Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 22.02.2006, Az.: 11 A 3615/05
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 22.02.2006
- Aktenzeichen
- 11 A 3615/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 44752
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2006:0222.11A3615.05.0A
Verfahrensgang
Amtlicher Leitsatz
Zu einzelnen Auflagen, welche einer Genehmigung zum qualifizierten Krankentransport mit Luftfahrzeugen beigefügt gewesen sind.
Tatbestand
Die Klägerin ist ein in mehreren Geschäftsfeldern tätiges Luftfahrtunternehmen. Sie beantragte bereits mit Schreiben vom 14. Mai 1993 beim Niedersächsischen Sozialministerium die Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung von qualifizierten Krankentransporten mit einem Hubschrauber. Nachdem das Niedersächsische Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales dies mit Bescheid vom 24. November 1998 abgelehnt hatte, wurde es mit Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 15. Dezember 1999 - 12 A 127/99 - zur Neubescheidung des Antrages der Klägerin verpflichtet.
Mit Bescheid vom 4. Mai 2001 lehnte das Niedersächsische Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales den Antrag der Klägerin erneut ab. Durch Urteil vom 19. Juni 2002 - 12 A 2108/01 - verpflichtete das Verwaltungsgericht Hannover die Behörde indes, eine Genehmigung zum qualifizierten Krankentransport außerhalb des Rettungsdienstes mit einem Hubschrauber Sikorsky S -76 mit der Kennung D-HOSA vom Standort M. in der Gemeinde S. und dem Einsatzbereich des Landes Niedersachsen zu erteilen. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung ist vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 17. Februar 2003 - 11 LA 323/02 - abgelehnt worden.
Mit Bescheid vom 20. März 2003, zugestellt am 25. März 2003, erteilte die Bezirksregierung Braunschweig der Klägerin befristet bis zum 28. Februar 2008 eine entsprechende Genehmigung. Ferner sind dem Bescheid unter anderem folgende Auflagen beigefügt worden:
"1. Transportaufträge dürfen ausschließlich von der Koordinierungsstelle für Luftrettung, Malteser Werke gGmbH, Bezirksgeschäftsstelle H., Straße, entgegengenommen werden. Sollten Sie Transportaufträge von Dritter Seite erhalten, sind die Auftraggeber an die Koordinierungsstelle zu verweisen.
Sollten Sie am Einsatzort feststellen, dass es sich um einen Notfalleinsatz handelt, ist unverzüglich die Koordinierungsstelle bzw. der öffentliche Rettungsdienst zu informieren. Sie sind nicht befugt, Notfalleinsätze durchzuführen. In einem solchen Fall haben Sie bis zum Eintreffen des öffentlichen Rettungsdienstes am Notfallort zu verbleiben und den Patienten zu versorgen.
Sie haben unverzüglich die Koordinierungsstelle in Kenntnis zu setzen, wenn sie Ihrer Beförderungspflicht nicht nachkommen können.
Der Hubschrauber ist grundsätzlich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang einsatzbereit zu halten. [...]
Sie haben die Beförderungsaufträge mit folgenden Mindestangaben zu dokumentieren: [...] Die Daten sind der Koordinierungsstelle zu übermitteln. Einzelheiten sind mit der Koordinierungsstelle zu vereinbaren.
Die Übergabe des Patienten ist zu protokollieren. Dies entfällt bei Entlassungsflügen.
Sie haben die Transportdokumentation und Protokolle gesichert 2 Jahre aufzubewahren. Dokumentation und Protokolle dürfen nur verarbeitet und genutzt werden, um die ärztliche Betreuung beförderter Personen, die Abrechnung mit den Kostenträgern oder die Vorbereitung gerichtlicher Verfahren zu ermöglichen. Sie dürften für Zwecke des Rettungsdienstes statistisch ausgewertet werden.
Erweiterungen und Änderungen Ihres Unternehmens sind anzuzeigen. Die Verlagerung des Hubschrauberstandortes bedarf meiner Genehmigung."
