneburg, Urteil vom 14. Dezember 2004 - 10 LC 67/02 -, RdL 2006, 50; Kammerurteil vom 29. Januar 2002 - 12 A 4721/00 -) bei Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 2419/01 keine weitere Prämiengewährung zu.
Gemäß Art. 39 Abs. 1 dieser Verordnung wird bei Verstößen gegen die Bestimmungen über die Kennzeichnung und Registrierung von Rindern, die bei Vorortkontrollen bei nicht beantragten Rindern festgestellt werden, der einem Betriebsinhaber im Rahmen der Beihilferegelungen für Rinder für den betreffenden Prämienzeitraum zustehenden Gesamtbetrag nach der Formel in Art. 39 Abs. 2 der genannten Verordnung gekürzt. Nach Art. 39 Abs. 1 Satz 3 der genannten Verordnung wird die Prämie auch dann gekürzt, wenn mehr Rinder an das System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern gemeldet bzw. in dieses eingetragen wurde, als im Betrieb vorhanden sind. Im Gegensatz zur Verordnung (EG) Nr. 2801/99 wären bei Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 2419/01 also auch die Rinder zu beanstanden gewesen, die sich zwar nicht mehr im Betrieb des Klägers im Zeitpunkt der Vorortkontrolle befunden haben, die er jedoch noch nicht aus der Datenbank ausgetragen hatte. Insoweit enthält die Verordnung (EG) Nr. 2419/01 eine strengere Regelung. Angesichts der hohen Anzahl dieser Tiere, die das Amt für Agrarstruktur mit 489 Tieren zutreffend angegeben hat, liegt der Kürzungssatz, ohne dass dies näherer Berechnung bedürfte, erheblich über 2,68 %, mit der Folge, dass der Prämienanspruch noch weiter zu kürzen gewesen wäre.
Auch hinsichtlich der vorgenommenen Kürzung des Ergänzungsbetrages enthält die Verordnung (EG) Nr. 2419/01 keine weniger strenge Regelung. Nach Art. 43 dieser Verordnung wenden die Mitgliedsstaaten hinsichtlich der Ergänzungsbeträge nach Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1254/99 Kürzungen und Ausschlüsse an, die den in den Art. 30 ff dieser Verordnung vorgesehenen gleichwertig sind. Demnach wären die Ergänzungsbeträge auch nach dem entsprechend der Regelung des Art. 39 der Verordnung ermittelten Kürzungssatz - und damit erheblich höher - zu reduzieren gewesen.
Der Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich aus § 14 Abs. 2 MOG i. V. m. §§ 236, 238 AO in Höhe von 0,5 % auf den Prämienbetrag - der gemäß § 238 Abs. 2 AO für die Berechnung auf 10.900,00 Euro abzurunden ist - für jeden vollen Monat ab Klageerhebung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Kammer erachtet den Teil, zu dem der Kläger in diesem Verfahren unterliegt für gering, so dass es angemessen erscheint, der Beklagten die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen. Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung ist gemäß § 124 a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Frage der Auslegung der o. g. gemeinschaftsrechtlichen Sanktionsregelungen der Art. 10 c und Art. 10 g der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 von grundsätzlicher Bedeutung ist.