Am 25. April 2003 hat die Klägerin hiergegen teilweise Widerspruch erhoben. Dieser war gegen die vorgenommene Befristung, die Auflagen 1- 4 und 11, gegen die Auflage 8, soweit Daten der Koordinierungsstelle übermittelt werden sollen, sowie gegen die Auflage 10, soweit protokollierte Daten die Vorbereitung gerichtlicher Verfahren ermöglichen und für Zwecke des Rettungsdienstes statistisch ausgewertet werden dürfen, gerichtet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2004, zugestellt am 4. Februar 2004, hat die Bezirksregierung Braunschweig dem Widerspruch teilweise entsprochen und ihn im Übrigen zurückgewiesen.
Die Gültigkeit der Genehmigung ist auf eine Zeit von 5 Jahren ab Bestandskraft festgesetzt worden. Die Auflage 1 wurde aufgehoben. Die Auflage 8 ist dahingehend geändert worden, dass die Daten auf Verlangen der Genehmigungsbehörde zu übermitteln seien. In der Auflage 10 ist die Aufbewahrungsfrist für die Unterlagen auf 1 Jahr reduziert worden.
Zur Begründung der Zurückweisung des Widerspruchs im Übrigen ist im Wesentlichen ausgeführt worden: Die Auflage 3 sei erforderlich, weil der Koordinierungsstelle die Verteilung sämtlicher Sekundäreinsätze des öffentlichen Rettungswesens obliege und sie daher Kenntnis darüber benötige, wenn ein Hubschrauber nicht zur Verfügung stehe. Auflage 4 konkretisiere die Betriebspflicht des Unternehmers nach § 25 NRettDG. Betriebspflicht bedeute hierbei Einsatzbereitschaft, also die aktuelle Präsenz. Damit sei das Fluggerät gemeint, weil der Unternehmer dieses zur Erfüllung seiner Betriebspflicht benötige. Die Auflage 10 diene sowohl der Klägerin als auch den Patienten zur Beweissicherung. Die Verarbeitung und Nutzung von Transportdokumentationen sei daher grade zur Vorbereitung gerichtlicher Verfahren erforderlich. Eine statistische Auswertung für Zwecke des Rettungsdienstes sei erforderlich, damit der jeweilige Träger den notwendigen Bedarfsplan aufstellen könne.
Am 4. März 2004 hat die Klägerin gegen die Auflagen 1 bis 4, 8, 10 und 11 Klage erhoben. In der mündlichen Verhandlung hat sie diese hinsichtlich der Nebenbestimmungen 1 und 8 zurückgenommen. Die Auflagen 2 und 11 hat der Beklagte - wie im Einzelnen aus dem Protokoll ersichtlich - in der mündlichen Verhandlung geändert. Insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Auflage 4 ist in der mündlichen Verhandlung dahingehend geändert worden, dass der Hubschrauber in der Zeit von Mai und September lediglich von 9 bis 18 Uhr einsatzbereit zu halten ist.
Die Klägerin trägt hinsichtlich der noch streitigen Nebenbestimmungen im Wesentlichen vor: Die in langjährigen Verwaltungsgerichtsverfahren durchgesetzte Genehmigung dürfe nicht dadurch unterlaufen werden, dass ihre Ausnutzung nun durch ungeeignete und überflüssige Auflagen wesentlich erschwert oder sogar unmöglich gemacht werde. Ihr müsse es freistehen, ob und in welchem Umfang sie von der Genehmigung Gebrauch mache. Sie sei außerhalb des öffentlichen Luftrettungsdienstes tätig und könne nicht mit den Pflichten belegt werden, die allein dem öffentlichen Rettungsdienst oblägen. Es sei behördlicherseits zunächst angeführt worden, dass es qualifizierten Krankentransport für Luftfahrzeuge praktisch nicht gäbe. Nunmehr werde aber eine ständige Einsatzbereitschaft und Verfügbarkeitskontrolle bestimmt. Dies sei unverhältnismäßig, weil sich auf diese Weise das Unternehmen nicht wirtschaftlich führen lasse.
Aufträge zur Durchführung des qualifizierten Krankentransportes könnten nicht nur über die Koordinierungsstelle eintreffen. In diesen Fällen bestehe die in Auflage 3 vorgesehene Verpflichtung zu deren Information nicht, wenn ein qualifizierter Krankentransport durchgeführt werde. Sie, die Klägerin, sei dann außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes tätig. Die undifferenzierte Informationspflicht sei daher ermessensfehlerhaft. Die Auflage 4 gehe über das hinaus, was für die Regelung der Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Luftrettungsdienst notwendig sei. Die Nebenbestimmung sei auch durch § 24 Nr. 1 NRettDG nicht gerechtfertigt, da es um die Einssatzbereitschaft des Unternehmens, nicht aber des Hubschraubers gehe. Hinsichtlich der Auflage 10 sei darauf hinzuweisen, dass Dokumentationen und Protokolle nur verarbeitet und genutzt werden dürften, um die ärztliche Betreuung beförderter Personen und die Abrechnung mit den Kostenträgern zu ermöglichen. Es sei dagegen unzulässig, die Dokumentationen zur Vorbereitung gerichtlicher Verfahren und für statistische Zwecke offen zu legen. Sinn und Zweck der Dokumentationspflicht sei die Beweissicherung für Unternehmen und Patienten im Schadensfalle und die Gefahrenabwehr.
Die Klägerin beantragt,
die Auflagen 3 und 4, sowie 10, soweit darin vorgesehen ist, dass die Transportdokumentationen und Protokolle zur Vorbereitung gerichtlicher Verfahren verarbeitet und genutzt werden und für Zwecke des Rettungsdienstes statistisch ausgewertet werden dürfen, des Bescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 20. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2004 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er erwidert im Wesentlichen: Die Koordinierungsstelle müsse Kenntnis darüber haben, wenn ein Genehmigungsinhaber für qualifizierte Krankentransporte nicht zur Verfügung stehe. Zum zweckmäßigen und wirtschaftlichen Einsatz der Rettungsmittel sei die Auflage 3 daher erforderlich. Die Einsatzbereitschaft betreffe den Hubschrauber und nicht das Unternehmen, so dass die Auflage 4 nicht zu beanstanden sei. Die Dokumentationen seien zur Vorbereitung gerichtlicher Verfahren offen zu legen, weil es begründete Schutzinteressen der beförderten Personen gebe. Die entsprechende Regelung in der Auflage 10 korrespondiere im Übrigen mit § 11 Abs. 2 NRettDG. Die statistische Auswertung führe nicht zu einer Verschwiegenheitsverletzung. Sie sei erforderlich, um die Bedarfsplanung durchzuführen und Grundlage der Budgetverhandlungen. Ferner könne in Genehmigungsverfahren anderenfalls eine Beeinträchtigung der Bedarfsgerechtigkeit des Rettungsdienstes nicht überprüft werden.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Das Verfahren war gem. bzw. entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat bzw. die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Darüber hinaus ist die Klage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
1. Die Auflage 3 zum Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 20. März 2003 ist rechtmäßig. Rechtliche Grundlage der Anordnung, die Koordinierungsstelle für Luftrettung in Kenntnis zu setzen, wenn die Klägerin ihrer Beförderungspflicht nicht nachkommen kann, sind §§ 24 Nr. 1 und 4, 29 Abs. 1 Satz 2 NRettDG. Nach den Vorschriften kann durch Nebenbestimmungen der Umfang der Betriebspflicht und die Einsatzbereitschaft des Unternehmens (§ 25 Abs. 1 NRettDG) näher geregelt werden; außerdem kann mit Nebenbestimmungen die Zusammenarbeit mit dem Rettungsdienst gesichert werden.
Gemäß §§ 25 Abs. 1 Satz 1, 29 Abs. 1 Satz 2 NRettDG ist der Unternehmer verpflichtet, den ihm genehmigten qualifizierten Krankentransport auch durchzuführen. §§ 25 Abs. 1 Satz 3, 29 Abs. 1 Satz 2 NRettDG bestimmen, dass der Unternehmer zum Krankentransport nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist. Dies folgt daraus, dass der Unternehmer nicht nur erwerbswirtschaftlich tätig ist, sondern mit der Übernahme des qualifizierten Krankentransports eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe wahrnimmt. Die Rechtsansicht der Klägerin, es stehe in ihrem Belieben, ob und in welchem Umfang sie den Krankentransport durchführe, findet mithin im NRettDG keine Stütze.
Aus § 25 NRettDG folgt als Nebenpflicht auch, dass die Klägerin durch entsprechende Informationen dafür sorgen muss, dass der Krankentransport von einem anderen Unternehmen oder dem öffentlichen Rettungsdienst durchgeführt werden kann, wenn sie selbst die ihr obliegenden Aufgaben im Einzelfall oder zeitweise generell nicht wahrnehmen kann.
Dies ist derzeit allein durch Mitteilung an die Zentrale Koordinierungsstelle möglich. Diese ist für die Abwicklung aller Sekundär- bzw. Verlegungstransporte im gesamten Land Niedersachen eingerichtet worden (vgl. Ufer, NRettDG, Stand: Oktober 2002, Anm. 11 zu § 6). Nur diese ist daher in der Lage, die Durchführung des qualifizierten Krankentransports durch eine andere Stelle sicherzustellen. Hierfür spricht auch, dass qualifizierter Krankentransport durch Luftfahrzeuge offenbar nur in geringem Umfang stattfindet. Die Klägerin hat auch weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung dargelegt, welche andere Stelle sie zu informieren beabsichtigt, wenn sie einen Krankentransport nicht durchführen kann.
Die rechtliche Trennung zwischen dem öffentlichem Rettungsdienst und dem qualifiziertem Krankentransport durch private Unternehmen steht dem nicht entgegen. Denn mangels Alternative bedarf es zur Sicherstellung der notwendigen Versorgung der Bevölkerung mit qualifiziertem Krankentransport insoweit der Zusammenarbeit der beiden Bereiche. Es ist auch ohne rechtliche Bedeutung, ob der Transportauftrag über die Koordinierungsstelle oder auf anderem Wege zu der Klägerin gelangt ist. Denn in beiden Fällen kann, wie ausgeführt, allein die Information der Koordinierungsstelle die Durchführung des qualifizierten Krankentransports sichern (vgl. auch Ufer a.a.O., Anm. 2.4 zu § 24 für den qualifizierten Krankentransport durch Kraftfahrzeuge).
2. Auch die in Auflage 4 zum Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 20. März 2003 geregelte Einsatzbereitschaft des Hubschraubers ist jedenfalls so, wie sie in der mündlichen Verhandlung gefasst worden ist, rechtlich nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Grundlage in den §§ 24 Nr. 1, 29 Satz 1 Satz 2 NRettDG.
Die Betriebspflicht nach §§ 25 Abs. 1 Satz 1, 29 Abs. 1 Satz 2 NRettDG hat auch zur Folge, dass eine Einsatzbereitschaft bestehen muss (vgl. Ufer a.a.O., Anm. 1 zu § 25). Zwar wird in § 24 Nr. 1 NRettDG eine Regelung der Einsatzbereitschaft des "Unternehmens" ermöglicht. Damit ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - aber auch gerade diejenige des Hubschraubers erfasst. Einsatzbereitschaft bedeutet die aktuelle Präsenz auf Abruf zur Durchführung von Krankentransporten (vgl. Ufer a.a.O., Anm. 2.1 zu § 24). Maßgeblich ist daher die Möglichkeit der Nutzung des hierfür erforderlichen Rettungsmittels.
Das Gericht sieht keinen Widerspruch zu der behördlichen Feststellung im Genehmigungsverfahren, dass ein qualifizierter Krankentransport durch Luftfahrzeuge nur in geringem Umfang stattfindet. Wie bereits oben zu 1) ausgeführt, steht es wegen der im öffentlichen Interesse vorgeschriebenen Betriebspflicht nicht im Belieben der Klägerin, ob oder im welchem Umfang sie von der ihr erteilten Genehmigung Gebrauch macht. Soweit sich dadurch der qualifizierte Krankentransport wirtschaftlich nicht trägt, ist zu beachten, dass dies - wie auch schon das Verwaltungsgericht Hannover (Urteil vom 19. Juni 2002 a.a.O., S. 9) und das Nds. Oberverwaltungsgericht (Beschluss vom 17. Februar 2003 a.a.O., S. 8) im Genehmigungsstreitverfahren hervorgehoben haben - das unternehmerische Risiko der Klägerin ist.
Im Falle der Klägerin kommt hinzu, dass sie in dem Schreiben vom 14. Mai 1993, mit welchem sie die Genehmigung zum qualifizierten Krankentransport beantragt hat, ausdrücklich ausgeführt hat, dass sie ihren Intensivhubschrauber Tag und Nacht betreiben könne. Im Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 15. Dezember 1999 (a.a.O., S. 12) ist dieser Gesichtspunkt als einer derjenigen angesehen worden, die bei der nach § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG zu treffenden Prognoseentscheidung zu Unrecht unberücksichtigt geblieben seien, weil damit Zeiträume abgedeckt würden, die der öffentliche Rettungsdienst vernachlässige.
Aber auch abgesehen davon ist die Kammer der Auffassung, dass der Klägerin eine tägliche Einsatzbereitschaft auferlegt werden durfte, weil anderenfalls eine kontinuierliche Sicherstellung des qualifizierten Krankentransports nicht möglich ist. Zwar ist bei der Festlegung der Betriebszeiten auch die Unternehmensleistung angemessen zu berücksichtigen (vgl. Ufer a.a.O., Anm. 2.1 zu § 24; LT-Drs. 12/2281, S. 32). Dem hat der Beklagte jedoch ausreichend Rechnung getragen, in dem er in der mündlichen Verhandlung die Einsatzbereitschaft von Mai bis September auf die Zeit von 9 bis 18 Uhr beschränkt hat.
3. Die Auflage 10 zum Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 20. März 2003 ist in ihrem Satz 3 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, ist im Übrigen jedoch, soweit sie angegriffen worden ist, rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach §§ 24 Nr. 2, 29 Abs. 1 Satz 2 NRettDG können die Unternehmer verpflichtet werden, die Beförderungsaufträge und deren Abwicklung aufzuzeichnen und die Aufzeichnung für bestimmte Zeit aufzubewahren. Insoweit ist in Nr. 8 der Auflagen vorgesehen, dass die Beförderungsaufträge mit bestimmten Mindestangaben zu dokumentieren sind. Nach Nr. 9 der Auflagen ist auch die Übergabe des Patienten grundsätzlich zu protokollieren. Sinn und Zweck dieser Aufzeichnungspflichten ist zum einen der Schutz des Patienten, der die Möglichkeit haben soll, im Streit um das Beförderungsentgelt oder Schadensersatzansprüche wegen eines Transportfehlers, Beweismittel in der Hand zu haben. Zum anderen soll damit behördlicherseits überprüft werden können, ob der Unternehmer außerhalb seiner Genehmigung, etwa im Bereich der Notfallrettung, tätig geworden ist (vgl. Ufer a.a.O., Anm. 2.2 zu § 24; LT-Drs. a.a.O., S. 33).
Es unterliegt daher keinen rechtlichen Bedenken, dass - wie es Auflage 10 ermöglicht - die Aufzeichnungen zur Vorbereitung gerichtlicher Verfahren verarbeitet und genutzt werden dürfen. Gerade hierdurch entfaltet der o. g. Gesichtspunkt des Patientenschutzes seine volle Wirksamkeit. Soweit der Beklagte - wie seine Vertreter in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben - als "Vorbereitung gerichtlicher Verfahren" auch ein behördliches Verfahren zur Aufhebung der Genehmigung nach §§ 19 ff. NRettDG ansieht, ist dies ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Denn dann würde der Beklagte zur Verhinderung von Verstößen gegen die Genehmigung und damit innerhalb des Zwecks des § 24 Nr. 2 NRettDG tätig. Klarstellend weist das Gericht - entsprechend den Angaben der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung - insoweit darauf hin, dass hiervon allerdings nur bei entsprechenden auf Tatsachen gestützten Anhaltspunkten Gebrauch gemacht werden dürfte.
Die statistische Auswertung der Aufzeichnungen für Zwecke des Rettungsdienstes ist von der beschriebenen Zielsetzung des § 24 Nr. 2 NRettDG indes nicht mehr erfasst. Die Bedarfsplanung (§ 4 Abs. 4 Satz 2 NRettDG) ist allein Aufgabe des öffentlichen Rettungsdienstes. Entsprechendes gilt für die nach § 15 NRettDG mit den Kostenträgern zu führenden Budgetverhandlungen. Soweit der Beklagte mit dem statistischen Material die Funktions- und Bedarfsgerechtigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes (§ 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG) im Rahmen von Genehmigungsverfahren überprüfen will, könnte dies möglicherweise mit dem Zweck der Aufzeichnungspflichten noch vereinbar sein. Dem Satz 3 der Auflage 10 ist indes auf Grund seiner weiten Formulierung ("Zwecke des Rettungsdienstes") und der Angaben der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht zu entnehmen, dass die Verwertung der Dokumentationen und Protokolle hierauf beschränkt bleiben würde. Das Gericht hat es daher für notwendig erachtet, diesen Teil der Auflage 10 aufzuheben und es dem Beklagten zu überlassen, diesen ggf. einschränkend neu zu erlassen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, 161 Abs. 2 Satz 1, 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Bei der Kostenentscheidung hat das Gericht die ursprünglich sieben streitigen Auflagen gleich, d.h. mit jeweils einem Siebtel, bewertet. Bei der teilweise aufgehobenen Auflage 10 ist hierbei von einem jeweils hälftigen Obsiegen bzw. Unterliegen der Beteiligten ausgegangen worden. Die Kosten des zurückgenommen Teils trägt die Klägerin. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, entsprach es billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes die Kosten hinsichtlich der Auflage 2 dem Beklagten aufzuerlegen, weil er die Nebenbestimmung in der mündlichen Verhandlung so gefasst hat, dass in unabweisbaren Fällen auch die Klägerin ausnahmsweise einen Notfallrettungstransport durchführen darf. Sie hat insoweit dem Begehren der Klägerin entsprochen. Bezüglich der Auflage 11 hat die Klägerin dagegen bereits bloße Klarstellungen des Beklagten zum Anlass genommen, eine Erledigungserklärung abzugeben. Bereits eine Auslegung der ursprünglichen Fassung dieser Nebenbestimmung anhand des sog. verobjektivierten Empfängerhorizonts (§ 133 BGB entsprechend) musste ergeben, dass eine Anzeigepflicht nur für Erweiterungen und Änderungen des Unternehmens der Klägerin gelten sollen, soweit es den qualifizierten Krankentransport betrifft. Darüber hinaus war auch hinreichend deutlich, dass die in Satz 2 dieser Nebenbestimmung erwähnte Verlegung des Hubschrauberstandortes lediglich als Beispiel für eine Anzeigepflicht angeführt und keine sonst nicht bestehende Genehmigungspflicht begründet werden sollte.